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  • · Nachricht · Aufrechnung mit Insolvenzforderungen

    Keine Aufrechnung, wenn die USt aufgrund eines erst während des Insolvenzverfahrens eingetretenen Tatbestandes zu berichtigen ist

    | Der BFH hat entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung klargestellt, dass es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO entscheidend ist, wann der materiell-rechtliche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2 UStG verwirklicht wird. Nicht entscheidend sei hingegen, wann die zu berichtigende Steuerforderung begründet worden ist. Ohne Bedeutung sei auch ob der Voranmeldungs- oder Besteuerungszeitraum erst während des Insolvenzverfahrens abläuft. |

     

    Gerät ein Steuerpflichtiger in Insolvenz, besteht für das Finanzamt oftmals nur dann eine aussichtsreiche Möglichkeit, offene Umsatzsteuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu realisieren, wenn es seine Forderungen gegen Zahlungsansprüche des betreffenden Unternehmens (etwa aus Vorsteuerüberhängen in anderen Veranlagungszeiträumen) aufrechnen kann. Die Insolvenzordnung lässt eine solche Aufrechnung im Insolvenzverfahren (und damit eine abgesonderte Befriedigung eines Insolvenzgläubigers) zwar grundsätzlich zu; sie verbietet sie jedoch, soweit der Insolvenzgläubiger dem Schuldner erst nach Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO).

     

    Beachten Sie | Eine Aufrechnung war nach der bisherigen, langjährigen Rechtsprechung des BFH aber dann zulässig, wenn der Anspruch des Steuerpflichtigen zwar steuerrechtlich erst während des Insolvenzverfahrens entstanden war, jedoch auf dem Ausgleich einer vor Verfahrenseröffnung erfolgten Steuerfestsetzung beruhte, insbesondere etwa einer Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichwerden des Entgelts. Der BFH hat jetzt diese bisher durch die dem Steuerrecht eigentümliche besondere Verknüpfung von Umsatzsteuerfestsetzung und Umsatzsteuerberichtigung (§ 17 Abs. 2 UStG) gerechtfertigte Rechtsprechung aufgegeben: Eine Aufrechnung sei nur dann zulässig, wenn der Berichtigungstatbestand schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist, wie es bei der Berichtigung von Vorsteuerbeträgen zu Lasten des Insolvenzschuldners häufig der Fall sein wird (BFH 25.7.12, VII R 29/11).

     

    Im Streitfall wurde jedoch eine Berichtigung der Umsatzsteuer zu Gunsten des insolventen Unternehmers deshalb erforderlich, weil dessen Geschäftspartner (nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Unternehmers) ebenfalls in Insolvenz geraten, das von diesem geschuldete Leistungsentgelt also uneinbringlich geworden war. Gegen den dadurch ausgelösten Umsatzsteuererstattungsanspruch des Unternehmers darf das Finanzamt Insolvenzforderungen nicht verrechnen.

     

    Wichtig | In einem weiteren Urteil vom gleichen Tag (VII R 44/10) hat der BFH erkannt, einer Entscheidung über die Zulässigkeit einer während des Insolvenzverfahrens erklärten Aufrechnung bedürfe es dann nicht, wenn Forderung und Gegenforderung im selben Besteuerungszeitraum entstanden und deshalb nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH (24.11.11, V R 13/11) gegeneinander zu verrechnen seien (sog. Saldierung gemäß § 16 UStG). Hier seien die Aufrechnungsverbote des § 96 InsO nicht zu beachten. Da diese Saldierung in einem Steuerfestsetzungsbescheid nicht mehr vorgenommen werden könne, wenn vor Ablauf des betreffenden Steuerjahres das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, greife jene Verrechnung gleichsam automatisch; ein Streit über die Zulässigkeit einer zuvor vom Finanzamt erklärten Aufrechnung sei damit erledigt.

     

    Quelle: BFH-online, Pressemitteilung Nr. 73 vom 31.10.2012

    Quelle: ID 36602930