21.06.2018 · IWW-Abrufnummer 201921
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 11.12.2017 – 9 K 2646/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FG Baden-Württemberg
11.12.2017
In dem Finanzrechtsstreit
als Insolvenzverwalter über das Vermögen von X- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen Erteilung der Zustimmung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 Umsatzsteuergesetz
hat der 9. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2017 durch
xxxfür Recht erkannt:
Tenor:
- Der Beklagte wird unter Aufhebung des Verwaltungsaktes verpflichtet, seine Zustimmung zur Berichtigung eines unberechtigten Steuerausweises in Höhe von... EUR nach § 14c Abs. 2 Satz 5 Umsatzsteuergesetz zu erteilen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 92/100 und der Kläger zu 8/100.
- Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger (Kl) ist Insolvenzverwalter der Firma X.. (im Folgenden: X). X hatte mit der Firma Y.. (im Folgenden: Y, inzwischen umfirmiert in Y A GmbH) eine "Jahreskonditionsvereinbarung 2006" für ein Volumen von... EUR für den Warenbereich Z.. und einen Gesamtumsatz in Europa in Höhe von... EUR geschlossen. Ein schriftlicher Liefervertrag hierüber wurde nicht geschlossen. Die entsprechenden Bestellungen wurden jeweils elektronisch von X an Y gesendet. Die Rechnungen für die einzelnen Warenlieferungen erstellte Y und übersandte diese an die Firma W.. (im Folgenden: W), welche wöchentlich den Zahlbetrag errechnete und dem Konto von X belastete. Im "Leistungsblock A" der Jahreskonditionsvereinbarung waren "Bonuszahlungen" wie folgt geregelt (... 48 ff. Umsatzsteuer (USt)-Akte):
1.01 Grundbonus: 0,25% für Umsätze Deutschland netto
1.03 Europabonus: 0,65% vom Nettogesamtumsatz aller Länder, Abrechnung in den jeweiligen Ländern.
a) Umsatzzuwachs
+ 2% Vergütungssatz 0,50%+ 5% Vergütungssatz 0,77%
+ 8% Vergütungssatz 0,95%
Basis für die Staffeln ist der Brutto Gesamtumsatz Europa. Die Abrechnung erfolgt vom Netto Umsatz. Die Abrechnung erfolgt in den jeweiligen Ländern.
b) Europa-Promotion: 0,45% vom Netto- Gesamtumsatz aller Länder.
- nach Möglichkeit zeitgleich in allen Ländern mit Insertion und Zweitplazierung.Abrechnung erfolgt in den jeweiligen Ländern.
Alle %-Sätze werden auf den zu verbonifizierenden Netto-Umsatz in Europa gezahlt.
1.04 Umsatzbezogene Bonusstaffel Deutschland
Die Staffel Österreich wird zwischen X Österreich und Y Österreich verhandelt. Basis hierfür ist die vereinbarte Staffel aus 2004.
a. Z.. Umsätze Deutschland 7,5% fix
b. Bonusstaffel ... / ... Mit Umsätze Deutschland
fix 5,90%... = + 0,60000 % (6,50%)
... = + 1,35000 % (7,235%)
... = + 2,10000 % (8,00%)
Zwischenumsätze werden linear vergütet.
Die Abrechnung erfolgt vom Netto - Umsatz.
c. Bonusstaffel ...
10,00 % fixGegenleistung: ...-Aktion mit Inserat und vernünftiger Zweitplazierung im Zeitraum Mai/Juni.
1.06 Zentralbonus 0,95% vom Netto Abrechnung im jeweiligen Land.
* zentrale Listung
* zentrale Vermarktung
* zentrale Distribution
Alle % - Sätze werden auf den zu verbonifizierenden Netto-Umsatz gezahlt.
1.08 Nahversorgerbonus:1,00 % Umsatz Deutschland und Österreich
Abrechnung im jeweiligen Land.
- zahlbar auf den zu bonifizierenden Netto - Umsatz.1.13 X - Home - Shopping: 0,50 % auf den Netto-Umsatz
- für Deutschland
1.60 A) Abschriftenbonus 01,0 % fix vom Netto-Gesamtumsatz in Deutschland
1.60 B) Potentialbonus 1,65% vom Netto-Gesamtumsatz Deutschland
Neulistung von 6 Artikeln in 2006
Alle % - Sätze werden auf den zu bonifizierenden Netto-Umsatz gezahlt.
1.80 Abschlagszahlungen für den Bonusbereich
Fällig zum Nettobetrag zzgl. MWST (€)
01.02.06 ...
01.03.06 ... 01.04.06 ...
01.05.06 ...
01.06.06 ...
01.07.06 ...
01.08.06 ...
01.09.06 ...
01.10.06 ...
01.11.06 ...
01.12.06 ...
zum 15.12. für alle vereinbarten Vergütungen gemäß hochgerechnetem Umsatz abzgl. geleisteter Abschlagszahlungen.
Abrechnung: X - Rechnung, Verrechnung über W.
Die Endabrechnung erfolgt schriftlich bis zum 15.01. des Folgejahres gegen Lieferantenabrechnung zu Händen der Abteilung Forderungsmanagement.
1.90 Partnerschaftsbonus 1,75 %
Diese Kondition wird auf den zu verbonifizierenden Netto - Umsatz in Deutschland gezahlt.
Der Partnerschaftsbonus dient der Ertragssicherung und kommt ausschließlich bei der Vermarktung der Y Produkte zu marktgerechten Real- und Aktionspreisen zum Tragen.
1.91 Promotionsbonus (...)
Aktive Vermarktung ... in Verbindung mit ... oder ... wenn sinnvoll.
