Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 26.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133657

    Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 26.06.2013 – 3 K 56/12

    1. Für die Bestimmung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Dies
    gilt ungeachtet dessen, ob die kürzeste Straßenverbindung über eine mautpflichtige Straße führt.
    2. Eine längere Strecke ist nicht deswegen als „verkehrsgünstiger” i. S. v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG anzusehen, weil
    sie wegen der Ersparnis von Mautgebühren kostengünstiger ist.
    3. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob Mautgebühren als Kosten für Straßennutzung von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale
    erfasst werden oder als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG neben
    der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.


    IM NAMEN DES VOLKES
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 3. Senat des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern … mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
    in der Sitzung
    am 26. Juni 2013
    unter Mitwirkung des Präsidenten des Finanzgerichts … als Vorsitzenden, der Richterin am Finanzgericht … des Richters am Finanzgericht
    … und der ehrenamtlichen Richterin … und des ehrenamtlichen Richters …
    für Recht erkannt:
    Die Klage wird abgewiesen.
    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    Die Revision wird zugelassen.
    Der Streitwert beträgt 1.000,00 EUR
    Tatbestand
    Streitig ist die Berechnung der kürzesten Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
    Der Kläger war im Streitjahr als Arbeitnehmer tätig. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger für seine
    Fahrten zwischen der Wohnung in Rostock und der Arbeitsstätte in Rostock, … Aufwendungen in Höhe von … EUR als Werbungskosten
    bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die einfache Entfernung zur Arbeitstätte betrug nach Angaben des
    Klägers 22 km. Der Kläger nutzte für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen PKW, Modell Hyundai ….
    Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 4. Oktober 2011 erkannte das Finanzamt (FA) nur Aufwendungen für Fahrten des Klägers zwischen
    Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 726,00 EUR an (= 220 Tage * 11 km* 0,30 EUR). Bei der Berechnung der Fahrtstrecke ging
    das FA davon aus, dass die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 11 km beträgt und durch den mautpflichtigen
    Warnowtunnel führt.
    Mit Schreiben vom 15. Oktober 2011 legte der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Zur Begründung trug er
    vor, dass die längere Fahrtstrecke durch die Rostocker Innenstadt als Werbungskosten zu berücksichtigen sei, weil die Mautgebühren
    für die Tunnelfahrten ungewöhnlich hoch seien. Bei 220 Arbeitstagen hätte er allein 990 EUR für die Mautgebühren zu zahlen.
    Es könne nicht sein, dass man einen Umweg fahren dürfe, wenn die Stadt „verstopft” und somit eine längere Fahrtstrecke verkehrsgünstiger
    sei, aber keine Steuervergünstigung erhalte, wenn aufgrund von unverhältnismäßig hohen Mautgebühren eine längere Strecke gefahren
    werde.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2012 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung
    wird verwiesen.
    Der Kläger hat am 25. Januar 2012 Klage erhoben.
    Zur Begründung trägt er vor,
    es sei zwar nicht zu bestreiten, dass die kürzeste Wegstrecke durch den Warnowtunnel führe. Es müsse jedoch berücksichtigt
    werden, dass eine kostengünstigere Straßenverbindung als „offensichtlich verkehrsgünstiger” angesehen werden könne.
    Nach den BFH-Entscheidungen vom 16. November 2011 (VI R 19/11, BStBl. II 2012, 520 und VI R 46/10, BStBl. II 2012, 470) komme
    es für das Tatbestandsmerkmal „offensichtlich verkehrsgünstiger” nicht allein darauf an, ob die längere Streckenführung zu
    einer Zeitersparnis führe. In seinen Entscheidungen habe der BFH verdeutlicht, dass auch andere Umstände als die von ihm erwähnten,
    wie Streckenführung und Schaltung von Ampeln, eine verkehrsgünstigere Straßenverbindung begründen könnten. Hierzu gehöre auch
    eine Streckenführung, die für den Kläger die kostengünstigere sei.
