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  • 12.09.2016 · IWW-Abrufnummer 188595

    Finanzgericht München: Urteil vom 30.05.2016 – 7 K 428/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG München

    30.05.2016 - 7 K 428/15

    In der Streitsache
    1.
    2.
    prozessbevollmächtigt:
    zu 1-2:
    Kläger
    gegen
    Beklagter
    wegen Einkommensteuer 2011

    hat der 7. Senat des Finanzgerichts München durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
    die Richterin am Finanzgericht XXX und
    die Richterin am Finanzgericht
    sowie die ehrenamtlichen Richter XXX und

    auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2016 für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Der Einkommensteuerbescheid 2011 vom 13. Juni 2012 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2015 werden dahingehend geändert, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ein Rabattfreibetrag i.H.v. 1080 € berücksichtigt und die Einkommensteuer auf dieser Grundlage neu berechnet wird
    2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
    Tatbestand

    Streitig ist, ob die Voraussetzung für die Gewährung eines Rabattfreibetrages gemäß § 8 Absatz 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegen.

    Die Kläger sind Rentner und wurden im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte neben seinen Renteneinkünften Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Form von Versorgungsbezügen von der A AG. Er ist ehemaliger Angestellter der ..., die ab 2001 mit der A AG fusioniert wurde. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Aufhebungsvertrag vom 14. Oktober 1999 zum 28. Februar 2003 aufgehoben. Der Aufhebungsvertrag enthält neben verschiedenen Regelungen, u.a. zu einer ab Bezug der Altersrente zu zahlenden Betriebsrente, einen Hinweis, dass die Weitergewährung des Werktarifs (für den Bezug von begünstigtem Strom) sich nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung Nr. ... in der jeweils gültigen Fassung richtet.

    Der Kläger hatte seinen Strom ursprünglich von seinem ehemaligen Arbeitgeber, der A AG, bezogen und aufgrund des für ihn geltenden Werktarifs einen Nachlass auf den von ihm verbrauchten Strom erhalten. Der geldwerte Vorteil aus dem verbilligten Strombezug wurde bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit erfasst und nach § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) unter Berücksichtigung des Rabattfreibetrags von 1.080 € bewertet.

    Im Streitjahr bezog der Kläger seinen Strom nicht mehr von der A AG als Stromlieferanten, sondern von der A Vertriebs GmbH, einer 100 %-igen Tochter der A AG. Grund dafür war, dass nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die Energieversorger verpflichtet waren, die Tätigkeit als Verteilernetzbetreiber von den sonstigen Tätigkeiten der Energieversorgung zu trennen (§ 7 EnWG). Die Entflechtung erfolgte im A Konzern dadurch, dass A AG jetzt nur noch als Verteilernetzbetreiber fungierte und die vertrieblichen Aktivitäten auf die A Vertriebs- GmbH übergingen. Die A Vertriebs GmbH gewährte dem Kläger die bisherige Ermäßigung auf die Stromlieferung laut Werktarif.

    Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 teilte die A AG dem Kläger mit, dass aufgrund der aktuellen steuerlichen Rechtslage in Bezug auf das Stromdeputat für Mitarbeiter und Rentner der A AG oder ihrer Vorgängerfirmen der Bezug des Stromdeputats steuer- und sozialversicherungspflichtig sei und die bisher gewährten Freibeträge im Rahmen der Betriebsrentenabrechnung nicht mehr berücksichtigt werden könnten, da die Rabattgewährung durch eine Drittfirma erfolge.

    Dieser geldwerte Vorteil aus dem Stromdeputat betrug im Streitjahr 2.573,55 € und wurde von der A AG der Lohnbesteuerung unterworfen.
    Das beklagte Finanzamt minderte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung den in den erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit enthaltenen geldwerten Vorteil aus dem Stromdeputat in Höhe von 2.573,55 € nicht um den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 13. Juni 2012 erhoben die Kläger Einspruch und beantragten den Abzug des streitigen Freibetrags. Sie legten hierzu ein Gutachten vom 12. Juni 2012 vor, das der Spartenbetriebsrat der A AG in Auftrag gegeben hatte und demzufolge der Rabattfreibetrag in Abzug zu bringen sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2015).