Mit der Firma W hatte X am 1. Januar 2005 einen "Dienstbesorgungs-Vertrag/Delegationsvereinbarung" geschlossen, nach welchem W u.a. von X beauftragt wurde, steuerlich relevante Belege wie (Sammel)-Rechnungen, Belastungsanzeigen, Rückbelastungen und Korrekturrechnungen gegenüber Lieferfirmen im Namen des Handelsunternehmens zu erstellen und mit Wirkung für dieses zu empfangen. Diese Rechnungen/Gutschriften wurden von X erstellt und an W weitergeleitet. W wiederum leitete die Abrechnungen anschließend an Y weiter.
Wegen des Inhalts der Vereinbarung im Einzelnen wird auf deren Inhalt verwiesen (.. . 147 ff. USt-Akte).W erstellte demgemäß für das Jahr 2006 an Y mit "Belastung" bezeichnete Dokumente, welche als Absender die Firma X auswiesen und folgenden "Begründungstext" enthielten:
60 WKZ (Anm. Werbungskostenzuschuss) gemäß Vereinbarung
Bonus AC (Anm.: a - conto - Zahlung) Monat .....
Als Summe waren ausgewiesen:
Warenwert Einheit Mwst Betrag Mwst % Endbetrag
... ... ... 16 ...
Ab dem Monat August 2006 wurde der Warenwert nur noch mit... EUR netto und entsprechender verminderter USt ausgewiesen.
Für die Jahresendrechnung wurden folgende Boni und Rabatte ermittelt:
Am 31. Januar 2007 erstellte W die Jahresendabrechnung 2006 mit dem Begründungstext:
WO60 WKZ (Anm. Werbungskostenzuschuss) gemäß Vereinbarung
Konditionsabrechnung 2006
Als Summe waren ausgewiesen:
Warenwert Einheit Mwst Betrag Mwst % Endbetrag
... ... ... 16 ...
Die in den einzelnen Abschlagsrechnungen bzw. in der Schlussrechnung gesondert ausgewiesene USt wurde von Y als Vorsteuer abgezogen und von X im Rahmen der USt-Erklärung 2006 an das Finanzamt angemeldet und gezahlt.
Das für Y zuständige Finanzamt Q teilte dem Bekl mit Schreiben vom 19. August 2014 diesen im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellten Sachverhalt mit und führte dazu aus, Y habe diesen Sachverhalt analysiert und ermittelt, dass nur ca. 50% der berechneten Leistungen tatsächlich Werbekostenzuschüsse seien, was nach Auffassung des Finanzamts Q nicht zu beanstanden sei. Hinsichtlich der restlichen Summe handele es sich um vereinbarte Entgeltsminderungen für die ursprünglichen Lieferungen von Y an X, welche lediglich zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage und demzufolge zu einer Reduzierung der Vorsteuern führen dürfte. Da X USt jedoch gesondert ausgewiesen habe, schulde diese Firma für den Veranlagungszeitraum (Vz) 2006 die ausgewiesenen Steuern nach § 14c Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Höhe... EUR. Y sei zwischenzeitlich an X herangetreten, um eine Rechnungsberichtigung und Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrags zu erreichen.
In Übereinstimmung mit der hinzugezogenen Oberfinanzdirektion (OFD) vertrat der Bekl in der Folgezeit die Auffassung, die zugrunde liegenden Abrechnungspapiere seien keine Rechnungen i.S.v. § 14c UStG, da sie nicht der Abrechnung von Leistungen dienten. Dies ergebe sich aus folgenden Umständen:
- Die enthaltenen Angaben seien widersprüchlich, da X sowohl als Rechnungs- und Warenempfänger als auch als Abrechnender bezeichnet werde,
- Y werde in dem Dokument als Absender bezeichnet,
- dem Rechnungsbetrag sei ein negatives Vorzeichen vorangestellt.Demzufolge sei mangels Vorliegen einer Rechnung auch keine Korrektur nach § 14c Abs. 2 UStG möglich. Diese Auffassung vertrat der Bekl auch mit Schreiben vom 20. Juli 2015 gegenüber dem Kl.
Der Bekl ordnete am 17. Juli 2015 bei X eine USt-Sonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum 2. Quartal 2015 an, um diesen Sachverhalt zu überprüfen. Im Bericht vom 4. August 2015 folgte die Prüferin in rechtlicher Hinsicht dieser Auffassung und setzte die steuerpflichtigen Umsätze (16%) mit 0 EUR an, nachdem der Kl in seiner Voranmeldung negative Umsätze in Höhe von... EUR und eine entsprechende Steuererstattung in Höhe ... EUR erklärt hatte.
In der Folgezeit, nämlich am 24. März 2016, stornierte X die Rechnungen für 2006 in Höhe von... EUR (netto) und... EUR (USt 16%). Die Stornierung betraf im Einzelnen folgende Positionen:
Bemerkung %-Satz Vergütung netto Stornierungsbetrag USt
VKF Sortiment 1,65 ... ...
VKF Grundbonus 4,25 ... ...
VKF Abschriften 0,10 ... ...
Partnerschaftsbonus 1,75 ... ...
VKF E-Commerce 0,50 ... ...
Category Bonus Listing 1,80 ... ...
Europabonus 0,65 ... ...
Umsatzzentralbonus 0,95 ... ...
Europapromotion 0,45 ... ...
Nahversorgerbonus 1,00 ... ...
Zielprämie Z.. 7,50 ... ...
Zielprämie ... 5,90 ... ...
... ...
Die geänderten Rechnungen wurden an Y übergeben.
