· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Mit Unterhaltszahlungen an volljährige Kinder die Steuerbelastung senken!
| Kinder kosten Geld ‒ und das nicht nur, bis sie volljährig sind. Gerade bei Kindern, die nach dem Abitur studieren und in dieser Zeit kein oder nur ein kleines Einkommen haben, können oft beträchtliche Beträge zusammenkommen. Bei Mandantengesprächen sollte daher immer auch nach den Lebensverhältnissen der erwachsenen Kinder gefragt werden, da geleistete Zuwendungen ggf. steuermindernd geltend gemacht werden können. Der praktische Fall veranschaulicht die steuerlichen Möglichkeiten. |
1. Sachverhalt
Der unverheiratete Max Meise ist angestellt und verfügt über einen Bruttoarbeitslohn von 130.000 EUR. Sein Sohn Felix ist 27 Jahre jung, vermögenslos, studiert Jura (Erstausbildung) und wohnt zusammen mit Max in einer Mietwohnung. Anspruch auf Kindergeld besteht nicht mehr. Da wegen seines Alters eine Familienversicherung ausscheidet, ist er Mitglied in der studentischen Krankenversicherung. Den monatlichen Beitrag (Basis-)Kranken- und Pflegepflichtversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld) i. H. von 90 EUR überweist Max Meise von seinem Konto.
Neben seinem Studium jobbt Felix als Barkeeper. Im Zuge dieses Minijobs verdient er 200 EUR im Monat. Zudem ist Felix seit 2018 freiberuflich tätig. In 2018 hat er Einnahmen von 2.400 EUR erzielt. Dem standen Ausgaben i. H. von 700 EUR gegenüber.
Frage: Kann Max Meise in seiner Einkommensteuererklärung für 2018 Unterhaltsleistungen an seinen Sohn steuermindernd geltend machen?
2. Lösung
Unterhaltsleistungen sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Zunächst wird geprüft, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG erfüllt sind. Im Anschluss wird die mögliche Steuerentlastung berechnet.
2.1 Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen
Damit sich Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG steuerlich auswirken, müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein. Bei der Prüfung empfiehlt sich eine Einteilung in fünf Bereiche:
- Grundsätzliches,
- Unterhaltsberechtigung des Empfängers,
- geringes Vermögen des Empfängers,
- ausreichendes Einkommen des Leistenden,
- geringes Einkommen des Empfängers.
2.1.1 Grundsätzliches
Nach § 33a Abs. 1 S. 4 EStG darf weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person haben. Zudem muss der Steuerpflichtige einen Antrag, d. h. eine Steuererklärung einreichen. In dieser Steuererklärung muss er die Steueridentifikationsnummer (§ 139b AO) der unterhaltenen Person angeben (§ 33a Abs. 1 S. 9 EStG).
2.1.2 Anspruch des Zahlungsempfängers auf Unterhalt
Gesetzliche Unterhaltspflicht besteht zwischen Verwandten in gerader Linie (§ 1601 BGB), also auch zwischen Eltern und Kindern, sodass Felix einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch besitzt.
Beachten Sie | Nach Herrmann/Heuer/Raupach (EStG, KStG, Kommentar, § 33a, Rz. 53) scheidet ein Abzug aber regelmäßig aus, wenn es sich um eine Zweitausbildung handelt. Hat das Kind nämlich eine angemessene Ausbildung erhalten, schulden die Eltern grundsätzlich keine zweite. Das Kind ist dann gehalten, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen (Erwerbsobliegenheit).
2.1.3 Geringes Vermögen des Unterhaltsempfängers
Der Unterhaltsempfänger darf kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen (§ 33a Abs. 1 S. 4 EStG). Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einem vermögenden Empfänger keine Unterhaltsbedürftigkeit besteht. Die Aufwendungen würden in diesem Fall nicht zwangsläufig anfallen, was dem generellen Ansatz als außergewöhnliche Belastung entgegensteht.
Bei der Prüfung ist auf das Nettovermögen abzustellen. Somit sind vom Wert der Vermögensgegenstände die vorhandenen Schulden abzuziehen. Als gering wird ein Nettovermögen von bis zu 15.500 EUR angesehen (BFH 11.2.10, VI R 65/08). Da Felix Meise vermögenslos ist, ist auch diese Bedingung erfüllt.
