04.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143761
Finanzgericht Münster: Urteil vom 21.11.2014 – 4 K 1829/14 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
4 K 1829/14 E
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 4.4.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.5.2014 wird dahingehend geändert, dass weitere außergewöhnliche Belastungen nach Abzug der zumutbaren Belastung in Höhe von 165,- EUR berücksichtigt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 95 % und der Beklagte zu 5 %.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
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Streitig ist die Anerkennung von Scheidungs- und Scheidungsfolgekosten als außergewöhnliche Belastungen.
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Die Klägerin wurde im Streitjahr 2013 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Sie war als Sozialversicherungsfachangestellte nichtselbstständig tätig.
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Am 13.6.2013 schlossen die Klägerin und ihr damaliger Ehemann, von dem sie bereits seit 2012 getrennt lebte, im Hinblick auf die bevorstehende Scheidung eine notarielle Vereinbarung. Darin hoben sie den bisherigen Güterstand der Zugewinngemeinschaft auf und vereinbarten stattdessen Gütertrennung. Sie vereinbarten hinsichtlich des Sorge- und Umgangsrechts für die gemeinsame Tochter, die weiterhin bei der Klägerin wohnen sollte, keine gerichtlichen Anträge stellen zu wollen. Die Klägerin erwarb mit diesem Vertrag den Anteil ihres Ehemannes am bisher im Miteigentum der Eheleute stehenden Grundstück A-Str. 3 in U gegen Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Schulden in Höhe von ca. 61.000,- EUR (bei der …-Bausparkasse). Zudem verpflichtete sie sich, an ihren Ehemann einen Betrag in Höhe von 5.000,- EUR zur Abgeltung aller eventuell bestehenden Zugewinnausgleichsansprüche, weiterer Ansprüche wegen der Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Vermögens sowie Ansprüche nach § 426 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu zahlen. Die Klägerin verpflichtete sich zur vollen Übernahme der Kosten für diesen Vertrag, während der Ehemann die Kosten des Vollzugs der Urkunde im Grundbuch zu tragen hatte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 13.6.2013 Bezug genommen.
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Für das Scheidungsverfahren beauftragte nur der Ehemann einen Rechtsanwalt. In der mündlichen Verhandlung des Familiengerichts vom 13.11.2013, in der die Ehe geschieden wurde, erörterten die Eheleute den Versorgungsausgleich und einigten sich dahingehend, die Kosten des Verfahrens hälftig zu tragen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Sitzung des Amtsgerichts U vom 13.11.2013 Bezug genommen.
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In ihrer Einkommensteuererklärung für 2013 machte die Klägerin als außergewöhnliche Belastungen Krankheitskosten in Höhe von 125,- EUR sowie Scheidungs- bzw. Scheidungsfolgekosten in Höhe von 9.154,94 EUR geltend. Diese Kosten setzen sich aus Rechtsanwaltskosten (Geschäftsgebühr Trennung, Einigungsgebühr Vertragsvereinbarung vom 13.6.2013 sowie Verfahrens- und Terminsgebühr für das Scheidungsverfahren), Notargebühren für den Abschluss und den Vollzug des Vertrages vom 13.6.2013 sowie der Ausgleichszahlung an den Ehemann und damit im Zusammenhang stehenden Kosten zusammen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Beträge:
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Art der Kosten / Rechnungssteller / Betrag
Hälftige Übernahme der Geschäftsgebühr Trennung
Rechtsanwalt K, Rechnung vom 22.4.2013
468,74 EUR
Hälftige Übernahme Post- und Telekommunikationsdienstleistungen des Rechtsanwalts
Rechtsanwalt K, Rechnung vom 22.4.2013 11,90 EUR
Einigungsgebühr für den Abschlussdes Vertrags vom 13.6.2013
Rechtsanwalt K, Rechnung vom 22.4.2013
1.840,00 EUR
Teilweise Übernahme der Verfahrens-und Terminsgebühr Scheidungsverfahren
Rechtsanwalt K, Rechnung vom 17.12.2013
500,00 EUR
Notargebühren für Vertrag vom 13.6.2013
Notar F, Rechnungen vom 17.6.2013 und 26.7.2013 714,30 EUR
Hälftige Übernahme der Kosten für die Registrierung der Folgenvereinbarung beim Zentralen Testamentsregister
Notar F, Rechnung vom 9.8.2013
15,00 EUR
Hälftige Gerichtskosten Scheidungsverfahren
Oberjustizkasse Hamm, Rechnung vom 1.8.2013 265,00 EUR
Ausgleichszahlung an Ehemann
5.000,00 EUR
Bearbeitungskosten für Darlehen zur Finanzierung der Ausgleichszahlung
…
90,00 EUR
Kosten für Haftungsentlassung des früheren Ehemannes aus einem Darlehen
…
250,00 EUR
Summe 9.154,94 EUR
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Klägerin mit Schreiben vom 14.8.2014 eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
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Der Beklagte erkannte im Einkommensteuerbescheid für 2013 lediglich die Krankheitskosten in Höhe von 125,- EUR als außergewöhnliche Belastungen an, die sich wegen der zumutbaren Belastung in Höhe von 960,- EUR jedoch nicht auswirkten. Die Scheidungskosten berücksichtigte er nicht und verwies auf die ab 2013 geltende Gesetzesänderung zum Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen.
