03.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122033
Finanzgericht Münster: Urteil vom 25.05.2012 – 14 K 2289/11 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
14 K 2289/11 E
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob Aufwendungen für Hundebetreuung als haushaltsnahe Dienstleistungeni. S. d. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG steuerbegünstigt sind.
Der Kläger besitzt zwei Hunde, für die er mehrfach im Monat einen Betreuungsservice in Anspruch nimmt. Die Hunde werden von dem Betreuungsservice an der Wohnung des Klägers abgeholt und nach Ausführung des Auftrags dort wieder abgegeben. Eine Betreuung in der Wohnung des Klägers oder auf dem zur Wohnung gehörenden Grundstück findet nicht statt. Für diese Dienste hatte der Kläger im Jahr 2008 Aufwendungen i. H. v. 2.750 € und im Jahr 2009 Aufwendungen i. H. v. 4.702 €.
Der Kläger machte die vorgenannten Aufwendungen in seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen 2008 und 2009 als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Der Beklagte ließ die Aufwendungen in dem ESt-Bescheid 2008 vom 30.09.2009 und dem ESt-Bescheid 2009 vom 21.01.2011 unberücksichtigt.
Die gegen diese Bescheide vom Kläger eingelegten Einsprüche waren in Bezug auf das Jahr 2008 lediglich aus anderen, hier nicht streitigen Gründen erfolgreich und wurden im Übrigen mit Einspruchsentscheidung vom 31.01.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte begründete die ablehnende Entscheidung damit, dass die Betreuung der Hunde außerhalb des Haushalts des Klägers stattfinde und die von § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG vorausgesetzte Nähe zum Haushalt daher nicht gegeben sei. Der Fall sei vergleichbar mit der Tätigkeit einer Tagesmutter, welche ebenfalls nur dann zu den begünstigten Tätigkeiten i. S. d. § 35a EStG gehöre, wenn die Betreuung des Kindes im Haushalt des Steuerpflichtigen stattfinde.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Anerkennung der Hundebetreuungskosten als haushaltsnahe Dienstleistungen i. S. d. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG. Er ist der Auffassung, dass schon der Umstand, dass seine Hunde zu seinem Haushalt gehören würden, ausreiche, um die Haushaltsnähe der Dienstleistungen zu bejahen, zumal es sich bei der Versorgung der Hunde einschließlich Spaziergängen um Tätigkeiten handele, die zum täglichen Leben dazugehören würden und von ihm – dem Kläger - üblicherweise selbst durchgeführt würden.
Dass eine haushaltsnahe Dienstleistung nicht zwangsläufig im Haushalt selbst erbracht werden müsse, zeige sich an den Beispielen "Umzug" und "Einkauf von Verbrauchsgütern". Auch die hierbei ausgeübten Tätigkeiten seien als haushaltsnah anerkannt, obwohl sie räumlich nicht im Haushalt ausgeführt werden könnten. Auch das tägliche Ausführen der Hunde lasse sich schon aufgrund der Natur der Sache nur schwer im Haushalt ausführen. Dies ändere aber nichts an dem örtlichen Zusammenhang zum Haushalt, zumal die Hunde dort abgeholt würden. Haushaltsnähe bedeute nicht, dass die Tätigkeiten ausschließlich und in vollem Umfang in der Wohnung, dem Haus oder dem Garten des Steuerpflichtigen ausgeführt werden müssen.
Anzumerken sei außerdem, dass in dem Verfahren Finanzgericht Münster 6 K 3010/10 E eine Einigung zwischen dem dortigen Kläger und dem Finanzamt erzielt worden sei, in welcher die Betreuungskosten von Tieren als haushaltsnahe Dienstleistungen anerkannt worden seien. Diese Entscheidung sei mit dem Umstand begründet worden, dass Tiere vom Gesetzgeber als Sache angesehen würden und als Bestandteil des Haushalts gelten würden, wodurch die Arbeit mit den Tieren als Dienstleistung für den Haushalt anzuerkennen sei.
