19.06.2006 · IWW-Abrufnummer 061649
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 15.03.2006 – 1 K 2369/03
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob ein 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld) bei der Berechnung der Rückstellung für noch ausstehenden Urlaub zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der ...bank ... eG, die mit Wirkung zum 1. Januar 2000 auf die Klägerin verschmolzen wurde. Die ...bank ... eG hatte in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1999 eine Rückstellung für rückständigen Urlaub in Höhe von 196.012,00 DM gebildet. Im Rahmen einer Außenprüfung bei der ...bank ... eG für die Jahre 1997 bis 1999 stellte sich der Betriebsprüfer auf den Standpunkt, dass die Rückstellung für rückständigen Urlaub um 15.020,00 DM auf 180.992,00 DM gemindert werden müsste, weil das 13. Monatsgehalt nicht in die Berechnung mit einfließen dürfte. Die übrigen Prüfungsfeststellungen sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
Gegen den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1999 vom 19. Juli 2002, der an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin erging, hat die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt. Sie macht geltend, dass der Prüfer als Sondervergütung, die nicht als Lohn- und Gehaltsbestandteil zu qualifizieren sei, das jährlich zu zahlende Weihnachtsgeld angesehen habe. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Dezember 1995 (BStBl II 1996, 406) seien bei der Ermittlung der Höhe der rückständigen Urlaubsverpflichtungen das Bruttoarbeitsentgelt, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, das Urlaubsgeld und andere lohnabhängige Nebenkosten zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen seien nach dieser Rechtsprechung jährlich vereinbarte Sondervergütungen (z.B. Weihnachtsgeld, Tantiemen oder Zuführungen zu Pensions- und Jubiläumsrückstellungen) sowie Gehaltssteigerungen nach dem Bilanzstichtag.
Nach § 10 des geltenden Manteltarifvertrages für die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken hätten die Arbeitnehmer und Auszubildenden einen unentziehbaren Rechtsanspruch darauf, dass die betriebliche Sonderzahlung (das Weihnachtsgeld) in einem Kalenderjahr 100 v.H. des monatlichen Tarifgehalts zzgl. aller tariflichen Zulagen und des Wechselschichtzuschlags bzw. der monatlichen Tarifvergütungen für Auszubildende nicht unterschreitet. Wenn nur für einen bestimmten Teil des Kalenderjahres derartige Ansprüche beständen, ermäßige sich der Anspruch auf das Weihnachtsgeld für jeden Kalendermonat ohne derartige Ansprüche um 1/12. Auf das Weihnachtsgeld hätten mithin die Arbeitnehmer einen dauerhaften Rechtsanspruch, der nicht jährlich neu als Sondervergütung im Sinne des vorgenannten BFH-Urteils festgesetzt werde und demzufolge nicht Teil der Bemessungsgrundlage für die Urlaubsrückstellungen wäre. Vielmehr handle es sich um einen festen Bestandteil des Bruttoarbeitsentgelts, welcher nach der BFH-Rechtsprechung ausdrücklich zum Bestandteil der Bemessungsgrundlage erklärt worden sei.
Das beklagte Finanzamt hat mit der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2003 den Rechtsbehelf als unbegründet zurückgewiesen: Grundlage für die Bildung einer Rückstellung sei ein Erfüllungsrückstand, der als ungewisse Verbindlichkeit mit dem Betrag zu passivieren sei, der hätte aufgewendet werden müssen, wenn der Rückstand bereits am Bilanzstichtag hätte erfüllt werden müssen. Rechtsgrundlage hierfür sei das sog. Stichtagsprinzip des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ?EStG-. Die Bewertung erfolge nach den objektiven Wertverhältnissen zum Bilanzstichtag. Wertänderungen oder wertbegründende Umstände, die erst nach dem Bilanzstichtag einträten, könnten daher keinen Einfluss auf die Bewertung haben. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis habe rechtsbegründenden Charakter, daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das gegenseitige Vertragsverhältnis am Bilanzstichtag bereits bestanden habe und auch nicht gekündigt gewesen sei. Ebenso wenig wie künftig entstehende Verbindlichkeiten passiviert werden dürften, könnten die erst künftig auf Grund eines Dauerschuldverhältnisses entstehenden Verbindlichkeiten, hier die Ansprüche der Arbeitnehmer auf die Sonderzahlung, die Höhe der Urlaubsrückstellung beeinflussen.
