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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Umsatzsteuer: Stellplatz gehört zur steuerfreien Wohnungsvermietung dazu

    | Bei der Umsatzsteuer gilt der Grundsatz: Nebenleistungen teilen das Schicksal der Hauptleistung. Demzufolge ist im ersten Schritt zu prüfen, ob tatsächlich eine einheitliche Leistung oder aber mehrere getrennt zu beurteilende selbstständige Einzelleistungen vorliegen. Der praktische Fall zeigt, wie diese Abgrenzung bei der Stellplatzvermietung an Wohnungsmieter vorzunehmen ist. |

    1. Sachverhalt

    Der Steuerpflichtige Max Meise hat ein Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungseinheiten erworben. Nach abgeschlossener Renovierung vermietet er es ab dem 1.11.21. Zum Vermietungsgegenstand gehören auch vier gepflasterte Parkplätze, die sich auf dem Grundstück befinden.

     

    Meise hat mit den jeweiligen Wohnungsmietern gesonderte Mietverträge über die Überlassung der Wohnung sowie über die Überlassung des Stellplatzes geschlossen. Bei der Wohnung Nr. 4 besteht die Besonderheit, dass Meise den Wohnungsmietvertrag mit Ludger Zimon und den Vertrag über die Vermietung des Fahrzeugstellplatzes Nr. 4 mit dem im Haushalt lebenden volljährigen Sohn Marc Zimon abgeschlossen hat.

     

    Meise fragt seinen Steuerberater, ob die Vermietungen umsatzsteuerfrei oder -pflichtig erfolgen müssen?

    2. Lösung

    Nach einem kurzen Überblick über die gesetzliche Regelung geht der Steuerberater anhand der aktuellen Rechtsprechung der Frage nach, ob es sich bei der Wohnungsvermietung und der Parkplatzgestellung um eine einheitliche Leistung oder um zwei getrennt zu beurteilende Leistungen handelt.

     

    2.1 Gesetzliche Regelung

    Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG). Darunter fällt sowohl die Vermietung von ganzen Grundstücken (ggf. inklusive aufstehendem Gebäude) als auch von Grundstücksteilen, wie z. B. einzelnen Stockwerken, Wohnungen und einzelnen Räumen.

     

    Die Vermietung von Pkw-Stellplätzen ist hingegen steuerpflichtig (§ 4 Nr. 12 S. 2 UStG) ‒ es sei denn, es liegen Nebenleistungen zur eigentlichen Grundstücksvermietung (z. B. Wohnung) vor.

     

    2.2 Aktuelle Rechtsprechung

    Der EuGH (13.7.89, C-173/88) hatte bereits 1989 entschieden, dass die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen vom Befreiungstatbestand nicht ausgenommen werden kann, wenn sie mit der steuerfreien Vermietung von für einen anderen Gebrauch bestimmten Grundstücken (z. B. von Grundstücken für Wohnzwecke oder für gewerbliche Zwecke) eng verbunden ist, sodass beide Vermietungen einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellen. Dies ist dann der Fall, wenn der Platz für das Abstellen von Fahrzeugen und das für einen anderen Gebrauch bestimmte Grundstück Teil ein und desselben Gebäudekomplexes sind und diese beiden Gegenstände von ein und demselben Vermieter an ein und denselben Mieter vermietet werden.

     

    Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung hat der BFH (10.12.20, V R 41/19, Abruf-Nr. 222854) aktuell ein Urteil des FG Thüringen (27.6.19, 3 K 246/19) aufgehoben. Da die Wohnungen und die Stellplätze zwischen den jeweils selben Vertragsparteien vermietet wurden und zudem die räumlichen Voraussetzungen vorlagen, sprach sich der BFH für eine steuerfreie Parkplatzüberlassung aus. Die Stellplatzvermietung, so der BFH, rundet die Wohnungsvermietung bei fahrzeugbesitzenden Mietern ab.

     

    Beachten Sie | Durch diese Entscheidung hat die Ansicht der Finanzverwaltung in A 4.12.2. UStAE „Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen“ weiterhin Bestand.

     

    Darüber hinaus kam der BFH (10.12.20, a. a. O.) zu weiteren Ergebnissen, die in der umsatzsteuerlichen Praxis zu beachten sind:

     

    • Ein Gebäudekomplex liegt auch vor, wenn es sich um ein Vorder- und Hinterhaus mit einem „Zwischenkomplex“ handelt.

     

    • Für einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter ist es ohne Belang, ob andere (externe) Mieter von Stellplätzen Zugang zu diesen haben, ohne das Mietgebäude betreten zu haben.

     

    • Es kommt zudem nicht darauf an, dass die Wohnungsnutzung auch ohne Stellplatzanmietung möglich ist.

     

    2.3 Abschließende Beurteilung des Sachverhalts

    Für eine steuerfreie Parkplatzüberlassung kommt es also insbesondere auf folgende Aspekte an:

    • Personenidentität und
    • enger räumlicher Zusammenhang.

     

    Da bei den Wohnungen 1 bis 3 und den Stellplätzen 1 bis 3 beide Kriterien erfüllt sind, ist die Vermietung des Stellplatzes eine Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung.

     

    Beachten Sie | Für die Annahme einer Nebenleistung ist es unschädlich, dass die Grundstücksvermietung und die Stellplatzvermietung zivilrechtlich in getrennten Verträgen vereinbart werden. Allerdings müssen beide Verträge zwischen denselben Vertragspartnern abgeschlossen worden sein (A 4.12.2. Abs. 3 S. 5 und 6 UStAE). Demzufolge handelt es sich bei der Vermietung des Stellplatzes Nr. 4 um eine eigenständige steuerpflichtige Leistung. Eine Nebenleistung liegt nicht vor, weil der Mieter der Wohnung und der Mieter des Stellplatzes verschiedene Personen sind (so auch A 4.12.2. Beispiel 3 UStAE).

    Quelle: Ausgabe 11 / 2021 | Seite 192 | ID 47608082