· Fachbeitrag · Unternehmer
Lebensmittelspenden an „Tafel-Initiativen“: Belastung mit Umsatzsteuer bald Geschichte?
von Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf
| In Deutschland gibt es inzwischen hunderte von „Tafel-Initiativen“, die kostenlos Mahlzeiten und Lebensmittel an Bedürftige ausgeben. Die „Tafeln“ leben dabei vor allem von Unternehmen, die unentgeltlich Lebensmittel- und Sachspenden aus ihrem Sortiment abgeben. Umstritten war bislang die Umsatzbesteuerung dieser Zuwendungen. Doch jetzt könnte sich eine Wende anbahnen. Eine steuerliche Bemessungsgrundlage von „nahe Null“ auch für selbst hergestellte Produkte wird auf Bund-Länder-Ebene diskutiert. |
Einstufung als unentgeltliche Wertabgabe unstreitig
Bei diesen Zuwendungen an die „Tafeln“ handelt es sich unstreitig um unentgeltliche Wertabgaben i.S. von § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG, die beim Unternehmer mit der Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG zu besteuern sind:
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Bäcker B verkauft neben selbst erstellten Backwaren auch zugekaufte (verpackte) Lebensmittel. Bei Geschäftsschluss noch nicht verkaufte Backwaren gibt er ebenso kostenlos an eine „Tafel“ ab wie Lebensmittel aus der Kühltheke, deren Haltbarkeitsdatum abläuft. § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG definiert als Bemessungsgrundlage
Während bei den zugekauften Lebensmitteln der Wiederbeschaffungswert bei ablaufendem Haltbarkeitsdatum mit „nahe Null“ geschätzt werden kann, verlangt der Gesetzeswortlaut bei den selbst hergestellten Backwaren eine Entnahmebesteuerung mit den ungekürzten Selbstkosten. Dies führt zu dem völlig sachwidrigen Ergebnis, dass eine Entsorgung und Vernichtung der nicht verkauften Backwaren für den Bäcker die deutlich günstigere Option wäre. Laut Medienberichten musste ein Bäcker in Sachsen Umsatzsteuer auf seine Lebensmittelspenden an die Tafel entrichten. |
Hinweis | Ausweislich einer Pressemitteilung des FinMin NRW (www.fm.nrw.de/presse/2012_08_01_Benachteiligung_Spender.php) ist die grundlegende Problematik der „unentgeltlichen Wertabgaben“ derzeit Gegenstand einer anstehenden Entscheidung des BFH und wird von den Finanzministern auf Bund-Länder-Ebene mit dem Ziel diskutiert, auch bezüglich der vom Unternehmer selbst hergestellten Waren bei der Abgabe nicht verkaufter Lebensmittel von einer Besteuerungsbemessungsgrundlage „nahe Null“ auszugehen. Bis zur Klärung dieser Frage sollen in NRW entsprechende Sachverhalte nicht mehr aufgegriffen werden.
Beachten Sie | Die fiskalische Diskussion beschränkt sich auf die „Tafel-Problematik“, sodass bei anderen Wertabgaben (Bsp.: Unternehmer verschenkt die im Unternehmen bislang genutzten und voll abgeschriebenen Notebooks im Zuge der Neubeschaffung an einen Schulförderverein) alles beim alten bleiben dürfte.