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Zur Begründung ihres Einspruchs wies die Klägerin auf ein beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängiges Musterverfahren (Aktenzeichen VI R 16/13) hin.
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Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen für die Abziehbarkeit von Prozesskosten nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2013 geltenden Regelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitfall nicht vorlägen. Die Klägerin habe durch die Scheidung weder ihre Existenzgrundlage verloren noch sei sie außerstande, ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen befriedigen zu können. Überdies seien auch nach alter Rechtslage nur Gerichts- und Anwaltskosten für die Scheidungssache und den Versorgungsausgleich abzugsfähig gewesen. Der Zugewinnausgleich selbst stelle bereits begrifflich keine außergewöhnliche Belastung dar.
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Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH vor, dass die Kosten einer Ehescheidung zwangsläufig entstünden, da man aus rechtlichen Gründen einen Zivilprozess nicht umgehen könne. Der im Rahmen der Scheidung durchgeführte Versorgungsausgleich stelle die Sicherung ihrer Existenzgrundlage im Alter dar.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 4.4.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.5.2014 dahingehend zu ändern, dass weitere 9.154,94 EUR als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass nicht der Versorgungsausgleich, sondern die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit die Existenzgrundlage der Klägerin darstellten.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
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Entscheidungsgründe:
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I. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung, FGO).
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II. Der Senat legt den Klageantrag der Klägerin nicht dahingehend aus, dass sie ein Ruhen bzw. eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren VI R 16/13 begehrt. Zwar hat sie noch im Einspruchsverfahren ausdrücklich ein Ruhen des Verfahrens beantragt. Im Klageverfahren hat sie jedoch lediglich auf das BFH-Verfahren hingewiesen und ausschließlich einen Sachantrag gestellt. Im Übrigen ist dieses Verfahren nicht vorgreiflich, da es im Revisionsverfahren um die Frage der Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten im Jahr 2010 geht, während vorliegend streitig ist, wie weit die Regelung des erst im Streitjahr 2013 eingeführten § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG reicht.
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III. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
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Der Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 4.4.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.5.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit der Beklagte Scheidungskosten in Höhe von 1.000,- EUR nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt hat.
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1. In diesem Umfang hat der Beklagte den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen zu Unrecht versagt. Rechtsanwaltskosten für die „Geschäftsgebühr Trennung“ in Höhe von 235,- EUR und für das Scheidungsverfahren in H öhe von 500,- EUR sowie die Gerichtskosten in Höhe von 265,- EUR sind als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig.
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Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG).
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a. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen Aufwendungen zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit ist auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den Aufwendungen geführt hat. Liegt diese in der vom Einzelnen gestaltbaren Lebensführung, kommt ein Abzug nicht in Betracht. Durch Ehescheidungskosten entstandene Prozesskosten sind aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, weil bei einer Scheidung davon auszugehen ist, dass die Ehe zerrüttet ist. Als außergewöhnliche Belastungen anerkannt sind aus diesem Grund nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, alle unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung des Scheidungsverfahrens entstandenen Kosten, nicht hingegen solche Kosten, die nicht zum Zwangsverbund nach § 137 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG; früher in § 623 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung geregelt) gehören (BFH-Urteil vom 30.6.2005 III R 27/04, BStBl. II 2006, 492 m.w.N.).b. Dem Abzug von zwangsläufig entstandenen Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen steht § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift, die ab dem Veranlagungszeitraum 2013 gilt, sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
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Zwangsläufig entstandene Scheidungskosten gehören zu den Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
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aa. Was unter dem Begriff der „Existenzgrundlage“ zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht näher geregelt.
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In Betracht kommt ein rein materielles Verständnis dieses Begriffs (Kanzler, FR 2014, 209, 214; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG, Anm. 213). Nach dieser Ansicht schließt § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG Scheidungsprozesskosten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastung aus. Ein Abzug käme nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall ohne Scheidung die materielle Existenzgrundlage bedroht wäre.
