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  • · Fachbeitrag · Pflege-Know-how

    Veränderungen der Magen-Darm-Funktion im Alter

    von Dipl.-Kffr. (FH) Katja Löffler, PTA, Grasbrunn

    | Immer wieder klagen ältere Menschen über Probleme im Bereich des Magen-Darm-Trakts. Häufig handelt es sich um Beschwerden wie Durchfall, Verstopfung, Reizmagen, Übelkeit, Blähungen oder Sodbrennen, die in jüngeren Jahren keine Rolle spielten. Welche Ursachen für die Entstehung dieser Erkrankungen infrage kommen und welche Besonderheiten bei älteren Menschen zu berücksichtigen sind, erfahren Sie in diesem Beitrag. Sie können die Mitarbeiter der Pflegeheime dahin gehend beraten und ihnen entsprechende Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. |

    Besonderheiten bei älteren Menschen

    Dass Nikotin und eine ungesunde Ernährung mit zu viel Fett und Alkohol dem Darm schaden, ist allgemein bekannt. Gleiches gilt für die Ursachen Stress, depressive Verstimmung, mangelnde Bewegung und bestimmte Medikamente, die auf den „Magen schlagen“ können. Doch nicht alle Pflegemitarbeiter wissen, welche weiteren Faktoren die Magen-Darm-Gesundheit älterer Menschen zusätzlich beeinflussen.

    Mangelnder Appetit und eingeschränktes Durstgefühl

    Senioren haben oft ein geringeres Durstempfinden und trinken aus diesem Grund viel zu wenig. Sie bewegen sich auch nicht mehr so viel wie früher. Die Kombination aus einer zu geringen Flüssigkeitszufuhr, mangelnder Bewegung und einer ballaststoffarmen Ernährung führt dann zu einer Funktionsstörung des Darms.

     

    HINWEIS FüR DIE PFLEGEKRäFTE | Ballaststoffe quellen im Darm auf und machen den Stuhl weich. Dies funktioniert nur, wenn dem Körper genügend Flüssigkeit zugeführt wird. Ansonsten können Ballaststoffe zu einer Verstopfung führen.

     

    Eingeschränkte Magen-Darm-Tätigkeit

    Das saure Milieu im Magen sorgt dafür, dass die Nahrung zerkleinert und Eiweiß aufgespalten wird. Im Alter lässt die Produktion an Magensäure häufig nach. Dadurch wird die Nahrung nicht gut genug zerkleinert und gelangt in zu großen Stücken in den Darm. Dort führt der ungenügend zerkleinerte Speisebrei zu Blähungen und Völlegefühl.

     

    Auch die Darmtätigkeit verlangsamt sich mit steigendem Lebensalter. Nahrungs- und Arzneimittel bleiben länger im Körper, was zum einen zu Verstopfungen führt und zum anderen ein höheres Risiko für Arzneimittelneben- und -wechselwirkungen mit sich bringt. Zusätzlich führt eine schlechtere Durchblutung des Verdauungstrakts zu einer unzureichenden Aufnahme von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen aus der Nahrung. Dies hat oft eine Mangelversorgung mit Nährstoffen zur Folge.

     

    HINWEIS | Veränderte Abbauprozesse in Leber, Galle, Bauchspeicheldrüse und Nieren sind ebenfalls häufig die Ursache für Magen-Darm-Beschwerden im Alter. Eine eingeschränkte Funktion der Bauchspeicheldrüse ist bei Senioren oft der Auslöser von Diabetes Typ II.

     

    Kau- und Schluckbeschwerden

    Kau- und Schluckprobleme haben gerade bei älteren Menschen die Folge, dass die Nahrung vor dem Schlucken nicht ausreichend zerkleinert wird. Verstärkt wird dieses Problem, wenn dritte Zähne nicht richtig sitzen. Schwierigkeiten beim Kauen und Schlucken sind sicher auch ein Grund, weshalb die meisten älteren Menschen weiche und ballaststoffarme Lebensmittel, wie z. B. Weißbrot, Pudding, Konserven oder Kuchen, viel lieber essen.

