20.07.2012
Finanzgericht Münster: Urteil vom 08.03.2012 – 9 K 1189/09 F
1) Bei der Vermietung einer Ferienwohnung, für die eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten ist, hat ungeachtet des tatsächlichen Gebrauchs des Eigennutzungsrechts die Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht zu erfolgen.
2) Der Prognosezeitraum ist grundsätzlich mit 30 Jahren zu bemessen. Ein kürzerer Zeitraum ist nur anzusetzen, wenn der Vermieter schon beim Erwerb den späteren Verkauf des Objekts ernsthaft in Betracht gezogen hat.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 9. Senat in der Besetzung: Vorsitzende Richterin am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 08.03.2012 für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin eine Ferienwohnung in den Jahren 2005 und 2006 mit Einkünfteerzielungsabsicht vermietete.
Die Klägerin erwarb im Dezember 1997 eine im Jahr 1980 errichtete, ca. 45 qm große
Wohnung nebst Inventar, belegen in der X.-Str. 3, 1. Etage auf Y., zum Kaufpreis von insgesamt 300.000 DM (280.000 DM für das Wohnungseigentum, 20.000 DM für das Inventar). In dem von der Klägerin erstmals im vorliegenden Klageverfahren in Fotokopie vorgelegten Gesellschaftsvertrag, der als Datum „Dezember 1997” ausweist, ist unter § 11 zur Nutzung der Ferienwohnung durch einen Gesellschafter der Klägerin Folgendes geregelt: „(1) Damit die Gesellschafter nicht streiten, wer die Ferienwohnung wann nutzen kann, wird vereinbart, dass die Wohnung von den Gesellschaftern nicht genutzt wird. (2) Ausgenommen ist die Nutzung zu Renovierungsarbeiten oder zu Zeiten einer Versammlung der Hauseigentümergesellschaft; aber nur, wenn die Wohnung zu dem Zeitpunkt nicht bereits durch die Firma Z. vermietet wurde.”
Mit Datum vom 2.1.2002 erteilte die Klägerin der Firma Z., die seit 1998 die streitgegenständliche Wohnung für die Klägerin vermietete, einen neuen und ausschließlichen Vermietungsauftrag. Nr. 1 Satz 2 dieser Vereinbarung lautet: „Die Vermietung erfolgt ausschließlich durch Z.; etwaige Interessenten werden dorthin verwiesen.” Nr. 2 dieser Vereinbarung lautet: „Eine Eigennutzung wird für die Dauer des Vertrags ausgeschlossen, mit Ausnahme eines Zeitraumes von 3 Wochen in der Zeit vom 1. Juni bis zum 15. September. Die Eigentümer verpflichten sich, falls sie die Wohnung in dieser Zeit selbst bewohnen wollen, die Z. bis zum 15. Oktober des vor dem für die Vermietung in Frage kommenden Jahres schriftlich mitzuteilen.” Wegen der Einzelheiten wird auf den Vermietungsauftrag EDV-Nr. XXXXXX vom 2.1.2002 sowie auf den vorherigen Vermietungsauftrag EDV-Nr. XXXXXX vom 18.5.1998 bzw. 28.5.1998 Bezug genommen.
Im Jahr 2005 war die streitgegenständliche Wohnung an 57 Tagen an wechselnde Feriengäste vermietet; einer der beiden Gesellschafter der Klägerin hielt sich darüber hinaus an zwei Tagen wegen einer Eigentümerversammlung in der Wohnung auf. Im Jahr 2006 war die Wohnung an 70 Tagen an wechselnde Feriengäste vermietet; im Zeitraum vom 4.3.2006 bis 18.3.2006 wurden in der Wohnung Renovierungsarbeiten durchgeführt. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass in den Streitjahren tatsächlich keine Selbstnutzung der Wohnung durch die Klägerin bzw. durch deren Gesellschafter stattfand.
Im Jahr 2008 veräußerte die Klägerin die Wohnung wieder. Sie hatte sich bereits seit 2003 durch Einschalten eines Maklers um deren Veräußerung bemüht.
In ihren Feststellungserklärungen machte die Klägerin Werbungskostenüberschüsse von ./. 14.093 EUR (2005) und ./. 12.393 EUR (2006) geltend. Der Beklagte stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin in den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2005 vom 18.7.2007 und für 2006 vom 2.4.2008 jeweils mit 0 EUR fest. In den Erläuterungen zu diesen Bescheiden legte der Beklagte jeweils dar: „Der Verlust aus Vermietung und Verpachtung (Ferienwohnung Y.) ist nicht anerkannt, da – eine Überschussprognose nicht vorgelegt ist, – eine Überschussprognose nach Aktenlage nur negativ ausfallen kann.”
