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  • 29.08.2013

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 26.03.2013 – 4 K 1244/09

    1. Werden mehrere zum Betriebsvermögen gehörende Kraftfahrzeuge vom Unternehmer oder seinen Angehörigen privat genutzt, ist
    der pauschale Nutzungswert nach der 1 %-Regel grundsätzlich für jedes Fahrzeug auch dann anzusetzen, wenn die Fahrzeuge ausschließlich
    von einer Person privat genutzt werden. Dass nur eines der Fahrzeuge der 1 %-Regel unterliegt, erfordert, dass die übrigen
    Fahrzeuge nicht privat genutzt werden.


    2. Die Beachtung der für Aufwendungen eines häuslichen Arbeitszimmers geltenden besonderen Aufzeichnungspflicht gem. § 4 Abs.
    7 S. 1 EStG ist materiell-rechtliche Voraussetzung für ihre Anerkennung als Betriebsausgabe. Bei nicht gem. § 146 Abs. 1 S.
    1 AO zeitgerecht und damit zeitnah geführten Aufzeichnungen scheidet ein Betriebsausgabenabzug aus.


    3. Der für die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. notwendige Finanzierungszusammenhang zwischen der
    Rücklagenbildung und der Investition liegt nicht vor, wenn die Rücklagenbildung aufgrund der nach der Betriebsprüfung festgesetzten
    Mehrsteuern erfolgt. Ein im Nachhinein entstandenes allgemeines Liquiditäts- und Steuerstundungsbedürfnis rechtfertigt die
    Rücklagenbildung nicht.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit


    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 4. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. März 2013 durch den Vorsitzenden
    Richter am Finanzgericht Görlitz, die Richterin am Finanzgericht Gradl, den Richter am Finanzgericht Keilig, den ehrenamtlichen
    Richter … und den ehrenamtlichen Richter …


    für Recht erkannt:


    Die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2003 vom
    17. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. August 2009 werden aufgehoben, soweit darin die Hälfte der
    für den Telefonanschluss im Wohnhaus des Klägers geltend gemachten Kosten von 659 EUR (2001), 812 EUR (2002) und 739 EUR (2003)
    nicht berücksichtigt wurde.


    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


    Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.


    Tatbestand

    Der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer von ihm 1998 gegründeten Kraftfahrzeug-Lackiererei. Er ermittelte
    den Gewinn in den Streitjahren gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).


    Er hatte für seinen Betrieb einen Pkw Volvo geleast und in der laufenden Buchhaltung der Streitjahre eine private Nutzung
    nach der sog. 1 %-Regelung berücksichtigt. Für einen weiteren zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw Mitsubishi Pajero und deren
    im April 2001 bzw. Dezember 2003 angeschaffte Nachfolger vom selben Typ war ein Privatanteil nicht angesetzt worden, obwohl
    diese Fahrzeuge „ausnahmsweise nach Feierabend” auch für private Fahrten durch den Kläger genutzt worden waren.


    In den Jahren 2003 und 2005 hatte er verschiedene Wirtschaftsgüter angeschafft, und zwar den genannten neuen Pkw Pajero für
    44.558,00 EUR, eine Lackierkabine für 23.362,07 EUR, eine Absauganlage für 2.691,75 EUR, eine Hebebühne für 5.129,36 EUR und
    ein Sektionaltor für 2.504,84 EUR. Für die folgenden Jahre bis 2008 plante der Kläger die Anschaffung weiterer Wirtschaftsgüter,
    und zwar eines neuen Pkw für 30.000,00 EUR, eines Autotransporters für 65.000,00 EUR, eines Bremsenprüfstands für 2.500,00
    EUR und einer weiteren Hebebühne für 2.500,00 EUR.


    In den im Anschluss an eine Betriebsprüfung geänderten Bescheiden setzte der Beklagte eine Nutzungsentnahme für beide Pkw
    an. Die vom Kläger zum Abschluss der Prüfung erstmals geltend gemachten Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer
    und für die ebenfalls jetzt erst erfolgte Bildung einer Ansparrücklage für die Streitjahre erkannte er nicht an.


    Gegen die entsprechenden Bescheide erhob der Kläger jeweils Einspruch. Die Einsprüche wies der Beklagte mit Entscheidung vom
    27. August 2009 zurück, wobei er gemäß § 129 Abgabenordnung (AO) auch (hier unstreitige) Fehler berichtigte. Dagegen richtet
    sich die vorliegende Klage.


    1. Nach Ansicht des Klägers ist der Gewinn nur um den Wert der privaten Nutzung des Pajero zu erhöhen. Das von ihm geführte
    Fahrtenbuch beweise, dass der Volvo ausschließlich betrieblich verwendet worden sei. Entgegen der Annahme des Beklagten habe
    auch die damalige Lebensgefährtin und heutige Ehefrau des Klägers, Frau A., das Fahrzeug nicht benutzt. Ihren Arbeitsweg habe
    sie vielmehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt und dabei auch die behinderte Tochter mitgenommen.


    In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen Vortrag dahingehend korrigiert, dass es sich bei dem Pkw Volvo von Anfang
    an um das „Familienfahrzeug” gehandelt habe.


    2. Ferner sei der Gewinn um die Aufwendungen für einen in seinem privaten Wohnhaus belegenen Raum zu mindern, der u.a. mit
    einem Schreibtisch ausgestattet sei und in dem er seine betrieblichen Büroarbeiten erledige und die betrieblichen Unterlagen
    aufbewahre. In den gemieteten Werkstatträumen habe ein für die Erledigung von Büroarbeiten geeigneter Arbeitsplatz nicht zur
    Verfügung gestanden. Der Umfang dieser Arbeiten sei erheblich, betrage jedoch weniger als die Hälfte seiner gesamten betrieblichen
    Betätigung.