    Der vom FA aufgemachten Vergleichsrechnung sei nicht zu folgen. Für ihn seien lediglich die Benzinkosten für die Inanspruchnahme
    der längeren Verbindungsstrecke entscheidend. Die übrigen Kosten fielen ohnehin an, unabhängig davon, ob er den Warnowtunnel
    benutze oder die um 11 km längere Strecke durch die Innenstadt. Sein im Streitjahr benutztes Fahrzeug Marke Hyundai (Typenbezeichnung
    TB Getz 1,1) habe einen durchschnittlichen Verbrauch von 6.349 Liter je 100 km. Im Jahr 2010 habe der durchschnittliche Preis
    für Super Bleifrei 1.345 EUR betragen. Hieraus hätten Benzinkosten von 0,085 EUR je km resultiert. Für die gesamte Umwegstrecke
    von 22 km pro Tag ergäben sich mithin zusätzliche Benzinkosten in Höhe von 1,87 EUR. Demgegenüber stünden nach Angaben des
    FA Kosten für die Benutzung des Warnowtunnels in Höhe von 4,50 EUR täglich. Die Benutzung der Umwegstrecke sei daher erheblich
    kostengünstiger und damit als offensichtlich verkehrsgünstigere Straßenverbindung zu berücksichtigen.
    Die Mehrkosten für die Benutzung des Tunnels seien außergewöhnlich, weil die Errichtung des Warnowtunnels für ihn nicht vorhersehbar
    gewesen sei.
    Zudem seien bei der Ermittlung der Wegstrecke nur Straßenverbindungen zu berücksichtigen. Beim Warnowtunnel handele es sich
    aber nicht um eine öffentliche Verkehrsverbindung im eigentlichen Sinn. Nach § 1 Abs. 2 Bundesfernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz
    seien im Rahmen der Umsetzung eines solchen Projekts sämtliche mit der Errichtung und Unterhaltung einer Fernstraße einhergehenden
    Pflichten des öffentlichen Trägers auf den privaten Investor übertragen worden. Dafür dürfe dieser eine Maut erheben. Insofern
    lasse sich auf Grundlage der faktischen Aufgabe der Verantwortlichkeit der öffentlichen Hand für diese Straßenabschnitte nicht
    mehr von einer öffentlichen Straße im eigentlichen Sinn sprechen.
    Die Anerkennung der längeren Wegstrecke sei auch unter dem Aspekt des Willkürverbotes geboten. Denn bei Arbeitskollegen des
    Klägers habe das FA auch die längere Strecke berücksichtigt. Ob also die längere Strecke oder diejenige durch den Warnowtunnel
    berücksichtigt werde, hänge offenbar ausschließlich vom jeweiligen Sachbearbeiter ab.
    Der Kläger beantragt,
    abweichend von dem Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 4. Oktober 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar
    2012 weitere Werbungskosten in Höhe von 726,00 EUR zu berücksichtigen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Zur Begründung trägt er vor,
    gem. § 9 (1) Nr. 4 S. 4 EStG sei für die Bestimmung der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte die kürzeste
    Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend. Aus dem Gesetz ergebe sich nicht, dass keine Straßenverbindungen
    zugrunde gelegt werden dürften, die teilweise von einem privaten Investor getragen worden seien.
    Ob die Entfernungspauschale auch die Gebühr für die Benutzung des Warnowtunnels umfasse, sei nicht entscheidungserheblich,
    weil der Kläger den Tunnel nicht genutzt habe.
    Das FA habe die Veranlagung der Steuerpflichtigen nach Maßgabe der Gesetze durchzuführen. Daher sei es unerheblich, ob in
    früheren Veranlagungszeiträumen die längere Fahrtstrecke anerkannt worden sei. Gleichermaßen sei unerheblich, ob dem FA bei
    Arbeitskollegen des Klägers Fehler unterlaufen seien.
    Aus dem vom Kläger zitierten BFH Urteil vom 16. November 2011 (VI R 19/11, BStBl II 2012, 520) ergebe sich lediglich, dass
    auch andere Umstände als eine Zeitersparnis zur Beurteilung einer Strecke als offensichtlich verkehrsgünstiger führen könnten.
    Der BFH benenne beispielhaft die Streckenführung und die Schaltung von Ampeln. Die Schaltung von Ampeln sei ein zeitlicher
    Aspekt, die Streckenführung eine allgemeine Aussage.
