03.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130041
Bundesfinanzhof: Urteil vom 17.10.2012 – VIII R 57/09
1.Betreuer üben eine sonstige vermögensverwaltende Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus (Anschluss an BFH-Urteile vom 15. Juni 2010 VIII R 10/09, BFHE 230, 47, BStBl II 2010, 906; VIII R 14/09, BFHE 230, 54, BStBl II 2010, 909).
2.Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB sind nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei.
Gründe
I.
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob vom Kl äger und Revisionskläger (Kläger) bezogene Aufwandsentschädigungen für bis zu 42 gleichzeitige ehrenamtliche Betreuungen in den Streitjahren 2001 bis 2004 der Einkommensteuer unterliegen.
2
Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus einer hiervon unabhängigen selbständigen Tätigkeit als Aufsichtsrat sowie aus Kapitalvermögen.
3
Daneben bezog er Aufwandsentschädigungen aus der Bestellung als Betreuer i.S. des § 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in zeitweise bis zu 42 Fällen durch das zuständige Amtsgericht (AG). In wenigen Fällen erfolgten die Zahlungen durch die Betreuten selbst (2001: 5 Fälle; 2002: 3 Fälle; 2003: 7 Fälle und 2004: 5 Fälle). Im Übrigen leistete das AG für jede andere im Streitzeitraum vom Kläger betreute Person --jeweils jährlich-- eine Aufwandsentschädigung i.S. der §§ 1835a, 1908i BGB in Höhe von 600 DM für das Jahr 2001, in Höhe von 312 € für die Zeit von Januar 2002 bis Juni 2004 sowie in Höhe von 323 € ab 1. Juli 2004. In Einzelfällen erfolgte die Zahlung anteilig.
4
Die an den Kläger gezahlten Aufwandsentschädigungen verbuchte das AG unter dem Haushaltstitel Nr. 0503.53601.0007 (in 2001 und 2002: Kapitel 0503 Titel 53601 Untertitel 0007) des Einzelplans 05 des Staatshaushaltsplans des Landes Baden-Württemberg. Der zum Kapitel 0503 (Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften) gehörende Haushaltstitel 53601 trug in allen Streitjahren die Bezeichnung "Auslagen in Rechtssachen (einschließlich Reisekosten)" und betraf nach den Erläuterungen zu diesem Haushaltstitel in den Jahren 2002 bis 2004 (jeweils unter 7.) "Aufwand für ehrenamtliche Vormünder, Pfleger und Betreuer ..." (gefolgt von dem jeweiligen Betrag) sowie nach den Erläuterungen zum Staatshaushaltsplan für das Jahr 2001 (unter Nr. 6) "Aufwand für Vormünder, Pfleger und Betreuer ...".
5
Die in den Einkommensteuererklärungen des Klägers für die Streitjahre nicht erfassten Aufwandsentschädigungen berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung mit Einkommensteueränderungsbescheiden für die Streitjahre vom 4. September 2007 --unter Ansatz eines pauschalen Werbungskostenabzugs von 25 %-- als nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbare Leistungen.
6
Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 120 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Aufwandsentschädigungen seien nach § 15 EStG steuerbar und insbesondere nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei.
7
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.
8
Er beantragt,
das angefochtene Urteil sowie die angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide für die Streitjahre 2001 bis 2004 vom 4. September 2007 jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
9
Das FA beantragt,
im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen FG-Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
10
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es hält die Revision für unbegründet, hat aber keinen Antrag gestellt.
II.
11
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil und die angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO aufzuheben, weil die streitigen Einnahmen des Klägers aus seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer steuerfrei sind.
12
1. Im Ausgangspunkt sind FA und FG allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Einnahmen des Klägers aus seiner Betreuertätigkeit grundsätzlich steuerbar sind. Rechtsgrundlage dafür ist aber nicht § 15