    Einnahme von Arzneimitteln

    Arzneimittel haben Nebenwirkungen. Sie können Magenschmerzen, Durchfall, Übelkeit oder Verstopfung verursachen. Mit zunehmendem Alter steigt die Anzahl der unterschiedlichen Arzneimittel, die eingenommen werden müssen. Wechselwirkungen sind keine Seltenheit und belasten den Verdauungstrakt. Je mehr Arzneimittel eingenommen werden, desto größer ist die Gefahr von Wechselwirkungen.

     

    HINWEIS | Unterschätzt wird oft der Dauergebrauch bestimmter Abführmitteln. Diese können im Laufe der Zeit die Darmschleimhaut massiv schädigen. Die Darmtätigkeit wird reduziert, was wiederum die Einnahme von Abführmitteln erfordert. Letztendlich entsteht eine Abhängigkeit. Außerdem entziehen viele Abführmittel dem Darm Elektrolyte und insbesondere das für die Verdauung wichtige Kalium.

     

    Reizmagen und Magenschleimhautentzündung (Gastritis)

    Obwohl es sich bei dem sogenannten Reizmagen meistens nicht um eine Entzündung handelt, zeichnet er sich dennoch durch ähnliche Symptome aus, wie sie bei einer Magenschleimhautentzündung auftreten: brennende Bauchschmerzen, Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl, Blähungen und Unverträglichkeiten bestimmter Lebensmittel. Auslöser des Reizmagens sind vermutlich psychische und seelische Belastungen.

     

    Entzündungen der Magenschleimhaut treten bei älteren Menschen gehäuft auf. Sie entstehen beispielsweise als Folge des Rauchens oder eines übermäßigen Alkoholkonsums oder als Nebenwirkung bestimmter Arzneimittel, zum Beispiel NSRA. Eine der häufigsten Ursachen für die Entstehung einer Gastritis ist eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori.

    Darmkrebs

    Darmkrebs zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Etwa 30.000 Menschen sterben jährlich daran. Doch Darmkrebs ist gut behandelbar - vorausgesetzt, er wird frühzeitig erkannt. In diesen Fällen steigt die Überlebensrate deutlich an. Vorstufen von Darmkrebs sind meist gutartige Polypen - also Wucherungen der Darmschleimhaut. Diese könne im Laufe der Zeit zu bösartigen Geschwüren werden. Bei einer Darmspiegelung werden solche Polypen entdeckt und in der Regel umgehend entfernt. Vorboten einer ernsthaften Erkrankung können beispielsweise blutiger Stuhl, Bauchschmerzen, Müdigkeit, Blässe oder Gewichtsverlust sein.

     

    WICHTIGER HINWEIS FüR DAS PFLEGEPERSONAL | Stellen Sie bei einem Bewohner die folgenden Symptome fest, sollten Sie umgehend einen Arzt verständigen: Blut im Stuhl, schwarzer Stuhl (Teerstuhl), plötzlich auftretende kolikartige Bauchschmerzen, harter Blähbauch, fehlender Stuhlgang, Fieber oder starker Gewichtsverlust. Diese Symptome sind möglicherweise ein Hinweis auf einen Darmverschluss. Da dieser lebensbedrohlich sein kann, ist eine schnelle Behandlung wichtig.

     

    Allgemeine Empfehlungen bei Magen-Darm-Erkrankungen

    In der Regel verbessert bereits eine Umstellung der Lebensweise die Magen-Darm-Gesundheit deutlich. Von den Vorteilen profitieren nicht nur Magen-Darm-Patienten, sondern eigentlich jeder. Jedoch sollten gerade die betroffenen Heimbewohner:

     

    • Möglichst in Ruhe und ohne Hektik essen.
    • Darauf achten, dass die Nahrung gut gekaut wird.
    • Anstatt wenige große Mahlzeiten lieber mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt essen.
    • Starke Extreme meiden, z. B. auf zu heiße oder zu kalte, zu süße oder zu salzige Nahrungsmittel und Getränke verzichten.
    • Direkt vor dem Schlafengehen nichts mehr essen.
    • Mindestens 1 bis 1,5 Liter pro Tag trinken.
    • Sich, soweit noch möglich, ausreichend bewegen.

