· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Abschreibungen: So werden Immobilienkäufe steuerlich optimal gestaltet!
| Ein Immobilienkauf stellt oft eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Ziel muss es daher sein, die Anschaffungskosten steuerlich bestmöglich zu nutzen. Und hier gibt es insbesondere zwei Stellschrauben: Die Aufteilung der Anschaffungskosten auf das Gebäude und den Grund und Boden sowie die Optimierung der Abschreibungsdauer. |
1. Sachverhalt
Die Meise-GmbH hat das Angebot, eine bisher angemietete Produktionshalle inklusive des Grundstücks (2.000 qm) für 2 Mio. EUR zu erwerben. Der Geschäftsführer der Meise-GmbH möchte das Angebot auf jeden Fall nutzen. Er fragt seinen Steuerberater, wie die Aufteilung des Kaufpreises auf das Gebäude und den Grund und Boden zu erfolgen hat und wie die künftige Abschreibung auf das Gebäude erfolgt.
2. Lösung
Der Steuerberater erläutert zunächst die Optionen bei der Aufteilung des Kaufpreises auf das Grundstück und das Gebäude. Zu diesem Zweck stellt er die Grundzüge der gängigen Bewertungsverfahren und mögliches Gestaltungspotenzial vor. Anschließend geht er auf die Möglichkeiten zur Verkürzung der Abschreibungsdauer ein.
2.1 Möglichkeiten bei der Kaufpreisaufteilung
Die auf die Lagerhalle entfallenden Anschaffungskosten können durch planmäßige Abschreibungen (§ 7 Abs. 4 EStG) zeitnah steuermindernd genutzt werden. Die Anschaffungskosten für den Grund und Boden wirken sich hingegen erst bei der Veräußerung der Immobilie steuermindernd aus.
In der Praxis weit verbreitet ist die Restwertmethode. Um den Gebäudewert zu bestimmen, wird vom Kaufpreis der Bodenwert abgezogen. Der Bodenwert ermittelt sich durch Multiplikation der Quadratmeter mit dem öffentlich einsehbaren Bodenrichtwert. Bei der Meise-GmbH ergibt sich ein Bodenwert von 300.000 EUR (2.000 qm × 150 EUR/qm).
Beachten Sie | Nach der Rechtsprechung des BFH (10.10.00, IX R 86/97) ist der Kaufpreis aber grundsätzlich nicht nach der Restwertmethode, sondern nach dem Verhältnis der separat für Grundstück und Gebäude ermittelten Verkehrswerte aufzuteilen! Für die Verkehrswertermittlung können folgende drei Verfahren herangezogen werden:
- Vergleichswertverfahren
- Ertragswertverfahren
- Sachwertverfahren
2.1.1 Die einzelnen Verfahren im Überblick
Beim Vergleichswertverfahren wird der Immobilienwert aus einer Mehrzahl von Vergleichsobjekten abgeleitet. Bei Gewerbeimmobilien ‒ wie bei der Meise-GmbH ‒ scheitert die Anwendung aber häufig an passenden Vergleichsobjekten, da diese übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen müssen.
Das folgende Schema verdeutlicht die generelle Berechnungsweise bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens:
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Rohertrag (Jahresmiete) | 120.000 EUR | |
‒ | Bewirtschaftungskosten (z. B. Verwaltungs- und Betriebskosten) | 5.000 EUR |
= | Reinertrag | 115.000 EUR |
‒ | Bodenwertverzinsung (qm × Bodenrichtwert × Liegenschaftszinssatz) | 10.000 EUR |
= | Gebäudereinertrag | 105.000 EUR |
× | Barwertfaktor | 12 |
= | Gebäudeertragswert | 1.260.000 EUR |
+ | Bodenwert (qm × Bodenrichtwert) | 300.000 EUR |
= | Vorläufiger Ertragswert | 1.560.000 EUR |
‒ | Anpassung um objektspezifische Sondereffekte | 0 EUR |
= | Ertragswert der Immobilie | 1.560.000 EUR |
Das Sachwertverfahren stellt die (Normal-)Herstellungskosten in den Mittelpunkt der Wertermittlung. Diese werden dann insbesondere durch Alterswertminderungen und einen Marktanpassungsfaktor objektiviert.
Beachten Sie | Der Marktanpassungsfaktor (auch Sachwertfaktor genannt) dient dazu, die ermittelten Sachwerte an die spezifische Marktlage der Region anzupassen. So sind z. B. die Wertverluste einer Immobilie in der Stadt in der Regel deutlich geringer als in ländlichen Regionen.
Im Folgenden wird die grundsätzliche Vorgehensweise vorgestellt:
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Bodenrichtwert | 150 EUR | |
× | Grundstücksfläche | 2.000 qm |
= | Vorläufiger Bodenwert | 300.000 EUR |
Regelherstellungskosten je qm | 1.400 EUR | |
× | Bruttogrundfläche | 1.800 qm |
= | Gebäudeherstellungskosten | 2.520.000 EUR |
‒ | Alterswertminderung | 315.000 EUR |
= | Vorläufiger Gebäudesachwert | 2.205.000 EUR |
Vorläufiger Sachwert (Bodenwert und Gebäudesachwert) | 2.505.000 EUR | |
× | Marktanpassungsfaktor | 0,7 |
= | Vorläufiger Sachwert der Immobilie | 1.753.500 EUR |
‒ | Anpassung um objektspezifische Sondereffekte | 0 EUR |
= | Sachwert der Immobilie | 1.753.500 EUR |
2.1.2 Beurteilung
Ob bei der Aufteilung des Gesamtkaufpreises einer Immobilie der Boden- und Gebäudewert mithilfe des Vergleichswertverfahrens, des Ertragswertverfahrens oder des Sachwertverfahrens zu ermitteln ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden.