Der Bekl ordnete am 11. April 2016 bei X eine USt-Sonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum 1. Quartal 2016 an, um auch diesen Sachverhalt zu überprüfen. Im Bericht vom 2. Juni 2016 vertrat die Prüferin (wiederum) die Auffassung, ein unberechtigter Steuerausweis i.S.v. § 14c Abs. 2 UStG liege nicht vor, da aus der Gesamtheit des Inhalts der Abrechnungspapiere und der Jahreskonditionsvereinbarung hervorgehe, dass X über Preisnachlassansprüche "abgerechnet" habe und deshalb keine Beschreibung einer Leistung vorliege. Eine formelle Rechnungsberichtigung sei nicht erforderlich. Soweit nach den jeweiligen Korrektur- und Verjährungsvorschriften noch möglich, müsse eine Berichtigung im Jahr der Abrechnung, hier also 2006, erfolgen. Die Prüferin setzte wiederum die steuerpflichtigen Umsätze zum Regelsteuersatz mit 0 EUR an, nachdem der Kl eine USt-Erstattung (16%) in Höhe von... EUR geltend gemacht hatte. Gegen den daraufhin ergangenen Bescheid über die Festsetzung der USt-Vorauszahlung 1. Kalendervierteljahr 2016 vom 13. Juni 2016 legte der Kl Einspruch ein und beantragte mit Schriftsatz vom 7. Juli 2016 beim Bekl die Zustimmung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG zur Berichtigung eines Steuerbetrags in Höhe von... EUR.
In der Folgezeit bestätigte das Finanzamt Q, dass Y am 31. Dezember 2015 den aufgrund der Rechnungsberichtigung vom 24. März 2016 für die Abrechnungen 2006 entstandenen USt-Nachzahlungsbetrag geleistet hatte.
Den Antrag auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG lehnte der Bekl mit Verwaltungsakt vom 2. August 2016 ab und führte zur Begründung aus, bei den von W im Namen von X erstellten Abrechnungspapieren handele es sich lediglich um kaufmännische Gutschriften und nicht um Rechnungen im Sinne des § 14c UStG, denn diese enthielten eine Reihe widersprüchlicher Angaben, die eine eindeutige Feststellung des Rechnungsaustellers, des Rechnungsempfängers und der Abrechnungsart nicht zuließen. Ferner sei lediglich über Preisnachlassansprüche abgerechnet worden, was umsatzsteuerlich keine hinreichende Leistungsbeschreibung darstelle.
Da deshalb der gesonderte Steuerausweis nicht zu einer Anwendung des § 14c UStG führe, die ausgewiesene USt also auch nicht geschuldet werde, erübrige sich die Durchführung einer formalen Rechnungsberichtigung. § 17 UStG sei dann nicht entsprechend anzuwenden. Eine Änderung müsse deshalb, sofern noch nicht verjährt und nach Korrekturvorschriften noch änderbar, im jeweiligen Jahr vorgenommen werden.
Hiergegen erhob der Kl mit Schriftsatz vom 2. September 2016 (Sprung-)Klage, welcher der Bekl mit Schriftsatz vom 29. September 2016, welcher beim Gericht am 5. Oktober 2016 einging, zustimmte. Der Klageschriftsatz war dem Bekl am 20. September 2016 zugestellt worden.
Der Kl trägt zur Begründung vor, entgegen der Auffassung des Bekl bestehe ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz UStG, da die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt seien und dem Bekl diesbezüglich kein Ermessen zustehe.X schulde die in den Abschlagsrechnungen über die Lieferantenboni ausgewiesene USt nach § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG, denn die Firma habe in einer Rechnung USt gesondert ausgewiesen, ohne eine Lieferung oder sonstige Leistung erbracht zu haben. Der Begriff einer Rechnung im Sinne von § 14c Abs. 2 UStG setze dabei nach allgemeiner Ansicht nicht voraus, dass dieses Dokument sämtliche Pflichtangaben enthalte, da § 14c UStG nicht auf §§ 14, 14a UStG verweise. Dies ergebe sich auch aus dem Sinn und Zweck der Norm, welche einen Missbrauch durch das Ausstellen von Rechnungen verhindern wolle, um der Gefährdung des USt-Aufkommens entgegen zu wirken. Demnach reiche es aus, wenn das Dokument als Abrechnung über eine (angebliche) umsatzsteuerpflichtige Leistung durch einen (angeblichen) Unternehmer wegen des Ausweises der USt abstrakt die Gefahr begründe, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs verwendet zu werden.
Dafür sei lediglich erforderlich, dass das Dokument
- den Rechnungsaussteller,
- den (vermeintlichen) Leistungsempfänger,- eine Leistungsbeschreibung,
- das Entgelt und
- die gesondert ausgewiesene USt
enthalte.
Diese Angaben seien in den Abschlagsrechnungen enthalten. X werde in allen Abschlagsrechnungen einheitlich als "Abrechnender" bezeichnet. Dass die Rechnungen von W ausgestellt worden seien, lasse § 14 Abs. 2 Satz 4 UStG zu. Y hingegen werde nie als "Absender" bezeichnet. Dass X zusätzlich als "Warenempfänger" bezeichnet werde, stehe dazu nicht im Widerspruch, denn X habe 2006 ja tatsächlich Warenlieferungen von Y erhalten. Vielmehr mache diese Bezeichnung deutlich, dass X an seinen Lieferanten Y Werbeleistungen erbracht habe. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass X auch in den Abschlagszahlungen über Verkaufsfördermaßnahmen als "Warenempfänger" bezeichnet worden sei.
In sämtlichen Abschlagsrechnungen werde Y einheitlich als "Empfänger" und damit als (vermeintlicher) Leistungsempfänger der Leistungen von X bezeichnet.
Ferner sei in den Abschlagsrechnungen jeweils das Entgelt, der im Jahr 2006 geltende USt-Satz von 16% sowie die anfallende USt angegeben.
Der den Beträgen folgende Bindestrich sei dahin gehend zu verstehen, dass er als Abschlusszeichen klarstelle, dass danach keine weiteren Ziffern folgten. Selbst wenn man, wie der Bekl, den Bindestrich als Minuszeichen werte, sei dies dahingehend zu verstehen, dass mit der Abschlagszahlung ein Betrag zu Lasten von Y abgerechnet werde.
Ferner enthielten die Abschlagsrechnungen jeweils eine ausreichende Leistungsbeschreibung. Der Text laute "WKZ gemäß Vereinbarung", woraus sichtbar werde, dass jeweils ein Werbekostenzuschuss gemäß der zwischen X und Y geschlossenen Konditionsvereinbarung abgerechnet werde.