    Selbst wenn eine Verkehrsverbindung auch dann als gegenüber der kürzesten Straßenverbindung offensichtlich verkehrsgünstiger
    zu beurteilen sei, wenn diese kostengünstiger sei, sei es ernstlich zweifelhaft, ob der Kläger durch die Benutzung der Umwegstrecke
    tatsächlich Kosten spare. Bei Erwerb einer „Oscard” koste eine Tunnel-Durchfahrt zurzeit 2,25 EUR. Der Kläger hätte somit
    bei Benutzung des Warnowtunnels täglich Gebühren von 4,50 EUR zu entrichten. Unter Zugrundelegung der steuerlichen Kilometerpauschale
    von 0,30 EUR und eines Umweges von täglich 22 km würde der Kläger für diesen Umweg bereits 6,60 EUR bezahlen, so dass keine
    Kostenersparnis durch Benutzung der Umwegstrecke gegenüber der Tunnelmaut entstünde.
    Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
    Dem Gericht lag zur Einscheidung 1 Band Einkommensteuerakten vor.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
    1.
    Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen
    Wohnung und Arbeitsstätte bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen
    ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung für jeden Arbeitstag, an dem der
    Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer in Höhe von 0,30 EUR anzusetzen.
    Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend; eine andere
    als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer
    regelmäßig für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG).
    Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich bei der Strecke durch den Warnowtunnel um die kürzeste Straßenverbindung
    zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Klägers handelt. Nichts anderes folgt auch aus allgemein zugänglichen Routenplanern.
    Danach beträgt die Fahrstrecke durch den Warnowtunnel ca. 14 Minuten, die Fahrt durch die Rostocker Innenstadt (Umfahrung
    der Warnow) führt zu einer Fahrdauer von 29 min.
    Die vom Kläger benutzte längere Fahrtstrecke kann auch nicht gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 als die offensichtlich „verkehrsgünstigere”
    Straßenverbindung zugrunde gelegt werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Tatbestandsmerkmal der „verkehrsgünstigeren”
    Straßenverbindung nicht gleichzusetzen mit der „kostengünstigeren” Verbindung.
    Verkehrsgünstiger als die kürzeste Straßenverbindung kann eine andere Route dann sein, wenn eine Zeitersparnis erzielt wird
    (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1975 VI R 33/74, BFHE 117, 70, BStBl II 1975, 852; BFH-Beschluss vom 10. April 2007 VI B 134/06,
    BFH/NV 2007, 1309). Da das Merkmal der Verkehrsgünstigkeit aber auch andere Umstände als eine Zeitersparnis beinhaltet (BFH-Urteil
    in BFH/NV 2012, 508), kann eine Straßenverbindung auch dann „offensichtlich verkehrsgünstiger” sein als die kürzeste Verbindung,
    wenn sich dies aus anderen Besonderheiten ergibt (z.B. langen Wartezeiten oder häufig auftretenden technischen Schwierigkeiten
    bei einer Fährverbindung oder Auswirkungen der Witterungsbedingungen auf den Fährbetrieb, Ampelschaltungen etc.).
    Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist eine längere Strecke jedoch nicht deswegen als „verkehrsgünstigerc” anzusehen, weil
    sie wegen der Ersparnis von Mautgebühren kostengünstiger ist. Im Streitfall ist zudem nicht nachgewiesen, dass die längere
    Fahrtstrecke des Klägers durch die Rostocker Innenstadt tatsächlich kostengünstiger ist. Unter Zugrundelegung der ADAC-Kostentabellen
    kostet der Kilometer eines Hyundai Getz 1.1 bei einer Haltedauer von 48 Monaten und 15.000 km jährlicher Fahrleistung 23,5
    Cent (vgl. die Kostentabellen unter www.adac.de). Bei der Ermittlung dieser Kosten geht der ADAC von monatlichen Gesamtkosten
    von 294,00 EUR aus (Fixkosten 86,00 EUR; Werkstatt 70,00 EUR sowie Betriebskosten 138,00 EUR, ein Wertverlust ist nicht eingerechnet).
    Ausgehend von Kilometerkosten von 23,5 Cent verursacht die Umweg-Fahrt des Klägers einen Aufwand von insgesamt 5,17 EUR (22
    km * 23,5 Cent), während die kürzere Fahrt durch den mautpflichtigen Tunnel insgesamt „nur” 4,83 EUR kostet ((11 km * 23,5
    Cent) = 2,58 EUR + 2,25 EUR Maut).
    Dass nach Auffassung des Klägers nur die Benzinkosten zur Berechnung der km-Kosten seines PKW relevant sind, ändert an den
    grundsätzlich entstandenen Kosten nichts.
    2.
