· Fachbeitrag · Der praktische Fall
So erkennen und bilanzieren Sie echte und unechte Mietkaufverträge
| Oft hängt die bilanzielle Behandlung entscheidend von der Art der Vereinbarung ab. Dies gilt insbesondere bei Mietkaufverträgen, da hier zwischen einem echten und einem unechten Mietkauf abzugrenzen ist. Der praktische Fall zeigt die Unterschiede. |
1. Sachverhalt
Seit dem 1.1.18 mietet der Zahnarzt Z einen neuen Behandlungsstuhl (Nutzungsdauer: 10 Jahre) für eine monatliche Miete i. H. von 1.000 EUR. Die Mietzahlungen werden als Mietaufwand erfasst. Der Vermieter sichert Z ein vertragliches Kaufrecht zum ursprünglichen Listenpreis von 58.000 EUR zu. Bei einem Kauf werden die Mietzahlungen zu 90 % auf den Kaufpreis angerechnet.
Zum 30.6.18 übt Z seine Kaufoption aus. Unter Anrechnung der bereits geleisteten Mietzahlungen (90 % von 6.000 EUR) ergibt sich ein Restkaufpreis i. H. von 52.600 EUR (58.000 EUR abzüglich 5.400 EUR).
Frage: Wie ist hier zu bilanzieren?
2. Lösung
Zunächst ist zu entscheiden, welcher Vertragstyp vorliegt. Im Anschluss wird die bilanzielle Behandlung anhand von Buchungssätzen vorgestellt.
2.1 Vorbemerkungen
Bei Mietkaufverträgen handelt es sich um Vereinbarungen, in denen die Elemente eines Mietvertrags (§§ 535 ff. BGB) mit denen eines Kaufvertrags (§§ 433 ff. BGB) verbunden sind. Hierbei wird typischerweise ein „normaler“ Mietvertrag abgeschlossen und dem Mieter ein Kaufrecht bezüglich des Gegenstands eingeräumt. Für die bilanzielle Behandlung ist entscheidend, ob es sich um einen echten oder einen unechten Mietkaufvertrag (auch verdeckter Ratenkauf genannt) handelt.
Beachten Sie | Ein „Kauf nach Miete“ besteht nach den Sachverhaltsausführungen nicht. Denn hierfür ist Voraussetzung, dass die gezahlten Mieten keine Auswirkungen auf den Kaufpreis haben. Das bedeutet: Sie werden nicht angerechnet. Im Ergebnis handelt es sich beim „Kauf nach Miete“ um zwei völlig unabhängige Vorgänge (Miete und Kauf).
2.2 Abgrenzung
Die Abgrenzung zwischen einem echten und einem unechten Mietkauf erfolgt anhand verschiedener Merkmale, die nicht kumulativ erfüllt sein müssen. Vielmehr erfolgt die Klassifizierung anhand der Gesamtgestaltung des jeweiligen Einzelsachverhalts (BFH 12.9.91, III R 233/90; OFD Frankfurt 5.3.14, S 2170 A-103 St 224).
Die wichtigsten Indizien bei der Abgrenzung sind:
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Indizien | echter Mietkauf | unechter Mietkauf/verdeckter Ratenkauf |
Absicht | zunächst ist ein Mietverhältnis beabsichtigt | Veräußerungsabsicht von Anfang an |
Mietdauer/Optionsrecht | Mietgegenstand kann jederzeit erworben werden; Ausübung der Kaufoption liegt im Ermessen des Mieters | unkündbarer Mietvertrag bzw. Wirtschaftsgut ist bei Ablauf des Mietzeitraums bereits wirtschaftlich verbraucht (vgl. auch BFH 25.10.63, IV 429/62 U) |
Miethöhe | angemessen | unangemessen hoch |
Kaufpreis | wird häufig erst bei Abschluss des Kaufvertrags festgelegt (Zeitwert) | Kaufpreis entspricht dem bei Abschluss des Mietvertrags geltenden Listenpreis |
Anrechnung Miete | ja | ja (dadurch liegt der Restkaufpreis regelmäßig erheblich unter dem Teilwert) |
2.3 Rechtsfolgen beim echten Mietkauf
Handelt es sich um einen echten Mietkauf, ist der Vermieter bis zum Zeitpunkt der Optionsausübung rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer und muss das Wirtschaftsgut bilanzieren. Die bis zur Ausübung der Kaufoption gezahlte Miete stellt beim Vermieter Betriebseinnahmen und beim Mieter Betriebsausgaben dar.
Mit Ausübung der Kaufoption liegt ein Veräußerungs- und Anschaffungskostengeschäft vor. Die Anschaffungskosten sind wie folgt zu ermitteln:
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restlicher Kaufpreis | |
+ | angerechnete Miete |
‒ | verbrauchte AfA (Wertverzehr) vom Listenpreis für die Mietdauer; höchstens die angerechnete Miete |
= | Anschaffungskosten bei Erwerb |
2.4 Rechtsfolgen beim unechten Mietkauf
Handelt es sich um einen unechten Mietkauf, hat dies insbesondere folgende Auswirkungen:
- Der Mietkauf gilt von Anfang an als Kaufvertrag.
- Ungeachtet des rechtlichen Eigentums geht das wirtschaftliche Eigentum bereits zu diesem Zeitpunkt auf den Käufer über.
- Der Käufer bilanziert das Wirtschaftsgut, wobei die Mietzahlungen als Kaufpreisraten gelten, die in einen Zins- und Tilgungsteil aufzuteilen sind.
2.5 Lösung des Sachverhalts
Nach der Sachverhaltsgestaltung handelt es sich um einen unechten Mietkauf. Hierfür spricht insbesondere die unangemessene Miethöhe. Dass die Miete unangemessen ist, zeigt der Vergleich zwischen dem ursprünglichen Listenpreis und der Summe der potenziellen Mietzahlungen während der Nutzungsdauer. Aufgrund der hohen Mietzahlungen ist Z wirtschaftlich zum Kauf gezwungen.
Der neue Behandlungsstuhl ist daher bereits zum 1.1.18 von Z zu bilanzieren. Die Zahlungen vom 1.1.18 bis zum 30.6.18 stellen lediglich Kaufpreisraten dar. Die fälschlicherweise als Mietaufwand erfassten Zahlungen sind zu neutralisieren und mindern die Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen bzw. stellen Zinsaufwand dar.
Die folgenden Buchungssätze verdeutlichen die Vorgehensweise:
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Buchung des Anschaffungsvorgangs zum 1.1.18: | |
Betriebs- und Geschäftsausstattung | 58.000 EUR |
an Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen | 58.000 EUR |
Buchung der monatlichen Abschreibungen ab dem 1.1.18: | |
Abschreibung (58.000 EUR/120 Monate) | 483 EUR |
an Betriebs- und Geschäftsausstattung | 483 EUR |
Buchung der Zahlung am 1.7.18: | |
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen | 52.600 EUR |
an Bank | 52.600 EUR |
Umbuchung der Kaufpreisraten: | |
Zinsaufwand (10 % der Mietzahlungen) | 600 EUR |
Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen | 5.400 EUR |
an Mietaufwand | 6.000 EUR |
Im Ergebnis ist die Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen aus der Anschaffung i. H. von 58.000 EUR durch die Restkaufpreiszahlung (52.600 EUR) und die Umbuchung der Kaufpreisraten (5.400 EUR) vollständig getilgt. |
Weiterführender Hinweis
- Praktische Übersicht zur Zurechnung von beweglichen Leasinggegenständen (Minninger, MBP-Quartalsbeihefter 2011/04)