Durch die Bezugnahme auf die Jahreskonditionsvereinbarung werde die Leistungsbeschreibung auf den Abschlagsrechnungen konkretisiert. Damit werde der Eindruck erweckt, dass mit den Abschlagszahlungen über von X zu erbringende Werbeleistungen abgerechnet werde. Dem stehe nicht entgegen, dass mit den Abschlagsrechnungen ihrem materiellen Gehalt nach Lieferantenboni bzw. Rückvergütungen abgerechnet würden. Dem Bekl sei zuzugeben, dass Abrechnungsdokumente über Rückvergütungen dann keine Rechnungen i.S.v. § 14c Abs. 2 Satz 2 2. Alt. UStG seien, wenn aus diesen hervorgehe, dass nicht über umsatzsteuerpflichtige Leistungen, sondern über Entgeltsminderungen abgerechnet werde. In diesem Fall fehle es nämlich an einer ausreichenden Leistungsbeschreibung. Im Streitfall sei dies jedoch anders, denn aus den Abschlagsrechnungen ergebe sich gerade nicht, dass über Lieferantenboni abgerechnet werde. Vielmehr werde durch den Text "WKZ" suggeriert, dass X gegenüber Y eine Werbeleistung erbracht habe, über welche nun abgerechnet werde. Dass die Abschlagsrechnungen über die Lieferantenboni in Wirklichkeit (materiell) Abrechnungen über Rückvergütungen darstellen würden, setze § 14c Abs.2 Satz 2 2.Alt. UStG eigentlich gerade voraus, denn es werde mit den Rechnungen über tatsächlich nicht erbrachte Leistungen abgerechnet. Demnach enthielten die Rechnungen eine ausreichende Leistungsbeschreibung.
Darüber hinaus habe das für Y zuständige Finanzamt dem Empfänger dieser Abschlagsrechnungen auch den Vorsteuerabzug (ursprünglich) zugestanden und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Abschlagsrechnungen den Anforderungen einer Leistungsbeschreibung im Sinne des § 15 UStG genügen würden. Dann müsse die Leistungsbeschreibung erst recht den Anforderungen des § 14c Abs. 2 UStG entsprechen, da die Anforderungen hierfür nicht höher sein könnten.
Die Gefährdung des Steueraufkommens sei auch -wie von § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG verlangt- beseitigt worden, da laut der Bestätigung des Finanzamts Q Y die Vorsteuern in Höhe von... EUR am 31. Dezember 2015 zurückgezahlt habe.
Demnach habe der Kl alle Voraussetzungen erfüllt und der Bekl sei deswegen zur Zustimmung verpflichtet.
Entgegen der Auffassung des Bekl sei es auch nicht erforderlich, dass X vor einer Rechnungsberichtigung die zu viel vereinnahme USt an Y zurückzahle. Weder der Europäische Gerichtshof (EuGH) noch der Bundesfinanzhof (BFH) habe dies bisher in seinen Entscheidungen verlangt.
Zumindest in einem Insolvenzfall -wie hier im vorliegenden Streitfall- sei diese Frage aber zu verneinen. Denn ein etwaiger zivilrechtlicher Anspruch von Y auf Rückzahlung von unberechtigt ausgewiesener USt sei vor Eröffnung des Insolvenzverfahren begründet worden und stelle damit eine Insolvenzforderung i.S.v. § 38 Insolvenzordnung (InsO) dar. Er, der Kl, sei als Insolvenzverwalter damit nicht mehr berechtigt, die vereinnahmte USt an Y auszuzahlen. Y müsse den Anspruch vielmehr nach § 174 Abs. 1 InsO zur Tabelle anmelden.Der Kl beantragt,
den Bekl unter Aufhebung des Verwaltungsakts vom 2. August 2016 zu verpflichten, seine Zustimmung zur Berichtigung eines unberechtigten Steuerausweises in Höhe von... EUR nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG zu erteilen, hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Er trägt zur Begründung vor, die von der Firma W im Auftrag von X erstellten Abrechnungspapiere seien keine Rechnungen i.S.v. § 14c UStG, sondern kaufmännische Gutschriften. Die mit "Belastung" bezeichneten Abrechnungen über die Boni der Firma Y enthielten eine Reihe widersprüchlicher Angaben, welche eine eindeutige Feststellung von Rechnungsaussteller, Rechnungsempfänger und Abrechnungsart (Rechnung oder Gutschrift) nicht zuließen. So werde z.B. X sowohl als Rechnungs- und Warenempfänger bezeichnet als auch als Abrechnender. In manchen Dokumenten sei X Empfänger, in manchen Absender. Den Rechnungsbeträgen sei ein negatives Vorzeichen vorangestellt. § 14c UStG setze aber das Ausstellen einer Rechnung voraus, in der zumindest das Entgelt als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrags hervorgehe und aus der der Rechnungsaussteller zweifelsfrei identifiziert werden könne. Den vorliegenden Unterlagen könne nicht zweifelsfrei entnommen werden, wem die Abrechnung der Firma W zuzurechnen sei. Deshalb komme eine Anwendung von § 14c UStG nicht in Betracht.
Schriftstücke der vorliegenden Art, welche sich ausschließlich auf den Zahlungsverkehr beziehen würden, seien -wie Belege innerhalb eines Organkreises- lediglich Buchungsbelege, weshalb das Tatbestandsmerkmal "Rechnung" des § 14c UStG nicht erfüllt sei.
Ferner setze § 14c Abs. 2 UStG ein Abrechnungsdokument voraus, welches eine hinreichende Leistungsbeschreibung enthalte, die aber tatsächlich nicht ausgeführt worden sei. Daran fehle es hier, da aus der Gesamtheit des Inhalts der Abrechnungsdokumente und der Jahreskonditionsvereinbarung klar ersichtlich werde, dass über Preisnachlassansprüche abgerechnet worden sei, also nicht über "Leistungen".
