08.06.2022 · IWW-Abrufnummer 229561
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 26.01.2022 – 9 K 844/20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hessisches Finanzgericht 9. Der Senat
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe eines Veräußerungsgewinns i.H.v. 1.450.000 € des Klägers aus dem Verkauf seiner Gesellschaftsanteile an der A GmbH im Streitjahr 2017.
Die GmbH ist im Jahr 2001 durch Formwechsel aus der A GmbH & Co. KG hervorgegangen, an der der Kläger als Kommanditist beteiligt war.
Mit Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG ‒ vom 13.11.2007 wurde - soweit vorliegend streitig und von Interesse ‒ für den Kläger ein verrechenbarer Verlust i.H.v. 397.401 DM (= 203.187,90 €) festgestellt.
Dieser festgestellte Verlust ist - zwischen den Beteiligten unstreitig ‒ unverändert geblieben.
Bei der Veräußerung seiner GmbH-Anteile im Jahr 2017 i.H.v. 1.450.000 € rechnete der Kläger die festgestellten verrechenbaren Verluste i.H.v. 203.187,90 € gegen, so dass er zu einem Veräußerungsgewinn i.H.v. 612.695,10 € unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens kam.
Das Finanzamt brachte demgegenüber zunächst mit Bescheid vom 01.08.2019 einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 823.065 € in Ansatz, der dann durch Teilabhilfe mit Bescheid vom 23.04.2020 auf 815.883 € reduziert wurde.
Allein die Frage, wie der verrechenbare Verlust steuerrechtlich zu behandeln ist, ist im gerichtlichen Verfahren noch streitig. Weitere vormals noch umstrittene Positionen sind nicht mehr im Streit.
Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 16.06.2020 (Bl. 101 Sonderband Nr. 3) als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Hiergegen haben sie Klage erhoben, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgen.
Auch im gerichtlichen Verfahren vertreten sie die Rechtsauffassung, dass der verrechenbare Verlust nicht untergegangen, sondern mit dem Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile zu verrechnen sei. So habe auch die Betriebsprüfung im Bericht vom 13.11.2006 (Bl. 45 Gerichtsakten) betreffend den Prüfungszeitraum 1999-2001 in Auseinandersetzung mit der formwechselnden Umwandlung festgestellt, dass verrechenbare Verluste durch Einlagen, die verspätet erbracht worden seien, nicht in ausgleichsfähige Verluste umgewandelt werden. Im Betriebsprüfungsbericht werde hierzu ausgeführt: „Ein Ansatz der festgestellten verrechenbaren Verluste als ausgleichsfähiger Verlust zum Zeitpunkt der formwechselnden Umwandlung der KG ist daher nicht möglich. Die verrechenbaren Verluste bleiben in der festgestellten Höhe bestehen“ (Tz. 17 a.E.). Einen entsprechenden Feststellungsbescheid habe das Finanzamt dann am 13.11.2007 erlassen. Vorliegend habe der Kläger durch den Verkauf der einbringungsgeborenen Anteile (zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig) einen Veräußerungsgewinn gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG erzielt. Die damalige Rechtslage, auf die abzustellen sei, habe noch kein zeitanteiliges Abschmelzen des Veräußerungsgewinns innerhalb von sieben Jahren vorgesehen. Trotz des erfolgten Formwechsels seien die in der Beteiligung des Klägers enthaltenen stillen Reserven in vollem Umfang steuerverhaftet geblieben und seien bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen. Der Fall sei nicht anders zu behandeln, als wenn der Kläger seine Kommanditanteile vor dem Formwechsel veräußert hätte. Auch in diesem Fall hätte der für den Kläger festgestellte verrechenbare Verlust seinen Gewinn gemäß § 15a Abs. 2 S. 1 EStG gemindert. Entsprechendes müsse auch für den Verkauf der Anteile in 2017 gelten, da der festgestellte verrechenbare Verlust dem Kläger zeitlich unbegrenzt zur Verrechnung mit späteren Gewinnen zur Verfügung gestanden habe.