Der Kläger beantragt,
die mit Einspruchsentscheidung vom 01.06.2011 erfolgte ESt-Festsetzung für das Jahr 2008 sowie den ESt-Bescheid 2009 vom 21.01.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.06.2011 dahingehend zu ändern, dass für das Jahr 2008 eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen i. H. v. 550,00 € und für das Jahr 2009 eine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen i. H. v. 940,40 € berücksichtigt wird.
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält den vom Kläger angestellten Vergleich mit Umzugskosten für verfehlt. Die anlässlich eines Umzugs erbrachten Dienstleistungen würden als haushaltsnahe Dienstleistungen anerkannt, weil der Haushalt eines Steuerpflichtigen an einen anderen Ort verlegt werde und die Tätigkeit damit direkt mit der Haushaltsführung zusammenhänge. Auch die neue Wohnung gehöre bereits zum Haushalt des Steuerpflichtigen.
Es reiche auch nicht aus, dass die Hunde zum Haushalt gehören würden. So seien z. B. die Kosten für die außerhäusige Reinigung von Kleidung vom Finanzgericht Nürnberg (Urteil vom 22.09.2005 – IV 33/2005, DStRE 2006, 599) nicht als haushaltsnahe Dienstleistung anerkannt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die ESt-Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Die Klage ist nicht begründet.
1. Die ESt-Festsetzungen 2008 und 2009 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Jahr 2008 geltenden Fassung (EStG 2008) führt die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die keine Handwerkerleistungen i. S. d. Satz 2 der Vorschrift sind, auf Antrag zu einer Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer (vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen) um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens 600 €; für bestimmte Pflege- und Betreuungsleistungen erhöht sich der Betrag auf 1.200 €. In der im Jahr 2009 geltenden Fassung des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG (EStG 2009) wurde die Steuerermäßigung auf 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens 4.000 Euro, erhöht (§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG 2009). Sie kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen oder – bei Pflege- und Betreuungsleistungen – der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht wird (§ 35a Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG 2008, § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG 2009).
a) Der Begriff "haushaltsnahe Dienstleistung" ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Urteile vom 01.02.2007 - VI R 74/05, BFH/NV 2007, 900 und vom 29.01.2009 - VI R 28/08, BStBl II 2010, 166) müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen. Der Begriff "haushaltsnah" ist hierbei als sinnverwandt mit dem Begriff "hauswirtschaftlich" anzusehen. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten sind solche, die üblicherweise zur Versorgung der dort lebenden Familie in einem Privathaushalt erbracht werden. Dazu gehören u. a. Einkaufen von Verbrauchsgütern, Kochen, Wäschepflege, Reinigung und Pflege der Räume, des Gartens und auch Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind auch die Leistungen, die für die Versorgung und Betreuung eines in den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Hundes aufgebracht werden, grundsätzlich haushaltsnah. Denn Tätigkeiten wie das Füttern, die Fellpflege, das Ausführen und die sonstige Beschäftigung des Hundes fallen regelmäßig an und werden typischerweise durch den Steuerpflichtigen selbst oder andere Haushaltsangehörige erledigt.
b) Die Gewährung der Steuermäßigung des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG scheitert im Streitfall jedoch daran, dass die konkrete Dienstleistung nicht „im“ Haushalt des Klägers ausgeübt wurde.
Wie § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG 2008 bzw. § 35a Abs. 4 EStG 2009 zeigen, reicht es für die Bejahung der Steuerbegünstigung nicht aus, dass eine Dienstleistung haushaltsnah ist, sondern begünstigt sind vielmehr nur solche Dienstleistungen, die auch in einem Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden. Da der Sachzusammenhang der Tätigkeit zu der Haushaltsführung bereits über das Tatbestandsmerkmal „haushaltsnah“ sichergestellt wird, kann das zusätzliche Erfordernis, dass die Tätigkeit auch „im“ Haushalt ausgeübt werden muss, nur im Sinne einer räumlichen Abgrenzung verstanden werden. Die Tätigkeit muss an Orten ausgeübt werden, die zum Haushalt gehören (hierzu ausführlich FG Nürnberg, Urteil vom 22.09.2005 - IV 33/2005, DStRE 2006, 599). Dies sind typischerweise die Räumlichkeiten der privaten Wohnung oder des privaten Hauses nebst Zubehörräumen und Garten.
