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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel

    | Wird der berufliche Mittelpunkt verlagert, stellt sich oft auch die Frage, ob ein Verkauf der Immobilie(n) am bisherigen Lebensmittelpunkt sinnvoll ist. Der praktische Fall zeigt, dass in diesem Zusammenhang mitunter auch die Drei-Objekt-Grenze des gewerblichen Grundstückshandels zu beachten ist. |

    1. Sachverhalt

    Der verheiratete Max Meise ist bei einem mittelständischen Unternehmen in leitender Position tätig. Da der Firmensitz von Berlin nach München verlegt wird, sieht er sich gezwungen, auch seinen privaten Lebensmittelpunkt nach München zu verlagern. Wegen der Entfernung überlegen die Eheleute, ihre „Zelte“ in Berlin komplett abzubrechen und alle Immobilien in Berlin und Umgebung zu veräußern. Die Eheleute Meise fragen ihren Steuerberater, was bei einer Veräußerung der folgenden Immobilien steuerlich zu beachten ist:

     

    • Immobilien der Eheleute Meise

    Ehemann:

    • seit dem Kauf in 2018 zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung
    • zwei vermietete Garagen in der Innenstadt (Kauf 2016)
    • Mehrfamilienhaus (Kauf 2018)
    • Verlust-Immobilie im Gewerbegebiet (Kauf 2018)

     

    Ehefrau:

    • unbebautes Grundstück (Kauf 2016)
     

    2. Lösung

    Der Steuerberater grenzt die private Vermögensverwaltung zunächst von einem gewerblichen Grundstückshandel anhand der typisierenden Drei-Objekt-Grenze ab. Anschließend prüft er für jede Immobilie, ob es sich um ein Zählobjekt handelt.

     

    2.1 Vermögensverwaltung versus gewerblicher Grundstückshandel

    Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Spekulationsbesteuerung nach § 23 EStG. Ausgenommen sind jedoch Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative) genutzt wurden (zu Abgrenzungsfragen vgl. MBP 19, 204).

     

    Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt nur dann vor, wenn die Voraussetzungen für gewerbliche Einkünfte erfüllt sind. Die folgende Übersicht zeigt die sieben generellen Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 S. 1 EStG, wobei sich das zuletzt genannte Merkmal („keine bloße Vermögensverwaltung“) nicht direkt aus dem Gesetz ergibt:

     

    Übersicht / Merkmale gewerblicher Einkünfte (§ 15 Abs. 2 S. 1 EStG)

    • Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
    • Nachhaltigkeit der Tätigkeit
    • selbstständige Tätigkeit
    • Gewinnerzielungsabsicht
    • keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
    • keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit
    • keine bloße Vermögensverwaltung
     

    Die durch die BFH-Rechtsprechung entwickelte Drei-Objekt-Grenze stellt ein wichtiges Indiz zur Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung dar. Danach ist ein gewerblicher Grundstückshandel regelmäßig anzunehmen, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vier in Veräußerungsabsicht erworbene oder bebaute Objekte verkauft werden (BFH 18.9.91, XI R 23/90).

     

    Liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor, sind die Grundstücke dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Planmäßige Abschreibungen und Sonderabschreibungen können daher nicht geltend gemacht werden. Der Veräußerungserlös ist als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ zu erfassen (§ 15 EStG) und unterliegt auch der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 GewStG).

     

    Das folgende Schaubild zeigt die möglichen Auswirkungen bei einem Immobilienverkauf aus dem „Privatvermögen“:

     

     

    2.2 Zählobjekte der Eheleute Meise

    Im Folgenden werden die „Berliner-Immobilien“ dahingehend untersucht, ob sie ein Zählobjekt i. S. der Drei-Objekt-Grenze darstellen. Dabei wird auf die Sichtweise der Finanzverwaltung (BMF 26.3.04, IV A 6 - S 2240 - 46/04) abgestellt:

     

    2.2.1 Zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung

    Generell sind zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilien kein Zählobjekt (BFH 16.10.02, X R 74/99). Etwas anderes gilt aber, wenn ein zur Veräußerung bestimmtes Grundstück lediglich vorübergehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (BFH 11.4.89, VIII R 266/84). Auch bei einer Selbstnutzung von weniger als fünf Jahren ist ein Grundstück aber nicht einzubeziehen, wenn die Veräußerung auf offensichtlichen Sachzwängen beruht (BFH 18.9.02, X R 28/00). Die beruflich bedingte örtliche Veränderung stellt einen solchen Sachzwang dar (BFH 16.10.02, X B 67/02), sodass die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung kein Zählobjekt darstellt.

     

    2.2.2 Zwei vermietete Garagen in der Innenstadt

    Garagen oder Garagenstellplätze, an denen Teileigentum bestellt worden ist, sind selbstständige Zählobjekte.