Den gegen beide Bescheide eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 5.3.2009 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin müsse schon deshalb überprüft werden, weil sie sich vertraglich eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten habe, unabhängig davon, ob sie davon tatsächlich Gebrauch gemacht habe. Außerdem sei die ortsübliche Vermietungszeit im Streitzeitraum um mehr als 25 vH unterschritten worden. Eine Überschussprognose, die die Klägerin bis dato nicht eingereicht habe, könne im Streitfall nur negativ ausfallen. Vom Erwerb der Wohnung im Jahr 1997 bis zum Streitjahr 2006 seien steuerliche Verluste von insgesamt ./. 131.767 EUR angefallen.
Mit der hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, es sei ohne weitere Prüfung von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, weil eine Selbstnutzung tatsächlich nicht stattgefunden habe. Konkrete Zahlen zur ortsüblichen Vermietungszeit von vergleichbaren Ferienwohnungen lägen nicht vor, jedoch Annäherungswerte der Kurverwaltung Y und vom Niedersächsischen Landesamt für Statistik. Es sollte bei einer Fremdvermietung über einen Zeitraum von 10 Jahren auf die statistischen Durchschnittswerte für diesen Zeitraum zurückgegriffen werden. Sie selbst sei beim Erwerb der Wohnung von 182 jährlichen Vermietungstagen ausgegangen. Da die Vermietung ausschließlich über die Firma Z. erfolgt sei, habe die Klägerin keinen Einfluss auf die tatsächlichen Vermietungstage nehmen können. Die Firma Z. habe sich unzureichend um die Wohnung gekümmert mit der Folge, dass diese sich in einem schlechten Zustand befunden habe.
Hinsichtlich Nr. 2 der Verträge vom 18./25.5.1998 bzw. 2.1.2002 mit der Firma Z., der die Selbstnutzung der Wohnung betrifft, trägt die Klägerin vor, man habe nicht darauf geachtet, diese Passage zu streichen, weil eine Selbstnutzung von vornherein nicht beabsichtigt gewesen sei.
Im Klageverfahren hat die Klägerin eine von ihr als „Überschussprognose” bezeichnete Berechnung für die Jahre 1998 bis 2027 vorgelegt, die ein positives Gesamtergebnis ausweist. Hierzu erklärt die Klägerin, sie habe diese Berechnung anhand von Daten erstellt, die der finanzierenden Bank beim Erwerb des Objekts vorgelegt worden seien. Insbesondere wegen der Anzahl der Vermietungstage habe man sich auf die Angaben des Maklers verlassen, über den die Klägerin die Wohnung erworben habe. Wegen der Einzelheiten der Prognoserechnung wird auf das Schreiben des Klägervertreters vom 27.1.2012 nebst Anlagen verwiesen.
Darüber hinaus hat die Klägerin ohne nähere zeitliche Angaben vorgetragen, es sei beabsichtigt gewesen, eine Internetseite zu erstellen, um das Objekt selber zu vermieten und es sei auch beabsichtigt gewesen, das Darlehen, dessen Zinsbindung in der Zukunft ausgelaufen wäre, nicht weiter zu führen, sondern Eigenkapital zur Finanzierung der Wohnung einzusetzen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für 2005 und 2006 vom 18.7.2007 bzw. 2.4.2008 und der Einspruchsentscheidung vom 5.3.2009 den Beklagten zu verpflichten, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 14.093 EUR für das Jahr 2005 und in Höhe von ./. 12.393 EUR für das Jahr 2006 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, die von der Klägerin vorgelegte Prgnoserechnung berücksichtige weder die Provisionen für die Firma Z. noch die Abschreibung auf die Einrichtungsgegenstände, deren Anschaffungskosten sich auf 20.000 DM belaufen hätten. Zudem fehlten in der Prognoserechnung die im Jahr 2007 angefallenen Vorlaufkosten.
Auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 15.2.2012 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2012 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für 2005 und 2006 vom 18.7.2007 bzw. 2.4.2008, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.3.2009, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der von ihr geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung der Ferienwohnung auf Y., weil es an einer entsprechenden Einkünfteerzielungsabsicht fehlt.
