07.05.2020 · IWW-Abrufnummer 215518
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 24.01.2020 – 4 K 28/18
Das für den Fall einer Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge geltende Wahlrecht zwischen der sofortigen Versteuerung und der nachgelagerten Besteuerung bei Zufluss der Rentenzahlungen (R 16 Abs. 11 EStR) findet in den Fällen der Betriebsaufgabe keine Anwendung.
Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil vom 24.01.2020
Az.: 4 K 28/18
In dem Rechtsstreit
wegen Einkommensteuer 2014
hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 24. Januar 2020 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin aufgrund der Veräußerung ihres handwerklichen Betriebes gegen Zahlung einer lebenslangen Rente auch dann das Wahlrecht zur nachträglichen Besteuerung der Renteneinnahmen zusteht, wenn das Betriebsgebäude in das Privatvermögen der Klägerin überführt wird.
Die am xx.xx.1961 geborene Klägerin betrieb bis Ende 2013 in einem Anbau zu ihrem Einfamilienhaus in C einen handwerklichen Betrieb. Da sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, den Betrieb fortzuführen, stellte sie die betriebliche Tätigkeit Ende 2013 ein. Ab dem 1. Januar 2013 bezog die Klägerin Renten wegen Berufsunfähigkeit aus privaten Versicherungen. Die Renten wegen Berufsunfähigkeit setzen nach den Versicherungsbedingungen voraus, dass die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben kann.
Die Klägerin veräußerte den Geschäftsbetrieb einschließlich des Anlagevermögens, der Kunden- und Lieferantenbeziehungen, der Auftragsbestände, der Lieferverträge sowie des Waren- und Materiallagers gegen eine ab Januar 2014 zu zahlende lebenslange Rente in Höhe von monatlich 3.000 € an die A-GmbH. Ausgenommen von der Veräußerung waren das zum Anlagevermögen gehörende Betriebsgrundstück mit aufstehenden Gebäuden und fest installierten Betriebsvorrichtungen sowie weitere in § 1 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrags bezeichnete Wirtschaftsgüter, die nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörten. Übertragungsstichtag war der 2. Januar 2014.
Die von der Klägerin veräußerten Wirtschaftsgüter wurden von der Klägerin bis zum Übertragungsstichtag auf dem Betriebsgrundstück gelagert und am 2. Januar 2014 an die A-GmbH übergeben. Für die von der Veräußerung ausgenommenen Wirtschaftsgüter, die von der Klägerin in das Privatvermögen überführt wurden, ermittelte die Klägerin einen - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Entnahmegewinn in Höhe von 17.680,60 €. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass lediglich dieser Entnahmegewinn der sofortigen Besteuerung unterliege und ihr im Hinblick auf die monatlichen Rentenzahlungen das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung gemäß R 16.11 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) zustehe.
Der Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung gemäß R 16.11 EStR nur bei einer Betriebsveräußerung, nicht hingegen bei der im Streitfall vorliegenden Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anwendbar sei. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung ermittelte der Beklagte einen Aufgabegewinn in Höhe von 542.195 €, dem folgende Beträge zugrunde lagen:
Entnahmegewinn 17.680,60 €
+ Barwert der Rente 552.132,00 €
- Buchwert der veräußerten Wirtschaftsgüter 14.293,50 €
- Rückbauaufwendungen 13.323,71 €
= Aufgabegewinn 542.195,39 €
Der Beklagte berücksichtigte den Aufgabegewinn zunächst im Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 20. Februar 2015. Auf den Einspruch der Klägerin setzte der Beklagte die festgesetzte Einkommensteuer für 2013 mit Einspruchsentscheidung vom 23. März 2017 herab, indem er den Aufgabegewinn auf den Antrag der Klägerin vom 10. Januar 2017 dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG unterwarf. Im Streitfall seien die Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG erfüllt, da die Klägerin die wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang teilweise an die A-GmbH veräußert und das Betriebsgrundstück mit den fest installierten Betriebsvorrichtungen in das Privatvermögen überführt habe. Bei dem betrieblich genutzten Grundstücksteil nebst Werkstatt, Gebäude und Garagen habe es sich nach der insoweit maßgeblichen funktionalen Betrachtungsweise um eine wesentliche Betriebsgrundlage des handwerklichen Betriebes gehandelt. Das Betriebsgrundstück habe für die Führung des handwerklichen Betriebes ein besonderes wirtschaftliches Gewicht gehabt, da es aufgrund der fest installierten Betriebsvorrichtungen zwingend für die Betriebsführung erforderlich gewesen sei. Das Grundstück sei zudem durch seine Lage am Ortsrand auf den handwerklichen Betrieb zugeschnitten gewesen. Die Klägerin habe über mehrere Jahre hinweg auf dem Grundstück ihr Gewerbe