06.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123658
Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 24.04.2012 – 8 K 254/11
- Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers.
- Aufgrund der neuen Rechtsprechung des BFH zur Abkehr vom sog. Aufteilungsverbot (vgl. BFH-Beschl. GrS 1/06) kommt auch bei Aufwendungen für ein Arbeitszimmer eine Aufteilung in Betracht, sofern der Charakter als „Arbeitszimmer” trotz privater Mitbenutzung zu bejahen ist.
- Daher sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei einer gemischten Nutzung jedenfalls teilweise abziehbar, soweit das Arbeitszimmer büromäßig eingerichtet ist und eine Aufteilung zumindest im Schätzungswege möglich ist. § 12 Nr. 1 EStG steht dem nicht entgegen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers abziehbar sind.
Der Kläger bewohnte mit seiner Ehefrau in dem beiden Ehegatten gehörenden Objekt „R in X”. Die Eheleute wurden zusammen veranlagt. Der Kläger erhielt eine Altersrente in Höhe von … ? sowie eine Leibrente aus der privaten Rentenversicherung in Höhe von … ?, daneben inländische Zinsen in Höhe von … ? und inländische Erträge aus Aktien in Höhe von … ?.
Er ist Eigentümer der Objekte „A” und „B”. In den zuletzt genannten Objekten in … befinden sich insgesamt neun Wohnungen, im Objekt „A” … fünf Wohneinheiten; au ßerdem befanden sich in … fünf Garagen. Die Garagen waren nicht an die Mieter der Wohneinheiten vermietet.
Der Kläger erklärte aus der Vermietung der Wohnungen „A” … Mieteinnahmen für das Streitjahr (einschließlich Umlagen) in Höhe von 35.301 ?. Er machte insoweit Werbungskosten in Höhe von 8.137 ? für Gartenarbeiten und die Errichtung eines Gartenhauses geltend. In den erklärten sonstigen Kosten sind Anzeigekosten von 57,87 ?, ein Kostenvorschuss für eine Klage in Höhe von 243 ? sowie pauschale Fahrtkosten mit dem Pkw für 60 km in Höhe von 18 ? enthalten.
Hinsichtlich des Objekts B in … erklärte der Kläger Mieteinnahmen (einschließlich Umlagen) in Höhe von 55.792 ? sowie 2.954 ? aus der Vermietung sonstiger Flächen. In diesem Zusammenhang machte der Kläger Aufwendungen für Kleinreparaturen 3.307,33 ? … sowie Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 20.956,77 ? … geltend, von denen 16.020,10 ? auf Fremdarbeiten (Elektro-, Maler- und Sanitärarbeiten) entfielen. Zu den sonstigen Kosten zählten Aufwendungen für Anzeigen in Höhe von 172,90 ?, Maklergebühren von 226,20 ? sowie Kosten für Telefon und Porto von zusammen 84,95 ? sowie pauschale Fahrtkosten mit dem Pkw für 600 km von 180 ?.
Mit dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 18. Oktober 2007 machte der Kläger - neben anderen Punkten - erstmals geltend, ihm seien Aufwendungen in Höhe von 804 ? für ein häusliches Arbeitszimmer im Objekt „A” in … entstanden. Diese Aufwendungen seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstelle. Ergänzend verwies er insoweit auf einen „Tätigkeitsbericht” über die Arbeiten, die er im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet habe, sowie auf Fotos vom Arbeitszimmer. Auf dem Foto befinden sich u. a. ein Schreibtisch, Büroschränke und Regale sowie diverse Leitzordner. Im Arbeitszimmer steht ein Computer. Die Aufwendungen in Höhe von 804 ? setzen sich zusammen aus 218 ? AfA zuzüglich 586 ? der anteiligen sonstigen Kosten (Gebäudeversicherung, Niederschlagswasser, Grundbesitzabgaben, Zinsen, Energiekosten).
Das Finanzamt ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu und half dem Einspruch lediglich hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Streitpunkte ab.
Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage, mit der der Kläger nach wie vor geltend macht, die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer seien als Werbungskosten abziehbar. Er, der Kläger, habe seit seiner Erkrankung bis auf die Vermietungstätigkeit keine aktive Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt. Der prozentuale Anteil des häuslichen Arbeitszimmers an der Gesamtfläche betrage 8,14%; dies entspreche einer Fläche von 10,30 m² für das Arbeitszimmer. Bei Gesamtaufwendungen in Höhe von 7.204,36 ? seien daher 586 ? zuzüglich anteiliger Abschreibungen in Höhe von 218 ? abziehbar. Der Kläger habe mit der Verwaltung der Objekte keine gewerbliche Hausverwaltung beauftragt und habe daher sämtliche organisatorische Tätigkeiten selbst durchführen müssen. Im Rahmen der Hausverwaltung seien zahlreiche Verwaltungstätigkeiten angefallen. Diese ließen sich im Allgemeinen nicht vom Wohnzimmer- oder Küchentisch aus bewältigen. Im Einzelnen habe der Kläger folgende Tätigkeiten regelmäßig durchgeführt:
Überprüfung der monatlichen Mieteingänge und Abbuchungen von Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen sowie Kreditinstituten,
Prüfungen und Anweisungen von Rechnungen von Handwerkern,
Verbuchung der monatlichen Einnahmen und Ausgaben mit Hilfe einer Software für Hausverwaltungen,
Liquiditätsplanungen,
Ausfertigung von Mietverträgen,
Überprüfung und Vergleichen der Kostenvoranschläge von Handwerkern,
Mahnwesen,
Einholung von Wirtschaftsauskünften bei Neuvermietungen,
Bearbeitung von schriftlichen oder telefonischen Mängelanzeigen und Beschwerden seitens der Mieter, inklusive der gegebenenfalls erforderlichen Beauftragung von Handwerkern,
Schriftverkehr mit Mietern und Versicherungen,
Erstellung von Nebenkostenabrechnungen sowie Überprüfung der entsprechenden Zahlungen,
Nachbearbeitung von Außenterminen durch die Anlage von Aktennotizen etc.,
Überprüfung der Mietzinsen einschließlich der Möglichkeit von Mietanpassungen,
Internetrecherchen zur Entwicklung des Devisenkurses des Schweizer Franken und Konditionen von Baufinanzierungen,
Allgemeiner Schriftverkehr,
Bearbeitung des Postein- und -ausgangs.
Daneben nehme der Kläger an Online-Seminaren zu Themen des Mietrechts teil, um bei Problemen mit Mietern oder Mietergemeinschaften nicht grundsätzlich einen Anwalt einschalten zu müssen. Zusätzlich habe der Kläger im Jahre 2006 vorbereitende Tätigkeiten in Bezug auf die Finanzierung und Durchführung für eine umfassende Erneuerung der Wärmeisolierung der Objekte in … durchgeführt. Die Maßnahmen habe er in der zweiten Jahreshälfte 2007 durchführen lassen. Zwar stelle das Arbeitszimmer, wie der Kläger im Klageverfahren einräumte, nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung dar, so dass ein unbegrenzter Abzug der Aufwendungen nicht zulässig sei. Allerdings werde das Arbeitszimmer zu mehr als der Hälfte seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit beansprucht. Der Kläger sei zwar auch außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers tätig, wenn er z. B. Ortstermine wegen eines Mieterwechsels oder einer Besprechung mit einem Handwerker wegen größerer Reparaturen vornehme. Diese Tätigkeit beanspruche aber weniger als die Hälfte der gesamten Tätigkeit im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Nur bei Kleinreparaturen sei eine Anwesenheit des Klägers nicht erforderlich. Zudem erfülle der Kläger die weitere Voraussetzung für den beschränkten Abzug der Aufwendungen, da für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Anders als im vom Beklagten zitierten Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 21. November 2000 (EFG 2001, Seite 489) verwalte der Kläger nicht lediglich vier Eigentumswohnungen. Das vom Beklagten zitierte Urteil des Finanzgerichts Münster vom 18. Juni 2009 (Aktenzeichen 10 K 645/08 I) stelle sogar fest, dass ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Betracht komme.