1. Die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin ist im Streitfall anhand einer Prognoserechnung zu überprüfen. Von dem Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht konnte schon deshalb nicht ohne weiteres ausgegangen werden, weil sich die Klägerin die Selbstnutzung der Wohnung vorbehalten hat.
a) Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhof – BFH – vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726).
Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z. B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676). Nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726). Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings, ob steuerbare Veräußerungsgewinne nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht einbezogen werden müssen (vgl. dazu Heuermann in Blümich, EStG/KStG/GewStG § 21 EStG Rz. 168 m.w.N.). Die Überschusserzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m. w. N.). Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteile vom 28.11.2007 IX R 9/06, BFHE 220, 63, BStBl II 2008, 515; vom 30.09.1997 IX R 80/94, BFHE 150, 325, BStBl II 1998, 771). Hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Ferienwohnungen hat die Rechtsprechung diesen Grundsatz wie folgt weiterentwickelt:
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob der Steuerpflichtige mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet hat, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden (BFHUrteile vom 29. August 2007 IX R 48/06, BFH/NV 2008, 34, und vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726). Die Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen muss schon dann überprüft werden, wenn er sich eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten hat; dies gilt unabhängig davon, ob er von seinem Eigennutzungsrecht tatsächlich Gebrauch macht (BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 48/06, BFH/NV 2008, 34, m.w.N.).
bb) Demgegenüber ist bei Ferienwohnungen, die ausschließlich an Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (vgl. z.B. das BFH-Urteil vom 19. August 2008 IX R 39/07, BFHE 222, 478, BStBl II 2009, 138, m.w.N.) ohne weitere Prüfung typisierend von der Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen auszugehen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen –abgesehen von Vermietungshindernissen– nicht erheblich (d.h. um mindestens 25 %) unterschreitet. Liegen die genannten zusätzlichen Voraussetzungen bei einer Ferienimmobilie nicht vor oder können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, muss die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose überprüft werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 2008 IX R 39/07, BFHE 222, 478, BStBl II 2009, 138, m.w.N.).
b) Die Klägerin hat sich gemäß Nr. 2 Satz 1 des Vermietungsauftrags EDV-Nr. XXXXXX vom 2.1.2002 die Selbstnutzung der Ferienwohnung für jährlich drei Wochen in der Zeit vom 1. Juni bis zum 15. September vorbehalten. Dass nach Satz 2 dieser Regelung eine vorherige schriftliche Mitteilung erforderlich ist, ist lediglich eine Modalität zur Ausübung dieses grundsätzlich bestehenden Selbstnutzungsrechts.
Darauf, dass die Klägerin bzw. ihre Gesellschafter von ihrem Eigennutzungsrecht im Streitjahr tatsächlich keinen Gebrauch gemacht haben, kommt es nicht an. Der Senat schließt sich insofern der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 48/06, BFH/NV 2008, 34, m.w.N.) an.
Auch der von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gesellschaftsvertrag, nach dessen § 11 (1) die Wohnung von den Gesellschaftern der Klägerin nicht genutzt werden sollte, ändert nichts an dem Umstand, dass sich die Klägerin nach dem Vermietungsauftrag gegenüber der Firma Z. das Recht zur Selbstnutzung vorbehalten hat. Diese – von der Klägerin behauptete – gesellschaftsvertragliche Regelung stellt allenfalls eine interne Abrede auf Seiten der Klägerin dar, die keine Außenwirkung gegenüber der Firma Z. entfaltete. Deshalb bedarf es keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob dieser Gesellschaftsvertrag tatsächlich im Dezember 1997 abgeschlossen wurde oder rückdatiert ist.
Das Vorbringen des Klägervertreters, man habe nicht darauf geachtet, die Passage zur Selbstnutzung unter Nr. 2 des Vermietungsauftrags vom 2.1.2002 zu streichen, wertet der Senat als Schutzbehauptung. Denn die Möglichkeit zur Selbstnutzung der Wohnung ist durch Nr. 2 des Vermietungsauftrags aus 2002 gegenüber dem vormaligen Vermietungsauftrag vom 18.5.1998 bzw. 28.5.1998 (dort Nr. 2) für die Klägerin sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch bezüglich der Ausübungsmodalitäten deutlich eingeschränkt worden. Der Vermietungsauftrag aus 2002 unterscheidet sich von demjenigen aus 1998 – abgesehen von der Streichung eines Satzes unter Nr. 5 des Vertrages – lediglich in diesem einen Punkt. Hätte die Klägerin ihr Selbstnutzungsrecht wirklich aufgeben wollen, hätte es nahe gelegen, Nr. 2 des Vermietungsauftrags vom 2.1.2002 vollständig zu streichen.