ausgeübt. Die Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Steuerpflichtige aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen an der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage gehindert sei. Die Klägerin habe die Entnahme des Grundstücks durch Mitteilung im Fragebogen zur Beendigung der gewerblichen Tätigkeit und durch die Ermittlung des Aufgabegewinns nach außen erkennbar dokumentiert. Im Rahmen des Aufgabegewinns sei unter Berücksichtigung des Lebensalters der Klägerin für die von der A-GmbH zu zahlende monatliche Rente ein Rentenbarwert in Höhe von 552.132 € anzusetzen. Der Aufgabegewinn sei zum Zeitpunkt der Realisierung durch die im Jahr 2013 erfolgte Entnahme bzw. Veräußerung zu besteuern.
Das vom Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung entwickelte Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen des Erwerbers gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 EStG gelte nur für die Fälle der Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 EStG, nicht aber für die im Streitfall vorliegende Betriebsaufgabe und die damit einhergehende Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter. Die im Streitfall gegebene Betriebsaufgabe weise auch nicht die Besonderheit auf, dass nur eine wesentliche Betriebsgrundlage in das Privatvermögen überführt und die an die A-GmbH übertragenen Wirtschaftsgüter zusammen als lebensfähiger Restbetrieb angesehen werden könnten. Vielmehr seien neben dem Grundstück auch fest installierte Betriebsvorrichtungen ins Privatvermögen überführt worden, sodass fraglich sei, ob der Betrieb ohne das Betriebsgebäude und die fest installierten Betriebsvorrichtungen hätte fortgeführt werden können. Im Streitfall sei damit der Gesichtspunkt, dass ein Gewerbebetrieb in seiner Gesamtheit ohne Zerschlagung oder wesentliche Schwächung erhalten und sein Übergang privilegiert werden solle, nicht gegeben. Der Klägerin sei zudem durch die Verwertung des zurückbehaltenen Betriebsvermögens eine Begleichung der auf den Aufgabegewinn entfallenden Steuerschuld zumindest im Prinzip möglich.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht, das unter dem Az. 4 K 77/17 geführt wurde, machte die Klägerin neben der Berufung auf das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung gemäß R 16.11 EStR geltend, dass der vom Beklagten angesetzte Aufgabegewinn nicht im Veranlagungszeitraum 2013 zu berücksichtigen sei, da im Jahr 2013 mangels ausdrücklicher Aufgabeerklärung der Klägerin lediglich eine Betriebsunterbrechung vorgelegen habe. Die Betriebsaufgabe durch Entnahme u.a. des Betriebsgebäudes und die Kenntniserlangung des Beklagten von dieser Entnahme seien erst im Streitjahr 2014 erfolgt. Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung an und änderte den Einkommensteuerbescheid für 2013 antragsgemäß. Zugleich erließ der Beklagte am 5. Februar 2018 einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 2014, in dem er den Aufgabegewinn in Höhe von 542.195 € im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigte und die Einkommensteuer in Höhe von 126.292 € festsetzte. Im Rahmen der Steuerberechnung unterwarf der Beklagte den Aufgabegewinn dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 3 EStG.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 2. März 2018 beim Finanzgericht eingegangenen Sprungklage. Das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung gemäß R 16.11 EStR sei auch auf die im Streitfall vorliegende Betriebsaufgabe anwendbar. Das Wahlrecht gehe auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes (RFH) zurück und werde nach der BFH-Rechtsprechung bei einer Veräußerung des Betriebs gegen wiederkehrende Bezüge gewährt, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckten und die für den Veräußerer mit einem Wagnis verbunden seien oder die Versorgung des Veräußerers sichern sollten. Die nachgelagerte Besteuerung finde ihre Rechtfertigung in einer teleologischen Reduktion der §§ 16, 34 EStG im Verhältnis zu § 24 Nr. 2 EStG sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung. Die Rechtsprechung halte die nachgelagerte Besteuerung für sachgerecht, da der Ansatz des Rentenbarwerts bei Sofortbesteuerung zur Versteuerung eines Veräußerungsgewinns führen könne, der tatsächlich nie erzielt werde und hinsichtlich dessen dem Steuerpflichtigen die Mittel zur sofortigen Begleichung der Steuer fehlten. Bei der Veräußerung eines einzelnen Wirtschaftsguts gegen eine Leibrente sei dagegen eine sofortige Versteuerung vorzunehmen, da der Betrieb vom Veräußerer fortgeführt werde. Der BFH nehme in sämtlichen Entscheidungen, die zum Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung ergangen sein, eine Beurteilung des mit den monatlichen Zahlungen verbundenen Wagnisses vor und prüfe den Versorgungscharakter der Zahlungen.