Der Kläger beantragt,
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer in H öhe von 804 ? anzusetzen und den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres in der Fassung der Einspruchsentscheidung entsprechend zu ändern.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist nach wie vor der Auffassung, ein - gegebenenfalls auch nur anteiliger - Abzug sei nicht zulässig. Der Kläger habe eine ausschließliche oder nahezu ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers nicht nachgewiesen. Er habe Angaben zum Umfang, z. B. zur Anzahl der monatlichen Buchungen und Dauer der Datenerfassung nicht gemacht. Für reine Datenerfassungen werde regelmäßig weniger Zeit benötigt als für eine manuelle Erstellung der Abrechnungen. Auch die Überprüfung der 19 monatlichen Mieteingänge und der quartalsweisen oder monatlichen Abbuchungen von Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen sei nicht als besonders zeitintensiv zu bewerten, ebenso wenig wie das Onlinebanking bei einzelnen Rechnungen. Nachweise über umfangreichen Schriftverkehr mit Mietern oder Versicherungen seien vom Kläger nicht eingereicht worden. Die Durchführung der Besichtigungen mit Mietinteressenten verursache indes den entscheidenden Arbeitsaufwand. Demgegenüber sei die Ausfertigung eines Standardmietvertrages unkompliziert und innerhalb kurzer Zeit erledigt. Vermehrte Mieterwechsel hätten auch im Jahre 2006 nicht stattgefunden. Aufgrund der geringen Mietschwankungen und rechtlichen Möglichkeiten zu Mietanpassungen erscheine eine stete Suche nach den aktuellen Mietpreisen zudem nicht glaubhaft. Der Kläger habe auch keine Angabe zur Anzahl der im Streitjahr tatsächlich eingeholten Kostenvoranschläge von Handwerkern gemacht. Zu den laufenden Liquiditätsplanungen lägen ebenso keine detaillierten Angaben für das Streitjahr vor. Die allgemeine Aufstellung der regelmäßigen durchgeführten Arbeiten des Klägers sei daher wenig aussagekräftig für den zeitlichen Umfang der tatsächlich im Arbeitszimmer vorgenommenen Arbeiten im Streitjahr. Der Tätigkeitsbericht sei daher allenfalls indiziell zu berücksichtigen. Hinsichtlich der zwölf Fahrten nach … sei zudem zu bedenken, dass gegebenenfalls weitere mit privaten Fahrten „verbundene” Fahrten angefallen seien, die gemäß § 12 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht abziehbar seien. Der Kläger habe schließlich keine Angaben dazu gemacht, wo er seine privaten Unterlagen aufbewahre und wo er seinen privaten Schriftverkehr erledige. Die im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 5. April 2011 eingereichten Fotos ließen zudem auf eine private (Mit-)Benutzung schließen (z.B. der Geschenkgutschein und die Digitalkamera).
Auf die Verfügung des Berichterstatters vom 16. Februar 2012 (GA Bl. 55) nahm der Kläger durch Schriftsatz vom 29. März 2012 Stellung und ergänzte, dass der Zeitaufwand für die Erstellung der Abrechnungen und Auswertungen mittels der Software der Firma L durchaus erheblich gewesen sei. Für die Erstellung der Nebenkostenabrechnungen seien zusätzlich zu der Verbuchung der umlagefähigen Aufwendungen die abgelesenen Zählerstände für Gas, Wasser und Allgemeinstrom zu erfassen. Im Vorfeld für die Erstellung müssten daher alle Zahlen nochmals genau überprüft werden. Die Onlinebuchungen würden mit der Software „S” erstellt. Im Streitjahr habe der Kläger insoweit 160 Onlineüberweisungen getätigt. Kostenvoranschläge von Handwerkern seien zwar nicht mehr vorhanden, für das Streitjahr seien aber insgesamt 50 Einzelreparaturen durchgeführt worden. Zum Nachweis der Liquiditätsplanungen fügte der Kläger eine Excel-Tabelle vom 7. März 2012 bei. Zusätzlich habe der Kläger auch unterjährige Einnahmen-Überschuss-Rechnungen erstellt.
Private Unterlagen habe er nur in geringfügigem Umfang im Arbeitszimmer aufbewahrt, nämlich private Versicherungsunterlagen sowie Kontoauszüge des privaten Girokontos. Weitere private Unterlagen hätten sich nicht im Arbeitszimmer befunden. Die Privatnutzung sei damit von untergeordneter Bedeutung gewesen. Der vom Beklagten aufgeführte Geschenkgutschein in Höhe von 10 ? habe der Kläger aufgrund seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Seniorenbetreuer erhalten. Die Digitalkamera habe der Kläger ausschließlich für die Vermietungsobjekte genutzt, und zwar zu Nachweiszwecken. Zu dem Objekt in … habe der Kl äger nur zwölf Fahrten getätigt. Der Beklagte habe schließlich in keiner Weise dargelegt, worin er eine private Nutzung des Arbeitszimmers sehe.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. Sowohl der Kläger als auch der Beklagte haben auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Gründe
Die Klage ist überwiegend begründet. Das Finanzamt hat einen Abzug in Höhe von 60 % der Aufwendungen für das häusliches Arbeitszimmer zu Unrecht versagt.
1. Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer waren i.H.v. 60 % der entstandenen Raumkosten abziehbar.
a) § 4 Abs. 5 Nr. 6b) EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung bestimmt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 vom Hundert der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
b) Der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung des Klägers befand sich nicht in dem Arbeitsraum. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seine berufliche und/oder betriebliche Tätigkeit teilweise in seinem Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, ist „Mittelpunkt” i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der „Mittelpunkt” bestimmt sich mit anderen Worten nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen (Urteile des BFH vom 17.06.2004 IV R 33/02, BFH/NV 2005, 174; vom 13.11.2002 VI R 82/01, BStBl II 2004, 62, und VI R 104/01, BStBl II 2004, 65; vom 23.1.2003 IV R 71/00, BStBl II 2004, 43; vom 9.4.2003 X R 75/00, BFH/NV 2003, 917). Unstreitig war der Kläger in quantitativer, aber auch in qualitativer Hinsicht überwiegend „außer Haus” tätig. Abgesehen davon machte der Kläger auch keine höheren Aufwendungen als 1.250 EUR geltend. Da dem Kläger kein anderer Arbeitsplatz für seine Tätigkeit im Rahmen der Vermietung zur Verfügung steht, ist dem Grunde nach bis zu diesem Betrag (1.250 EUR) ein Abzug als Werbungskosten möglich, zumal der Kläger auch glaubhaft vorgetragen hat, mehr als 50 % seiner Arbeitszeit im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer zu verrichten.
c) Der Kläger kann 60 % der geltend gemachten Aufwendungen (804 EUR x 60% = 482 EUR) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, obwohl er den Arbeitsraum zur Überzeugung des Senats nicht (nahezu) ausschließlich zur Einkünfteerzielung nutzte. Eine Nutzung im Umfang von 60 % hat er indes nachgewiesen. Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger das Arbeitszimmer zu mehr als der Hälfte für Vermietungszwecke genutzt. Er hat glaubhaft dargelegt, dass er zahlreiche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit vom Arbeitszimmer aus verrichtet hat. Die private Mitbenutzung (Aufbewahrung von privaten Versicherungsunterlagen und Kontoauszüge, private Computernutzung, sonstige Tätigkeiten) ist zwar mehr als nur geringfügig zu bewerten, allerdings nicht gleichwertig, so dass eine Nutzung für Vermietungszwecke im Umfang von 60 % anzunehmen ist. Die etwaige private Nutzung des digitalen Fotoapparates spricht ebenso wenig für einen höheren Privatnutzungsanteil wie der vom Beklagten angesprochene Gutschein. Diese Umstände lassen lediglich darauf schließen, dass der Kläger den Raum zwar mehr als nur geringfügige privat genutzt hat, nicht aber auf einen höheren (geschätzten) Nutzungsanteil als 40 %. Dies wird auch durch die exemplarischen Aufzeichnungen über die Nutzung für den späteren Zeitraum bestätigt.
aa) Einem Abzug steht nicht entgegen, dass das Arbeitszimmer nicht nahezu ausschließlich für Einkunftszwecke genutzt wurde. Eine Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer setzte zwar nach bisheriger Auffassung des BFH grundsätzlich voraus (Thürmer in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, § 9 EStG Rz. 552, m.w.N.), dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Denn nach der Rechtsprechung des BFH konnten Aufwendungen für die eigene Wohnung bei der Einkommensteuer grundsätzlich nicht abgezogen werden, weil es sich bei diesen Aufwendungen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung handele, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar seien (s. BFH-Urteil v. 18.10.1983 VI R 180/82, BStBl 1982 II S. 1984 II, 110, betr. Durchgangszimmer). Etwas anderes galt nur dann, wenn die Aufwendungen gleichwohl ausnahmsweise nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich veranlasst waren (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, und BFH-Urteil vom 21.7.1981 VIII R 154/76, BStBl 1982 II S. 37). Eine solche Veranlassung wurde nur angenommen, wenn -unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen außerhalb seiner Wohnung ein ausreichender Arbeitsplatz zur Verfügung steht und unabhängig davon, ob ein häusliches Arbeitszimmer erforderlich ist- feststeht, dass der Raum so gut wie ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird. Eine private Mitbenutzung wurde lediglich dann als unschädlich bewerten, wenn sie von untergeordneter Bedeutung war (BFH-Urteile vom 28. Oktober 1964 IV 168/63 S, BStBl 1965 III S. 16; vom 28. September 1967 IV R 120/66, BStBl 1968 II S. 77 und BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BStBl 1971 II S. 17 sowie GrS 3/70, BStBl II 1971, 21). War die private Mitbenutzung nicht von nur untergeordneter Bedeutung, so stand die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG der Abziehbarkeit auch nur eines Teils der Aufwendungen entgegen.
bb) Indes ist die Rechtfertigung für ein solch grundsätzliches Aufteilungsverbot durch den Beschluss des Großen Senats 1/06 entfallen, so dass nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls dann, wenn der Charakter als „Arbeitszimmer” trotz der privaten Mitbenutzung zu bejahen ist, eine Aufteilung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats Grs 1/06 geboten ist.