c) Im Übrigen hätte auch dann, wenn man abweichend von der vorstehend unter b) dargelegten Auffassung des Senats davon ausgehen würde, dass die Wohnung ohne Selbstnutzungsvorbehalt ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet wurde, das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht nicht typisierend als gegeben unterstellt werden dürfen.
Der Senat hat keine Anhaltspunkte für die Feststellung, dass die Belegzeiten der Ferienwohnung mit 57 Tagen in 2005 und 70 Tagen in 2006 (unter Berücksichtigung von weiteren 14 Tagen für Reparaturarbeiten in 2006) 75 % der ortsüblichen Vermietungstage erreicht haben. Die Klägerin selbst macht geltend, beim Erwerb des Objekts aufgrund der Angaben des Maklers von 182 jährlichen Vermietungstagen ausgegangen zu sein. Die von der Kurverwaltung Y. ermittelte Auslastung aller Beherbergungsbetriebe belief sich für die Streitjahre auf ca. 140 Tage. Den Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik lassen sich für Ferienhäuser auf Y. 119 Vermietungstage für 2005 (Bettenauslastung von 32,7) und 120 Vermietungstage für 2006 (Bettenauslastung von 33,0) entnehmen. Keine der vorgenannten Vergleichszahlen ist nach Ansicht des Senats jedoch ausreichend konkret, um einen Rückschluss auf die ortsüblichen Vermietungszeiten speziell für Ferienwohnungen auf der Insel Y. zuzulassen. Genauere Zahlen lassen sich nach der eigenen Einschätzung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr ermitteln. Dies geht zu Lasten der Klägerin, da sie die Feststellungslast für die ortsüblichen Vermietungstage trägt. Selbst wenn man – entgegen der Ansicht des Senats – zur Bestimmung der ortsüblichen Vermietungstage die vorgenannten Vergleichswerte gleichwohl heranziehen wollte, hätte die Klägerin in den Streitjahren nach keiner dieser Zahlen 75 % der ortsüblichen Vermietungstage erreicht. Nicht ersichtlich ist des Weiteren, dasseziell in den Streitjahren besondere Vermietungshindernisse (über die bereits berücksichtigte Renovierungszeit hinaus) bestanden hätten. Denn auch bezogen auf einen längeren Zeitraum von fünf Jahren (2002 bis 2006) läge der Durchschnittswert für die von der Klägerin erzielten Vermietungstage allenfalls bei 85 Tagen (Belegzeiten von 81 Tagen im Jahr 2002, 120/126 Tage im Jahr 2003, 81/74 Tage im Jahr 2004 sowie die o.g. Beleg- bzw. Renovierungszeiten in den Jahren 2005 und 2006) und damit ebenfalls unter 75 % des günstigsten der o.g. Vergleichswerte.
2. Die erforderliche Prognoserechnung führt im Streitfall zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht.
a) Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und anfallenden Werbungskosten ab (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660 m. w. N.). Die Steuerpflichtigen, die für das Vorhandensein der Überschusserzielungsabsicht die Feststellungslast tragen, müssen hierzu die objektiven Umstände vortragen, aufgrund derer sie im Beurteilungszeitraum erwarten konnten, einen Gesamtüberschuss zu erzielen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999 VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825, unter II. 3., m.w.N.). Zukünftig eintretende Faktoren sind in die Beurteilung nur einzubeziehen, wenn sie bei objektiver Betrachtung im Streitjahr vorhersehbar waren (BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267). Die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums können wichtige Anhaltspunkte liefern (BFH-Urteil in BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660 m. w. N.). Dies gilt umso mehr, wenn die zukünftige Bemessung eines Faktors unsicher ist (BFH-Urteil vom 6. November 2001, IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 m.w.N.).