    Auch die Tatsache, dass die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch einen mautpflichtigen Tunnel
    führt, vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG)
    ist für die Bestimmung der Entfernung die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend. Dies gilt
    ungeachtet dessen, ob die kürzeste Straßenverbindung über eine mautpflichtige Straße führt.
    Eine einschränkende Auslegung des Gesetzes dahingehend, dass bei der Berechnung der „kürzesten Straßenverbindung” lediglich
    nicht mautpflichtige Straße zugrunde zulegen sind, lässt sich weder der Gesetzesbegründung noch Sinn und Zweck des Gesetzes entnehmen.
    Lt. Gesetzesbegründung soll die Einführung der Entfernungspauschale der Vereinfachung dienen (BT-Drucks. 14/4435, S. 9). Denn
    sie vermeide zukünftig Rechtsstreitigkeiten zwischen den Steuerpflichtigen und dem Finanzamt über die Berücksichtigung besonderer
    Kosten (z.B. Kosten für Abholfahrten) und außergewöhnlicher Kosten (z.B. Unfallkosten) bei den Fahrten zwischen Wohnung und
    Arbeitsstätte und Familienheimfahrten.
    Wenn aber eine Typisierung zur Verwaltungsvereinfachung vorgenommen wird, so sind auch von dem typischen Geschehensablauf
    abweichende Konstellationen hinzunehmen. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten,
    allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat bei der Ordnung von Massenerscheinungen
    und deren Abwicklung einen Raum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen. Der Gleichheitssatz fordert
    dabei nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzgebung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs
    gefährdet. Es steht dem Gesetzgeber unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG frei, für die Fahrten zwischen Wohnung und
    regelmäßiger Arbeitsstätte eine typisierende Abgeltungsregelung zu treffen, auch wenn dadurch nicht in allen Fällen die tatsächlich
    angefallenen Aufwendungen abgedeckt werden (vgl. BFH v. 11. Sept. 2003 VI B 101/03, BStBl II 2003, 893, Abgeltungswirkung
    der Entfernungspauschale bei einem Opernsänger).
    3.
    Der Senat konnte offen lassen, ob die Mautgebühren als Kosten für Straßennutzung von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale
    erfasst werden oder als außergewöhnliche Aufwendungen im Rahmen der allgemeinen Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG neben
    der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind (vgl. dazu Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 30.09.2009 – 2 K 386/07,
    DStRE 2010, 147), denn im Streitfall sind dem Kläger keine Mautgebühren entstanden.
    4.
    Der weiteren Argumentation des Klägers, dass es sich bei dem Streckenabschnitt durch den Warnowtunnel nicht um eine öffentliche
    Straße im eigentlichen Sinn handele, weil der Tunnel privat finanziert sei und insofern die öffentliche Hand die Verantwortlichkeit
    für diesen Straßenabschnitt faktisch aufgegeben habe, ist nicht zu folgen.
    Auch der Streckenabschnitt der B 105, der durch den Warnowtunnel führt, ist eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Bundesfernstraße.
    Die Tatsache, dass der Streckenabschnitt durch den Tunnel eine mautpflichtige privatwirtschaftlich betriebene Fahrstrecke
    ist, ändert am Charakter als öffentlicher Straße nichts.
    5.
    Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers liegt auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor, weil das FA bei Kollegen des
    Klägers die längere Wegstrecke durch die Rostocker Innenstadt anerkannt habe. Denn ein Steuerpflichtiger kann gegen eine Steuerfestsetzung
    nicht einwenden, das FA ziehe andere Steuerpflichtige zu Unrecht nicht zur Steuer heran oder habe bei deren Veranlagung Fehler
    zu deren Gunsten gemacht. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung eines rechtswidrigen
    Verwaltungshandelns; insoweit gibt es keine „Gleichheit im Unrecht” (vgl. BFH-Urteil vom 5. September 1990 X R 107-108/89,
    BStBl II 1990, 1060, unter 3.; BFH-Beschlüsse vom 16. Dezember 1993 V B 124/93, unter 2.; vom 12. April 2000 V B 10/00, BFH/NV
    2000, 1372, unter II. 4.).
    6.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.
    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 FGO.
    Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 4 Gerichtskostengesetz – GKG –. Danach darf in Verfahren vor den Gerichten
    der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nicht unter 1000,00 EUR angenommen werden.

    VorschriftenEStG § 9 Abs. 1 S. 1, EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4