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Die wohl herrschende Gegenauffassung geht davon aus, dass Ehescheidungskosten trotz der Neuregelung in dem ursprünglich von der Rechtsprechung anerkannten Umfang weiterhin abzugsfähig sein sollen. Dabei wird der Begriff der Existenzgrundlage über ein bloßes materielles Verständnis hinaus weit ausgelegt (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014 4 K 1976/14, Juris; Loschelder in Schmidt: EStG, 33. Aufl. 2014, § 33 Rz. 35; Nieuwenhuis, DStR 2014, 1701, 1702; Bleschick, FR 2013, 932, 936; ähnlich Liebl, Juris PR-SteuerR 10/2014, Anm. 1).
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Der Wortlaut des Gesetzes ist auslegungsbedürftig und auslegungsfähig, da er keine Einschränkung auf den materiellen Bereich enthält. Beide genannten Ansichten wären daher mit dem Wortlaut vereinbar.
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Der Senat legt die Vorschrift dahingehend aus, dass weiterhin typisierend die Scheidungskosten, die unmittelbar durch den Scheidungsprozess veranlasst sind, nicht vom Ausschluss erfasst werden, ohne dass es im Einzelfall auf eine Prüfung der materiellen Existenzgrundlage ankäme.
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Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Norm. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG wurde durch das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 eingeführt. Die Regelung stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die geänderte Rechtsprechung des BFH dar, nach der Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und soweit die Kosten notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten (BFH-Urteil vom 12.5.2011 VI R 42/10, BStBl. II 2011, 1015). Durch die Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sollte die vor Ergehen dieses Urteils geltende Rechtslage hinsichtlich der Abziehbarkeit von Prozesskosten wieder hergestellt werden. Dies hat die Bundesregierung in ihrem Entwurf zum Jahressteuergesetz 2013 ausdrücklich unter Bezugnahme auf die Entscheidung deutlich gemacht (BT-Drs. 17/13033, S. 66 f; so auch BRat-Drs. 139/13, S. 128). Dementsprechend ist die Formulierung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG an die frühere BFH-Rechtsprechung zu allgemeinen Zivilprozesskosten angelehnt, nach der solche Aufwendungen nur abzugsfähig waren, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (BFH-Urteil vom 9.5.1996 III R 224/94, BStBl II 1996, 596). In dieser Entscheidung hat der BFH zunächst klargestellt, dass Scheidungskosten unabhängig hiervon als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen seien. Hinsichtlich der Anerkennung anderer Zivilprozesskosten hat er darauf abgestellt, dass ein für den Steuerpflichtigen existenzieller Bereich betroffen sein müsse.
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Ein früherer Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2013 (BT-Drs. 17/10604) enthielt als § 33 Abs. 3a EStG bereits die später als § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG beschlossene Fassung. Allerdings war im Entwurf noch ein Zusatz enthalten, nach dem Scheidungskosten ausdrücklich unter die Abzugsbeschränkung für Prozesskosten gefasst werden. Zur Begründung wurde ebenfalls ausdrücklich auf die oben genannte BFH-Entscheidung Bezug genommen und ausgeführt, dass es angezeigt sei, „die Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten auf den bisherigen engen Rahmen zu beschränken“. Nachdem dieser Entwurf an der Zustimmung des Bundesrats gescheitert war, wurde die Regelung in das Gesetzgebungsverfahren durch Beschluss des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 17/13722) in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt. Dass der endgültige Gesetzeswortlaut keine Bezugnahme auf Scheidungskosten mehr enthält, spricht für die gesetzgeberische Absicht, solche Aufwendungen nicht grundsätzlich vom Abzug auszuschließen.
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Aus dem Gesetzgebungsverfahren und dem Anlass der Einführung der einschränkenden Vorschrift wird deutlich, dass der Gesetzgeber keine weitergehende Einschränkung des Abzugs von außergewöhnlichen Belastungen einführen wollte, als vor der Rechtsprechungsänderung bestanden hatte.
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Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der Existenzgrundlage auch im immateriellen Sinne zu verstehen. Die Ehe gehört zu den Grundlagen der bürgerlichen Existenz. Sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können, hat für den Steuerpflichtigen nicht nur hinsichtlich der finanziellen Folgen (Zugewinnausgleich, Erbrecht) sondern auch in Bezug auf seine gesellschaftliche Stellung und seinen Ruf existenzielle Bedeutung.
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bb. Dementsprechend erfasst die Scheidung einer zerrütteten Ehe auch die lebensnotwendigen Bedürfnisse eines Steuerpflichtigen. Zu diesen Bedürfnissen gehört es, nicht mit einem Partner verheiratet bleiben zu müssen, von dem man sich auseinandergelebt hat. Außerdem wäre die Eingehung einer neuen Ehe nur nach einer vorangegangenen Scheidung der bisherigen Ehe möglich.