Die Kriterien für die Gewährung des Wahlrechts seien auch im Streitfall erfüllt. Die von der A-GmbH an die Klägerin zu zahlende monatliche Rente stelle eine wagnisbehaftete Leibrente dar. Die Klägerin habe den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen weit vor Erreichen der Regelaltersrente verkaufen müssen und werde die durchschnittliche statistische Lebenserwartung voraussichtlich nicht erreichen. Die monatlichen Rentenzahlungen seien auf Wunsch der Klägerin vereinbart worden und dienten als wesentliche Einnahmequelle ihrer Versorgung. Bei den von der Klägerin ins Privatvermögen überführten Betriebsvorrichtungen handele es sich um die anteilige Heizungsanlage und die anteilige Öltankanlage, die sowohl im privaten Einfamilienhaus als auch Betrieb benutzt worden seien und daher nicht hätten veräußert werden können. Bei dem in das Betriebsgebäude eingebauten Pressluftrohr handele es sich nicht um eine wesentliche Betriebsgrundlage, sodass dessen Entnahme bei der Beurteilung keine Rolle spiele. Selbst wenn die A-GmbH das Betriebsgrundstück mit erworben hätte, wäre sie nicht bereit gewesen, eine höhere monatliche Rentenzahlung zu leisten. Die finanziellen und steuerlichen Auswirkungen einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe seien bei der Klägerin absolut identisch. Nach dem gesetzgeberischen Willen und dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 EStG gelten für die Betriebsaufgabe dieselben Folgen wie für die Betriebsveräußerung. Die gesetzgeberische Fiktion führe dazu, dass in den weiteren Regelungen des § 16 Abs. 4 zum Freibetrag und des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zum ermäßigten Steuersatz immer nur von Veräußerungsgewinnen die Rede sei, auch wenn diese Vorschriften sowohl auf die Betriebsveräußerung als auch auf die Betriebsaufgabe Anwendung fänden. Entgegen der Auffassung des Beklagten werde das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass der Klägerin aufgrund der Überführung des Betriebsgrundstücks in das Privatvermögen hypothetisch ausreichende finanzielle Mittel für die Begleichung der bei Sofortbesteuerung entstandenen Steuerschulden zur Verfügung gestanden hätten. Denn der BFH habe das Besteuerungswahlrecht auch in den Fällen gewährt, in denen der Betrieb gegen eine Einmalzahlung und eine Rentenzahlung veräußert worden sei, der Veräußerer also tatsächlich und nicht nur hypothetisch über finanzielle Mittel zur Steuerzahlung verfügt habe.