Soweit das Finanzamt (und teilweise Stimmen in der Literatur) insoweit eine andere Auffassung verträten, finde dies im Gesetz angesichts der eindeutigen Regelung des § 15a Abs. 2 S. 1 EStG keine Stütze.
Die Kläger beantragen,
1. Der Bescheid des Beklagten über Einkommensteuer für 2017 vom 01.08.2019 in Gestalt des geänderten Bescheides vom 27.04.2020, dieser in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.06.2020 wird dahin abgeändert, dass darin die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um Euro 203.187,90 gekürzt werden.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch das Finanzamt hält im gerichtlichen Verfahren an seiner außergerichtlichen Rechtsauffassung fest.
Für die klägerische Auffassung, dass nach der formwechselnden Umwandlung der KG in die GmbH die Position des Klägers als Kommanditist gedanklich weiterlebe, gebe es keine Rechtsgrundlage. Soweit sich die Kläger für ihre Rechtsauffassung darauf stützten, dass verrechenbare Verluste auch übertragbar seien, spreche dies nicht für, sondern gegen die Richtigkeit dieser Auffassung. Eine Übertragbarkeit werde auch vom Finanzamt nicht bestritten; eine solche sei aber vorliegend gerade nicht gegeben. Entgegen der klägerischen Auffassung könne eine Verlustverrechnung auch nicht auf § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG gestützt werden; denn diese Regelung sei vorliegend nicht einschlägig. Ein Verlustabzug werde nicht zugelassen. Dies gelte sowohl für die alten als auch die neuen Fassungen der §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 UmwStG.
Vorliegend fehle es somit an einer Übertragbarkeit der Verluste auf die übernehmende Körperschaft. Schließlich fehle es an einem Hinweis in § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995 darauf, dass ein Veräußerungsgewinn um verrechenbare Verluste zu kürzen sei.
Soweit die Kläger für ihre Rechtsauffassung vorrangig auf § 15a Abs. 2 S. 1 EStG für die Richtigkeit ihrer Ansicht abstellten, sei dem ebenfalls nicht zu folgen; denn im Streitjahr habe weder die KG existiert noch habe der Kläger die Rechtsposition eines Kommanditisten innegehabt. Ab der Umwandlung gälten die Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes.
Wegen Einzelheiten des jeweiligen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid vom 10.08.2019 in Form des geänderten Bescheides vom 27.04.2020 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.06.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs.1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Soweit im Rubrum der Einspruchsentscheidung und im Klageantrag der Bescheid mit 01.08.2019 bezeichnet wird, handelt es sich um ein offensichtliches Versehen der Beteiligten.
Das Finanzamt hat zu Recht eine Berücksichtigung eines verrechenbaren Verlustes, der für den Kläger in seiner Eigenschaft als Kommanditist der A GmbH & Co. KG mit aus vorstehendem Tatbestand genannten Bescheid für 2001 festgestellt worden war, bei der Veräußerung der GmbH-Anteile im Jahr 2017 abgelehnt.
Der Senat vermag nicht der Rechtsansicht der Kläger zu folgen, dass sich eine Berücksichtigung des Verlustes bereits aus dem Wortlaut des § 15a Abs. 2 S. 1 EStG ergebe.
Nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
Soweit ein solcher Verlust nicht ausgeglichen oder abgezogen werden darf, mindert er die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 S. 1 EStG).
Der Wortlaut der Norm spricht somit nicht für, sondern gegen die Rechtsansicht der Kläger; denn dort werden ausdrücklich Gewinnminderungen angesprochen, die dem K o m m a n d i t i s t e n in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t zuzurechnen sind. Nach der formwechselnden Umwandlung der KG in eine GmbH gab es aber keinen Kommanditisten und keine KG mehr. Diese Rechtsstellung lebt auch nicht ‒ wie die Kläger offenbar fingieren wollen ‒ fiktiv fort. Aus dem klaren Gesetzeswortlaut folgt daher, dass bei einer Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nicht verbrauchte verrechenbare Verluste des Kommanditisten nicht mit Gewinnen der Kapitalgesellschaft verrechnet werden können. Eine Verrechnung nach § 15a Abs. 2 S. 1 EStG ist nur mit Gewinnen aus derselben Beteiligung möglich. Nach der Umwandlung hält der Kommanditist jedoch keine Beteiligung mehr an der KG (so ausdrücklich von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, § 15a Tz. E 66). Es fehlt somit an der Anteilsidentität (vgl. insoweit auch Schaaf, EStB 2014, 228). Auch die für die Anwendung des § 15a EStG erforderliche selbe Einkunftsquelle ändert sich (Kapitaleinkünfte statt gewerblicher Einkünfte).