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c. Zu den zwangsläufig angefallenen Aufwendungen gehören im Streitfall die Gerichts- und Anwaltskosten des Scheidungsverfahrens.
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Die „Geschäftsgebühr Trennung“, die Rechtsanwalt K gemäß Ziffer 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 1,3 in Rechnung gestellt hat, ist lediglich zur Hälfte abzugsfähig. Diese Gebühr bezieht sich nicht unmittelbar auf die gerichtliche Durchsetzung der Scheidung, sondern auf die Beratung im Zusammenhang mit der Trennung. Kosten, die lediglich mit der Trennung im Zusammenhang stehen, gehören nicht zu den als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähigen Ehescheidungskosten (BFH-Urteil vom 8.11.1974 VI R 22/72, BStBl II 1975, 111; Finanzgericht Bremen, Urteil vom 23.4.1980, EFG 1980, 443). Allerdings ist diese Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die im Scheidungsverfahren entstehende Verfahrensgebühr gemäß Ziffer 3100 VV RVG anzurechnen (Vorbemerkung 4 zu Teil 3 VV RVG). Dementsprechend hat Rechtsanwalt K die Verfahrensgebühr des Gerichtsverfahrens nach Ziffer 3100 VV RVG nicht im vollen Umfang (1,3), sondern lediglich mit 0,65 abgerechnet. Da ohne eine vorherige Beratung eine entsprechend höhere Gebühr für das Scheidungsverfahren angefallen wäre, steht die Hälfte der auf die vorangegangene Beratung entfallenden Gebühr im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Scheidungsverfahren.
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d. Der Zwangsläufigkeit steht nicht der Umstand entgegen, dass sich die Klägerin (freiwillig) zur hälftigen Übernahme der Kosten des von ihrem Ehemann beauftragten Rechtsanwalts bereit erklärt hat. Da für Ehesachen vor dem Familiengericht nach § 114 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ein Vertretungszwang besteht, hätte die Klägerin ansonsten einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen müssen, wodurch noch höhere Kosten entstanden wären.
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2. Die übrigen Kosten, die von der Klägerin geltend gemacht wurden, sind nicht abzugsfähig.
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a. Die Kosten für die Vermögensauseinandersetzung als Scheidungsfolgesache sind bereits nicht zwangsläufig entstanden. Diese Kosten umfassen im Streitfall die Einigungsgebühr für den Abschluss der Folgevereinbarung und der hälftigen Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts, die Notarkosten für den Abschluss und den Vollzug der Folgevereinbarung sowie die Kosten für die Registrierung der Scheidungsfolgevereinbarung beim zentralen Testamentsregister. Diese Kosten waren auch vor der Rechtsprechungsänderung des BFH vom 12.5.2011 nicht als außergewöhnliche Kosten berücksichtigungsfähig, da es sich hierbei zwar um Folgesachen im Sinne des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG handelt, die jedoch nicht zum Zwangsverbund nach § 137 Abs. 2 Satz 3 FamFG gehören.
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Die Auslegung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in Bezug auf Scheidungskosten ändert an dieser Beurteilung nichts, da diese Aufwendungen bereits nach der früheren BFH-Rechtsprechung nicht abzugsfähig waren.
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b. Die Zahlung an den geschiedenen Ehemann der Klägerin in Höhe von 5.000,- EUR ist nicht abziehbar, denn die Klägerin hat diese zur Abgeltung aller bestehenden und eventuellen Ansprüche geleistet und damit eine Befreiung von etwaigen Ansprüchen sowie das Alleineigentum am bisher im Miteigentum der Eheleute stehenden Grundstück erhalten. Die Gewährung eines solchen Gegenwertes schließt die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung aus (BFH-Urteil vom 15.12.2005 III R 10/04, BFH/NV 2006, 931). Die hiermit im Zusammenhang stehenden Kosten und Gebühren sind ebenfalls nicht als außergewöhnliche Kosten berücksichtigungsfähig, da diese als Finanzierungskosten ebenfalls mit der Befreiung von Ansprüchen bzw. mit der Anschaffung des Grundstücks im Zusammenhang stehen.
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3. Im Ergebnis sind außergewöhnliche Belastungen in folgender Höhe zu berücksichtigen:
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Krankheitskosten (wie bisher) 125,- EUR
Scheidungskosten 1.000,- EUR
Summe 1.125,- EUR
zumutbare Belastung (wie bisher) -960,- EUR
verbleiben 165,- EUR
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
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V. Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Fall FGO zuzulassen, da eine höchstrichterliche Entscheidung über die Auslegung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG bisher nicht vorliegt und die Frage eine Vielzahl von Fällen betrifft und die Revision damit der Rechtsfortbildung dient.