Nach der Rechtsprechung seien rückständige Urlaubsverpflichtungen nach Maßgabe des Urlaubsentgelts zu bemessen. In die Rückstellung einzubeziehen seien das Bruttoarbeitsentgelt, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, das Urlaubsgeld und weitere lohnabhängige Nebenkosten. Außer Ansatz blieben jährlich vereinbarte Sondervergütungen (z.B. Weihnachtsgeld, Tantiemezahlungen usw.) und Änderungen des Entgelts im Folgejahr. Zur Begründung verweise der BFH hierzu auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Januar 1991 (8 AZR 644/89, Betriebsberater 1991, 1412), in dem das Bundesarbeitsgericht zu einem vergleichbaren Sachverhalt entschieden habe, dass zusätzliche Leistungen, die dem Arbeitnehmer einmal im Jahr gewährt würden, wie die tarifliche Sonderleistung, nicht in die Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen seien, weil sie nicht als Gegenleistung für die Tätigkeit in den einzelnen Abrechnungszeiträumen gezahlt, sondern als einmalige Leistung des Arbeitgebers erbracht würden, die an die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers anknüpfe. In seinem späteren Urteil vom 10. März 1993 habe der BFH auf die Formulierung ?jährlich vereinbarte? Sondervergütungen verzichtet. Es komme nicht auf die Frage an, ob die Sondervergütung jährlich neu vereinbart werde oder ein tariflicher Rechtsanspruch auf die Vergütung bestehe. Die Sondervergütung sei nach der Rechtsprechung des BGH und des BFH nicht als fester Bestandteil des Bruttoarbeitsentgelts zu betrachten und werde daher bei der Berechnung des Urlaubsentgelts nicht berücksichtigt. Auch nach den vergleichbaren Regelungen des für 1999 gültigen Manteltarifvertrags für die Klägerin sei die Sondervergütung bei Berechnung des Urlaubsentgeltes nicht zu berücksichtigen, da die einmal im Jahr gewährte Leistung nicht als Gegenleistung für die Tätigkeit in den einzelnen Abrechnungszeiträumen gezahlt werde, sondern als einmalige Leistung des Arbeitgebers erbracht werde, die an die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers anknüpfe.
Nach dem Tarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 18. April 1979 in der Fassung vom 28. Mai 1997 sei in § 10 (Sonderzahlungen) folgendes geregelt:
1. Die Arbeitnehmer und Auszubildenden haben Anspruch darauf, dass die betrieblichen Sonderzahlungen in einem Kalenderjahr 100 % des monatlichen Tarifgehalts zzgl. aller tariflichen Zulagen und des Wechselschichtzuschlags bzw. der monatlichen Tarifvergütung für Auszubildende nicht unterschreiten. Für Teilzeitbeschäftigte gilt § 9 Ziffer 1 MTV entsprechend.
2. ...
3. Wenn dem Arbeitnehmer bzw. Auszubildenden in dem Kalenderjahr keine Ansprüche auf Gehalt bzw. Vergütung oder Zuschüsse zum Krankengeld gem. § 12 MTV oder zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Mutterschutzgesetz zustehen, entfällt der Anspruch auf die gem. Ziffer 1 garantierte Sonderzahlung. Wenn nur für einen Teil des Kalenderjahres derartige Ansprüche bestehen, ermäßigt sich der Anspruch auf die Sonderzahlung für jeden Kalendermonat ohne derartige Ansprüche um 1/12.
§ 15 des Manteltarifvertrags (Erholungsurlaub) laute:
1) Der Erholungsurlaub wird für das laufende Kalenderjahr gewährt ...
6) Kann der Erholungsurlaub nicht mehr vor dem Ausscheiden gewährt werden, so ist er durch Zahlung eines entsprechenden Gehaltsteils (1/21 des Monatsgehalts für jeden Arbeitstag) abzugelten.
7) Aus anderen Gründen darf der Erholungsurlaub nicht durch Zahlung abgegolten werden. ...
Wegen weiterer Einzelheiten des Manteltarifvertrags wird auf Bl. 27 ff. Proz.-Akte Bezug genommen.
