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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Der steuerliche Ausgleichsposten: Oft vernachlässigt, aber doch so wichtig!

    | Eine Einheitsbilanz ist unzulässig, wenn handels- und steuerrechtliche Vorschriften voneinander abweichen. In diesen Fällen bestehen nach § 60 Abs. 2 EStDV zwei Möglichkeiten: Entweder wird eine Überleitungsrechnung zur Handelsbilanz erstellt oder eine Steuerbilanz. Wird eine Steuerbilanz aufgestellt, ist bei Kapitalgesellschaften ein steuerlicher Ausgleichsposten (StAP) zu bilden, der das Eigenkapital in der Steuerbilanz korrigiert. Der praktische Fall veranschaulicht die Vorgehensweise und zeigt, dass ein StAP zu Kontrollzwecken nicht nur bei einer Steuerbilanz gebildet werden sollte. |

    1. Vorbemerkungen

    Oftmals sehen die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften unterschiedliche Regelungen vor. Weicht als Folge das handelsrechtliche Eigenkapital vom Eigenkapital laut Steuerbilanz ab, besteht ein Problem. Denn nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ist die handelsrechtliche Eigenkapitalgliederung in die Steuerbilanz zu übernehmen. Aus diesem Grund muss bei Kapitalgesellschaften ein StAP gebildet werden, um das Eigenkapital der Handelsbilanz in der Steuerbilanz zu korrigieren. Der Ausweis erfolgt grundsätzlich als letzte Position innerhalb des Eigenkapitals.

     

    Beachten Sie | Ein StAP ist in der Steuerbilanz einer Personengesellschaft oder eines Einzelunternehmens nicht notwendig, da das Kapital hier direkt angepasst werden kann. Abzugrenzen ist dieser StAP von denen, die nach § 14 KStG (Mehr- oder Minderabführungen bei der ertragsteuerlichen Organschaft) oder § 4g EStG (Verbringen von Betriebsvermögen in einen EU-Staat) zu bilden sind. Diese werden vorliegend nicht thematisiert.

    2. Sachverhalt

    Die Gesellschafterversammlung des Kosmetikunternehmens L-GmbH hat den Jahresabschluss 2015 mit einem Jahresüberschuss i. H. von 100.000 EUR (Vorjahr 50.000 EUR) festgestellt. Die folgenden Geschäftsvorfälle führen zu Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz:

     

    • Im Januar 2014 wurden Entwicklungskosten (30.000 EUR) für ein neues Haargel aktiviert (§ 248 Abs. 2 S. 1 HGB i. V. mit § 255 Abs. 2a HGB; steuerliches Aktivierungsverbot nach § 5 Abs. 2 EStG). Die Nutzungsdauer beträgt drei Jahre.

     

    • Die L-GmbH hält 100 % der Anteile an der Tochtergesellschaft B-GmbH. Seit 2006 besteht eine umsatzsteuerliche und ertragsteuerliche Organschaft. Die Anschaffungskosten betrugen 100.000 EUR. Aufgrund vororganschaftlicher Verluste der B-GmbH betragen die steuerlichen Anschaffungskosten 150.000 EUR.

     

    • Die L-GmbH hat am 1.1.15 ein Darlehen aufgenommen. In der Handelsbilanz wurde ein Disagio i. H. von 24.000 EUR zulässigerweise als Aufwand berücksichtigt (§ 250 Abs. 3 HGB). Steuerlich ist nach § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der über die Laufzeit des Darlehens (sechs Jahre) aufzulösen ist. Demzufolge ergibt sich zum 31.12.15 ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten i. H. von 20.000 EUR (24.000 EUR abzüglich Auflösung 4.000 EUR).

     

    Zudem fand bei der L-GmbH für die Jahre 2011 bis 2013 eine Betriebsprüfung statt. Die Steuerbescheide 2010 und früher sind aufgrund der Vor-BP bereits bestandskräftig. Der Betriebsprüfungsbericht aus April 2016 enthält die folgenden Feststellungen:

     

    • Für die Gesellschafter-Geschäftsführer S und P werden seit 2006 Pensionsrückstellungen gebildet. In 2010 wurde die Pension von S infolge seiner hervorragenden Leistungen erhöht. Mangels Mitteilung an den versicherungsmathematischen Gutachter und an die Buchhaltung wurde diese Erhöhung zum 31.12.10 nicht in der Bilanz erfasst, sondern erst im Jahresabschluss 2011.