Boni seien aber eine Minderung des für eine erbrachte Leistung gezahlten Entgelts.
Da vorliegend erkennbar über Preisnachlassansprüche abgerechnet worden sei, könnten die Rechtsfolgen des § 14c UStG nicht eintreten. Eine (formale) Rechnungsberichtigung sei nicht notwendig, § 17 UStG nicht entsprechend anzuwenden. X könne die mit dem falschen Steuersatz abgerechneten Boni und Rabatte ohne Korrektur nach § 14c UStG im jeweiligen Jahr (falls noch nicht verjährt und nach Korrekturvorschriften änderbar) ansetzen. Für das Streitjahr 2006 sei indes Festsetzungsverjährung eingetreten.
Selbst wenn man von berichtigungsfähigen Rechnungen ausgehen würde, sei weitere Voraussetzung für die Erstattung der USt an X, dass X wiederum den zivilrechtlichen Anspruch von Y auf Erstattung der zu viel bezahlten USt erfüllt habe. Dies habe X bisher nicht getan.
Am 1. August 2017 fand ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Berichterstatter statt. Zu den einzelnen Positionen der Jahreskonditionsvereinbarung führte der Kl ergänzend wie folgt aus:
Kategoriebonus:
Bei dieser Position (1,8% des Nettoumsatzes) handele es sich um ein Entgelt für die handschriftlich auf dem Vertrag ergänzten Werbeleistungen in Form von Vermarktungsleistungen für das Produkt .... Herr E, welcher bis zur Insolvenz Direktor im Bereich Finanzen/Rechnungswesen bei X gewesen sei, habe bestätigt, dass diese handschriftliche Ergänzung bereits beim ursprünglichen Vertragsschluss eingefügt worden sei.
Europa-Promotion:
Hinsichtlich dieser Position (0,45% des Nettogesamtumsatzes) lasse sich nicht mehr aufklären, ob es sich hierbei um einen Bonus oder ein Entgelt für von X erbrachte Werbeleistungen handele. Zwar spreche die Bezeichnung für eine Werbeleistung, aus der Position innerhalb der Jahreskonditionsvereinbarung schließe Herr E jedoch, dass es sich nicht um ein Entgelt für Werbeleistungen handele.
Potentialbonus:
Diese Position sei identisch mit der Position "VKF Sortiment" gemäß Anlage zum Storno 2... aus 4..... Auch bezüglich dieser Position sei eine weitere Aufklärung nicht möglich. Die Bezeichnung "Potentialbonus" spreche für einen Bonus, die Bezeichnung "VKF Sortiment" hingegen für eine Verkaufsfördermaßnahme. Auch hier schließe Herr E aus der Stellung in der Vereinbarung auf einen Bonus.
Bonusstaffel ...:
Hier habe Herr E bestätigt, dass es sich um ein Entgelt für eine ...aktion mit Inserat und Platzierung gehandelt habe. Deswegen sei die Abrechnung mit USt zutreffend und nicht korrigiert worden.
Ferner werde nochmals darauf hingewiesen, dass die beantragte Zustimmung zu der vorgenommenen Rechnungsberichtigung nicht davon abhängig sei, dass die in den Abrechnungspapieren ausgewiesene USt zuvor an Y zurückgezahlt worden sei. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 14c Abs. 2 UStG, welche lediglich die Beseitigung der Gefährdung des USt-Aufkommens verlange. Daran ändere auch der Verweis auf § 17 UStG nichts, da es sich hierbei lediglich um einen Rechtsfolgeverweis handele.
Der BFH habe diese Frage bisher offen gelassen. Auch die Verwaltung gehe in Abschn. 124c Abs. 3 Satz 6 des Anwendungserlasses zur USt (UStAE) davon aus, dass eine Zustimmung zur Rechnungsberichtigung nicht von einer Rückzahlung des vereinnahmten Betrags abhänge.
Etwas anders ergebe sich auch nicht aus unionsrechtlichen Vorgaben. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gebe es hierfür keine unionsrechtliche Regelung, sondern dies sei den einzelnen Mitgliedsstaaten freigestellt. Deutschland habe eine entsprechende Regelung nicht eingeführt.
Darüber hinaus sei im vorliegenden Streitfall eine Rückzahlung an Y insolvenzrechtlich nicht zulässig. Der von Y geltend gemachte zivilrechtliche Rückforderungsanspruch sei vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von X entstanden und somit lediglich eine Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO. Dies habe zur Folge, dass der Insolvenzverwalter allenfalls nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine eventuelle Insolvenzquote an Y auszahlen müsse.
Der Bekl hat im Anschluss an den Erörterungstermin noch auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen:
Für den Fall, dass bezüglich der Position "Europapromotion" und "Potentialbonus" von einem Leistungsaustausch auszugehen sei, komme eine Berichtigung nach § 14c Abs. 2 UStG schon deshalb nicht in Betracht, weil dem Abrechnungspapier eine Leistung zugrunde liege und demzufolge nicht in unberechtigter Weise über eine nicht erbrachte Leistung abgerechnet worden sei.
Ferner weise er nochmals darauf hin, dass seiner Auffassung nach seine Zustimmung zur Rechnungsberichtigung und der aus dieser Zustimmung folgenden Erstattung von USt an dien den Kl zu einer ungerechtfertigten Bereicherung bei diesem führe. Daran ändere auch das laufende Insolvenzverfahren nichts, denn die Vermögensmasse sei die nämliche geblieben, wenn auch nun unter Verwaltung des Kl. Der BFH habe diese Frage ausdrücklich offen gelassen, der EuGH habe eine ungerechtfertigte Bereicherung bejaht. Eine erfolgte Rückzahlung an den Rechnungsempfänger, hier Y, werde z.B. auch in der Literatur (Stadie in: Rau/Dürrwächter, Komm. zum UStG § 14c Rz. 211) als Voraussetzung für eine Zustimmung zur Rechnungsberichtigung gefordert.