Mit der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass nach § 249 Abs. 1 HGB in der Handelsbilanz für nicht gewährten Urlaub eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden sei, da ein Erfüllungsrückstand des Arbeitgebers bestehe. Mit der Urlaubsrückstellung seien künftige Personalaufwendungen zu erfassen, denen keine Arbeitsleistung gegenüberstehe, da Arbeitnehmer im abgelaufenen Geschäftsjahr vorgeleistet hätten. In allen einschlägigen handelsrechtlichen Kommentaren sei die Bewertung der Urlaubsrückstellung unter Einschluss sämtlicher Beträge, auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch habe, also auch anteiliges Weihnachtsgeld bzw. sog. 13. Gehalt, unbestritten. Dieser handelsrechtliche Grundsatz gelte gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG (Maßgeblichkeitsgrundsatz) mangels abweichender steuergesetzlicher Regelungen auch für die Steuerbilanz. Dies habe auch der BFH mit Urteil vom 6. Dezember 1995 (I R 14/95) unter Bestätigung der bisher zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung anerkannt.
Nach dem Manteltarifvertrag hätten die betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf ? ggf. anteiliges ? Weihnachtsgeld. Es handle sich keinesfalls um eine Sonderzahlung, die jährlich neu zu vereinbaren sei (z.B. gewinnabhängige Tantieme).
Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Anspruch auf das Weihnachtsgeld auch gerade nicht vom Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den Bilanzstichtag hinaus abhängig. Ein Arbeitnehmer, der z.B. am 1. März bei ihr ein Arbeitsverhältnis aufnehme und dieses am 30. April des gleichen Jahres beende, habe sehr wohl Anspruch auf das anteilige Weihnachtsgeld für diese zwei Monate. Damit werde das Weihnachtsgeld eindeutig und unmissverständlich als Gegenleistung für die geleistete Arbeit angesehen, eine Anbindung an eine bestimmte Betriebszugehörigkeit gäbe es hier nicht.
Das Weihnachtsgeld sei auch bei der Berechnung des Urlaubsgeldes mit einzubeziehen. Der Kommentar für die Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken von Dutti/Kappes/Sauer führe zu § 15 Nr. 6 des Tarifvertrages für die Volksbanken und Raiffeisenbanken unter Tz. 19 aus, dass bei ausnahmsweiser Abgeltung des Urlaubs für jeden Arbeitstag ein 1/21 des Monatsgehaltes zu zahlen sei. Dieser sei wie das während des Urlaubs zu zahlende Entgelt zu berechnen. Die Berechnung richte sich nach den Grundsätzen der Anmerkung 2 zu § 15, nach der alle laufend gezahlten Zulagen einzubeziehen seien. Nicht einzubeziehen seien ausgezahlte nicht laufende Bezüge wie Weihnachtsgratifikationen, Jahresabschlussvergütungen, Urlaubsgelder sowie tarifliche Leistungen nach dem Vermögensbildungsgesetz. Diese Ausführungen würden klarstellen, dass die Sonderzahlung gem. § 10 des Tarifvertrages in die Berechnung des Urlaubsgeldes mit einzubeziehen sei, da es sich nicht um eine jährlich vereinbarte zusätzliche Zahlung, wie bspw. eine freiwillige Weihnachtsgratifikation, handle.
Die vom Finanzamt zitierte Rechtsprechung stütze ? entgegen den Ausführungen des Beklagten ? ihre o.g. Auffassung, das Weihnachtsgeld in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen.
Sofern sie zusätzlich zu dem tariflichen Weihnachtsgeld ein weiteres ?Weihnachtsgeld? (oder eine freiwillige Zahlung unter einer anderen Bezeichnung) zahlen würde ? z.B. ein weiteres Weihnachtsgeld wegen besonders gutem Geschäftsverlauf oder wegen eines runden Jubiläums der Bank ? würde diese Zahlung unstreitig aus der Rückstellungsberechnung ausscheiden.
Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid für 1999 vom 19. Juli 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 12. August 2003 dahingehend zu ändern, dass eine Urlaubsrückstellung für das Jahr 1999 in Höhe von 196.012,00 DM anstelle von 180.992,00 DM berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2003 begründeten Rechtsauffassung weiterhin fest und trägt ergänzend vor: Der Verweis der Klägerin auf den Kommentar Dutti/Kappes/Sauer a.a.O. stütze nicht die Schlussfolgerung, die Sonderzahlung des 13. Monatsgehalts sei in die Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen. Die Urlaubsrückstellung sei jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach Maßgabe des Urlaubsentgelts zu berechnen, das der Arbeitgeber hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte. Bei dem Weihnachtsgeld handle es sich nicht um laufend gezahlte Bezüge, die bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes mit einzubeziehen seien, sondern um eine Sonderzahlung, welche einmal jährlich erfolge. Unter der Annahme, ein Arbeitnehmer würde zum Bilanzstichtag aus dem Betrieb ausscheiden, werde bei Berechnung des Abgeltungsanspruchs für nicht gewährten Urlaub die im November schon ausgezahlte Sondervergütung (als bereits ausgezahlter nicht laufender Bezug) mit Sicherheit nicht zusätzlich berücksichtigt werden.
Zur weiteren Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Stellungnahmen der Klägerin vom 13. Januar 2004 (Bl. 61 ff. Proz.-Akte), vom 23. Februar 2004 (Bl. 70 ff. Proz.-Akte) und vom 31. März 2004 (Bl. 89 ff. Proz.-Akte) sowie die Stellungnahmen des beklagten Finanzamts vom 2. Februar 2004 (Bl. 66 ff. Proz.-Akte) und vom 10. März 2004 (Bl. 85 ff. Proz.-Akte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Das beklagte Finanzamt hat es zu Unrecht abgelehnt, das Weihnachtsgeld bei der Bildung der Rückstellung für nicht genommenen Resturlaub in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen.
Rückstellungen für dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten sind im Allgemeinen zu bilden, wenn sie gegenüber einem Dritten bestehen bzw. entstehen werden, im abgelaufenen Jahr entweder rechtlich entstanden oder zumindest wirtschaftlich verursacht sind und wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Steuerpflichtige hieraus in Anspruch genommen wird. Wahrscheinlich ist die Inanspruchnahme, wenn hierfür mehr Gründe dafür als dagegen sprechen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 14/95, BFH/NV 1996, 232). Mit Urteilen vom 8. Juli 1992 XI R 50/89 (BFHE 168, 329, BStBl II 1992, 910 m.w.N.) und vom 10. März 1993 I R 70/91 (BFHE 1970, 433, BStBl II 1993, 446 m.w.N.) hat der BFH entschieden, dass rückständige Urlaubsverpflichtungen als sog. Erfüllungsrückstand zurückzustellen ist und dass die Höhe der Rückstellung sich nach dem Urlaubsentgelt bestimmt, dass der Arbeitgeber hätte aufwenden müssen, wenn er seine Zahlungsverpflichtung bereits am Bilanzstichtag erfüllt hätte. Die Pflicht zur Urlaubsgewährung beinhalte die Pflicht zur Gewährung arbeitsfreier Tage und zur Zahlung des Lohns trotz fehlender Arbeitsleistung. Sie enthält damit sowohl Merkmale einer Sach- als auch einer Geldleistungsschuld. Die Gewährung arbeitsfreier Tage als solche stellt sich nicht als wirtschaftliche Belastung dar. Eine solche wird sie erst durch die Pflicht zur Lohnfortzahlung. Da nur die wirtschaftliche Belastung rückstellungsfähig ist, steht bilanzrechtlich die Geldleistungsverpflichtung im Vordergrund (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 14/95 a.a.O.).
Die Höhe der Rückstellung bemisst sich nach dem den betroffenen Arbeitnehmern zustehenden Urlaubsentgelt einschließlich der Lohnnebenkosten. Soweit nicht durch Tarif- oder Einzelvertrag besondere Vereinbarungen getroffen sind, errechnet sich das Urlaubsentgelt nach § 11 Bundesurlaubsgesetz ?BUrlG-; an die Stelle des Urlaubsbeginns tritt der Bilanzstichtag (BFH-Urteil vom 8. Juli 1992 XI R 50/89, a.a.O.). Im Einzelnen sind einzubeziehen das Bruttoarbeitsentgelt, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, das Urlaubsgeld sowie weitere lohnabhängige Nebenkosten. Nicht einzubeziehen sind dagegen jährlich vereinbarte Sondervergütungen ? wie Weihnachtsgeld, Tantiemezahlungen, Zuführungen zu Pensions- und Jubiläumsrückstellungen oder Zahlungen, die nicht Bestandteil von Lohn und Gehalt sind (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 1992 XI R 50/89, a.a.O., das Bezug nimmt auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 17. Januar 1991 8 AZR 644/89, BB 1991, 1412).