Eine Verlustverrechnung hätte allenfalls mit einem Umwandlungs- bzw. Einbringungsgewinn saldiert werden können, was vorliegend aufgrund der Einbringung zu Buchwerten und mangels Gewinnversteuerung nicht möglich war.
Wie das Finanzamt zutreffend in seinem Schriftsatz vom 25.09.2020 (Bl.66 ff. der Gerichtsakten) darstellt, stellen auch die §§ 12 (insbesondere § 12 Abs. 3), 4 Abs. 2 und 21 Umwandlungssteuergesetz - UmwStG - keine Grundlage für die Rechtsansicht der Kläger dar.
§ 12 Abs. 3 UmwStG in der im Streitjahr geltenden Fassung bestimmt, dass die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt und dass § 4 Abs. 2 und 3 entsprechend gilt. § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG bestimmt ausdrücklich, dass (u.a.) verrechenbare Verluste nicht übergehen. Gegenüber der Einzelaufzählung der betreffenden Verluste in § 4 Abs. 2 S. 2 aF UmwStG (u.a. auch § 15a EStG) findet sich nunmehr eine Generalklausel, die aber jedenfalls auch die bisher genannten Vorschriften (somit auch § 15a EStG) umfasst (Haritz/Menner/Bilitewski, Kommentar zum Umwandlungssteuergesetz 5. Aufl. 2019, § 4 Textziffer 201).
Auch aus § 21 Abs. 1 S. 1aF UmwStG kann entgegen der Rechtsansicht der Kläger nicht gefolgert werden, dass verrechenbare Verluste eines Kommanditisten den Veräußerungsgewinn mindern. Aus der dort dargestellten Berechnung des Veräußerungsgewinns ergibt sich nicht, dass verrechenbare Verluste zu berücksichtigen sind.
So geht auch Wacker in Schmidt, Kommentar zum EStG, § 15a Tz. 236 in der 25. Aufl. 2006 und Tz. 171 in der 40. Aufl. 2021 davon aus, dass ein verrechenbarer Verlust nicht auf die Kapitalgesellschaft übergeht.
Auch Patt in Dötsch/Pung/Mühlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 23 UmwStG Tz. 65, 66 schließt sich der herrschenden Auffassung in der steuerrechtlichen Literatur zu diesem Problem an (zahlreiche Nachweise in Tz. 65), dass der Einbringende (der ehemalige Kommanditist) in keinem Fall den verrechenbaren Verlust im Sinne des § 15a EStG weiter nutzen könne, meint jedoch, dass die Übernehmerin (die erwerbende Kapitalgesellschaft) den Verlust unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen könne (Tz. 66, 2. Absatz). Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da diese Problematik vorliegend nicht gegeben ist. Im Übrigen könnte sich der Senat dieser Auffassung aufgrund vorstehender Ausführungen auch nicht anschließen.
Im Gegensatz zu Patt (a.a.O.) geht Lüderssen in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Lieferung 281 September 2017, § 15a Tz. 143 davon aus, dass die Möglichkeit der Verlustverrechnung nach § 15a Abs. 2 EStG nicht auf die Kapitalgesellschaft übergehe. Es finde vielmehr eine Verlustverrechnung durch den veräußernden Gesellschafter mit seinem Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 4 UmwStG statt, was bei einer Einbringung zu Buchwerten regelmäßig mangels Veräußerungsgewinn nicht vorliege, so dass dem Kommanditisten ein verrechenbarer Verlust verbleibe.
Der Senat vermag sich dieser letztgenannten Rechtsauffassung aus oben dargestellten Gründen nicht anzuschließen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
Der Senat lässt wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zu.
26.01.2022
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe eines Veräußerungsgewinns i.H.v. 1.450.000 € des Klägers aus dem Verkauf seiner Gesellschaftsanteile an der A GmbH im Streitjahr 2017.
Die GmbH ist im Jahr 2001 durch Formwechsel aus der A GmbH & Co. KG hervorgegangen, an der der Kläger als Kommanditist beteiligt war.
Mit Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG ‒ vom 13.11.2007 wurde - soweit vorliegend streitig und von Interesse ‒ für den Kläger ein verrechenbarer Verlust i.H.v. 397.401 DM (= 203.187,90 €) festgestellt.
Dieser festgestellte Verlust ist - zwischen den Beteiligten unstreitig ‒ unverändert geblieben.
Bei der Veräußerung seiner GmbH-Anteile im Jahr 2017 i.H.v. 1.450.000 € rechnete der Kläger die festgestellten verrechenbaren Verluste i.H.v. 203.187,90 € gegen, so dass er zu einem Veräußerungsgewinn i.H.v. 612.695,10 € unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens kam.
Das Finanzamt brachte demgegenüber zunächst mit Bescheid vom 01.08.2019 einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 823.065 € in Ansatz, der dann durch Teilabhilfe mit Bescheid vom 23.04.2020 auf 815.883 € reduziert wurde.
Allein die Frage, wie der verrechenbare Verlust steuerrechtlich zu behandeln ist, ist im gerichtlichen Verfahren noch streitig. Weitere vormals noch umstrittene Positionen sind nicht mehr im Streit.
Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 16.06.2020 (Bl. 101 Sonderband Nr. 3) als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Hiergegen haben sie Klage erhoben, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgen.
Auch im gerichtlichen Verfahren vertreten sie die Rechtsauffassung, dass der verrechenbare Verlust nicht untergegangen, sondern mit dem Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Anteile zu verrechnen sei. So habe auch die Betriebsprüfung im Bericht vom 13.11.2006 (Bl. 45 Gerichtsakten) betreffend den Prüfungszeitraum 1999-2001 in Auseinandersetzung mit der formwechselnden Umwandlung festgestellt, dass verrechenbare Verluste durch Einlagen, die verspätet erbracht worden seien, nicht in ausgleichsfähige Verluste umgewandelt werden. Im Betriebsprüfungsbericht werde hierzu ausgeführt: „Ein Ansatz der festgestellten verrechenbaren Verluste als ausgleichsfähiger Verlust zum Zeitpunkt der formwechselnden Umwandlung der KG ist daher nicht möglich. Die verrechenbaren Verluste bleiben in der festgestellten Höhe bestehen“ (Tz. 17 a.E.). Einen entsprechenden Feststellungsbescheid habe das Finanzamt dann am 13.11.2007 erlassen. Vorliegend habe der Kläger durch den Verkauf der einbringungsgeborenen Anteile (zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig) einen Veräußerungsgewinn gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 16 EStG erzielt. Die damalige Rechtslage, auf die abzustellen sei, habe noch kein zeitanteiliges Abschmelzen des Veräußerungsgewinns innerhalb von sieben Jahren vorgesehen. Trotz des erfolgten Formwechsels seien die in der Beteiligung des Klägers enthaltenen stillen Reserven in vollem Umfang steuerverhaftet geblieben und seien bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen. Der Fall sei nicht anders zu behandeln, als wenn der Kläger seine Kommanditanteile vor dem Formwechsel veräußert hätte. Auch in diesem Fall hätte der für den Kläger festgestellte verrechenbare Verlust seinen Gewinn gemäß § 15a Abs. 2 S. 1 EStG gemindert. Entsprechendes müsse auch für den Verkauf der Anteile in 2017 gelten, da der festgestellte verrechenbare Verlust dem Kläger zeitlich unbegrenzt zur Verrechnung mit späteren Gewinnen zur Verfügung gestanden habe.
Soweit das Finanzamt (und teilweise Stimmen in der Literatur) insoweit eine andere Auffassung verträten, finde dies im Gesetz angesichts der eindeutigen Regelung des § 15a Abs. 2 S. 1 EStG keine Stütze.
