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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Kurgemeinden können aufatmen: Vorsteuerabzug wird nun doch in vielen Fällen ermöglicht

    von Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

    | Mit Urteil vom 13.7.23 (C-344/22) hatte der EuGH entschieden, dass die Bereitstellung von Kureinrichtungen gegen Kurtaxe kein steuerbarer Umsatz gegen Entgelt ist, wenn die Kureinrichtungen für jedermann frei und unentgeltlich zugänglich sind. Daraufhin stand zu befürchten, dass zahlreichen Kurgemeinden ihr Vorsteuerabzug aus dem Erwerb, der Anschaffung und der Unterhaltung ihrer Kureinrichtungen zu versagen ist. In der Nachfolgeentscheidung zu besagtem EuGH-Urteil hat der BFH der klagenden Gemeinde den Vorsteuerabzug auch tatsächlich verweigert (BFH 18.10.23, XI R 21/23 [XI R 30/19]). Ein zweites Urteil des BFH lässt zahlreiche Kurorte aber aufatmen, denn die obersten deutschen Steuerrichter schränken die EuGH-Rechtsprechung ein, sodass viele Gemeinden den Vorsteuerabzug doch zu einem Großteil erreichen können. Nachfolgend wird das positive BFH-Urteil vom 6.12.23 (XI R 33/21) im Detail mit seinen praktischen Auswirkungen vorgestellt. |

    1. Sachverhalt

    Eine auf einer Insel gelegene Gemeinde (Klägerin) mit eigenen Strandabschnitten unterhält einen Eigenbetrieb Kurverwaltung, der körperschaftsteuerlich ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) ist. Unternehmensgegenstand ist die Erfüllung aller mit dem Kurbetrieb verbundenen Aufgaben in der Gemeinde. Zur Finanzierung erhebt die Klägerin eine Kurtaxe sowie eine Fremdenverkehrsabgabe. Die Klägerin bezog in den Streitjahren (2011 bis 2015) u. a. Eingangsleistungen für Fremdenverkehrswerbung. Die Kurtaxe müssen alle Personen zahlen, die sich in der Gemeinde aufhalten, ohne dort ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zu haben, und die dann mittels Gästekarte die Möglichkeit zur Nutzung der Erholungseinrichtungen haben. Die Kurabgabe ist unabhängig davon zu zahlen, ob und in welchem Umfang die Einrichtungen genutzt werden. Daneben existiert eine erhöhte Tageskurabgabe, die von jedem, der bei der Kontrolle keine gültige Gästekarte vorweisen kann (Tagesgast), an die Kontrolleure der Kurverwaltung zu entrichten ist. An Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Gemeinde haben, kann die Kurverwaltung Einwohnerkarten ausgeben, die als Berechtigungsnachweis bei jeder Strandbenutzung mitzuführen und bei Kontrollen vorzuzeigen sind.

     

    Die für die Fremdenverkehrswerbung in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zog die Klägerin in voller Höhe als Vorsteuer ab. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Klägerin im Rahmen ihres BgA zwar unternehmerisch und damit wirtschaftlich tätig sei. Daneben sei sie aber auch nicht wirtschaftlich tätig. Da ein Teil der Kosten für die Fremdenverkehrswerbung auf diese nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten entfalle, sei der Vorsteuerabzug nicht in vollem Umfang zulässig. Der BFH hat in der Sache nicht abschließend entscheiden können, da die Vorinstanz noch einige Feststellungen nachholen muss. Doch er hat sich umfassend zum Vorsteuerabzug von Kurgemeinden geäußert.