    Ihre hiergegen gerichtete Klage begründen die Kläger im Wesentlichen wie folgt:

    Die interne Umstrukturierung des Arbeitgebers des Klägers könne nicht zu einer geänderten rechtlichen Bewertung in Bezug auf das Stromdeputat führen, so dass dem Kläger der bisher gewährte Freibetrag unabhängig von den internen Umstrukturierungen auf Arbeitgeberseite weiterhin zustehe. Das Gutachten des Spartenbetriebsrates vom 12. Juni 2012 käme zu dem Ergebnis, dass der Rabattfreibetrag auf das Stromdeputat auch dann zu gewähren sei, wenn die hier erfolgte Umstrukturierung stattgefunden habe. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer der A AG im Netzgebiet der A Vertriebs-GmbH wohne, in dem der örtliche Netzbetreiber das vorgelagerte Netz der A AG nutze. Die Regelungen zum Rabattfreibetrag seien auf den gesamten Strompreis anzuwenden, da nicht zwischen den Bestandteilen Netzentgelt und Erzeugung/ Vertrieb zu differenzieren sei.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 13. Juni 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2015 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um den Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 € gemindert werden und die Einkommensteuer auf dieser Grundlage neu berechnet wird.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen, hilfsweise die Zulassung der Revision.

    Das Gericht hat die A AG mit Auskunftsersuchen vom 16.9.2015 um Stellungnahme gebeten, ob zwischen dem A AG als Netzbetreiber und dem Kläger als Kunden der A Vertriebs GmbH eine vertragliche Beziehung im Rahmen eines Netzanschlussverhältnisses besteht, ob die vom Netzbetreiber in Rechnung gestellten Kosten in der Jahresabrechnung, die der Kläger von der A Vertriebs GmbH erhält, gesondert ausgewiesen sind und wenn ja, ob es sich dann insoweit um einen durchlaufenden Posten handelt, welcher nicht die Gegenleistung des Kunden für die Stromlieferung, sondern das Entgelt für die Nutzung des vom Netzbetreiber bereitgestellten Stromnetzes darstellt. Mit Schreiben vom 15.10.2015 nahm die A AG hierzu Stellung und teilte mit, dass zwischen dem A AG und dem Kläger eine vertragliche Beziehung im Rahmen eines Netzanschlussverhältnisses nach § 2 der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) besteht. Die in der Jahresrechnung der A Vertriebs GmbH gesondert ausgewiesenen Netzentgelte und Entgelte für Messstellenbetrieb und Messung stellen das Entgelt des Kunden für die Nutzung des vom Netzbetreiber bereitgestellten Stromnetzes dar.

    Wegen des weiteren Sachverhalts und hinsichtlich des rechtlichen Vortrags wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Unterlagen und Akten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2016 verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht berücksichtigt.

    1. Nach § 8 Abs. 1 EStG sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7 EStG zufließen, Einnahmen. Damit sind alle durch die Einkunftsart "nichtselbständige Arbeit" (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG) veranlassten Sachbezüge Einnahmen, ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob die Einnahmen Versorgungsbezüge sind oder nicht. Arbeitslohn kann nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 20. Mai 2010 VI R 41/09, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2010, 1022; vom 7. Mai 2014 VI R 73/12, BStBl II 2014, 904) ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt "für" eine Leistung darstellt, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sich die Leistung des Dritten für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Dagegen liegt dann kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Zutreffend gehen die Parteien im Streitfall davon aus, dass die verbilligte Überlassung von Strom bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers als Sachbezug zu erfassen ist, da dem Kläger im Aufhebungsvertrag mit seinem früheren Arbeitgeber die Weitergewährung des Werktarifs zugesagt worden ist, welcher die Grundlage für den verbilligten Strombezug seitens der A Vertriebs GmbH bildet und die Möglichkeit des verbilligten Strombezugs als Entgelt für seine früherer Tätigkeit bei der Rechtsvorgängerin der A AG anzusehen ist.