     

    • Beachten Sie | Nach § 6a Abs. 4 S. 1 EStG ist steuerrechtlich nur die Teilwerterhöhung des jeweiligen Jahres zu berücksichtigen. Die steuerliche Rückstellung für 2013 wird nur mit 180.000 EUR anstatt mit 565.000 EUR bewertet. Die steuerrechtliche Zuführung zu der Rückstellung beträgt 29.000 EUR (für 2014) und 31.000 EUR (für 2015). Handelsrechtlich wurden folgende Rückstellungen passiviert: 2013 = 567.000 EUR, 2014 = 600.000 EUR, 2015 = 660.000 EUR.

     

    • Die L-GmbH hat eine werthaltige Forderung i. H. von 23.800 EUR im Jahr 2013 ausgebucht. Der Betriebsprüfer aktiviert diese, da sie Anfang 2016 beglichen wurde.

     

    • Zudem wird die Umsatzsteuerverbindlichkeit (3.800 EUR) aus der abgeschriebenen Forderung passiviert.

     

    • Die Feststellungen führten insgesamt zu einer Ertragsteuerlast i. H. von 200.000 EUR, die der Prüfer als Steuerrückstellung passiviert hat. Diese beinhaltet auch Zinsen gemäß § 233a AO.

     

    Frage: Welche steuerlichen Ergebnisse resultieren aus den Steuerbilanzen für die Jahre 2014 und 2015?

    3. Lösung

    Die einfachste und übersichtlichste Lösung bietet hier der StAP. Das Jahresergebnis laut Steuerbilanz setzt sich nämlich zusammen aus dem handelsrechtlichen Ergebnis zuzüglich der Veränderung des StAP im Vergleich zum Vorjahr:

     

    • Wertunterschiede (Anpassung des steuerlichen EK)
    2013
    2014
    2015

    Entwicklungskosten

    0 EUR

    ./. 20.000 EUR

    ./. 10.000 EUR

    AK für B-GmbH

    50.000 EUR

    50.000 EUR

    50.000 EUR

    Disagio

    0 EUR

    0 EUR

    20.000 EUR

    Pensionsrückstellungen

    387.000 EUR

    391.000 EUR

    420.000 EUR

    ausgebuchte Forderung

    23.800 EUR

    23.800 EUR

    23.800 EUR

    USt-Verbindlichkeit

    ./. 3.800 EUR

    ./. 3.800 EUR

    ./. 3.800 EUR

    Steuerrückstellung

    ./. 200.000 EUR

    ./. 200.000 EUR

    ./. 200.000 EUR

    StAP

    257.000 EUR

    241.000 EUR

    300.000 EUR

    Veränderung StAP (Vorjahr)

    ./. 16.000 EUR

    59.000 EUR

     
    • Steuerlicher Gewinn (mittels Veränderung StAP)
    2014
    2015

    handelsrechtliches Ergebnis

    50.000 EUR

    100.000 EUR

    Veränderung StAP

    ./. 16.000 EUR

    59.000 EUR

    steuerlicher Gewinn

    34.000 EUR

    159.000 EUR

     

     

    Beachten Sie | Wird das steuerliche Ergebnis anhand von Hinzurechnungen und Kürzungen nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV ermittelt (= Überleitungsrechnung), muss dabei dasselbe Ergebnis herauskommen:

     

    • Steuerlicher Gewinn (mittels Hinzurechnung/Kürzung)
    2014
    2015

    handelsrechtliches Ergebnis

    50.000 EUR

    100.000 EUR

    Hinzurechnung Abschreibung Entwicklungskosten

     

    10.000 EUR

     

    10.000 EUR

    Kürzung um aktivierte Entwicklungskosten

    ./. 30.000 EUR

    0 EUR

    Hinzurechnung Aufwand Disagio

    0 EUR

    24.000 EUR

    Kürzung Auflösung Disagio

    0 EUR

    ./. 4.000 EUR

    Hinzurechnung wegen geringerer Zuführung zur Pensionsrückstellung

     

    4.000 EUR

     

    29.000 EUR

    steuerlicher Gewinn

    34.000 EUR

    159.000 EUR

     

    FAZIT | Bei Kapitalgesellschaften ist der StAP in der Steuerbilanz verpflichtend anzusetzen, wenn Ansatz- und Bewertungsunterschiede bestehen. Allerdings empfiehlt es sich auch bei einer Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV, einen StAP „als Nebenrechnung“ zu entwickeln und fortzuführen. Denn dadurch werden notwendige Hinzurechnungen oder Kürzungen nicht vergessen. Der StAP hat dann eine Kontrollfunktion.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2016 | Seite 139 | ID 44104037