(1) Das FG Baden-Württemberg hat mit rechtskräftigem Urteil vom 2.2.2011 (7 K 2005/08, EFG S. 1055) allerdings die Verwaltungsauffassung bestätigt, wonach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann abgezogen werden können, wenn das fragliche Zimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 GrS 1/06, BStBl. 2010 II S. 672, ergebe sich nichts anderes. Wohnungskosten gehörten, anders als die vom Großen Senat beurteilten Reisekosten, zu den grundsätzlich nicht aufteilbaren Kosten für die Lebensführung, die bereits durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten seien (o. a Urteil des FG Baden-Württemberg, Urteilsgründe unter 3., vgl. auch OFD Koblenz v. 19.9.2011 - S 2354 A-St 32 2). Dem hat sich das Sächsische FG in der Entscheidung vom 11.1.2012 (2 K 1854/11, Juris) im Wesentlichen angeschlossen.
(2) Das FG Köln hat demgegenüber im Urteil vom 19.5.2011 (10 K 4126/09, EFG S. 1410, Az. X R 32/11) bei teils privater, teils betrieblicher Raumnutzung eine schätzungsweise 50/50-Aufteilung „unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände” vorgenommen. Der von ihm angewendete Aufteilungsmaßstab ergebe sich unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 24.2.2011 (VI R 12/10, BStBl. II S. 796), wonach eine Aufteilung grundsätzlich im Verhältnis 50 : 50 geboten sei.
(3) Im Streitfall war ein anteiliger Abzug in Höhe von 60 % der durch die Vermietungstätigkeit veranlassten Raumaufwendungen geboten.
Der Große Senat des BFH hat am 21.9.2009 (GrS 1/06, BStBl II 2010) in Bezug auf Reisekosten entschieden, dass die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegenstehe. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG normiere danach kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Bestünden keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil von Aufwendungen beruflich veranlasst sei, bereite seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen. Griffen jedoch die -für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden- beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich sei, fehle es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so komme ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht. Nach diesen Maßstäben war ein anteiliger Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer vorzunehmen.
Die bisherige BFH-Rechtsprechung steht dem nicht entgegen. Zutreffend ist zwar, dass gewichtige Argumente gegen den Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug für eine „Arbeitsecke” z. B. im Wohnzimmer sprechen könnten; denn der gesetzliche Tatbestand setzt ein „Arbeitszimmer” voraus. Dies könnte, ohne dass dies im Streitfall abschließend zu entscheiden wäre, eine Abgeschlossenheit des Arbeitsraumes implizieren. Im Falle einer „Arbeitsecke” könnten Zweifel hinsichtlich einer Beurteilung als häusliches „Arbeitszimmer” bestehen, da der Raum als solcher nicht für häusliche (Schreib- und ähnliche organisatorische) Arbeiten genutzt wird. Eine Abgeschlossenheit des für Arbeitszwecke genutzten Raumes im Verhältnis zu den übrigen Wohnräumen, die für Wohnzwecke genutzt werden, lag im Streitfall indes vor. Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum mit einer inneren Beziehung zum Wohnen, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient. Der typische Fall eines „häuslichen Arbeitszimmers” ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das häusliche Büro, wobei das zentrale Möbelstück des jeweiligen Raumes der Schreibtisch sein sollte (Urteil des BFH vom 9.8.2011, VIII R 4/09, juris m.w.N.). Darüber hinaus sollte das häusliche Arbeitszimmer mit Bücher- und Aktenschränken bzw. -regalen, Aktenbock und ähnlichen „Büromöbeln” sowie mit Büchern, Aktenordnern, Schreibmaschinen, Computern und ähnlichen Arbeitsmitteln ausgestattet sein (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 6.4.2011, EFG 2011, 1416 m.w.N.).
