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  • 01.08.2006 | Bemessungsgrundlage

    Bemessungsgrundlage der GrESt – Grundstück oder die gesamte Baumaßnahme

    von Dipl.-Finw. Robert Kracht, Bonn

    Bei der Herstellung eines Gebäudes kommt es immer wieder zu der Frage, ob die Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG das Grundstück in bebautem oder unbebautem Zustand ist. Die Faustregel hierbei lautet: Es kommt lediglich zu einer Besteuerung von Grund und Boden, wenn der Erwerber das Bauvorhaben anschließend in Eigenregie errichtet. Im Gegenzug wird beim Kauf vom Bauträger der volle Objektpreis als Bemessungsgrundlage angesetzt. Nachfolgend werden diese beiden Eckpunkte erläutert. 

    Verschärfte BFH-Rechtsprechung

    Das fertig bebaute Grundstück ist auch dann Vertragsgegenstand, wenn die Vorplanung inhaltlich maßgebend von der Erwerberseite mitbeeinflusst oder sogar veranlasst worden ist (BFH 21.9.05, l II R 49/04, DStR 06, 272). Diese geänderte Rechtsprechung gilt auch dann, wenn der künftige Hausbesitzer selbst einen Architekten einschaltet. Nunmehr macht es für die Bemessung der 3,5-prozentigen Abgabe keinen Unterschied, ob der Erwerber das einheitliche Angebot des Verkäufers unverändert übernimmt oder ob er konkrete Vorgaben zur Gestaltung des zukünftigen Objektes macht. Zuvor hatte der BFH bei Einschaltung eines Architekten die einheitliche Leistung noch verneint und nur einen Erwerb des Grund und Bodens angenommen (8.11.95, II R 83/93, BFH/NV 96, 637). 

     

    Diese für Bauherren verschärfte Sichtweise kann erheblichen finanziellen Einfluss auf das gesamte Bauvorhaben nehmen, wenn plötzlich fünfstellige Zusatzbeträge auf die Gebäudeerrichtung anfallen. Allein entscheidend ist, ob der Erwerb des zukünftig bebauten Grundstücks aus einer Hand erfolgt oder in Eigenregie bebaut wird. Nunmehr ist jedes laufende Bauvorhaben noch einmal auf die Vertragsgestaltung hin zu überprüfen. Bislang galt es in der Praxis als ausreichend für die reduzierte Steuer auf den Grund und Boden, wenn der künftige Hausbesitzer eine annähernd bis zur Baureife gediehene Vorplanung inhaltlich maßgebend beeinflusst oder gar veranlasst hat. Diese Maßgabe hat sich nunmehr zu Lasten der Bauherren verschoben. 

    Indizien für einen einheitlichen Erwerbsvorgang

    Für den Umfang der Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 GrEStG sind die Vereinbarungen maßgebend, ob das Grundstück bebaut oder unbebaut übergeben werden soll. Beim Kauf vom Bauträger ist das fertige Objekt Vertragsgegenstand, sodass dieses unabhängig vom Zustand beim Abschluss als Bemessungsgrundlage dient. Bei getrennten Vereinbarungen kommt es grunderwerbsteuerlich zu einer Einheit, wenn eine Verknüpfung gewollt ist. Einfach ist die Beurteilung noch, wenn die Absprachen in einer Urkunde zusammengefasst werden oder es insgesamt nur zu einer gemeinsamen Preisvereinbarung kommt. Bei Vorlage solcher einheitlicher Verträge ist der Gegenstand des Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück (BFH 11.7.85, II R 106/82, DStR 85, 675). Zwei oder mehrere Verträge sind als einheitlicher Vorgang zu werten, wenn ihre Gültigkeite voneinander abhängig ist und auch ohne ein ausdrückliche Verknüpfung untereinander eine Abhängigkeit besteht (BFH 4.10.05, II B 29/05, BFH/NV 06, 123). Dabei ist unerheblich, ob der Verkäufer des Grund und Bodens und die Baufirma nicht identisch sind. Für die Einheitlichkeit spricht beispielsweise, dass 

     

    • der Baubeginn bereits vor dem Vertragsabschluss liegt,
    • der bisherige Grundstückseigentümer auch Bauunternehmer ist,
    • der spätere Bauablauf von der Verkaufsseite bestimmt wird,
    • Parallelfälle im selben Baugebiet vorliegen und etwa die verkauften Grundstücke alle von der gleichen Firma bebaut werden,
    • ein einheitliches Angebot für Grundstück und Gebäude besteht,
    • ein Festpreis für das Gebäude gemacht wird,
    • der Preis für das herzustellende Gebäude im Wesentlichen feststeht,
    • das Bauunternehmen in Anzeigen oder Prospekten unter Angabe des Grundstücks wirbt,
    • Grundstückseigentümer und Bauunternehmen gesellschaftsrechtlich oder personell verbunden sind,
    • Architekt oder maßgebliche Handwerker vom Verkäufer beschafft und beauftragt werden,
    • es bei gemeinsamen Bauvorhaben keine Vereinbarung der Erwerber über die Fertigstellung gibt,
    • der Grundstücksverkäufer nur an bauwillige Erwerber veräußert,
    • durch das Zusammenwirken mehrerer Personen auf der Verkaufsseite im Ergebnis ein bebautes Grundstück übergeben werden soll (BFH 27.10.99, II R 17/99),
    • der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags an ein festes Bebauungskonzept gebunden ist oder
    • die Eigentumswohnung oder Reihen- und Doppelhaushälften nur zusammen mit den benachbarten Einheiten gebaut werden können.