Beachten Sie | Handelt es sich bei dem Objekt um ein Renditeobjekt, ist dies nach den im Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten üblicherweise unter Heranziehung des Ertragswertverfahrens zu bewerten (FG Hamburg 1.10.19, 1 K 16/18). Aber auch bei Renditeobjekten kann ggf. das Sachwertverfahren angewendet werden.
Die obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern haben eine Arbeitshilfe (inkl. Anleitung) als xls-Datei zur Verfügung gestellt, die es ermöglicht, entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität einer Kaufpreisaufteilung zu prüfen (BMF mit Stand vom Mai 2019, „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück“, unter iww.de/s592). Das FG Berlin-Brandenburg (14.8.19, 3 K 3137/19, Rev. BFH: IX R 26/19) hält die Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises grundsätzlich für geeignet.
Beachten Sie | Der Kaufpreisaufteilung der Arbeitshilfe liegen die Vorschriften des Sachwertverfahrens nach der Immobilien-Wertermittlungsverordnung zugrunde. Auf eine Marktanpassung der (vorläufigen) Sachwerte wurde hier verzichtet, da sich diese im gleichen Verhältnis auf den Grund und Boden sowie das Gebäude auswirkt.
Die folgende Tabelle verdeutlicht, wie sich die unterschiedlichen Verfahren auf die Kaufpreisaufteilung auswirken können:
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Ertragswertverfahren | Sachwertverfahren ohne Marktanpassung | |||||
Bewertung | Anteil | Kaufpreis | Bewertung | Anteil | Kaufpreis | |
Grundstück | 300.000 EUR | 19 % | 380.000 EUR | 300.000 EUR | 12 % | 240.000 EUR |
Produktionshalle | 1.260.000 EUR | 81 % | 1.620.000 EUR | 2.205.000 EUR | 88 % | 1.760.000 EUR |
Summe | 1.560.000 EUR | 100 % | 2.000.000 EUR | 2.505.000 EUR | 100 % | 2.000.000 EUR |
Beachten Sie | Die vereinfachten Berechnungen zeigen, dass die Art des Verfahrens eine gewichtige Bedeutung für das unmittelbar nutzbare AfA-Volumen haben kann.
PRAXISTIPP | Schlussendlich kann der Meise-GmbH nur empfohlen werden, eine eindeutige Aufteilung im Kaufvertrag vorzunehmen, wobei die Beurteilungsmaßstäbe dokumentiert werden sollten. Denn dieser Aufteilung ist zu folgen, sofern sie
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2.2 Optimierung der Abschreibungsdauer
Betriebliche Gebäude sind grundsätzlich typisiert mit 3 % p. a. abzuschreiben (§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG). Beträgt die tatsächliche (Rest-)Nutzungsdauer jedoch weniger als 33 Jahre, so kann dieser Zeitraum als Abschreibungszeitraum angewendet werden (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG). Die Nutzungsdauer eines Gebäudes i. S. des § 7 Abs. 4 S. 2 EStG ist der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann (§ 11c Abs. 1 S. 1 EStDV).
Nach der Rechtsprechung des BFH (4.3.08, IX R 16/07) wird die zu schätzende Nutzungsdauer bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Die Feststellungslast bzw. die Nachweispflicht für eine abweichende, kürzere Nutzungsdauer trägt der Steuerpflichtige.
Die Finanzverwaltung lehnt die Anwendung eines typisierten Modells zur Ableitung der Restnutzungsdauer eines Gebäudes oftmals ab. Sie vertritt die Auffassung, dass das vom Sachverständigen angewandte Verfahren bei der Gebäudesachwertermittlung nach §§ 21 ff. i. V. mit § 6 Abs. 6 ImmoWertV und damit für Zwecke der Verkehrswertermittlung Anwendung finde ‒ und nicht im Rahmen des § 7 Abs. 4 S. 2 EStG.
PRAXISTIPP | Dem ist das FG Düsseldorf (12.7.19, 3 K 3307/16 F) jedoch nun entgegengetreten: Das Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisierungen gemäß Anlage 4 der Sachwertrichtlinie ist ein geeignetes Verfahren zur Ermittlung der kürzeren Restnutzungsdauer eines Gebäudes. Im Übrigen, so das FG, stellt das Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen (ERAB) kein sachgerechteres Verfahren für die Ermittlung der Nutzungsdauer eines Gebäudes i. S. des § 7 Abs. 4 S. 2 EStG dar.
Möchte die Meise-GmbH eine kürzere Abschreibungsdauer als 33 Jahre beanspruchen, kann sie die Entscheidung des FG Düsseldorf ggf. nutzen. Lehnt das FA die Ermittlungsmethode ab, kann unter Verweis auf die anhängige Revision (BFH: IX R 25/19) Einspruch eingelegt werden. |