Ausweislich der vorgelegten Fotos war der Schreibtisch das zentrale Möbelstück des Klägers in dem Raum, im Übrigen war der Raum im Wesentlichen mit Aktenschränken bzw. -regalen, Aktenbock und ähnlichen „Büromöbeln” und Computer ausgestattet. Die Zweckbestimmung des häuslichen Arbeitszimmers bringt es indes in vielen Fällen mit sich, dass die Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten zum Teil privater Natur sind. Im Falle derartiger Fallgestaltungen im Falle einer mehr als nur unerheblichen privaten Mitbenutzung generell einen Abzug als Erwerbsaufwand zu versagen, widerspräche indes dem Regelungszweck des § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG. Der Raum war - auch ausweislich der im Klageverfahren übersandten Fotos - als Arbeitsraum konzipiert und nicht Bestandteil des übrigen Wohnbereichs. Die private Mitbenutzung ändert den Charakter als Arbeitszimmer nicht. Damit unterscheidet sich der Sachverhalt von der Konstellation, dass der Teil eines typischen Wohnraumes ohne hinreichend feste Barrieren zu Arbeitszwecken umfunktioniert wird. Abweichend von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Sächsischen FG zugrunde lag, war der Raum auch nicht mit typischen, dem Wohnbereich zuzuordnenden Gegenständen (Sofa, Fernseher) ausgestattet. Auch das Sächsische FG räumte in der Entscheidung vom 11.1.2012 (2 K 1854/11, Juris) zudem ein, dass, wenn nach der Einrichtung ein häusliches Arbeitszimmer vorliegt und der Steuerpflichtige dies benötigt, weil ihm insoweit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, er Anspruch auf die „Pauschale” habe, unabhängig davon, wie viel Zeit er in dem Raum verbringe. Diese Aussage bestätigt, dass zumindest bei typisch eingerichteten Arbeitsräumen ein Abzug als Erwerbsaufwand dem Grunde nach geboten und vom Gesetzeszweck erfasst wird.
Die Rechtsgrundsätze des Beschlusses des Großen Senats (GrS 1/06, a.a.O.) stehen einer Aufteilung auch nicht dahingehend entgegen, dass ein Aufteilungsmaßstab bestehen muss, der (zumindest) eine Aufteilung im Schätzungswege ermöglicht (siehe dazu BFH v. 21.09.2009, GrS 1/06, a.a.O., Urteilsgründe unter II 3 e). Denn ein solcher Aufteilungsmaßstab kann im Streitfall im Schätzungswege ermittelt werden. Ob es bei einer „Arbeitsecke” im Wohnzimmer problematisch ist, einen objektiven Aufteilungsmaßstab zu finden, kann hier dahinstehen. Der geschätzte zeitliche Anteil der Nutzung eines in vollem Umfang für arbeitszimmertypische Zwecke eingerichteten Raumes erlaubt jedenfalls im Streitfall - ohne dass in jedem Falle ein vom Steuerpflichtigen geführtes „Nutzungsprotokoll” vorausgesetzt wird - eine Aufteilung. Offen bleiben kann hier, ob dies auch bei gleichzeitiger Verwirklichung beruflicher (betrieblicher) und die Lebensführung betreffender Anlässe zutrifft. Jedenfalls dann, wenn sich die (betrieblichen) beruflichen und die die Lebensführung betreffenden Anlässe nicht gleichzeitig, sondern zeitlich nacheinander verwirklichen, sind die Aufwendungen grundsätzlich - notfalls im Schätzungsweg - in einen abziehbaren betrieblichen (beruflichen) und einen nicht abziehbaren privaten Anteil aufzuteilen. Für diese Fallgruppe der zeitlich nacheinander erfolgenden Verwirklichung beruflicher (betrieblicher) und privater Zwecke gilt § 12 Nr. 1 S. 2 EStG grundsätzlich nicht (mehr), soweit sich ein Aufteilungsmaßstab ermitteln lässt. Ein Aufteilungsverbot würde hier zu sachwidrigen Ergebnissen, den Grundsätzen steuerlicher Gleichbehandlung und der Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit (objektives Nettoprinzip) widersprechenden Ergebnissen führen. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG soll vielmehr insbesondere für Aufwendungen, bei denen berufliche und private Veranlassungsbeiträge so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich ist, einen Abzug versagen (Pezzer, DStR 2010, S. 93 ff.) . Die Vorschrift qualifiziert in typisierender Weise dem Grunde nach gemischte Aufwendungen in reinen Lebensführungsaufwand um, wenn der berufliche (betriebliche) Anteil an der Veranlassung der Aufwendungen von rechnerisch untergeordneter Bedeutung ist, wenn der berufliche (betriebliche) Anteil bei wertender Betrachtung gegenüber den grundlegenden Belangen der Lebensführung nicht ins Gewicht fällt oder der berufliche (betriebliche) Veranlassungsbeitrag rechnerisch nicht ermittelbar ist und damit allenfalls einer (zu) sehr typisierenden, nicht an objektivierbaren Maßstäben ausgerichteten Schätzung zugänglich wäre; schließlich ist ein Abzug als Erwerbsaufwand zu versagen, wenn es sich um nicht aufteilbare unverzichtbare Aufwendungen für die Lebensführung handelt, die sich nur theoretisch aufteilen ließen und durch die Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum pauschal abgegolten sind (Fissenewert in Hermann/Heuer/Raupach, § 12 Rz. 70).