2.1.4 Ausreichendes Einkommen des Leistenden
Die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen kann wegen der persönlichen Einkommensverhältnisse des Leistenden begrenzt sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (u. a. 28.4.16, VI R 21/15) können Unterhaltsaufwendungen im Allgemeinen nur dann als zwangsläufig anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs verbleiben (sog. Opfergrenze).
MERKE | Die Berechnung der Opfergrenze erfolgt in zwei Schritten. Auf das zunächst ermittelte Nettoeinkommen ist sodann ein Prozentsatz anzuwenden (vgl. auch BMF 7.6.10, IV C 4 - S 2285/07/0006:001): Die Opfergrenze beträgt 1 % je volle 500 EUR des Nettoeinkommens, höchstens aber 50 %. Das Ergebnis ist um je 5 % für den (ggf. auch geschiedenen) Ehegatten und für jedes Kind, für das der Steuerpflichtige Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG, Kindergeld oder eine andere Leistung für Kinder (§ 65 EStG) erhält, zu kürzen (höchstens aber um 25 %).
Die Opfergrenze ist aber nicht in allen Fällen anzuwenden. Dies hat der BFH (17.12.09, VI R 64/08) z. B. für Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen an seine mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebende, mittellose Partnerin entschieden. |
Beachten Sie | Überträgt man die Berechnungssystematik auf den Sachverhalt, führt die Opfergrenze bereits infolge des hohen Bruttoeinkommens (130.000 EUR) nicht zu einer Begrenzung der abzugsfähigen Unterhaltsleistungen. Denn geht man z. B. von einem Nettoeinkommen von 100.000 EUR aus, dann würde die Grenze bei 50.000 EUR liegen (100.000 EUR × 50 %).
2.1.5 Geringes Einkommen des Unterhaltsempfängers
Eigene Einkünfte und Bezüge des Sohnes mindern die abziehbaren Unterhaltsaufwendungen und können sogar zum vollständigen Wegfall der Steuerbegünstigung führen (§ 33a Abs. 1 S. 5 EStG). Die Auswirkungen und die Berechnungslogik werden unter 2.2 vorgestellt.
2.2 Mögliche Steuerentlastung
Die tatsächlichen Unterhaltsleistungen können im VZ 2018 bis zu 9.000 EUR für jede unterstützte Person geltend gemacht werden. Dieser Betrag erhöht sich um die von der unterhaltsberechtigten Person als Versicherungsnehmer geschuldeten Beiträge zu einer (Basis-)Kranken- und Pflegepflichtversicherung, die vom Steuerpflichtigen geleistet wurden (§ 33a Abs. 1 S. 2 EStG).
Lebt der Unterhaltsempfänger mit dem Zuwendenden in einer Haushaltsgemeinschaft, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass ihm dafür Unterhaltsaufwendungen (z. B. anteilige Miete, Verpflegung, Kleidung) in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrags erwachsen (R 33a.1 Abs. 1 S. 5 EStR).
Das folgende Berechnungsschema verdeutlicht, wie die Einkünfte und Bezüge von Felix Meise die steuerlich absetzbaren Unterhaltszahlungen seines Vaters mindern:
| |||
anteilige Miete, Verpflegung, Kleidung etc. | 9.000 EUR | ||
KV-Beiträge | 1.080 EUR | ||
Unterhaltsleistungen | 10.080 EUR | ||
Einkünfte Felix Meise aus freiberuf-licher Tätigkeit |
1.700 EUR | ||
Minijob (200 EUR/Monat) | 2.400 EUR | ||
abzügl. Kostenpauschale (R 33a.1 Abs. 3 S. 5 EStR) |
180 EUR | ||
Bezüge Felix Meise | 2.220 EUR | ||
Summe Einkünfte und Bezüge | 3.920 EUR | ||
abzügl. anrechnungsfreier Betrag (§ 33a Abs. 1 S. 5 EStG) |
624 EUR | ||
anzurechnende Einkünfte und Bezüge | ‒ 3.296 EUR | ||
abziehbarer Unterhalt gemäß § 33a Abs. 1 EStG |
6.784 EUR |
Im Ergebnis kann Max Meise für seinen Sohn Felix insgesamt 6.784 EUR steuerlich geltend machen. Dies würde bei einem Steuersatz von 40 % zu einer Steuerersparnis von 2.714 EUR führen.