Der Prognosezeitraum ist – wenn sich nicht aus objektiven Umständen eine Befristung der Nutzung und damit ein kürzerer Zeitraum ergibt – typisierend mit 30 Jahren, beginnend mit dem Erwerb des Objekts, zugrunde zu legen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726; IX R 34/97, BFH/NV 2002, 768). Mit Rücksicht auf den Verkauf des vermieteten Objekts ist dieser Prognosezeitraum nur dann abzukürzen, wenn der Vermieter schon beim Erwerb den späteren Verkauf ernsthaft in Betracht gezogen hat (BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 44/99, BFH/NV 2002, 773). Wird hingegen erst in späteren Jahren wegen fehlender Ertragsaussichten versucht, das Objekt zu verkaufen, lässt dies den Prognosezeitraum unberührt (vgl. BFH-Urteil vom 14. Januar 2003, IX R 74/00, BFH/NV 2003, 752).
Die im Prognosezeitraum voraussichtlich zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben sind zu schätzen. Soweit die Steuerpflichtigen für diese Schätzung keine ausreichenden objektiven Umstände über eine bereits im Veranlagungszeitraum ersichtliche zukünftige Entwicklung der Mieteinnahmen und Werbungskosten vortragen, sind die zukünftig zu erwartenden Einnahmen und Werbungskosten anhand des Durchschnitts der in der Vergangenheit in einem bestimmten Zeitraum (in der Regel in den fünf letzten Veranlagungszeiträumen) angefallenen Einnahmen und Werbungskosten zu schätzen (vgl. insoweit zu den Grundsätzen der Schätzung im Wege einer Prognose insbesondere BFH Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726).
Legen die Steuerpflichtigen dar, dass sie auf die in der Vergangenheit entstandenen Werbungskostenüberschüsse reagiert und die Art und Weise der Vermietung geändert haben, ist der Schätzung der Durchschnitt der Einnahmen und Ausgaben der zukünftigen (z.B. fünf) Veranlagungszeiträume zugrunde zu legen, in denen sich die im (jeweiligen) Streitjahr objektiv erkennbar angelegten Maßnahmen erstmals ausgewirkt haben. Die sich so ergebenden Einnahmen und Ausgaben sind auf den Rest des Prognosezeitraums hochzurechnen; dieser beginnt mit dem Erwerb oder der Herstellung der Ferienwohnung (BFH Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726). Die frühere – unwirtschaftlichere – Vermietungstätigkeit wirkt sich in diesem Fall also nicht aus (Heuermann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 21 EStG Rz. 218).
b) Im Streitfall beginnt der Prognosezeitraum mit dem Erwerb der Ferienwohnung im Jahr 1997. Da die Klägerin die spätere Veräußerung des Objekts nicht bereits zu diesem Zeitpunkt, sondern erst im Jahr 2003 als Reaktion auf die zwischenzeitlich erkannte Unwirtschaftlichkeit der Vermietung ernsthaft in Betracht zog, bleibt es bei der grundsätzlichen Dauer des Prognosezeitraums von 30 Jahren.
c) Innerhalb des vorgenannten Prognosezeitraums war nicht mit einem Einnahmeüberschuss zu rechnen.
aa) Die wichtige Anhaltspunkte für die Prognose liefernden Vergangenheitswerte lassen keine Einkünfteerzielungsabsicht erkennen. In den ersten 9 Jahren des Prognosezeitraums (von 1997 bis 2006) sind Werbungskostenüberschüsse von insgesamt ./. 131.767 EUR angefallen. Ausgehend von den Vergangenheitswerten war mit dem Ausgleich dieser Verluste in den verbleibenden 21 Jahren des Prognosezeitraums nicht zu rechnen. In sämtlichen Streitjahren und Vorstreitjahren ist es zu Werbungskostenüberschüssen gekommen. Die nach der BFH-Rechtsprechung vorzunehmenden Sicherheitszu- und abschläge führen zu keinem anderen Ergebnis (Beträge 1998 bis 2001 umgerechnet in EUR, alle Beträge auf volle EUR gerundet):
Einnahmen | Werbungskosten | |
1997 | 0 EUR | 4.264 EUR |
1998 | 5.754 EUR | 25.390 EUR |
1999 | 8.282 EUR | 18.332 EUR |
2000 | 6.128 EUR | 19.382 EUR |
2001 | 6.158 EUR | 21.802 EUR |
2002 | 5.741 EUR | 22.130 EUR |
2003 | 7.015 EUR | 20.662 EUR |
2004 | 5.068 EUR | 17.466 EUR |
2005 | 3.970 EUR | 18.063 EUR |
2006 | 4.837 EUR | 17.230 EUR |
52.953 EUR | 184.721 EUR | |
Sicherheitszu- bzw. -abschlag 10 % | 5.296 EUR | ./. 18.472 EUR |
58.249 EUR | 166.249 EUR |
Im Übrigen käme es im Ergebnis selbst dann nicht zu einem Totalüberschuss, wenn man für den verbleibenden Prognosezeitraum von 2007 bis 2026 die Zahlen, die die Klägerin selbst in ihrer als „Überschussprognose” bezeichneten Berechnung aufführt, zugrunde legen würde. Ausweislich der von der Klägerin genannten Zahlen wäre im Zeitraum von 2007 bis 2026 mit einem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten von 26.694 EUR zu rechnen gewesen. Ein Ausgleich der bis 2006 bereits aufgelaufenen Verluste von mehr als 130.000 EUR wäre also nicht zu erwarten gewesen.