    2. Die Bewertung des anzusetzenden Sachbezugs der Höhe nach richtet sich nach § 8 Abs. 2 EStG, soweit nicht die Sonderregelung des § 8 Abs. 3 EStG eingreift. Die Begünstigungen des § 8 Abs. 3 EStG setzen voraus, dass ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen erhalten hat, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 2012 VI R 27/11, BStBl II 2013, 402). Auch für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber den Sachbezug während der aktiven Tätigkeit des Arbeitnehmers oder während des Ruhestands zu Versorgungszwecken gewährt (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 89/04, BStBl II 2007, 719).

    a) Der Kläger ist als ehemaliger Arbeitnehmer der A AG grundsätzlich vom Anwendungsbereich des § 8 Absatz 3 EStG erfasst, da es sich bei dem gewährten Rabatt für den Strombezug um steuerpflichtigen Arbeitslohn nach § 19 EStG handelt, der aufgrund seines ehemaligen Dienstverhältnisses herrührt. § 8 Absatz 3 EStG regelt die Bewertung von Sachlohn, so dass die verwendeten Begriffe "Waren oder Dienstleistungen" wirtschaftlich zu verstehen und mit dem allgemeinen Sachlohnbegriff gleichzusetzen sind. Waren sind alle Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie Sachen (§ 90 BGB) behandelt werden. Der Aggregatszustand der Gegenstände ist unbeachtlich, so dass auch der elektrische Strom als Ware i.S.d. Vorschrift gilt (R 8.2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 LStR 2012).

    b) § 8 Abs. 3 EStG greift jedoch nur ein, wenn die Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Sachbezugs sind, vom Arbeitgeber hergestellt oder vertrieben werden. § 8 Absatz 3 EStG findet also keine Anwendung, wenn es sich nicht um Waren oder Dienstleistungen des Arbeitgebers, sondern eines Dritten handelt, auch wenn es sich beim Dritten um ein dem Arbeitgeber verbundenes Unternehmen handelt. Die vom Arbeitnehmer bezogenen Waren oder Dienstleistungen müssen - um von § 8 Abs. 3 EStG erfasst zu sein - die konkret vom Arbeitgeber hergestellten, vertriebenen oder erbrachten Waren oder Dienstleistung des Arbeitgebers sein (Grundsatz der Nämlichkeit) . Es genügt nicht, wenn die Zuwendung der gleichen Gattung angehört, wie sie auch der Arbeitgeber herstellt, vertreibt oder anbietet (BFH-Urteil vom 15. Januar 1993 VI R 32/92, BStBl II 1993, 356). Der BFH hat in diesem Urteil zur Rabattgewährung innerhalb eines Konzernverbundes und seither in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. November 1996 VI R 100/95, BStBl II 1997, 330; vom 8. November 1996 VI R 101/95, BFH/NV 1997, 471; vom 28. August 2002 VI R 88/99, BStBl II 2003, 154; vom 1. Oktober 2009 VI R 22/07, BStBl II 2010, 2014) entschieden, dass wegen des Fehlens einer Konzernklausel in § 8 Absatz 3 EStG und im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift eine überbetriebliche Rabattgewährung innerhalb eines Konzernverbundes steuerlich nicht begünstigt ist. Auch wenn erst eine Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns zur Folge hat, dass Arbeitgeber und Rabattgeber nicht mehr identisch sind, liegen die Voraussetzungen für § 8 Absatz 3 EStG nicht mehr vor.

    c) Im Streitfall hat das Finanzamt dem Kläger die Gewährung des Rabattfreibetrags nach § 8 Abs. 3 EStG mit der Begründung versagt, dass nach der Umstrukturierung innerhalb des A Konzerns und der damit verbundenen Trennung der Tätigkeit als Verteilernetzbetreiber von den sonstigen Tätigkeiten der Energieversorgung der ehemalige Arbeitgeber des Klägers nur noch die Tätigkeit als Verteilernetzbetreiber ausübt, die Stromlieferung aber durch deren Tochtergesellschaft, der A Vertriebs GmbH erfolge, so dass es sich bei dem von ihm verbilligt bezogenen Strom nicht um eine vom Arbeitgeber hergestellte, vertriebene oder erbrachte Ware oder Dienstleistung handle. Diese Auffassung geht fehl, denn sie verkennt, dass der ehemalige Arbeitgeber des Klägers in seiner Funktion als Netzbetreiber bei wertender Betrachtung als Hersteller des vom Kläger bezogenen Stroms anzusehen ist.

    Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, stellt der Arbeitgeber die Ware i.S. des § 8 Abs. 3 EStG nicht nur her, wenn er den Gegenstand selbst produziert oder wenn er ihn auf eigenen Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt, sondern auch dann, wenn er damit vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge zur Herstellung der Ware erbringt. Entscheidend ist, dass dem Arbeitgeber der Herstellungsprozess zugerechnet werden kann. Nicht jede beliebige Beteiligung an Herstellungsprozess reicht hierfür aus. Der Beitrag an Herstellungsprozess muss vielmehr derart gewichtig sein, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der Herstellereigenschaft gerechtfertigt erscheint (BFH-Urteile vom 1. Oktober 2009 VI R 22/07, BStBl II 2010, 204; vom 28. August 2002 VI R 88/99, BStBl II 2003, 153).

    Anhand dieser Rechtsmaßstäbe war die A AG Hersteller des vom Kläger bezogenen Stroms. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 25. Februar 2014 VI ZR 144/13 (BGHZ 200, 242) entschieden dass der Betreiber eines Stromnetzes, der dieses den Stromproduzenten (Einspeisung) und Abnehmern zur Verfügung stellt und dazu den Strom auf eine andere Spannungsebene (Niederspannung) transformiert, als Hersteller des Produkts Elektrizität gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) anzusehen ist und in dieser Eigenschaft für die durch die Überspannung verursachten Schäden gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 ProdHaftG haftet. Der Herstellerbegriff setze grundsätzlich das "Erzeugen eines Produkts" voraus; Hersteller sei demnach jeder, in dessen Organisationsbereich das Produkt entstanden ist. Abzugrenzen sei die Herstellung von Produktvertrieb bzw. Produkthandel. Anders als der bloße Stromvertreiber verändere der Stromnetzbetreiber die Eigenschaft des Produkts Elektrizität, indem er die Transformation des Stroms auf eine andere Spannungsebene, nämlich die so genannte Niederspannung, für die Netzanschlüsse von Letztverbrauchern vornehme, weil das Produkt Strom nur nach der Transformation für den Letztverbraucher mit den üblichen Verbrauchsgeräten nutzbar sei.

    Diese für den Herstellerbegriff nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG aufgestellten Grundsätze machen deutlich, dass der Beitrag des Stromnetzbetreibers, der die Transformation des Stroms auf die für die Netzanschlüsse des Letztverbrauchers nutzbare Niederspannungsebene vornimmt, am Herstellungsprozess des vom Kunden bezogenen Produkts Strom in gewichtiger Weise beteiligt ist. Im Streitjahr war, was unstreitig ist, A AG für die Nieder- und Mittelspannungsnetze zuständig, die Umwandlung in eine höhere bzw. niedrigere Spannung erfolgt durch Umspannwerke. Da der vom Kläger bezogene Strom ohne die vom Netzbetreiber vorgenommene Transformation in die Niederspannungsebene nicht nutzbar wäre, erscheint bei wertender Betrachtung die Annahme der A AG als Hersteller gerechtfertigt.

    Unschädlich ist, dass die A AG als Netzbetreiber nicht der Einzige ist, der am Herstellungsprozess "Strom" beteiligt ist und insbesondere nicht derjenige ist, der den Strom in eigenen Kraftwerken produzieren lässt, also nicht "Stromerzeuger" ist, denn es können mehrere Unternehmer als Hersteller des Endprodukts anzusehen sein, wenn diese - wie im Streitfall - jeweils eigene gewichtige Beiträge zur Herstellung des Endprodukts erbringen (BFH in BStBl II 2003, 154 [BFH 28.08.2002 - VI R 88/99]).

    Da die A AG somit Hersteller der an den Kläger als ihren ehemaligen Arbeitnehmer abgegebenen Ware Strom ist, wird der gesamte geldwerte Vorteil, der dem Kläger dadurch entsteht, vom Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG erfasst und beschränkt sich nicht lediglich auf den Teil des Endpreises, der dem Anteil der auf den Arbeitgeber entfallenden Herstellungskosten an den gesamten Herstellungskosten des Endprodukts entspricht (BFH in BStBl II 2003, 154 [BFH 28.08.2002 - VI R 88/99]). Es spielt daher keine Rolle, dass der Kläger für die vom Netzbetreiber in Rechnung gestellten Leistungen nur ein Entgelt in Höhe eines Teilbetrags des von der A Vertriebs GmbH in Rechnung gestellten Strompreises entrichtet hat, nämlich soweit dies auf Netzentgelte und Entgelte für Messstellenbetrieb und Messung entfällt.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.