· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Ermittlung des richtigen Verrechnungspreises für IT-Dienstleistungen
| Auch relativ kleine Unternehmen müssen sich oftmals mit der Ermittlung von Verrechnungspreisen beschäftigen. Am Beispiel von IT-Dienstleistungen zeigt der praktische Fall, wie hier vorzugehen ist. |
1. Sachverhalt
Peter Müller ist sowohl Alleineigentümer der M-Maschinenbau GmbH mit Sitz in München als auch der österreichischen M-Immobilien GmbH mit Sitz in Salzburg. Da beide Gesellschaften in unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig sind, hatten sie bisher keinerlei Geschäftsbeziehungen zueinander.
Da dem einzigen IT-Mitarbeiter der M-Immobilien-GmbH mit Wirkung zum 31.3.17 gekündigt wurde und kein adäquater Nachfolger zu finden ist, soll die IT-Abteilung der M-Maschinenbau GmbH die österreichische Schwestergesellschaft mitbetreuen. Die Hard- und Software soll weiter von der österreichischen Gesellschaft erworben werden, sodass die deutsche Gesellschaft im Wesentlichen nur die technische Betreuung (Help-Desk) übernehmen wird.
Frage: Welchen Betrag muss die M-Maschinenbau GmbH in Rechnung stellen, um spätere Diskussionen mit der Betriebsprüfung zu vermeiden?
2. Lösung
Nach einem Überblick über die grundsätzliche Bestimmung von Verrechnungspreisen wird anschließend der Preis für die IT-Dienstleistung ermittelt.
2.1 Drei Standardmethoden
Nach § 1 Abs. 1 AStG müssen die Preise zwischen nahestehenden Personen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Hierdurch soll die richtige Gewinnabgrenzung, im Sachverhalt zwischen Deutschland und Österreich, erreicht werden. Grundsätzlich kommen verschiedenste Methoden in Betracht. In § 1 Abs. 3 AStG sind jedoch drei Methoden genannt, die vorrangig anzuwenden sind und daher auch als Standardmethoden bezeichnet werden:
Die drei Methoden sind grundsätzlich gleichrangig. Es muss aber die Methode gewählt werden, die am geeignetsten ist, den Fremdvergleich zu führen.
2.1.1 Preisvergleichsmethode
Die Preisvergleichsmethode ist die direkteste Ermittlungsmethode. Vergleichsmaßstab sind nämlich die beobachteten Preise, die bei vergleichbaren Geschäften vereinbart wurden. Der Nachweis kann durch einen äußeren Preisvergleich (Geschäfte unter fremden Dritten, d. h. Börsen-, Branchen- oder Marktpreise) oder einen inneren Preisvergleich (betriebsindividuelle Preisstellung gegenüber Dritten) erfolgen.
Bestehen indes keine vergleichbaren Geschäfte und somit auch keine Vergleichspreise, ist die Preisvergleichsmethode nicht anzuwenden. Und dies ist hier der Fall: Denn es gibt weder einen Marktpreis für die spezifische IT-Dienstleistung, noch erbringt die Maschinenbau GmbH IT-Dienstleistungen an Dritte.
PRAXISHINWEIS | Es ist zwar grundsätzlich möglich, sich von einem externen IT-Dienstleister ein entsprechendes Angebot einzuholen. Solche „wohlwollenden“ Angebote werden von den Betriebsprüfern jedoch oft kritisch gesehen. |
2.1.2 Wiederverkaufspreismethode
Das klassische Einsatzgebiet der Wiederverkaufspreismethode ist der Verkauf von Waren über eine eigene Vertriebsgesellschaft. Das heißt: Die Vertriebsgesellschaft kauft Waren von einer verbundenen Produktionsgesellschaft und verkauft sie zeitnah an einen fremden Dritten weiter. Der Verrechnungspreis wird retrograd ermittelt, indem vom am Markt realisierten Wiederverkaufspreis eine marktübliche Handelsspanne abgezogen wird.
Die Wiederverkaufspreismethode ist systembedingt nur anwendbar, wenn mindestens drei Parteien an der Liefer- bzw. Leistungskette beteiligt sind. Da vorliegend nur zwei Parteien involviert sind, scheidet diese Methode aus.
2.1.3 Kostenaufschlagsmethode
Bei der Kostenaufschlagsmethode wird der Fremdvergleichspreis wie folgt ermittelt:
- Kostenbasis (Selbstkosten)
- + angemessener Gewinnaufschlag
- = Verrechnungspreis
Auch weil sich die Selbstkosten für die IT-Dienstleistungen relativ sicher ermitteln lassen, ist die Kostenaufschlagsmethode hier das beste Verfahren zur Ermittlung des IT-Verrechnungspreises zwischen den beiden Schwestergesellschaften.
2.2 Preisermittlung nach der Kostenaufschlagsmethode
Obwohl ein Vollkostenansatz nicht ohne (teilweise willkürliche) Schlüsselung von echten Gemeinkosten auskommt, sehen die Verwaltungsgrundsätze einen solchen Ansatz vor (BMF 23.2.83, IV C 5 - S 1341 - 4/83, Tz. 2.2.4). Das BMF-Schreiben klärt jedoch nicht, ob die Kostenbasis auf Grundlage von Plan-, Ist- oder Normalkosten zu ermitteln ist. In der Praxis wird die Kostenbasis üblicherweise anhand von Plankosten ermittelt. Die Finanzverwaltung akzeptiert diese Vorgehensweise, verlangt jedoch regelmäßige Soll-Ist-Vergleiche (vgl. auch Kahle und Schulz in StuB 16, 643 ff.).
Die M-Maschinenbau GmbH sollte zunächst die Kosten der IT-Abteilung planen. Die Plan-Gesamtkosten können dann mittels Aufteilungsschlüssel auf die beiden Gesellschaften verteilt werden. Als Aufteilungsmaßstab bietet sich die Anzahl der User (bzw. Standard-Arbeitsplätze) an.
PRAXISHINWEIS | Die Abrechnung sollte in regelmäßigen Abständen (am besten monatlich) erfolgen. Durch eine Jahresendabrechnung können die Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Kosten eliminiert und Angriffspunkte der Betriebsprüfung vermieden werden. Dass eine Endabrechnung erfolgt, sollte zwischen den Gesellschaften zudem schriftlich fixiert werden. |
Die Festlegung eines angemessenen Gewinnaufschlags bereitet regelmäßig Schwierigkeiten. Das BMF (a. a. O.) führt hierzu lediglich aus, dass „betriebs- oder branchenübliche Gewinnzuschläge“ auf die Kostenbasis vorzunehmen sind. Stellt man bei der Ermittlung auf die übernommenen Funktionen und Risiken ab, dann ist zu konstatieren, dass IT-Dienstleistungen lediglich einen administrativen und unterstützenden Charakter haben. Zudem werden Risiken des Dienstleistungserbringers (z. B. aus der Haftung für etwaige Schäden durch Ausfälle oder Störungen der IT) oftmals vertraglich ausgeschlossen.
Als Faustformel haben sich in der Praxis Gewinnaufschläge in einer Bandbreite von 5 bis 10 % etabliert (vgl. Kahle und Schulz in StuB 16, 643 ff.). In ihrem in 2015 veröffentlichten Abschlussbericht zu den BEPS-Aktionspunkten 8-10 hält die OECD aus Vereinfachungsgründen einen Gewinnaufschlag von einheitlich 5 % für angemessen, wenn es sich um Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung handelt - und zu dieser Kategorie zählen auch IT-Dienstleistungen.