    Außerdem vertrete das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in einer Entscheidung vom 19. Januar 2012 (4 K 1270/09) die Ansicht, Aufwendungen
    für ein häusliches Arbeitszimmer unterlägen nicht dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, wenn dem Arbeitnehmer
    zwar ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, er aber auf Grund einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber gehalten sei,
    seine Arbeitsleistung an mehreren Tagen in der Woche an einem im häuslichen Bereich belegenen Telearbeitsplatz zu erbringen.
    Der vorliegende Sachverhalt sei zwar mit dieser besonderen Konstellation nicht zu vergleichen. Der Entscheidung des Finanzgerichts
    Rheinland-Pfalz sei jedoch der Kernsatz zu entnehmen, dass zwischen dem typischen häuslichen Arbeitszimmer und einem in den
    häuslichen Bereich ausgelagerten Arbeitsplatz zu unterscheiden sei. Weil er in seiner Werkstatt keinen Büroraum gehabt habe,
    sei es auch für ihn unvermeidbar gewesen, seine Büroarbeiten im häuslichen Bereich zu erledigen. So wie im Fall des Finanzgerichts
    Rheinland-Pfalz der dortige Kläger als Arbeitnehmer an zwei Tagen außerhalb seines Büros habe tätig werden müssen, so habe
    auch er, der Kläger, einen Teil seiner Arbeitszeit außerhalb seiner Werkstatt, nämlich in seiner Wohnung, verbringen müssen,
    um dort die mit seinem Betrieb verbundenen Büroangelegenheiten erledigen zu können.


    3. Eine Herabsetzung des Gewinns müsse auch wegen der nach Abschluss der Betriebsprüfung im Jahr 2007 beantragten Ansparabschreibung
    noch erfolgen. Entgegen der Ansicht des Beklagten fehle der nötige Finanzierungszusammenhang nicht, weil ihm als Existenzgründer
    die Anschaffung innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraums zugestanden habe. In den vom Beklagten zitierten Urteilen habe entweder
    eine Investition gar nicht stattgefunden oder habe wegen Ablaufs der Zwei- bzw. Fünf-Jahresfrist nicht mehr nachgeholt werden
    können. Er habe die Investitionen dagegen bereits innerhalb dieser Fristen vorgenommen oder habe sie noch innerhalb dieser
    Fristen vornehmen können.


    Der Finanzierungszusammenhang könne nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. April 2008 (VIII R 62/06) lediglich
    dann verneint werden, wenn die Gründe eines Steuerpflichtigen, die Folgen eines die Einkommensteuer erhöhenden Änderungsbescheides
    zu beseitigen, außerhalb des Betriebes lägen. Verfolge der Steuerpflichtige dagegen das Ziel, die aus der Steuererhöhung resultierende
    Liquiditätsbelastung für sein Unternehmen zu beseitigen, so sei ein Finanzierungszusammenhang zu bejahen. Damit der vom Gesetzgeber
    gewollte Zweck erreicht werde, müsse mithin auch eine nachträglich gebildete Rücklage – bis zur Höhe der sich aus einer Betriebsprüfung
    ergebenden Mehrbelastung – anerkannt werden, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Richtigkeit der bisherigen steuerlichen
    Behandlung zunächst davon ausgegangen sei, dass seine Liquidität auch ohne die Einstellung einer Ansparrücklage ausreichen
    werde.


    Außerdem habe der BFH in seinem Urteil vom 14. August 2001 (XI R 18/01) nicht näher ausgeführt, weshalb ein Zwei-Jahreszeitraum
    für den Wegfall des Finanzierungszusammenhangs typisch sein solle. Offensichtlich habe er sich an der Investitionsfrist orientiert.
    Da es sich bei ihm, dem Kläger, aber um einen Existenzgründer handele, müsse in jedem Fall anstelle des Zwei-Jahreszeitraum
    ein Fünf-Jahreszeitraum für die Wahrung des Finanzierungszusammenhanges zur Anwendung kommen.


    Schließlich könne nach dem zum Investitionsabzugbetrag ergangenen Urteil des BFH vom 17. Januar 2012 (VIII R 48/10) der damit
    verfolgte Zweck der Förderung der Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe auch noch erreicht werden, wenn er sich
    erst geraume Zeit später auf die Liquidität auswirke. Auf den rechnerischen Nachvollzug der Investitionserleichterung komme
    es nicht an.


    Nachdem der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge zurückgenommen hat, beantragt
    er nunmehr nur noch,


    die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 17. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
    vom 27. August 2009 aufzuheben, soweit darin höhere Einkünfte aus Gewerbebetrieb als 42.601,59 EUR (2001), 52.414,77 EUR (2002)
    bzw. 62.044,45 EUR (2003) festgestellt werden, sowie


    die Umsatzsteuerbescheide vom 17. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. August 2009 aufzuheben, soweit
    darin eine höhere Steuer als 25.870,25 EUR (2001), 31.519,44 EUR (2002) bzw. 20.807,34 EUR (2003) festgesetzt ist.


    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Gewinne der Streitjahre seien nicht in der vom Kläger begehrten Höhe herabzusetzen.

    Es verbleibe bei dem Ansatz eines Privatanteils für die Nutzung des Volvos. