Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 07.08.2009 · IWW-Abrufnummer 092608

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 11.11.2008 – IX R 27/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    IX R 27/08

    Gründe:

    I.

    Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Die Klägerin vermietete eine ihr gehörende Eigentumswohnung ab September 2003 (Streitjahr) an ihre schwer erkrankte Mutter. Nach dem schriftlichen Mietvertrag wurde der Mutter gestattet, auf eigene Kosten die Wohnung und die Außenanlagen nach ihren Wünschen und Vorstellungen umzubauen, insbesondere Küche und Bad zu modernisieren. Für diese Umbauten wurde der Mutter ein persönliches, lebenslängliches Wohnungsrecht zuerkannt. Bei Beendigung des Mietvertrages seitens der Mutter oder Versterben der Mutter sollten alle fest eingebauten Wohnungsbestandteile auf den Vermieter übergehen, insbesondere Küche und Bad samt Elektrogeräten und Einbauten.

    Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger unter anderem Erhaltungsaufwendungen für die Eigentumswohnung in Höhe von 46 433 EUR geltend. Die Klägerin hatte die Verträge über die Erhaltungsarbeiten im eigenen Namen, zum Teil auch zusammen mit dem Kläger abgeschlossen. Sie war auch, zum Teil zusammen mit ihrem Ehemann, gegenüber den Handwerkern verpflichtet, deren Rechnungen zu zahlen. Die Klägerin beglich die Handwerkerrechnungen ganz überwiegend vom Konto ihrer Mutter.

    Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) das Mietverhältnis der Klägerin mit ihrer Mutter steuerrechtlich nicht an. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1113 veröffentlichten Urteil das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Mutter zwar steuerrechtlich anerkannt, die vom Konto der Mutter der Klägerin bezahlten Erhaltungsaufwendungen jedoch deshalb nicht als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, weil die Klägerin und ihr Ehemann bei der Abwicklung der Erhaltungsarbeiten als Beauftragte der Mutter i.S. von § 662 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) tätig geworden seien und sowohl aufgrund des Mietvertrages als auch kraft Gesetzes (§ 670 BGB) einen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen gehabt hätten; diesen habe die Klägerin auch geltend gemacht, indem sie die Handwerkerrechnungen vom Konto ihrer Mutter bezahlt habe. Aufwendungsersatz für die Erhaltungsarbeiten habe die Mutter nach Überzeugung des Senats nicht überwiegend im Interesse der Klägerin, sondern im eigenen Interesse geleistet, nämlich zur Befriedigung der persönlichen Wohnbedürfnisse, da sie die Wohnung im unrenovierten Zustand gemietet habe.

    Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, die sie auf die Verletzung von § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stützen. Die geltend gemachten Aufwendungen seien als Erhaltungsaufwand zu qualifizieren. Unzutreffend stelle das FG auf die Befriedigung der persönlichen Wohnbedürfnisse der Mutter ab. Von nicht abzugsfähigem Drittaufwand sei lediglich in solchen Fällen auszugehen, in denen der Dritte eine aus eigenem Interesse eingegangene eigene Schuld begleiche. Die Regelung im Mietvertrag zur Kostentragung der Aufwendungen sei als Schenkung der Mutter an die Tochter zu verstehen.

    Die Kläger beantragen,

    das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zusätzliche Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 46 432,28 EUR berücksichtigt werden.

    Das FA beantragt,

    die Revision zurückzuweisen. Die Mutter habe Aufwendungen für fremdes Eigentum im eigenen Wohninteresse getätigt.

    II.

    Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht die vom Konto der Mutter der Klägerin beglichenen Erhaltungsaufwendungen als nichtabziehbaren Drittaufwand qualifiziert. Sie sind vielmehr dem Grunde nach als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar.

    1.

    Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen; sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), d.h. durch die sie veranlasst sind. Im Streitfall stehen die vom Konto der Mutter der Klägerin bezahlten Erhaltungsaufwendungen mit der von der Klägerin verwirklichten Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang. Die Aufwendungen bilden damit Werbungskosten, auch wenn nicht die Klägerin, sondern ihre Mutter die Kosten getragen hat, indem sie die Bezahlung der Handwerkerrechnungen von ihrem Konto gestattete.

    Die Klägerin hat im eigenen Namen die Aufträge für die Erhaltungsaufwendungen erteilt und die Handwerkerrechnungen beglichen. Woher die Mittel hierfür stammten, ist unerheblich (vgl. BFH-Urteil vom 15. Januar 2008 IX R 45/07, BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572, unter II.1.). Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass die Klägerin gegen ihre Mutter einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen hatte. Dieser erwächst aus dem Valutaverhältnis der Klägerin zur Mutter; er betrifft die Mittelherkunft und steht der Leistungsfähigkeitsminderung der Klägerin nicht entgegen.

    Unerheblich ist auch, dass die Verträge über die Erhaltungsarbeiten nach den finanzgerichtlichen Feststellungen zum Teil von der Klägerin im eigenen Namen zusammen mit ihrem Ehemann abgeschlossen wurden. Dabei hat der Ehemann entweder im Namen der Klägerin gehandelt, sodass im Ergebnis lediglich die Klägerin verpflichtet wurde, oder beide wurden als Gesamtschuldner verpflichtet.

    Die Rechtsgrundsätze zum abgekürzten Zahlungs- oder Vertragsweg kommen nicht zum Zuge. Denn sie beantworten die vorliegend nicht problematische Frage, ob Kosten, die ein Dritter im Interesse der Steuerpflichtigen leistet, dem Steuerpflichtigen als eigener Aufwand zurechenbar sind (BFH-Urteil in BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572, m.w.N.). Im Streitfall hat aber die Mutter der Klägerin weder Aufwendungen unmittelbar an die Gläubiger der Klägerin gezahlt (Abkürzung des Zahlungswegs) noch hat die Mutter zu Gunsten der Klägerin die Werkverträge abgeschlossen (Abkürzung des Vertragswegs).

    2.

    Da die Vorentscheidung diesen Maßstäben nicht entspricht, ist sie aufzuheben.

    Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar ist die Gesamtwürdigung des FG hinsichtlich der Anerkennung des Mietvertrages zwischen der Klägerin und ihrer Mutter (vgl. zu den Anforderungen BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350, unter II.1., m.w.N.) aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Gleiches gilt hinsichtlich der Bejahung der Einkünfteerzielungsabsicht. Das FG hat ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt die Abziehbarkeit der im Einzelnen geltend gemachten Aufwendungen als Erhaltungsaufwand aber nicht geprüft. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 9 Abs. 1 S. 1