bb) Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass aufgrund einer auf realistischen Grundannahmen beruhenden Prognose im Zeitpunkt des Erwerbs der Ferienwohnung mit einem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu rechnen gewesen wäre und die tatsächlich erzielten Werbungskostenüberschüsse auf unerwarteten Umständen beruhten. Insbesondere rechtfertigt die von der Klägerin erstellte Berechnung keine derartige Annahme.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung nicht einmal ansatzweise darlegen können, dass die für die Firma Z anfallenden Provisionen in Höhe von 15 % der jeweiligen Miete zzgl. Mehrwertsteuer in ihre Kalkulation eingeflossen wäre. Die tatsächlichen „sonstigen” Werbungskosten i.H.v. von 4.500 bis 6.500 EUR weichen durchgehend erheblich von den geplanten „sonstigen” Werbungskosten i.H.v. 3.250 EUR bis 3.750 EUR ab. Außerdem wurden in der Vorplanung die Abschreibungen auf die Einrichtungsgegenstände nicht berücksichtigt. Nicht nachvollziehbar sind auch die von der Klägerin in ihrer Berechnung zugrunde gelegten 182 Vermietungstage pro Jahr. Die Klägerin hat ihre Behauptung, die entsprechenden Angaben stammten vom Makler, der ihr die Wohnung vermittelt habe, nicht nachgewiesen. Im Übrigen entspricht es der Lebenserfahrung und kaufmännischer Vorsicht, sich nicht allein auf die Angaben einer Person zu verlassen, die selbst ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Vermittlung eines Objektes hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um geschätzte Werte handelt, denen keine belastbaren Vergangenheitswerte zugrunde liegen. Denn nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hatte der Veräußerer der Wohnung diese nicht vermietet, sondern selbst genutzt.
dd) Die Klägerin hat keine Maßnahmen ergriffen, von denen – bei objektiver Betrachtung aus Sicht des Streitzeitraums – in der Zukunft zu erwarten gewesen wäre, dass sie die Einnahmen derart erhöhen oder die Werbungskosten voraussichtlich so senken würden, dass für den Rest des Prognosezeitraums Einnahmeüberschüsse entstehen könnten. Die Klägerin hat lediglich vage Planungserwägungen vorgetragen, etwa dass das Darlehen durch Eigenkapital hätte abgelöst werden sollen und es geplant gewesen sei, die Wohnung über eine eigene Internetseite zu vermarkten. Konkrete Handlungen, um diese Ziele zu erreichen, konnte der Senat aus Sicht der Streitjahre nicht feststellen. Vielmehr spricht die geltend gemachte Verkaufsabsicht seit dem Jahr 2003 eher gegen eine Einkünfteerzielungsabsicht (auch) für den restlichen Prognosezeitraum. Der Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung im Jahr 2008 muss insoweit außer Betracht bleiben. Dies gilt unabhängig von der Streitfrage, ob Veräußerungsgewinne nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht einbezogen werden müssen. Denn im Streitfall veräußerte die Klägerin die Wohnung außerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Ein steuerbarer Gewinn fiel somit nicht an. Außerdem liegt zwischen der geltend gemachten Verkaufsabsicht seit dem Jahr 2003 und der tatsächlichen Veräußerung im Jahr 2008 ein derart ungewöhnlich langer Zeitraum, dass nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass ausgehend von den Streitjahren eine Veräußerung noch vor Ablauf des Zehnjahreszeitraums i.S. des § 23 EStG ernstlich beabsichtigt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.