    Ernährungstipps bei Magen-Darm-Erkrankungen

    Insbesondere fettreiche, säurehaltige und schwer verdauliche Lebensmittel führen zu Völlegefühl, Sodbrennen, Blähungen und Magendrücken. Bereits bestehende Magen-Darm-Beschwerden können durch diese Nahrungsmittel noch verstärkt werden. Das Einhalten einer strengen Diät ist bei den meisten Magen-Darm-Erkrankungen in der Regel nicht erforderlich. Dennoch sollte der Verzehr folgender Lebensmittel reduziert oder gemieden werden: fettes Fleisch und fette Wurst, frittierte Nahrungsmittel, Mayonnaise, Kaffee, Alkohol, scharfe Gewürze, Geräuchertes, Zitrusfrüchte, Hülsenfrüchte, Kohl, Kraut, frisches Brot und kohlensäurehaltige Getränke.

     

    Leichtverdauliche Kost, wie z. B. gedünstetes Gemüse, ist besser bekömmlich als Rohkost. Auch Fleisch und Fisch sollten eher gedünstet als gebraten werden. Da frisches Brot leicht bläht, ist für Magen-Darm-Patienten älteres, aber nicht zu hartes Brot empfehlenswert.

     

    WICHTIGER HINWEIS FüR DAS HEIM | Eine Vollwerternährung gilt allgemein als positiv für die Magen- und Darmgesundheit, denn Ballaststoffe sind unverdauliche Nahrungsbestandteile, die die Verdauung anregen. Senioren vertragen allerdings oft grobkörnige Vollkornprodukte nicht gut. Sie bekommen Blähungen und Bauchschmerzen. Deshalb sollten ältere Menschen eher feinkörnige Vollkornprodukte zu sich nehmen.

     

    Behandlung der häufigsten Magen-Darm-Erkrankungen

    Reicht eine Umstellung der Lebensgewohnheiten und der Ernährung für eine normale Darmfunktion nicht aus, müssen weitere Maßnahmen folgen. Bei massiven oder chronischen Durchfällen, bei Verstopfung, quälenden Blähungen und Entzündungen kommen auch medikamentöse Mittel zum Einsatz.

    Durchfall

    Bei einer Durchfallerkrankung verliert der Körper nicht nur sehr viel Flüssigkeit, sondern auch Elektrolyte, Mineralstoffe und Vitamine. Ein hoher Flüssigkeits- und Elektrolytverlust kann bei älteren Menschen relativ schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation führen. Schwächeanfälle und Kreislaufprobleme sind die Folge. Deshalb ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sehr wichtig. Betroffene sollten viel trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Gut geeignet sind beispielsweise stilles Mineralwasser oder Kräutertees. Zusätzlich eingenommene Elektrolyt-Präparate versorgen den Körper mit den lebenswichtigen Mineralien und verbessern das Allgemeinbefinden.

    Verstopfung

    Verstopfungen bergen die Gefahr der Entstehung von Hämorrhoiden, die zu Juckreiz, Brennen und schmerzhaftem Stuhl führen. Aus diesem Grund sollte einer Verstopfung durch eine entsprechende Lebensführung und Ernährung vorgebeugt werden. Reicht dies nicht aus, werden weitere Maßnahmen notwendig:

     

    • Trockenobst, wie z. B. Pflaumen, Feigen oder Aprikosen, regt die Verdauung an. Die beste Wirkung wird erzielt, wenn die Trockenfrüchte am Abend vorher in Wasser eingeweicht und am nächsten Morgen gegessen werden.

     

    • Weizenkleie und Leinsamen quellen bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr auf und erhöhen so das Darmvolumen. Weizenkleie kann sehr gut in Suppen oder Joghurt eingerührt werden. Die Wirkung setzt nach etwa zwölf Stunden ein. Der Vorteil ist: Quellstoffe sind zum Dauergebrauch geeignet.

