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  • 01.03.2007 | Auffassung der Finanzverwaltung

    Erstes Anwendungsschreiben zu den erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten

    von StB Dipl.-Bw. (FH) Torsten Querbach, Frankfurt am Main

    Die Finanzverwaltung hat mit Datum vom 19.1.07 das erste Anwendungsschreiben (IV C 4 - 2224 - 2/07, Abruf-Nr. 070443) zu den seit dem 1.1.06 neu geregelten erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten herausgegeben. In der folgenden Ausarbeitung werden bislang noch offene Fragen geklärt. 

    Antworten auf die häufigsten Fragen

    Frage 1: Was sind Dienstleistungen zur Betreuung? 

     

    Anwort: Unter Betreuung ist eine behütende oder beaufsichtigende Betreuung zu verstehen. Im Vordergrund muss die persönliche Fürsorge für das Kind erkennbar sein. Anzuerkennen sind demnach Aufwendungen für z.B. die Unterbringung von Kindern (Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Kinderheime, Kinderkrippen, Tagesmütter, Wochenmütter, Ganztagspflegestellen), die Beschäftigung von Kinderpflegerinnen und Erzieherinnen, die Betreuung von Hilfen im Haushalt, soweit sie ein Kind betreuen und die Beaufsichtigung des Kindes bei Erledigung seiner häuslichen Schulaufgaben.  

     

    Frage 2: Welche Aufwendungen können geltend gemacht werden? 

     

    Antwort: Sämtliche Ausgaben in Geld oder Geldeswert, wie z.B. Wohnung, Kost, Waren oder sonstige Sachleistungen können geltend gemacht werden. Darüber hinaus ist es zulässig, die Erstattung von Auslagen, z.B. Fahrt- oder Reisekosten, als Betreuungsaufwand geltend zu machen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass dieses im Vertrag oder in der Rechnung gesondert aufgeführt wird.  

     

    Praxistipp: Eine Einnahmenminderung für die Betreuung des Kindes ist nicht als Betreuungsaufwand berücksichtigungsfähig. 

     

    Frage 3: Welche Möglichkeiten bestehen bei der Abgrenzung eines Gesamtentgelts? 

     

    Antwort: Wird neben den eigentlichen Betreuungsleistungen auch für andere Leistungen, z.B. Reinigung oder Einkaufen, ein einheitliches Entgelt bezahlt, ist das Entgelt im Wege der Schätzung aufzuteilen. Das gilt auch für Leistungen von untergeordneter Bedeutung, obwohl die Finanzverwaltung hier aus Vereinfachungsgründen keine Aufteilung vornehmen will, dies aber weder betragsmäßig noch prozentual näher bestimmt.  

     

    Praxistipp: Unter Beachtung der Rechtsprechung (FG Baden-Württemberg 11.5.00, 2 K 102/99) kommt man zur Auffassung, dass bereits zu den Kinderbetreuungskosten im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung (Altregelung) eine solche Vereinfachung nicht zulässig war.  

     

    Frage 4: Welche Arten der Kinderbetreuung bedürfen einer besonderen Abgrenzung? 

     

    Antwort: Insbesondere Au-Pair-Arbeitsverhältnisse, Aufwendungen für Lern- und Freizeitaufwendungen, Nachmittagsbetreuung in Schulen und Verpflegungskosten sind gesondert zu betrachten. Beim Au-Pair-Arbeitsverhältnis sind Abgrenzungen dahingehend zu treffen, dass diese nicht nur die Betreuung von Kindern übernehmen, sondern auch Hausarbeiten erledigen. 

     

    Praxistipp: Um eindeutige Zuordnungen der Dienstleistungen umzusetzen, sollte der Tätigkeitsumfang vertraglich genau bestimmt und aufgeteilt werden. Ansonsten wird nur im Rahmen der Vereinfachungsregel zu 50 v.H. der Betreuungsaufwand angesetzt werden können.  

    Lehr-, Lern- und Freizeitaufwendungen sind grundsätzlich nicht begünstigungsfähige Kinderbetreuungskosten. Dazu zählen: Schulgeld, Nachhilfe, Fremdsprachenunterricht, Musikunterricht, Computerkurse, Mitgliedschaften in Sportvereinen, anderen Vereinen sowie Tennis- und Reitunterricht usw. Aufwendungen für die Nachmittagsbetreuung in Schulen können nur berücksichtigt werden, wenn sie auf Hausaufgabenbetreuung entfallen. Verpflegungskosten sind grundsätzlich nicht abzusetzen. 

     

    Frage 5: Nach welchen Regeln bestimmt sich der Abzugszeitpunkt? 

     

    Antwort: Grundsätzlich sind die Regeln zum Abfluss von Ausgaben (§ 11 Abs. 2 EStG) maßgebend. Ausgenommen ist hierbei die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten im Rahmen des Betriebsausgabenabzugs beim Betriebsvermögensvergleich. Hierbei gelten für die zeitliche Berücksichtigung die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze. 

     

    Frage 6: Wann ist ein Kind haushaltszugehörig? 

     

    Antwort: Ein Kind ist haushaltszugehörig, wenn es dauerhaft in der Wohnung des Steuerpflichtigen lebt oder mit eigener Einwilligung vorübergehend auswärts untergebracht ist, z.B. bei einem Ausbildungsdienstverhältnis. Die Haushaltszugehörigkeit erfordert darüber hinaus eine zusätzliche Verantwortung für das materielle Wohl, also die Versorgung und die Unterhaltsgewährung und das immaterielle Wohl, somit die Fürsorge und Betreuung des Kindes. 