Die Kläger beantragen,
1. Der Bescheid des Beklagten über Einkommensteuer für 2017 vom 01.08.2019 in Gestalt des geänderten Bescheides vom 27.04.2020, dieser in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.06.2020 wird dahin abgeändert, dass darin die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um Euro 203.187,90 gekürzt werden.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch das Finanzamt hält im gerichtlichen Verfahren an seiner außergerichtlichen Rechtsauffassung fest.
Für die klägerische Auffassung, dass nach der formwechselnden Umwandlung der KG in die GmbH die Position des Klägers als Kommanditist gedanklich weiterlebe, gebe es keine Rechtsgrundlage. Soweit sich die Kläger für ihre Rechtsauffassung darauf stützten, dass verrechenbare Verluste auch übertragbar seien, spreche dies nicht für, sondern gegen die Richtigkeit dieser Auffassung. Eine Übertragbarkeit werde auch vom Finanzamt nicht bestritten; eine solche sei aber vorliegend gerade nicht gegeben. Entgegen der klägerischen Auffassung könne eine Verlustverrechnung auch nicht auf § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG gestützt werden; denn diese Regelung sei vorliegend nicht einschlägig. Ein Verlustabzug werde nicht zugelassen. Dies gelte sowohl für die alten als auch die neuen Fassungen der §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 UmwStG.
Vorliegend fehle es somit an einer Übertragbarkeit der Verluste auf die übernehmende Körperschaft. Schließlich fehle es an einem Hinweis in § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG 1995 darauf, dass ein Veräußerungsgewinn um verrechenbare Verluste zu kürzen sei.
Soweit die Kläger für ihre Rechtsauffassung vorrangig auf § 15a Abs. 2 S. 1 EStG für die Richtigkeit ihrer Ansicht abstellten, sei dem ebenfalls nicht zu folgen; denn im Streitjahr habe weder die KG existiert noch habe der Kläger die Rechtsposition eines Kommanditisten innegehabt. Ab der Umwandlung gälten die Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes.
Wegen Einzelheiten des jeweiligen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid vom 10.08.2019 in Form des geänderten Bescheides vom 27.04.2020 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.06.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs.1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Soweit im Rubrum der Einspruchsentscheidung und im Klageantrag der Bescheid mit 01.08.2019 bezeichnet wird, handelt es sich um ein offensichtliches Versehen der Beteiligten.
Das Finanzamt hat zu Recht eine Berücksichtigung eines verrechenbaren Verlustes, der für den Kläger in seiner Eigenschaft als Kommanditist der A GmbH & Co. KG mit aus vorstehendem Tatbestand genannten Bescheid für 2001 festgestellt worden war, bei der Veräußerung der GmbH-Anteile im Jahr 2017 abgelehnt.
Der Senat vermag nicht der Rechtsansicht der Kläger zu folgen, dass sich eine Berücksichtigung des Verlustes bereits aus dem Wortlaut des § 15a Abs. 2 S. 1 EStG ergebe.
Nach § 15a Abs. 1 S. 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
Soweit ein solcher Verlust nicht ausgeglichen oder abgezogen werden darf, mindert er die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 S. 1 EStG).
Der Wortlaut der Norm spricht somit nicht für, sondern gegen die Rechtsansicht der Kläger; denn dort werden ausdrücklich Gewinnminderungen angesprochen, die dem K o m m a n d i t i s t e n in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t zuzurechnen sind. Nach der formwechselnden Umwandlung der KG in eine GmbH gab es aber keinen Kommanditisten und keine KG mehr. Diese Rechtsstellung lebt auch nicht ‒ wie die Kläger offenbar fingieren wollen ‒ fiktiv fort. Aus dem klaren Gesetzeswortlaut folgt daher, dass bei einer Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nicht verbrauchte verrechenbare Verluste des Kommanditisten nicht mit Gewinnen der Kapitalgesellschaft verrechnet werden können. Eine Verrechnung nach § 15a Abs. 2 S. 1 EStG ist nur mit Gewinnen aus derselben Beteiligung möglich. Nach der Umwandlung hält der Kommanditist jedoch keine Beteiligung mehr an der KG (so ausdrücklich von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, § 15a Tz. E 66). Es fehlt somit an der Anteilsidentität (vgl. insoweit auch Schaaf, EStB 2014, 228). Auch die für die Anwendung des § 15a EStG erforderliche selbe Einkunftsquelle ändert sich (Kapitaleinkünfte statt gewerblicher Einkünfte).