Mit Schreiben des Berichterstatters vom 6. November 2017 teilte dieser den Beteiligten folgendes mit:
"Nach dem "Begründungstext" in den jeweiligen Abschlagsrechnungen wurde über "WKZ [=Werbekostenzuschuss] gemäß Vereinbarung Bonus AC [a-conto-Zahlung]" abgerechnet. In der zugrunde liegenden Jahreskonditionsvereinbarung werden unter "Leistungsblock A" diverse Boni beschrieben, welche teilweise für Gegenleistungen (Kategoriebonus, Bonusstaffel ...), teilweise als "echte" Boni (Grundbonus, Europabonus, Zentralbonus etc.) vereinbart wurden. Soweit Gegenleistungen vereinbart wurden, liegt ein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch vor, bei den "reinen" Boni handelt es sich dem Grunde nach um nichtsteuerbare Rabatte, welche die ursprüngliche Bemessungsgrundlage mindern.
Dieser Sachverhält könnte auch dahingehend beurteilt werden, dass damit -bezogen auf die steuerpflichtigen Umsätze- eine höhere als die geschuldete USt ausgewiesen wurde, somit ein Fall des § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) vorliegt. Auf die Kommentierung von Korn in Bunjes, Kommentar zum UStG, 16. Auflage 2017, § 14c Rz. 14 mit weiteren Hinweisen wird verwiesen."
Am 11. Dezember 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Wegen deren Inhalt wird auf das Protokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat der Bekl die Zustimmung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG zur Rechnungsberichtigung des Kl vom 24. März 2016 versagt. Denn die berichtigten Abrechnungspapiere stellen Rechnungen i.S.v. § 14c UStG dar (1.), in denen X unberechtigt i.S.v. § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG USt ausgewiesen hat (2.). Darauf, dass X den vereinnahmen Mehrbetrag nicht an Y erstattet hat, kommt es im Streitfall nicht an (3.).
1. Hat ein Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er nach § 14c Abs. 1 UStG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift schuldet den ausgewiesenen USt-Betrag auch derjenige, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis). Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.
Unionsrechtliche Grundlage von § 14c Abs. 1 und Abs. 2 UStG ist Art. 203 Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) (bis 31.12.2006: Art. 21 Nr. 1 Buchst. d der 6. EG-RL). Steuerschuldner ist danach jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist. Art. 203 MwStSystRL (bis 31.12.2006: Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL) sieht für die Berichtigung der geschuldeten Steuer kein besonderes Verfahren vor. Deshalb ist es grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen die Berichtigung eines unrichtigen Steuerausweises erfolgen kann.
§ 14c Abs. 1 und Abs. 2 UStG setzen gleichermaßen voraus, dass jemand eine "Rechnung ausstellt" oder wie ein leistender Unternehmer "abrechnet". § 14c UStG stellt danach auf den Steuerausweis in einer Rechnung ab, ohne den Rechnungsbegriff selbst oder mittels einer Verweisung zu definieren. Der Begriff der Rechnung ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG. Danach ist eine Rechnung jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.
Der BFH hat mit Urteil vom 17. Februar 2011 (V R 39/09, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2011, 734) seine frühere Rspr. aufgegeben und sieht § 14c UStG auch dann als erfüllt an, wenn die Rechnung nicht alle Angaben i.S.d. § 14 Abs. 4 UStG enthält. Im Gegensatz zu § 15 Abs. 1 UStG verweist § 14c UStG nicht auf §§ 14, 14a UStG, woraus der BFH ableitet, dass der Gesetzgeber i.R.d. § 14c UStG nicht denselben Rechnungsbegriff verwenden wollte wie in § 15 Abs. 1 UStG. Der BFH begründet dies mit den unterschiedlichen Zielen von § 15 Abs. 1 UStG und § 14c UStG. Denn § 14c UStG verfolgt den Zweck, einen Missbrauch durch Ausstellung von Rechnungen und die damit einhergehende Gefährdung des USt-Aufkommens durch ein Ungleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug zu verhindern. § 14c UStG könnte diesen Zweck nicht erfüllen, wenn sich Rechnungsaussteller durch Weglassen auch nur eines Merkmals des § 14 Abs. 4 UStG ihrer Inanspruchnahme entziehen könnten. Mit anderen Worten: Gegenstand der Regelung des § 14c UStG ist die Gefährdung des Steueraufkommens durch Abrechnungsdokumente, welche die elementaren Merkmale einer Rechnung aufweisen oder den Anschein einer solchen erwecken und den Empfänger zum Vorsteuerabzug verleiten (Stadie in: Rau/Dürrwächter, Komm. zum UStG § 14c Rz. 80; BFH, Urteil vom 17. Februar 2011, V R 39/09 BStBl II 2011, 734). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung aus den dort genannten Gründen.
In nachfolgenden Entscheidungen konkretisiert der BFH den Rechnungsbegriff i.S.d. § 14c UStG (BFH, Urteil vom 16. März 2017, V R 27/16 BFHE 257, 462). Für den Anwendungsbereich des § 14c UStG reicht es aus, dass das Dokument als Abrechnung über eine Leistung durch einen Unternehmer wegen des Ausweises der USt abstrakt die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden. Danach genügt es, wenn es sich um ein Dokument handelt, das die folgenden Rechnungsmerkmale ausweist:
- den Rechnungsaussteller;
- den Leistungsempfänger;- die gesondert ausgewiesene USt;
- eine Leistungsbeschreibung.
Ob dabei das Dokument überhaupt eine Leistungsbeschreibung enthalten muss, wird dabei in der Literatur angezweifelt (Leipold in: Sölch/Ringleb, Komm. zum UStG, § 14c Rz. 230).
Eine ausreichende Leistungsbeschreibung setzt voraus, dass entweder der Rechnungstext selbst eine hinreichende Leistungsbeschreibung in dem Abrechnungspapier enthält oder eine Bezugnahme auf andere, eindeutig gekennzeichnete Unterlagen erfolgt (BFH, Urteil vom 19. November 2014, V R 29/14 Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR- 2015, 510).