     

    Sind Garagen indes ,,Zubehör‘‘-Räume von Eigentumswohnungen, zählen sie als Objekte auch dann nicht mit, wenn sie an andere Erwerber als die Käufer der Eigentumswohnungen veräußert werden (BFH 18.9.02, X R 183/96).

     

    2.2.3 Mehrfamilienhaus

    Ungeteilte Mehrfamilienhäuser gelten ebenso wie Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen jeweils nur als ein Objekt (BFH 15.7.04, III R 37/02). Erst wenn ein Mehrfamilienhaus in Eigentumswohnungen aufgeteilt wurde, handelt es sich um eigenständige Zählobjekte.

     

    2.2.4 Verlust-Immobilie im Gewerbegebiet

    Der Berücksichtigung einer Immobilie als Zählobjekt steht nicht entgegen, dass sie mit Verlust veräußert wird. Denn die Absicht, ein erworbenes Grundstück mit Gewinn zu verkaufen, wird nicht dadurch infrage gestellt, dass sich die Erwartungen des Steuerpflichtigen letztendlich nicht realisiert haben (BFH 18.9.02, X R 28/00).

     

    2.2.5 Unbebautes Grundstück der Ehefrau

    Objekte i. S. der Drei-Objekt-Grenze sind Grundstücke jeglicher Art. Auf die Größe, den Wert oder die Nutzungsart des einzelnen Objekts kommt es dabei nicht an. Es kommt auch nicht darauf an, ob es sich um bebaute oder unbebaute Grundstücke handelt (BMF 26.3.04, a. a. O., Rz. 8).

     

    MERKE | Bei Ehegatten ist eine Zusammenfassung der Zählobjekte grundsätzlich nicht zulässig. Die Grundstücksaktivitäten von Ehegatten sind jedoch dann zusammenzurechnen, wenn die Ehegatten eine über ihre eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehende, zusätzliche enge Wirtschaftsgemeinschaft (z. B. als GbR) eingegangen sind, in die sie alle oder den größten Teil der Grundstücke eingebracht haben (BMF 26.3.04, a. a. O., Rz. 12).

     

    2.3 Zusammenfassende Würdigung

    Die Ehegatten haben keine über ihre eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehende Wirtschaftsgemeinschaft. Die Drei-Objekt-Grenze ist daher für jeden Ehepartner separat zu beurteilen. Frau Meise könnte das unbebaute Grundstück demnach veräußern, ohne einen gewerblichen Grundstückshandel zu begründen.

     

    Beachten Sie | Da die Anschaffung jedoch in 2016 erfolgte und die 10-Jahres-Frist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist, würde ein etwaiger Veräußerungsgewinn im Rahmen des § 23 EStG erfasst werden.

     

    Würde Max Meise seine Immobilien veräußern, würde ein gewerblicher Grundstückshandel wegen Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze vorliegen.

     

    Beachten Sie | Das Sachzwangargument trifft nur hinsichtlich der selbstgenutzten Eigentumswohnung zu. Dieses Objekt ist kein Zählobjekt, gehört nicht zum betrieblichen Umlaufvermögen und ist somit auch nicht in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen.

     

    Demzufolge würde ein Verkauf der Immobilien bei Max Meise folgende Rechtsfolgen auslösen:

     

    • Der Verkauf der Garagen, des Mehrfamilienhauses und der Verlust-Immobilie findet im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels statt und führt somit zu gewerblichen Einkünften.

     

    • Der Verkauf der Eigentumswohnung fällt grundsätzlich unter § 23 EStG. Weil die Nutzung jedoch zu eigenen Wohnzwecken erfolgte, unterbleibt eine Spekulationsbesteuerung.

     

    FAZIT | Verkaufen die Eheleute Meise ihre Immobilien anlässlich des Umzugs, würde Max Meise einen gewerblichen Grundstückshandel begründen. Seine Ehefrau unterliegt mit ihrer Veräußerung den Rechtsfolgen des § 23 EStG.

     

    Vor einem Verkauf sollten die etwaigen Veräußerungsgewinne schätzungsweise ermittelt werden. Da seit der Anschaffung (2016 bzw. 2018) nur wenige Jahre vergangen sind, ist es möglich, dass sich die Wertsteigerungen bzw. die steuerpflichtigen Gewinne in Grenzen halten. Anderenfalls sollten die Eheleute eine Vermietung bzw. eine Verpachtung in Erwägung ziehen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Steuerfalle: Gewerblicher Grundstückshandel durch vorweggenommene Erbfolge (MBP 19, 155)
    Quelle: Ausgabe 01 / 2020 | Seite 10 | ID 46268617