Eine Verlustverrechnung hätte allenfalls mit einem Umwandlungs- bzw. Einbringungsgewinn saldiert werden können, was vorliegend aufgrund der Einbringung zu Buchwerten und mangels Gewinnversteuerung nicht möglich war.
Wie das Finanzamt zutreffend in seinem Schriftsatz vom 25.09.2020 (Bl.66 ff. der Gerichtsakten) darstellt, stellen auch die §§ 12 (insbesondere § 12 Abs. 3), 4 Abs. 2 und 21 Umwandlungssteuergesetz - UmwStG - keine Grundlage für die Rechtsansicht der Kläger dar.
§ 12 Abs. 3 UmwStG in der im Streitjahr geltenden Fassung bestimmt, dass die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt und dass § 4 Abs. 2 und 3 entsprechend gilt. § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG bestimmt ausdrücklich, dass (u.a.) verrechenbare Verluste nicht übergehen. Gegenüber der Einzelaufzählung der betreffenden Verluste in § 4 Abs. 2 S. 2 aF UmwStG (u.a. auch § 15a EStG) findet sich nunmehr eine Generalklausel, die aber jedenfalls auch die bisher genannten Vorschriften (somit auch § 15a EStG) umfasst (Haritz/Menner/Bilitewski, Kommentar zum Umwandlungssteuergesetz 5. Aufl. 2019, § 4 Textziffer 201).
Auch aus § 21 Abs. 1 S. 1aF UmwStG kann entgegen der Rechtsansicht der Kläger nicht gefolgert werden, dass verrechenbare Verluste eines Kommanditisten den Veräußerungsgewinn mindern. Aus der dort dargestellten Berechnung des Veräußerungsgewinns ergibt sich nicht, dass verrechenbare Verluste zu berücksichtigen sind.
So geht auch Wacker in Schmidt, Kommentar zum EStG, § 15a Tz. 236 in der 25. Aufl. 2006 und Tz. 171 in der 40. Aufl. 2021 davon aus, dass ein verrechenbarer Verlust nicht auf die Kapitalgesellschaft übergeht.
Auch Patt in Dötsch/Pung/Mühlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 23 UmwStG Tz. 65, 66 schließt sich der herrschenden Auffassung in der steuerrechtlichen Literatur zu diesem Problem an (zahlreiche Nachweise in Tz. 65), dass der Einbringende (der ehemalige Kommanditist) in keinem Fall den verrechenbaren Verlust im Sinne des § 15a EStG weiter nutzen könne, meint jedoch, dass die Übernehmerin (die erwerbende Kapitalgesellschaft) den Verlust unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen könne (Tz. 66, 2. Absatz). Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da diese Problematik vorliegend nicht gegeben ist. Im Übrigen könnte sich der Senat dieser Auffassung aufgrund vorstehender Ausführungen auch nicht anschließen.
Im Gegensatz zu Patt (a.a.O.) geht Lüderssen in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Lieferung 281 September 2017, § 15a Tz. 143 davon aus, dass die Möglichkeit der Verlustverrechnung nach § 15a Abs. 2 EStG nicht auf die Kapitalgesellschaft übergehe. Es finde vielmehr eine Verlustverrechnung durch den veräußernden Gesellschafter mit seinem Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 4 UmwStG statt, was bei einer Einbringung zu Buchwerten regelmäßig mangels Veräußerungsgewinn nicht vorliege, so dass dem Kommanditisten ein verrechenbarer Verlust verbleibe.
Der Senat vermag sich dieser letztgenannten Rechtsauffassung aus oben dargestellten Gründen nicht anzuschließen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
Der Senat lässt wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zu.