Unter Beachtung dieser Grundsätze und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Überzeugung gewonnen (§ 96 FGO), dass das 13. Monatsgehalt (sog. Weihnachtsgeld) bei der Berechnung der streitbefangenen Rückstellung zu berücksichtigen ist. Bei dem 13. Monatsgehalt handelt es sich nicht um eine ?jährlich vereinbarte Sondervergütung? im Sinne des BFH-Urteils vom 8. Juli 1992 XI R 50/89, a.a.O., sondern der Anspruch der Arbeitnehmer auf das 13. Monatsgehalt ergibt sich nach dem Akteninhalt und dem unwidersprochenen Vortrag des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung aus dem jeweiligen Anstellungsvertrag und dem Manteltarifvertrag (MTV), ohne dass es einer weiteren Vereinbarung zwischen den Arbeitnehmern und der Bank bedurft hätte. Von diesem 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld) zu unterscheiden ist die ?Weihnachtsgratifikation?, die nach dem Vortrag der Klägerin und den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung jährlich neu vereinbart werden muss und die von verschiedenen Faktoren, z.B. von der wirtschaftlichen Situation der Bank, abhängig ist und die auch nicht bei der Berechnung der streitbefangenen Rückstellung berücksichtigt worden ist.
Dass das 13. Monatsgehalt in die Rückstellung wegen Urlaubsverpflichtung anteilig mit einzubeziehen ist, ergibt sich nach Auffassung des Senats auch aus dem BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 14/95, a.a.O., weil sich nach dem dortigen Sachverhalt die Beteiligten auf eine ?anteilige Berücksichtigung des 13. Monatsgehalts geeignet? haben und der BFH diese Handhabung in seiner Entscheidung nicht beanstandet hat, unabhängig davon, dass diese Frage nicht Streitgegenstand war.
Die Einwendungen des Beklagten greifen nicht bzw. überzeugen nicht. Nicht nur ?der Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung knüpft an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses an?, sondern auch der Anspruch auf das monatliche Bruttoarbeitsentgelt hängt von dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ab. Insofern ist es nur konsequent, wenn sich der Anspruch auf die Sonderzahlung für jeden Kalendermonat ohne einen Anspruch auf Gehalt bzw. Vergütung nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Manteltarifvertrag ermäßigt. Im Hinblick auf die tarifvertragliche Regelung ist das 13. Monatsgehalt nach Auffassung des Senats auch als Gegenleistung für die Tätigkeit in den einzelnen Abrechnungszeiträumen anzusehen. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht aus § 15 Ziffer 6 des Manteltarifvertrages, wonach der Erholungsurlaub, der nicht mehr vor dem Ausscheiden gewährt werden kann, durch Zahlung eines entsprechenden Gehaltsteils (1/21 des Monatsgehalts für jeden Arbeitstag) abzugelten ist, gefolgert werden, dass das Weihnachtsgeld als Sonderzahlung bei der Berechnung des Urlaubsentgelts nicht zu berücksichtigen sei und dass deshalb der Arbeitnehmer vor dem Hintergrund des BAG-Urteils vom 17. Januar 1991 trotz tariflichem Anspruch auf Gewährung einer Sondervergütung keinen einklagbaren Anspruch auf Berücksichtigung der Sondervergütung bei Berechnung des Abgeltungsanspruchs für nicht gewährten Erholungsurlaub habe. Unter § 15 des Manteltarifvertrages ist ausschließlich der Erholungsurlaub bzw. dessen Abgeltung, falls der Urlaub vor dem Ausscheiden nicht mehr gewährt werden kann, geregelt. Wie jedoch das Urlaubsentgelt, das die Grundlage für die rückständigen Urlaubsverpflichtungen bildet, berechnet wird, lässt sich aus § 15 Manteltarifvertrag nicht entnehmen.
Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ?FGO- stattzugeben.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151, 155 FGO i.V.m. mit den §§ 708 Nr. 10, 713 der Zivilprozessordnung ?ZPO-.
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.