Nach diesen Maßstäben muss über die vom BFH schon vor der Rechtsprechungsänderung durch den Großen Senat anerkannten Fälle hinaus (insbesondere Kfz-Nutzung, Telefongebühren, Offerhaus, BB 1979, 617, 669) bei zeitlich nacheinander erfolgender Nutzung für Erwerbszwecke einerseits und private Zwecke andererseits grundsätzlich eine Aufteilung erfolgen, z. B. bei Anschaffung eines Nachschlagewerks durch einen Lehrer, eines Musikinstruments durch einen Musiker, eines Computers durch einen Lehrer etc. Dies gilt auch bei der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers - zeitlich nacheinander - für betriebliche (berufliche) und für private Zwecke (vgl. Drenseck, DB 1987, 2483). Die hierzu noch im Zusammenhang mit der Abziehbarkeit von nicht ausschließlich zu Erwerbszwecken genutzten Arbeitsräumen in den BFH Urteilen v. 4.6.2005 (VI B 35/04, BFH/NV 2005, 1549; v. 19.7.2005 VI B 175/04, BFH/NV 2005, 2000; v. 29.11.2006 VI R 3/04, BStBl. II 2007, 308) vertretene Auffassung ist somit in diesem Punkte nach Ansicht des Senats jedenfalls dann nicht mehr aufrechterhalten, wenn die vom Stpfl. gemachten Angaben zum zeitlichen Umfang der beruflichen und der privaten Nutzung eine griffweise Schätzung ermöglichen. Unter diesen Voraussetzungen steht vielmehr ein objektiv nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab zur Verfügung (Drenseck in Schmidt, § 12 Rn. 5; aA Günther, EStB 2010, 151 ff.). Die jeweiligen Veranlassungsbeiträge sind bei einer solchen Fallgestaltung nicht derart miteinander verwoben, dass eine Trennung und damit eine Aufteilung der Aufwendungen nicht nachprüfbar wäre. Zudem hat die Rechtsprechung und dem folgend die Verwaltung eine Aufteilungsmöglichkeit schon bisher für den Fall bejaht, dass ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander ausübt (BMF v. 2.3.2011, IV C 6-S2145/07/10002, 2011/0150549, Tz. 19 f. m.w.N.).
Es liegt auch keine ins Gewicht fallende gleichzeitige Nutzung für Erwerbszwecke und private Zwecke dadurch vor, dass der Kläger gleichzeitig - neben den für die Vermietung relevanten Unterlagen - auch private (Versicherungs-) Unterlagen im Arbeitszimmer vorgehalten hat. Denn das Vorhalten bzw. Lagern von Unterlagen ist (jedenfalls im hier maßgeblichen Umfang) i.d.R. als geringfügig zu beurteilen, zumal auch ein auch für Erwerbszwecke genutzter Computer ebenso gleichzeitig für private Zwecke bereit gehalten wird, ohne dass dies einem Abzug entgegenstünde.
(4) Im Zweifel ist - soweit ein genauerer Aufteilungsmaßstab nicht zur Verfügung steht - wie vom BFH schon (exemplarisch) für die Aufteilung von Aufwendungen für einen PC entschieden, eine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 geboten. Die Aufteilung hängt aber von den Einzelfallumständen ab. Es wäre auch nicht einsehbar, weshalb ein solcher Erfahrungssatz bei einem PC eine Aufteilung ermöglicht, nicht aber bei einem häuslichen Arbeitszimmer.
Etwaige bei der Feststellung des Sachverhalts begründete Schwierigkeiten bei der Aufteilung stehen einer Schätzung nicht entgegen. Denn es ist im Wesen einer Schätzung begründet, dass die auf diese Weise ermittelten Größen mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. Solange eine Schätzung anhand sachgerechter Umstände dem Grunde nach möglich ist, muss geschätzt werden. Ein griffweises Schätzen ist sonach nicht a priori verboten (Söhn, in Söhn, Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, S. 63). Dementsprechend hielt auch der BFH in denjenigen Fällen, in denen er schon vor der Rechtsprechungsänderung durch den Großen Senat (BFH v. 21.9.2009 GrS 1/06, a.a.O.,) ausnahmsweise eine Aufteilung zuließ, eine Schätzung auch dann für geboten, wenn entsprechende Aufzeichnungen oder Unterlagen fehlten. Allerdings obliegt dem Stpfl. die objektive Beweislast. Eine Schätzung ist daher vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Großen Senats nicht (mehr) lediglich im Hinblick darauf möglich, ob ein Abzug insgesamt zulässig ist, sondern auch dahingehend, in welchem Umfang ein anteiliger Abzug von Erwerbsaufwendungen zulässig ist (Pezzer, DStR 2010, S. 93 ff.). Nach diesen Grundsätzen schätzt der Senat unter Berücksichtigung der schlüssigen und nachgewiesenen Angaben des Klägers den durch die Einkünfteerzielung veranlassten Anteil mit 60 % (siehe dazu schon oben).