Diese Rechnungsmerkmale erfüllen die mit "Belastung" bezeichneten Abrechnungspapiere der Monate Januar bis Dezember 2006. Als "Absender" und "Abrechner" wird durchgängig und einheitlich X bezeichnet. Dies wertet der Senat als eindeutige Beschreibung des Ausstellers dieses Dokuments. Dass X gleichzeitig als "Warenempfänger" bezeichnet wird, steht für den Senat dazu nicht im Widerspruch. Denn aufgrund der über den "Begründungstext" der Dokumente zur Auslegung heranzuziehenden Jahreskonditionsvereinbarung wird deutlich, dass X auf der anderen Seite auch Warenempfänger (bei Lieferungen von Y) gewesen ist. Deshalb steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass X diese Abrechnungen zuzurechnen sind. Dass in der Jahresschlussrechnung vom 31. Januar 2007 Y als "Absender" und X als "Rechnungsempfänger" und "Abrechner" bezeichnet wird, mag zwar in sich widersprüchlich sein, wie der Bekl meint, ist jedoch im Streitfall ohne Belang. Denn Gegenstand der hier streitigen Rechnungsberichtigung waren lediglich die unterjährigen a-conto-Zahlungen.
Umgekehrt wird in den Abschlagsrechnungen Y durchgängig und einheitlich als "Empfänger" bezeichnet, so dass auch eine klare und eindeutige Beschreibung eines Leistungsempfängers vorliegt.
In diesen Abschlagsrechnungen ist sowohl ein Entgelt angegeben als auch USt gesondert ausgewiesen. Ob der Querstrich nach den einzelnen Beträgen als Minuszeichen zu lesen ist, so der Bekl, oder als Hinweis, dass keine weiteren Ziffern folgen, so der Kl, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn durch den auf dem Abrechnungspapier angebrachten Vermerk "Abrechnung über W" in Verbindung mit der Jahreskonditionsvereinbarung ist auch ein Minuszeichen folgerichtig zu erklären, wenn -wie hier- eine zweiseitige Vertragsbeziehung über eine einheitliche Verrechnungsstelle gegenseitige Ansprüche verrechnet. Dass das Entgelt in den Abschlagsrechnungen ab August 2006 geringer als das in der Jahreskonditionsvereinbarung vereinbarte war, ist nach der Überzeugung des Senats eine unerhebliche Abweichung, die eine Verknüpfung der Abschlagsrechnung mit dieser Vereinbarung nicht entfallen lässt.
Schließlich enthalten die Abrechnungspapiere auch eine Leistungsbeschreibung, nämlich die Bezeichnung "WKZ (= Werbekostenzuschuss) gemäß Vereinbarung". Dadurch wird der Anschein erweckt, es seien von X an Y in dem abgerechneten Umfang Werbeleistungen erbracht worden. Dem widerspricht die in der zweiten Textzeile im "Begründungstext" enthaltene Formulierung "Bonus-AC" (=a-conto Zahlung). Einerseits verweist damit die Leistungsbeschreibung auf Werbeleistungen, welche umsatzsteuerlich sonstige Leistungen darstellen, andererseits auf Boni, welche umsatzsteuerlich als Entgeltsminderungen einzuordnen sind. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 14c UStG als Gefährdungstatbestand ist nach der Überzeugung des Senats eine derartige Leistungsbeschreibung ausreichend, zumal unter Einbeziehung der Jahreskonditionsvereinbarung das tatsächliche Erbringen von Leistungen durch X deutlich wird. Auch der oben gewürdigte Ausweis der Steuer bringt konkludent zum Ausdruck, dass über eine (vorgebliche) Leistung abgerechnet wird.
Aufgrund der dargestellten unterschiedlichen Voraussetzungen für ein Abrechnungspapier, welches zum Vorsteuerabzug berechtigt, und einem Dokument, welches lediglich die Gefahr begründet, "für eine Rechnung gehalten zu werden," sind auch die Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung in einer Rechnung i.S.v. § 14c UStG nicht mit denen vergleichbar, welche für eine Rechnung, die tatsächlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, erforderlich sind. Dies steht auch im Einklang mit den unionsrechtlichen Grundlagen, welche für eine entsprechende Steuerschuld lediglich den Ausweis von USt fordert.
2. Soweit in den Abschlagsrechnungen (Teil)Beträge enthalten sind, welchen eine von X erbrachte Leistung gegenüber stehen, sind diese korrekt.
Denn wenn sich X zur Durchführung konkreter Werbemaßnahmen verpflichtet hat, ist der "Bonus" angesichts der konkret geregelten Gegenleistung in einem klar bestimmten Rechtsverhältnis geleistet worden, es liegt mithin ein steuerbarer Leistungsaustausch vor. Ob die Kosten für die Werbung durch die Zahlung gedeckt werden oder nicht, ist dabei unbeachtlich (Robisch in: Bunjes, Komm. zum UStG 16. Auflage 2017, § 1 Rz.23). Dies betrifft den unter 1.02 A geregelten "Kategoriebonus" sowie die unter 1.04 c) geregelte Position "Bonusstaffel ...". Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die restlichen Positionen sind hingegen reine Preisnachlässe und damit Entgeltminderungen für die ursprüngliche Zahlung. Denn sie sind eng mit der ursprünglichen Warenlieferung verknüpft und haben X zu keiner im Interesse von Y zu erbringenden Leistung verpflichtet. Dies trifft auch für die Positionen "Europabonus" und "Potentialbonus" zu, da auch hier nach den vorliegenden Unterlagen keine konkreten Gegenleistungen erbracht worden sind. Damit liegt hier ein unberechtigter Steuerausweis im Sinne von § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG vor, da X diesbezüglich einen Steuerbetrag gesondert ausgewiesen hat, obwohl er weder eine Lieferung noch eine sonstige Leistung ausgeführt hat. Zwar könnte auch der Tatbestand des § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) erfüllt sein, wenn eine Leistung zwar erbracht wurde, Entgeltsminderungen oder steuerfreie Schadensersatzleistungen aber in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden sind (siehe auch Korn in: Bunjes, Kommentar zum UStG, 16. Auflage 2017, § 14c Rz. 14 mit weiteren Hinweisen).
Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass jede in der Jahreskonditionsvereinbarung niedergelegte Position eine eigene, selbständige Leistung darstellt, welche nicht zu einer Gesamtleistung zusammengefasst werden können. Dabei kommt dem Umstand, dass jede Abschlagsrechnung nur einen Gesamtpreis enthält, keine entscheidende Bedeutung zu (siehe auch Friedrich-Vache in: Reiß/Kraeusel/Langer, Komm. zum UStG, § 1 Rz. 239). Dies hat zur Folge, dass für jede Position, dem entsprechenden %-Satz folgend, welcher in der Vereinbarung niedergelegt ist, ein gesondertes "Entgelt" gegenüber zustellen ist, welches dann als "Gegenleistung" zu beurteilen ist. Deshalb ist bezüglich der Positionen ohne Gegenleistungscharakter der Tatbestand des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG erfüllt. Es wird eine USt von einem Unternehmer gesondert ausgewiesen, obwohl eine Leistung nicht erbracht worden ist.
3. Die dadurch entstandene Gefährdung des Steueraufkommens ist auch beseitigt worden. Das Finanzamt Q hat bestätigt, dass Y am 31. Dezember 2015 den aufgrund der Rechnungsberichtigung aus dem Jahr 2006 entstandenen USt-Nachzahlungsbetrag geleistet hat.
Ob darüber hinaus auch die Rückzahlung des von X vereinnahmten Mehrbetrags an Y Voraussetzung für die Zustimmungserteilung des Bekl ist, ist umstritten. Unionsrechtlich ist dies den Mitgliedsstaaten freigestellt (EuGH, Urteil vom 18. Juni 2009 C-566/07 Stadeco BV ECLI:EU:C:2009:380, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2009, 1366). Die Verwaltung fordert dies nur in den Fällen des § 14c Abs. 1 UStG, nicht hingegen in denen des § 14c Abs. 2 UStG (BMF, Schreiben vom 7. Oktober 2015, 2015/3874602, BStBl I 2015, 782; Abschn. 14c Abs. 3 Satz 6 UStAE). Die Literatur bejaht dies überwiegend (Stadie in: Rau/Dürrwächter aaO., § 14c Rz. 282; Leipold in: Sölch/Ringleb aaO., § 14c Rz. 370; Theler, Umsatzsteuer- und Verkehrssteuerrundschau -UVR- 2012, 238). Der BFH hat dies bisher offen gelassen (BFH, Urteil vom 12. Oktober 2016, XI R 43/14, BFHE 255, 474).Im Streitfall kann der Senat diese Frage aufgrund folgender Erwägungen offen lassen: durch den Insolvenzantrag 2012 und die anschließende Insolvenzeröffnung hat X die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen verloren. Ist -wie hier- die Zahlung eines Entgelts zzgl. der gesetzlichen USt vereinbart worden, so ist diese Abrede nach §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die USt nicht gezahlt werden muss, wenn diese irrtümlich angesetzt worden ist und das Geschäft in Wirklichkeit nicht der USt unterlegen hat (OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Februar 2010, 7 U 125/09 -Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht -ZInsO- mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung und Literatur). Leistet deshalb der Schuldner -hier Y-, weil er sich irrtümlich hierzu verpflichtet hält, steht ihm hinsichtlich dieser Leistung ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Der Empfänger -X- ist diesem Bereicherungsanspruch von vorneherein ausgesetzt (Gehrlein, Betriebsberater -BB- 2017, 2370). Damit ist der anspruchsbegründende Tatbestand -hier die Stellung einer Rechnung mit unzutreffendem USt-Ausweis- vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens materiell-rechtlich bereits abgeschlossen (Ehricke in: Münchener Komm. zur InsO, § 38 Rz. 16). Demzufolge ist der Bereicherungsanspruch von Y eine Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO. Diese ist ggf. vom Insolvenzgläubiger beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 178 InsO). Damit ist dieser Anspruch grundsätzlich nur noch nach Maßgabe der Vorschriften für das Insolvenzverfahren zu verfolgen und zu befriedigen (Heidner in: Bunjes, Komm. zum UStG, 16. Auflage 2017, § 14c Rz. 53). Eine individuelle Sicherstellung oder Befriedigung dieser Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens ist unzulässig (Sterzinger, Umsatzsteuerberater -UStB- 2015, 193).
Folglich ist es dem Kl rechtlich untersagt, den zu Unrecht vereinnahmten Mehrbetrag aus der Insolvenzmasse an Y zu erstatten. Dann kann aber das USt-Recht eine solche -rechtswidrige- Zahlung nicht als Voraussetzung zur Zustimmung des Bekl nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG verlangen.
5. Der Bekl ist demnach verpflichtet, seine Zustimmung zur vom Kl vorgenommenen Rechnungsberichtigung im Umfang von... EUR zu erteilen.
Insofern war der angefochtene Verwaltungsakt aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Zwar hat der Kl mit seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag voll obsiegt. Ursprünglich hatte er aber eine Zustimmung zur Berichtigung im Umfang von... EUR beantragt, so dass er in der Differenz zum in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag (... EUR), also im Umfang von 8/100, unterlegen ist, so dass die Kosten dem Bekl zu 92/100 und dem Kl zu 8/100 aufzuerlegen waren.
5. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Regelung gilt auch nach der Änderung der ZPO durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 2004, 2198) sinngemäß noch für finanzgerichtliche Urteile (vgl. FG München Urteil vom 20. Januar 2005, 3 K 4519/01, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG-2005, 969).
6. Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
RechtsgebietUStGVorschriften§ 14c Abs. 2 UStG