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  • 19.03.2009 · IWW-Abrufnummer 090984

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 26.11.2008 – IX R 67/07

    1. Der Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist grundsätzlich für jede einzelne vermietete Immobilie gesondert zu prüfen.



    2. Vermietet ein Steuerpflichtiger aufgrund einheitlichen Mietvertrags ein bebautes zusammen mit einem unbebauten Grundstück, so gilt die § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zugrunde liegende Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietungstätigkeit grundsätzlich nicht für die Vermietung des unbebauten Grundstücks (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 28. November 2007 IX R 9/06, BFHE 220, 63, BStBl II 2008, 515).


    Gründe:

    I.

    Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Streitjahr 1994 zwei nebeneinander liegende Grundstücke, von denen eines (Grundfläche 582 qm) mit einem Einfamilienhaus bebaut ist und das andere (Grundfläche 507 qm) in den Streitjahren (1994 bis 1996) unbebaut war. Den Kaufpreis von 1,027 Mio. DM finanzierte der Kläger über Darlehen in vollem Umfang fremd. Ab Mai des Streitjahres 1995 vermietete der Kläger beide Grundstücke zusammen zu einer einheitlichen monatlichen Miete von 1400 DM. Im Falle einer Bebauung sollte der Mieter auf die Nutzung des unbebauten Grundstücks verzichten. Im Jahr 2005 errichtete der Kläger auf dem bislang unbebauten Grundstück ein Mehrfamilienhaus.

    Bei den Veranlagungen der Einkommensteuer für die Streitjahre erklärte der Kläger die auf beide Grundstücke entfallenden Finanzierungskosten (1994: 30 569 DM; 1995: 59 672 DM; 1996: 69 656 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte nur den Anteil, der auf das bebaute Grundstück entfiel. Hinsichtlich des unbebauten Grundstücks sah das FA die Einkünfteerzielungsabsicht nicht als gegeben an.

    Mit der Klage machte der Kläger geltend, beide Grundstücke bildeten eine Einheit. So werde das Einfamilienhaus über einen Tank auf dem unbebauten Grundstück mit Heizöl versorgt. Zum unbebauten Grundstück bestehe auch kein eigener Zugang. Das Finanzgericht (FG) wies in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 207, veröffentlichten Urteil die Klage ab: Die Frage, ob eine Vermietungstätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht betrieben werde, sei für jede vermietete Immobilie gesondert zu prüfen. Der Kläger sei auch nicht gezwungen gewesen, beide Grundstücke einheitlich zu nutzen. Dies ergebe sich aus dem Mietvertrag, der ausdrücklich die Beendigung des Mietverhältnisses für das unbebaute Grundstück im Fall seiner Bebauung vorsehe. Die Einkünfteerzielungsabsicht für das unbebaute Grundstück habe sich aufgrund einer Prognose auf einen Zeitraum von 30 Jahren nicht feststellen lassen. Die ab dem Jahr 2005 begonnene Bebauung könne ebenso wenig wie eine künftige Nutzung berücksichtigt werden, da es an einem objektiv nachprüfbaren endgültigen Entschluss des Klägers zur Vermietung in den Streitjahren fehle.

    Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Ausschlaggebend für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht sei --unbeschadet der grundbuchrechtlichen Behandlung-- die tatsächlich einheitliche Nutzung der Grundstücke im Zeitraum der Vermietung. Überdies habe der Kläger bereits bei Erwerb die Absicht gehabt, auf dem unbebauten Grundstück ein Gebäude zu errichten.

    Der Kläger beantragt sinngemäß,

    das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre insoweit zu ändern, als zusätzlich Finanzierungsaufwendungen in Höhe von 14 904 DM (1994), 28 355 DM (1995) und 33 053 DM (1996) als (weitere) Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.

    Das FA beantragt,

    die Revision zurückzuweisen.

    II.

    Die Revision ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen; denn sie ist unbegründet. Zutreffend hat das FG die Finanzierungsaufwendungen, die im Zusammenhang mit dem unbebauten Grundstück angefallen sind, nicht als Werbungskosten berücksichtigt.

    1.

    Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen und das heißt, durch die sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572). Ein derartiger Zusammenhang bestand im Streitfall in Bezug auf das unbebaute Grundstück nicht; denn der Kläger erfüllt insoweit nicht den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG), wer sein Grundstück in der Absicht vermietet, daraus auf Dauer ein positives Ergebnis zu erreichen. Den objektiven Tatbestand verwirklicht, wer ein Grundstück vermietet. Neben einem Rechtsverhältnis (vgl. § 24 Nr. 2 EStG, hier: Mietvertrag) verlangt das Gesetz ein bestimmtes Objekt (z.B. Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil), auf das sich die Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen beziehen muss. Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit ist stets objektbezogen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2008 IX R 12/07, BFH/NV 2008, 1484, m.w.N.). Maßgebend ist die auf eine bestimmte Immobilie ausgerichtete Tätigkeit des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 17. August 2005 IX R 23/03, BFHE 211, 143, BStBl II 2006, 248, m.w.N. auf die Rechtsprechung zu anderen Überschusseinkunftsarten). Vermietet er mehrere Objekte, also z.B. --wie hier-- zwei Grundstücke, so ist jede Tätigkeit grundsätzlich je für sich zu beurteilen. Das gilt auch, wenn mehrere Immobilien aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags zusammen zur Nutzung überlassen werden. Denn der objektive Tatbestand unterscheidet das Rechtsverhältnis (hier: Mietvertrag) vom Objektbezug (bestimmte Immobilie) und enthält damit zwei unterschiedliche Voraussetzungen mit der Folge, dass ein einheitliches Rechtsverhältnis grundsätzlich nicht mehrere Objekte in einer einheitlichen steuerbaren Tätigkeit zusammenführen kann. Der Differenzierung im objektiven Tatbestand der Steuernorm entspricht die objektbezogene Beurteilung des subjektiven Tatbestands, der Einkünfteerzielungsabsicht (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 2007 IX R 9/06, BFHE 220, 63, BStBl II 2008, 515, und vom 19. Dezember 2007 IX R 50/07, BFH/NV 2008, 1111, m.w.N.).

    2.

    Nach diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend in Bezug auf beide Grundstücke unterschiedliche Maßstäbe angelegt.

    Dabei gibt das Zivilrecht vor, was ein Grundstück i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist (vgl. zum zivilrechtlichen Grundstücksbegriff das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 1967 V BLw 24/67, BGHZ 49, 145 ff.; vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 IX R 56/99, BFHE 204, 93, BStBl II 2004, 227). Hier handelt es sich um zwei unterschiedliche Grundstücke, von denen nur eines mit einem Einfamilienhaus bebaut und das andere unbebaut war.

    a)

    Das FG hat zu Recht die auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit des Klägers nur in Bezug auf das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück als Basis für eine gesetzliche Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht behandelt, in diese Typisierung nicht die Vermietung des unbebauten Grundstücks einbezogen und insoweit den subjektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aufgrund einer Prognose mit einem Prognosezeitraum von 30 Jahren geprüft und als nicht gegeben erachtet. Dies entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats (eingehend Urteil in BFHE 220, 63, BStBl II 2008, 515, m.w.N.). Danach gilt die Typisierung nicht für die dauerhafte Verpachtung von unbebautem Grundbesitz. Das FG ist ferner zu Recht nicht vom Grundsatz der objektbezogenen Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht abgewichen. Es konnte insoweit jedenfalls auf den Mietvertrag Bezug nehmen, der ausdrücklich die Beendigung des Mietverhältnisses für das unbebaute Grundstück für den Fall von dessen Bebauung vorsah.

    b)

    Es ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn das FG trotz der späteren, im Jahr 2005 fertig gestellten Bebauung des Grundstücks mit einem Mietobjekt (zur Berücksichtigung späterer Umstände als Beweisanzeichen vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 IX R 1/04, BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211) aufgrund der Ausführungen des Klägers im Einspruchsverfahren und der fehlenden Anschlüsse des unbebauten Grundstücks nicht feststellen konnte, dass der Kläger in den Streitjahren zur Bebauung und dauerhaften Vermietung entschlossen gewesen war. Dies bindet den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO. Denn Verfahrensrügen hat der Kläger nicht geltend gemacht.

    Wenn er nunmehr vorträgt, er sei von Anfang an bestrebt gewesen, die Voraussetzungen für eine Bebauung zu schaffen, und dies weiter belegt, kann dies zwar für nachfolgende Veranlagungszeiträume bedeutsam sein, als neuer Tatsachenvortrag indes nicht im Revisionsverfahren (vgl. dazu Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz 58, m.w.N.).

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 9 Abs. 1, EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1