Aufgrund der Anwendung des Wahlrechts zur nachträglichen Besteuerung sei im Streitjahr lediglich der Entnahmegewinn abzüglich der im Streitjahr angefallenen nachträglichen Rückbauaufwendungen der sofortigen Versteuerung zu unterwerfen. Der vom Beklagten ermittelte Aufgabegewinn sei daher wie folgt zu vermindern:
Aufgabegewinn lt. Einkommensteuerbescheid 542.195,39 €
- Barwert der Rente 552.132,00 €
+ Buchwert der veräußerten Wirtschaftsgüter 14.293,50 €
= sofort zu versteuernder Aufgabegewinn 4.356,89 €
Die im Streitjahr geleisteten Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 36.000 € seien in einen Zins- und in einen Tilgungsanteil aufzuteilen. Aus dem Tilgungsanteil, der sich im Streitjahr aufgrund der Minderung des Rentenbarwerts auf (552.132 € - 546.120 € =) 6.012 € belaufe, ergäben sich im Streitjahr noch keine nachträglichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da derartige Einkünfte erst nach Verrechnung mit den Buchwerten der veräußerten Wirtschaftsgüter in Höhe von insgesamt 14.293 € entstünden. Der Zinsanteil in Höhe von (36.000 € - 6.012 € =) 29.988 € führe im Streitjahr zu nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG. Die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb beliefen sich daher für das Streitjahr 2014 auf insgesamt (4.356 € + 29.988 € =) 34.344 €.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 5. Februar 2018 dahin abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 34.344 € herabgesetzt werden und die festgesetzte Einkommensteuer entsprechend vermindert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat der Sprungklage mit dem am 22. März 2018 beim Finanzgericht eingegangenen Schriftsatz vom 21. März 2018 zugestimmt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Die Klage ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als Sprungklage ohne Vorverfahren zulässig, da der Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage dem Gericht gegenüber seine Zustimmung zur Sprungklage erklärt hat.
II. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Gewinn aus der im Streitfall vorliegenden Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 EStG im Streitjahr 2014 zutreffend in Höhe von 542.195 € mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG besteuert und die Anwendung des Wahlrechts zur nachgelagerten Besteuerung gemäß R 16.11 EStR auf die Betriebsaufgabe der Klägerin zu Recht abgelehnt.
1. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei einer Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs erzielt werden. Als Veräußerung gilt nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußert, so sind nach § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG die Veräußerungspreise anzusetzen. Dies gilt nach § 16 Abs. 3 Satz 6 EStG auch dann, wenn die Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden. Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist nach § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.
a) Eine Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf den Erwerber übertragen werden und gleichzeitig die bisher in dem Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit des Veräußerers endet (BFH-Urteil vom 26. September 2013 IV R 46/10, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2014, 253, juris Rz. 36, m.w.N.). Im Gegensatz dazu liegt eine Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Erwerber veräußert oder in das Privatvermögen überführt (BFH-Urteile vom 3. September 2009 IV R 61/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2010, 404, juris Rz. 11, m.w.N.; vom 18. Juli 2018 X R 36/17, BFH/NV 2019, 195, juris Rz. 22).
Für die Entstehung des Aufgabegewinns ist nicht auf den Beginn der Betriebsaufgabe, sondern auf den Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts abzustellen. Die entstehenden Gewinne durch die Veräußerung oder durch die mit der Überführung ins Privatvermögen verbundene Entnahme werden im Falle der Veräußerung mit der Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber bzw. dem Zeitpunkt der Entnahme realisiert (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BStBl II 2009, 634, juris Rz. 29 f.).
Bei der Betriebsveräußerung entsteht der Veräußerungsgewinn mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Veräußerungserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt (BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, unter C. II.2.b; BFH-Urteil vom 17. Juli 2013 X R 40/10, BStBl II 2013, 883, juris Rz. 36). Der Veräußerungsgewinn ist damit auch dann bereits im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums zu versteuern, wenn der Veräußerungserlös in Form wiederkehrender (Renten-)Bezüge bezahlt wird (BFH-Urteil vom 17. September 2015 III R 49/13, BStBl II 2017, 37, juris Rz. 56). Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Veräußerung gegen wiederkehrende Bezüge im Rahmen einer Betriebsaufgabe erfolgt (BFH-Urteil vom 16. November 2017 VI R 63/15, BFH/NV 2018, 369, juris Rz. 24, m.w.N.).
