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  • 06.09.2011 | Umsatzsteuer

    Vermietung von Veranstaltungsräumen: Leistungen eigener Art retten den Vorsteuerabzug

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Werden Veranstaltungsräume vermietet, gelingt ein Vorsteuerabzug regelmäßig nur dann, wenn auf die Steuerbefreiung verzichtet werden kann. Scheitert die Option nach § 9 UStG, gibt es einen Rettungsanker. Denn soweit die Vermietung von ins Gewicht fallenden Dienstleistungen flankiert wird, kann auch eine umsatzsteuerpflichtige Leistung eigener Art vorliegen. Dies hat der BFH (25.2.11, XI B 63/10, Abruf-Nr. 112211) für die Überlassung eines Bürgersaals entschieden, bei der die Vermietung in ein Bündel von Zusatzleistungen eingebunden war.

     

    Sachverhalt

    Die Stadt S verpachtete einen in ihrem Stadthaus gelegenen Bürgersaal nebst bestimmter Betriebsvorrichtungen umsatzsteuerpflichtig an die X-GmbH zur Verwaltung und Bewirtschaftung des Saals, zur Bewirtschaftung von Gemeinderats- und Ausschusssitzungen sowie - im Bedarfsfall - zum Betrieb eines Kioskes/Cafés im Zeitschriftenbereich der Stadtbibliothek. In der Folgezeit vermietete die X-GmbH den Saal zur kurzfristigen Nutzung u.a. an Unternehmen, Vereine und Parteien, die den Saal für Tagungen, Ausstellungen, Konzerte, Seminare oder ähnliche Zwecke nutzten. Für die Nutzung der technischen Ausstattung des Saals (Bühnentechnik, Beleuchtung, Beschallung etc.) stellte die X-GmbH ebenso wie für Bewirtung, Eingangskontrolle und Garderobe eigenes Personal zur Verfügung. Die Raumnutzung einschließlich der technischen, gastronomischen und sonstigen Dienstleistungen rechnete die X-GmbH gegenüber den Nutzern mit Umsatzsteuerausweis ab.  

     

    Den von der Stadt S geltend gemachten Vorsteuerabzug aus den laufenden Kosten für den Bürgersaal erkannte das FA nicht in vollem Umfang an. Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug ergebe sich nur, soweit sie der X-GmbH Betriebsvorrichtungen überlassen habe und im Übrigen nur, soweit die Mieter der X-GmbH die Räumlichkeiten zu unternehmerischen Zwecken genutzt hätten. Nach erfolglosem Einspruch gaben das FG und der BFH jedoch der Stadt S recht. Da die X-GmbH umsatzsteuerpflichtige Dienstleistungen eigener Art erbrachte, konnte sie zur Umsatzsteuerpflicht optieren, sodass ihr der Vorsteuerabzug zustand.  

     

    Anmerkungen

    Nach § 9 Abs. 2 UStG a.F. war der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Vermietungsumsätzen nur zulässig, soweit das Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nicht unternehmerischen Zwecken diente oder zu dienen bestimmt war. Demzufolge stellte das FG auch klar, dass das FA zu Recht darauf verwiesen hat, dass die Saalüberlassung an Parteien oder Vereine auf Mieterseite vermutlich keinem unternehmerischen Zweck diente, was auf den ersten Blick gegen eine Option sprechen würde.  

     

    Vorliegend wurde die Optionsmöglichkeit aber nicht durch die Regelungen des § 9 UStG verhindert, weil die X-GmbH im Verhältnis zu den Endnutzern des Bürgersaales keine steuerfreien Vermietungsumsätze i.S. des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, sondern umsatzsteuerpflichtige Dienstleistungen eigener Art erbracht hatte.  

     

    Gegen eine umsatzsteuerfreie Vermietung der X-GmbH sprach bereits die nur stunden- oder tageweise Saalvermietung. Zudem wurde bei den verschiedenen Veranstaltungen regelmäßig ein Leistungsbündel vereinbart, das neben der reinen Grundstücksüberlassung weitere erhebliche und prägende Leistungen beinhaltete. Hierzu gehörte u.a. die Gestellung von geschultem Personal für den Einsatz der Betriebsvorrichtungen (z.B. Beleuchtungs- und Tonanlage), für die Einlasskontrolle und für die Garderobe sowie das Speisen- und Getränkeangebot.  

     

    Praxishinweise

    Nach den vorgenannten Grundsätzen ist zu unterscheiden, ob eine passive Raumüberlassung mit eigenverantwortlicher Nutzungsorganisation durch den Mieter vorliegt oder ob der Mieter Räumlichkeiten zur Nutzung erhält, um deren Funktionalität er sich nicht weiter kümmern muss.  

     

    Gestaltungshinweis

    Für Investoren von Veranstaltungsimmobilien eröffnet sich damit nach § 15a UStG die Gestaltungsoption, zumindest in den ersten zehn vorsteuerkorrekturrelevanten Jahren durch hinreichend umfangreiche Dienstleistungen im Bereich des Facility-Managements auch bei nicht optionsfähigen Mietern umsatzsteuerpflichtige Dienstleistungen zu erzeugen.  

     

    Zwar betont der BFH in der Nichtzulassungsbeschwerde deutlich, dass die Einordnung solcher Vermietungen stets eine Einzelfallentscheidung der finanzgerichtlichen Tatsacheninstanz bleibt. Im Sinne dieser Kasuistik liegt auch eine Entscheidung des BFH aus jüngerer Zeit vor, nach der die Überlassung von Wochenmarktstandplätzen auch dann von der steuerfreien Grundstücksüberlassung dominiert wird, wenn der Vermieter ergänzend die Elektrizitätsinfrastruktur bereitstellt und die Platzreinigung für die Händler übernimmt (BFH 24.1.08, V R 12/05, V R 13/05).  

     

    Auch die Finanzverwaltung nimmt eine Dienstleistung eigener Art bzw. eine Veranstaltungsleistung bei einer Überlassung eines Messestands zumindest dann an, wenn zur Grundstücksüberlassung mindestens drei weitere flankierende Dienstleistungen hinzukommen (Abschn. 3a.4. Abs. 2 S. 5 UStAE).  

     

    Beachte: Nach Abschn. 4.12.11. Abs. 4 Nr. 2 S. 2 und 3 UStAE liegt eine Dienstleistung eigener Art bei der Überlassung von Veranstaltungsräumen nur dann vor, wenn die Vermietung gegenüber anderen Leistungen derart in den Hintergrund tritt, dass sie aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keinen leistungsbestimmenden Bestandteil mehr ausmacht. Nach Ansicht des BFH (4.3.11, V B 51/10) kommt es indes nicht auf das quantitative, sondern vielmehr auf das qualitative Übergewicht an.  

    Quelle: Ausgabe 09 / 2011 | Seite 150 | ID 148340

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