     

    Praxistipp: Somit ist eine Heimunterbringung unschädlich, wenn die Wohnverhältnisse in der Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen und es sich regelmäßig im Haushalt des Steuerpflichtigen aufhält.  

     

    Frage 7: Zuordnungsregel bei getrennt lebenden Elternteilen 

     

    Antwort: Für die Zuordnung der Haushaltszugehörigkeit bei nicht zusammen lebenden Elternteilen sind als Indizien die melderechtlichen Tatsachen oder die Kindergeldzahlung heranzuziehen. 

     

    Praxistipp: Eine melderechtlich abweichende Zuordnung ist dann möglich, wenn diese vom Steuerpflichtigen oder von den Steuerpflichtigen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird (z.B. durch Zustimmungserklärung des anderen Elternteils).  

     

    Frage 8: Wer gehört zum berechtigten Personenkreis? 

     

    Antwort: Grundsätzlich gilt nur der Elternteil, der die Aufwendungen getragen hat und zu dessen Haushalt das Kind gehört, zum berechtigten Personenkreis. Liegen bei beiden Elternteilen die Voraussetzungen vor, ist grundsätzlich nur der hälftige Höchstbetrag von 2.000 EUR abziehbar.  

     

    Praxistipp: Abweichungen sind nur bei verheirateten Eltern, die beide erwerbstätig sind oder bei einer dem Finanzamt gegenüber angezeigten, einvernehmlich anderen Regelung möglich.  

     

    Frage 9: Wie verteilt sich der Höchstbetrag? 

     

    Antwort: Der Höchstbetrag von 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR, ist grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der die Aufwendungen getragen hat und zu dessen Haushalt das Kind gehört. Bei zusammen lebenden, aber nicht verheirateten Elternteilen erfolgt somit keine Übertragung von nicht ausgenutzten Höchstbeträgen. Ebenfalls findet keine Aufteilung der Zeiträume des gemeinsamen bzw. getrennten Haushaltes bei nicht Verheirateten und nicht oder nur zeitweise zusammenlebenden Eltern statt. Darüber hinaus ist keine zeitanteilige Ermäßigung des Höchstbetrages vorzunehmen, wenn nicht regelmäßig im Kalenderjahr Kinderbetreuungskosten geleistet wurden. Erfüllt ein Steuerpflichtiger im laufenden Kalenderjahr nicht mehr die Voraussetzungen zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten, sind aber im ganzen Jahr Betreuungskosten angefallen, ist eine Aufteilung vorzunehmen. Unabhängig davon kann der Höchstbetrag von 4.000 EUR auch zeitanteilig ausgeschöpft werden.  

     

    Frage 10: Welche Nachweise sind zu führen? 

     

    Antwort: Der Nachweis ist durch die Vorlage einer Rechnung und eines Zahlungsnachweises auf das Konto des Erbringers der Leistung zu führen (Übergangsfrist siehe Frage 13). Dabei muss es sich nicht um eine umsatzsteuerlich qualifizierte Rechnung handeln. Einer Rechnung gleichgestellt wird der schriftliche Arbeitsvertrag bei einem Beschäftigungsverhältnis, der Au-Pair-Vertrag, der Gebührenbescheid des öffentlichen oder privaten Trägers für die Unterbringung in einem Kindergarten oder Kinderhort sowie die Quittung über z.B. Nebenkosten zur Betreuung. Der Zahlungsnachweis ist grundsätzlich durch einen Kontoauszug des Leistungsempfängers zu erbringen.  

     

    Praxistipp: Barzahlung und Barschecks werden nicht anerkannt. 

     

    Frage 11: Welcher Einkunftsquelle sind die Aufwendungen zuzuordnen? 

     

    Antwort: Bei der Zuordnung der Aufwendungen gilt grundsätzlich das Veranlassungsprinzip. Sind Kinderbetreuungskosten durch mehrere Einkunftsquellen verursacht, kann aus Vereinfachungsgründen der Aufteilung durch den Steuerpflichtigen oder der Zuordnung zu einer Einkunftsquelle gefolgt werden. 

     

    Frage 12: In welcher Reihenfolge können die Aufwendungen geltend gemacht werden? 

     

    Antwort: Die tatsächlich getragenen Kinderbetreuungskosten unterliegen einem gesetzlichen Ausschlussprinzip. Soweit der Abzug nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (= Zuordnung der Aufwendungen) in Frage kommt, liegen nacheinander die zwei Formen des Sonderausgabenabzugs vor. Soweit auch diese Abzugsmöglichkeiten ausscheiden, sind außergewöhnliche Belastungen oder haushaltsnahe Aufwendungen gegeben.  

     

    Frage 13: Welche zeitlichen Voraussetzungen sind zu beachten? 

     

    Antwort: Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten können ab dem 1.1.06 geltend gemacht werden. Da das Gesetz erst im Laufe des Kalenderjahres 2006, nämlich am 26.4.06, verkündet wurde, liegt ein rückwirkender Anwendungszeitraum vor. Insoweit hat die Finanzverwaltung eine Übergangsfrist bis zum 31.12.06 geschaffen, in der Aufwendungen auch ohne Rechnung und ohne Kontobeleg anerkannt werden. 

     

    Quelle: Ausgabe 03 / 2007 | Seite 39 | ID 88244