b) Nach der Rechtsprechung des BFH hat der Steuerpflichtige in den Fällen der Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge ein Wahlrecht, anstelle der sofortigen Besteuerung der Rente durch Ansatz ihres Kapitalwerts zum Zeitpunkt der Betriebsveräußerung die einzelnen Rentenzahlungen erst bei Zufluss als nachträgliche Betriebseinnahmen gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 EStG zu versteuern (BFH-Urteil vom 17. September 2015 III R 49/13, BStBl 2017, 37, juris Rz. 56, m.w.N.). Die Zuflussbesteuerung gilt nur für Bezüge, die lebenslang zu zahlen sind oder eine feste Laufzeit von mehr als zehn Jahren haben und primär der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch der Versorgung des bisherigen Betriebsinhabers oder Mitunternehmers dienen (BFH-Urteil vom 17. September 2015 III R 49/13, BStBl 2017, 37, juris Rz. 56, m.w.N.). Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung für den Fall angeschlossen, dass der Steuerpflichtige seinen Betrieb gegen eine Leibrente veräußert (R 16 Abs. 11 Satz 1 EStR). Der Steuerpflichtige muss das Wahlrecht zur Zuflussbesteuerung ausdrücklich im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung ausüben (BFH-Urteil vom 17. September 2015 III R 49/13, BStBl 2017, 37, juris Rz. 56, m.w.N.).
Die Einräumung des Wahlrechts zur Zuflussbesteuerung wird von der Rechtsprechung des BFH auf eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG im Verhältnis zu § 24 Nr. 2 EStG und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung gestützt (BFH-Urteile vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BStBl II 2010, 969, juris Rz. 16, m.w.N.; vom 11. November 2010 IV R 17/08, BStBl II 2011, 716, juris Rz. 21). Zur Begründung der teleologischen Reduktion und der Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat der BFH im Anschluss an die Rechtsprechung des RFH darauf abgestellt, dass bei Vornahme einer Sofortbesteuerung der Rentenzahlungen ein zu hoher Gewinn versteuert wird, wenn der Rentenberechtigte früher stirbt als nach der statistischen Lebenserwartung zu erwarten wäre. Bei einer Sofortbesteuerung fehlten dem Steuerpflichtigen zudem die Mittel zur Entrichtung der Steuer (vgl. BFH-Urteile vom 20. Januar 1971 I R 147/69, BStBl II 1971, 302, unter 1.b; vom 17. Juli 2013 X R 40/10, BStBl II 2013, 883, juris Rz. 18 und 22, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin für die im Streitjahr 2014 vollzogene Betriebsaufgabe kein Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu.
a) Die Klägerin hat den handwerklichen Betrieb im Streitjahr 2014 gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG aufgegeben, da sie das Betriebsgrundstück als wesentliche Betriebsgrundlage ins Privatvermögen überführt und die übrigen wesentlichen Betriebsgrundlagen an die A-GmbH veräußert hat.
aa) Bei dem Betriebsgrundstück handelt es sich um eine wesentliche Grundlage des handwerklichen Betriebs.
Nach der normspezifischen Auslegung des § 34 EStG gehören zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs im Zusammenhang mit der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe sowohl die Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzen, als auch die Wirtschaftsgüter, die zwar funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nicht erforderlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise; BFH-Urteile vom 3. April 2014 IV R 12/10, BStBl II 2014, 1000, juris Rz. 53; vom 20. März 2017 X R 11/16, BStBl II 2017, 992, juris Rz. 24).
Ein Grundstück bildet schon dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn der Betrieb ohne ein Grundstück dieser Art nicht fortgeführt werden könnte. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob das Grundstück auch von anderen Unternehmen genutzt, ob ein vergleichbares Grundstück gemietet oder gekauft oder ob die betriebliche Tätigkeit auch auf einem anderen Grundstück weitergeführt werden könnte. Ein Betriebsgrundstück ist funktional betrachtet nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für den Betrieb keine oder nur geringe Bedeutung hat (BFH-Urteile vom 14. Juli 1993 X R 74-75/90, BStBl II 1994, 15, unter 2.a, m.w.N.; vom 10. März 2016 IV R 22/13, BFH/NV 2016, 1438, juris Rz. 20, m.w.N.).