     

    • Ein Glas kaltes Wasser vor dem Frühstück regt die Darmtätigkeit an.

     

    • Milchzucker aktiviert die natürlichen Darmbakterien. Er kann sehr gut ins Müsli oder in Getränke eingerührt werden.

     

    • Stuhlweichmachende Arzneimittel, z. B. Lactulose Sirup oder Macrogol Pulver, sollten am besten über den Tag verteilt eingenommen werden. Wichtig ist auch hier eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Der Wirkungseintritt dauert hier etwa ein bis zwei Tage. Stuhlweichmacher haben einen relativ geringen Gewöhnungseffekt.

     

    • Lokal wirkende Gleitmittel, wie Zäpfchen und Klistiere mit Glycerol oder Bisacodyl, helfen bei akuter Verstopfung sehr gut, sind aber für den Dauergebrauch ungeeignet. Ihre Wirkung setzt nach etwa 15 bis 60 Minuten ein.

     

    • Bei der Einnahme von pflanzlichen Stimulantien, wie Sennesfrüchte oder -blätter, oder von chemischen Stimulantien, wie Bisacodyl oder Natriumpicosulfat, besteht bei Dauergebrauch das Risiko einer Darmschädigung und die Gefahr eines Wasser- und Elektrolytverlusts (insbesondere eines Kaliumverlusts).

    Blähungen

    Einfache Hausmittel helfen in der Regel recht gut bei Blähungen: eine Wärmflasche, eine leichte Bauchmassage oder ein Kümmel-, Fenchel- oder Anistee. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, können entschäumende Arzneistoffe, wie z. B. Dimeticon oder Simeticon, eingenommen werden. Diese zerstören die Gasblasen im Darm. Die Luft kann leichter entweichen. Werden Blähungen von Bauchkrämpfen begleitet, helfen krampflösende Mittel wie beispielsweise Butylscopolamin.

    Sodbrennen (Reflux)

    Sodbrennen entsteht, wenn säurehaltiger Magensaft in die Speiseröhre gelangt. Die Ursachen sind meist eine ungesunde Lebens- und Ernährungsweise, die Einnahme von magenunverträglichen Arzneimitteln und Stress. Eine Umstellung der Lebensweise (siehe oben) kann bei massivem Sodbrennen zusätzlich durch sogenannte Protonenpumpenhemmer, wie Omeprazol oder Pantoprazol, die eine überschüssige Säureproduktion hemmen, ergänzt werden.

     

    HINWEIS | Heimbewohner, die unter einer Refluxerkrankung leiden, sollten nachts mit leicht erhöhtem Oberkörper schlafen. Dadurch wird der Rückfluss der Magensäure in die Speiseröhre verhindert.

     

    Magenschleimhautentzündung (Gastritis)

    Bei einer akuten Gastritis helfen meistens eine Umstellung der Ernährung auf eine leicht verdauliche Kost und der Verzicht auf Kaffee, alkoholische und kohlensäurehaltige Getränke sowie säurehaltige Früchte und Säfte. Ist die Entzündung bereits chronisch, verordnet der Arzt meist entweder Antazida, die die Magensäure abpuffern, H2-Rezeptor-Blocker wie Ranitidin oder Cimetidin zur Reduzierung der Säureproduktion im Magen oder Protonenpumpenhemmer. Ist die Gastritis durch einen Helicobacter pylori verursacht, wird manchmal zusätzlich noch ein Antibiotikum verordnet.

     

    WICHTIGER HINWEIS FüR DAS PFLEGEPERSONAL | Magen-Darm-Beschwerden sollten bei Senioren sehr ernst genommen werden, denn sie können ein Hinweis auf andere Grunderkrankungen wie Depressionen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme, Rückenschmerzen, Tumore oder auf Unverträglichkeiten oder Wechselwirkungen von Arzneimitteln sein. Deshalb sollte das Pflegepersonal alle Aussagen der Bewohner zu den oben genannten Beschwerden in der Patientendatei dokumentieren und den betreuenden Arzt informieren.

     
    Quelle: ID 44390319