2. Der Höhe nach war die Ermittlung der Aufwendungen nicht zu beanstanden. Der Kläger hat die ermittelten Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer nachgewiesen.
3. Ein Abzug lediglich der hälftigen Anschaffungskosten im Rahmen der Absetzung für Abnutzung war entgegen der Auffassung des Beklagten nicht vor dem Hintergrund des sog. Drittaufwandes geboten. Zwar war der Kläger lediglich gemeinsam mit seiner Ehefrau Miteigentümer des selbst bewohnten Hauses. Da der Kläger den Arbeitsraum nach den oben dargestellten Maßstäben zu 60 % für seine beruflichen Zwecke genutzt hat, waren die durch die Vermietungstätigkeit veranlassten Aufwendungen insoweit in voller Höhe abziehbar (d.h. zu 60 %). Der Senat braucht in diesem Zusammenhang nicht abschließend zu entscheiden, nach welchem Aufteilungsmaßstab die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer mehreren Nutzern zuzuordnen sind, wenn sie es nicht gemeinsam zur Einkünfteerzielung nutzen (für Zuordnung nach zeitlichen Nutzungsanteilen z.B. Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl., § 19 Rz 60, Stichwort Arbeitszimmer Nr. 11; für Zuordnung nach Miteigentumsanteilen z.B. Söffing, Betriebs-Berater 2000, 381, 387), da nach dem - glaubhaften - Vortrag des Klägers nur dieser den Raum genutzt hat. Nutzen Miteigentümer ein Wirtschaftsgut (Gebäude; hier: Arbeitszimmer) gemeinsam zur Erzielung von Einkünften, kann jeder die seinem Anteil entsprechenden AfA in Anspruch nehmen, denn jeder setzt die gesamten auf seinen Anteil entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Einkünfteerzielung ein (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl 1999 II S. 774 unter C.2. der Gründe, BFH v. 23.09.2009 IV R 21/08, BStBl 2010 II S. 337). Nutzt ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsguts (Arbeitszimmer) zur Einkunftserzielung alleine, dann ist davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen. In diesem Fall wird der den anderen Miteigentümern gehörende Anteil grundsätzlich nicht wechselseitig gemietet und vermietet (vgl. Urteil des BGH vom 28.11.1963 II ZR 41/62, NJW 1964, 648, zu III.), d.h. der Miteigentümer nutzt den Raum zivilrechtlich nicht teils aus eigenem Recht und teils durch Überlassung zur Nutzung durch den oder die Miteigentümer, sondern er nutzt ihn insgesamt in Ausübung seines Rechts als Miteigentümer (§ 743 Abs. 2 BGB). Das gilt auch einkommensteuerrechtlich (vgl. BFH-Urteil vom 7.12. 1993 IX R 169/88, BStBl II 1994, 325, zu I. 1.b; Trzaskalik in Festschrift für L. Schmidt, 1993, S. 51, 72). Anders als sein Miteigentumsrecht bezieht sich sein Nutzungsrecht auf den ganzen Raum (vgl. auch BFH-Urteil vom 12.2.1988 VI R 141/85, BStBl II 1988, 764, zu I. 3., und Vorlage GrS 5/97, zu B. 2.a). Nutzt der Kläger aber das Arbeitszimmer in vollem Umfang aus eigenem Recht, sind auch seine eigenen anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als im Interesse dieser Nutzung aufgewendet anzusehen, so dass eine Aufteilung nach Miteigentumsanteilen nicht vorzunehmen war. Davon ist im Falle der beruflichen oder betrieblichen Nutzung eines Gebäudes auch dann auszugehen, wenn es im Übrigen vom Steuerpflichtigen und seinem Ehegatten gemeinsam bewohnt wird (§ 1353 BGB).
4. Die Ausrechnung der Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.
5. Die Kostenfolge beruht auf § 136 FGO. Die Kläger haben im Umfang von 60 % obsiegt, so dass sie die Kosten in Höhe von 40 % zu tragen haben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
6. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Frage, ob ein häusliches Arbeitszimmer eine (nahezu) ausschließliche Nutzung zu beruflichen (betrieblichen) Zwecken voraussetzt, zuzulassen.