Danach ist das Grundstück der Klägerin als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen, da die Klägerin den handwerklichen Betrieb bis zur Einstellung der betrieblichen Tätigkeit Ende 2013 in einem Anbau zum Einfamilienhaus auf diesem Grundstück betrieben hat. Der handwerkliche Betrieb war damit auf das Grundstück angewiesen, weil er ohne dieses Grundstück nicht hätte fortgeführt werden können. Für die Beurteilung der wesentlichen Bedeutung des Betriebsgrundstücks ist es unerheblich, ob der handwerkliche Betrieb auch auf einem anderen Grundstück hätte fortgeführt werden können. Die wesentliche Bedeutung des Betriebsgrundstücks für den handwerklichen Betrieb wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die A-GmbH nicht bereit war, das Betriebsgrundstück zu einem höheren Kaufpreis bzw. einer höheren Rentenzahlung zu erwerben.
bb) Der Gewinn aus der Aufgabe des handwerklichen Betriebs ist sowohl im Hinblick auf die an die A-GmbH veräußerten Wirtschaftsgüter als auch im Hinblick auf die Entnahme des Betriebsgrundstücks und der weiteren in § 1 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrags bezeichneten Wirtschaftsgüter im Streitjahr 2014 entstanden.
Die Klägerin hat das Eigentum an den Wirtschaftsgütern des handwerklichen Betriebs, soweit sie Gegenstand des mit der A-GmbH abgeschlossenen Unternehmenskaufvertrags waren, zum Übertragungsstichtag am 2. Januar 2014 an die A-GmbH übertragen.
Das Betriebsgrundstück mit den aufstehenden Gebäuden und den fest installierten Betriebsvorrichtungen sowie die weiteren in § 1 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrags bezeichneten Wirtschaftsgüter hat die Klägerin im Streitjahr 2014 in das Privatvermögen überführt, nachdem sie die an die A-GmbH veräußerten Wirtschaftsgüter am 2. Januar 2014 an die A-GmbH übergeben hatte. Einer vorherigen Entnahme des Betriebsgrundstücks unmittelbar im Anschluss an die Ende 2013 erfolgte Einstellung des handwerklichen Betriebs steht entgegen, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter bis zum 2. Januar 2014 auf dem Betriebsgrundstück gelagert wurden, sodass bis zu diesem Zeitpunkt eine betriebliche Nutzung des Grundstücks erfolgte. Für die im Streitjahr 2014 erfolgte Überführung des Betriebsgrundstücks und der in § 1 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrags bezeichneten Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen spricht zudem, dass die Klägerin in der Gewerbeabmeldung die Betriebsaufgabe zum 2. Januar 2014 erklärt hat und dass diese Aufgabeerklärung dem Beklagten erst im Streitjahr bekannt geworden ist.
cc) Der Beklagte hat die Höhe des Aufgabegewinns im Streitfall zutreffend in Höhe von 542.195 € ermittelt. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns für das Streitjahr 2014 ist neben dem - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Entnahmegewinn von 17.680,60 € der Barwert der Rente anzusetzen; hiervon sind die Buchwerte der veräußerten Wirtschaftsgüter sowie die im Streitjahr 2014 angefallenen Rückbauaufwendungen der Klägerin abzuziehen, die sich - zwischen den Beteiligten unstreitig - auf 15.293,50 € und 13.323,71 € belaufen. Der Rentenbarwert ergibt sich nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) durch Ansatz des Vielfachen des Jahreswertes der Rente nach Maßgabe des § 14 Satz 2 bis 4 BewG. Auf den Jahresbetrag der Rente von (3.000 € × 12 =) 36.000 € ist nach dem Lebensalter der Klägerin im Streitjahr 2014 gemäß den Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Dezember 2013 (BStBl. I 2013, 1609) und vom 26. Oktober 2012 (BStBl I 2012, 950) ein Vervielfältiger von 15,337 anzuwenden, der zu einem Rentenbarwert in Höhe von (36.000 € × 15,337 =) 552.132 € führt.
b) Der Klägerin steht kein Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen der A-GmbH gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu, da ein solches Wahlrecht im Rahmen der Betriebsaufgabe keine Anwendung findet (Finanzgericht -FG- Köln, Urteil vom 18. November 2003 1 K 4035/00, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2004, 898; Wacker in Schmidt, EStG Kommentar, 38. Aufl., § 16 Rz. 292; a.A. Stahl in Korn, EStG Kommentar, § 16 Rz. 189; Hörger/Rapp in Liittmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, 65. Lfg. Februar 2005, § 16 Rz. 94a).