Die streitgegenständlichen Dienstleistungen erfüllen diese Voraussetzung nicht, denn die Hunde des Klägers wurden nicht in dessen Wohnung oder auf einem zur Wohnung gehörenden Grundstück betreut, sondern vielmehr wurden sie von der Betreuungsperson abgeholt und an einen anderen Ort gebracht und erst nach Abschluss der Betreuungszeit wieder zum Kläger zurückgebracht.
Soweit der Kläger auf die Abzugsfähigkeit von Umzugskosten als haushaltsnahe Dienstleistungen verweist, lässt er außer Acht, dass der Streitfall hiermit schon deshalb nicht vergleichbar ist, weil die streitgegenständliche Dienstleistung - die Betreuung seiner Hunde - vollumfänglich außerhalb der zu seinem Haushalt gehörenden R äumlichkeiten erbracht wurde, während sich ein wesentlicher Teil typischer Umzugsarbeiten – nämlich das Ausräumen der alten Wohnung und das Einräumen der neuen Wohnung – unmittelbar im häuslichen Bereich ereignet.
Hinsichtlich des vom Kläger angestellten Vergleichs der Tätigkeit "außerhäusige Hundebetreuung" mit der Tätigkeit "Einkauf von Verbrauchsgütern" weist der Senat darauf hin, dass ihm keine Rechtsprechung bekannt ist, die sich mit der Steuerbegünstigung von Kosten für die Erledigung von Einkäufen durch Dritte beschäftigt. Ob es sich bei letzteren Kosten tatsächlich um nach § 35a Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG 2008 / § 35a Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 EStG 2009 begünstigte - d. h. "im Haushalt" erbrachte - Dienstleistungen handelt, erscheint zweifelhaft, bedarf im Streitfall jedoch keiner weiteren Erörterung.
Darauf, ob - wie der Kläger meint - „Tiere vom Gesetzgeber als Sache angesehen“ werden und die Hunde schon deshalb als Bestandteil seines Haushalts gelten, kommt es ebenfalls nicht an. Der Kläger verkennt, dass die Berücksichtigungsfähigkeit der Aufwendungen für die Hundebetreuung als haushaltsnahe Dienstleistungen nicht daran scheitert, dass die Hunde nicht zu seinem Haushalt gehören, sondern daran, dass die konkrete Dienstleistung nicht in seinem Haushalt ausgeübt wurde. Der Streitfall unterscheidet sich insoweit nicht von anderen Fällen, in denen zum Haushalt gehörende Personen oder zum Haushalt gehörende Gegenstände sich außerhalb des häuslichen Bereichs befinden und eine Tätigkeit, die grundsätzlich haushaltsnah ist, dort an ihnen ausgeübt bzw. ihnen gegenüber erbracht wird (z. B. FG Nürnberg, Urteil vom 22.09.2005 - IV 33/2005, DStRE 2006, 599 zur außerhäuslichen Reinigung von Textilien).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass sich das in dem Verfahren 6 K 310/10 E beklagte Finanzamt dazu bereit erklärt hat, die dort geltend gemachten Hundebetreuungskosten ganz oder teilweise anzuerkennen. Abgesehen davon, dass bereits unklar ist, ob der dortige Sachverhalt mit dem hiesigen Streitfall überhaupt vergleichbar ist, bedeutet die ganz oder teilweise Anerkennung von Kosten durch ein Finanzamt nicht, dass auch andere Finanzämter so zu entscheiden haben. Jeder Steuerfall ist gesondert zu prüfen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision war mangels Vorliegens von Zulassungsgründen i. S. d. § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.