Nach Auffassung des Senats ist die nach § 16 Abs. 3 EStG vorgesehene sofortige Besteuerung des Aufgabegewinns aufgrund der zwischen der Betriebsveräußerung und der Betriebsaufgabe bestehenden Unterschiede weder durch Gewährung eines Wahlrechts zur nachgelagerten Besteuerung einschränkend auszulegen, noch bedarf sie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer entsprechenden Korrektur, soweit im Rahmen einer Betriebsaufgabe einzelne oder mehrere Wirtschaftsgüter gegen Rentenzahlungen veräußert werden. Denn die von der Rechtsprechung des BFH unter Anknüpfung an die Rechtsprechung des RFH für das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung in den Fällen der Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 EStG kumulativ herangezogenen Begründungselemente des Risikos einer erhöhten Steuerbelastung und des Fehlens von Mitteln für die Steuerzahlung sind in den Fällen der Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht in gleicher Weise erfüllt.
Der Steuerpflichtige trägt zwar bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern gegen Rentenzahlungen im Rahmen einer Betriebsaufgabe in gleicher Weise wie bei der Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge das Risiko einer erhöhten Steuerbelastung, sofern er bei einer Sofortversteuerung durch Ansatz des nach der statistischen Lebenserwartung bemessenen Rentenbarwerts vor Ablauf der statistischen Restlebensdauer verstirbt. Im Gegensatz zur Betriebsveräußerung verfügt er aber bei der Betriebsaufgabe regelmäßig über ausreichende Mittel, um die auf den Rentenbarwert entfallende Steuer begleichen zu können. Bei der Veräußerung des gesamten Betriebs gegen Rentenzahlungen verbleiben dem Steuerpflichtigen keine ausreichenden Mittel zur Zahlung der Einkommensteuer, die auf den auf den Zeitpunkt der Veräußerung ermittelten Veräußerungsgewinn entfällt. Denn er hat durch die Betriebsveräußerung sämtliche Wirtschaftsgüter an den Erwerber übertragen, während er den Kaufpreis in Gestalt der Rentenzahlungen erst über einen längeren Zeitraum nach dem Veräußerungszeitpunkt erhält. Bei einer Betriebsaufgabe, die - wie im Streitfall - mit der Überführung mindestens einer wesentlichen Betriebsgrundlage in das Privatvermögen verbunden ist, kann der Steuerpflichtige dagegen über die entnommenen Wirtschaftsgüter ohne Rücksichtnahme auf betriebliche Erfordernisse verfügen. Dem Steuerpflichtigen ist es in diesen Fällen möglich, sich die Mittel für die Begleichung der Steuer auf den Aufgabegewinn durch Veräußerung der entnommenen Wirtschaftsgüter oder durch deren Verwendung als Sicherheiten für eine Darlehensaufnahme zu beschaffen (FG Köln, Urteil vom 18. November 2003 1 K 4035/00, EFG 2004, 898).
Der Senat verkennt nicht, dass auch bei einer Betriebsaufgabe Fallgestaltungen vorkommen, in denen die Steuerpflichtigen nicht über ausreichende Mittel für die Begleichung der auf den Aufgabegewinn entfallenden Steuer verfügen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn im Rahmen der Betriebsaufgabe ausschließlich Wirtschaftsgüter an verschiedene Erwerber gegen Rentenzahlungen veräußert werden oder die ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter nicht ausreichen, um die erforderlichen Mittel für die Steuerzahlung zu beschaffen. Umgekehrt wird das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung auch für Betriebsveräußerungen gewährt, bei denen ein Teil des Veräußerungspreises in einer Rentenzahlung besteht und der andere Teil in einer Sofortzahlung (R 16 Abs. 11 Satz 9 EStR). Nach Auffassung des Senats ist aber die Beurteilung, ob das Wahlrecht vor dem Hintergrund der fehlenden Mittel für die Steuerzahlung auch auf die Fälle der Betriebsaufgabe zu erstrecken ist, im vorliegend zu beurteilenden Festsetzungsverfahren allein am Regelfall der Betriebsveräußerung und der Betriebsaufgabe vorzunehmen. Hiervon abweichende Besonderheiten des Einzelfalls, die für ein Absehen von der Sofortversteuerung des Aufgabegewinns sprechen, können nur im Rahmen einer - in einem gesonderten Billigkeitsverfahren durchzuführenden - abweichenden Steuerfestsetzung nach § 163 AO Berücksichtigung finden. Eine Berücksichtigung derartiger Umstände im Festsetzungsverfahren wird dadurch ausgeschlossen, dass sich für die Fallgestaltungen der Betriebsaufgabe, die im Hinblick auf die fehlenden Mittel zur Steuerzahlung mit der Betriebsveräußerung vergleichbar sind, keine eindeutigen Tatbestandsmerkmale formulieren lassen. Die Ausdehnung des Wahlrechts zur nachgelagerten Besteuerung auf sämtliche Fälle der Betriebsaufgabe geht demgegenüber über das nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Erforderliche hinaus und führt damit zu einer ungerechtfertigten Abweichung von der gesetzlich angeordneten Sofortbesteuerung des Aufgabegewinns. Die Gleichbehandlung der Betriebsaufgabe und der Betriebsveräußerung im Hinblick auf das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung kann aufgrund der dargestellten Unterschiede zwischen beiden Formen der Betriebsbeendigung auch nicht aus der in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG enthaltenen Fiktion abgeleitet werden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die Einbeziehung der Veräußerung eines Teilbetriebs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG und der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG (BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BStBl II 2002, 532, unter II.2.a) sowie der Veräußerung des Anteils an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG (BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BStBl II 2010, 969) in das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn in diesen Fällen veräußert der Steuerpflichtige sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs oder des Mitunternehmeranteils bzw. den gesamten im Privatvermögen gehaltenen Gesellschaftsanteil. Bei einer Veräußerung gegen Rentenzahlungen verbleiben ihm damit - in gleicher Weise wie bei der Veräußerung des gesamten Betriebs - aus der gewerblichen Betätigung über den Teilbetrieb oder den Mitunternehmeranteil bzw. aus dem im Privatvermögen gehaltenen Gesellschaftsanteil keine ausreichenden Mittel, um die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer im Zeitpunkt der Veräußerung zu begleichen.
Die Ausdehnung des Wahlrechts zur nachgelagerten Besteuerung auf die Fälle der Betriebsaufgabe lässt sich schließlich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass die Rentenzahlungen z.B. aufgrund einer Insolvenz des Erwerbers uneinbringlich werden können. Denn im Gegensatz zum vorzeitigen Versterben des Rentenberechtigten wirkt sich die Uneinbringlichkeit der Rentenzahlungen als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf den Aufgabegewinn aus, der im Entstehungsjahr rückwirkend herabzusetzen ist (BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897).
3. Der Aufgabegewinn der Klägerin unterliegt dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG. Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG enthalten, so wird nach § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG auf Antrag abweichend von § 34 Abs. 1 EStG die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt fünf Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.
Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG sind im Streitfall - zwischen den Beteiligten unstreitig - erfüllt. Der Aufgabegewinn gehört nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu den außerordentlichen Einkünften. Die Klägerin war im Streitjahr im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, da sie ab 2013 Renten wegen Berufsunfähigkeit aus privaten Versicherungen bezogen hat, die nach den Versicherungsbedingungen Personen gewährt werden, die ihre berufliche Tätigkeit zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben können (vgl. R 16 Abs. 14 Satz 2 EStR i.V.m. R 34.5 Abs. 3 EStR). Den für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes erforderlichen Antrag hat die Klägerin im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid für 2013 gestellt; der Beklagte hat diesen Antrag zutreffend dahin ausgelegt, dass er auch für das Streitjahr 2014 gelten sollte, da die Beteiligten im Klageverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid für 2013 übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass der Aufgabegewinn nicht im Jahr 2013, sondern im Streitjahr 2014 zu besteuern ist. Gegen die Berechnung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG hat die Klägerin schließlich keine Einwendungen erhoben, so dass der Senat insoweit von einer weiteren Prüfung absieht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird zugelassen, da der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage der Anwendung des Wahlrechts zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf die Fälle der Betriebsaufgabe des § 16 Abs. 3 EStG ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.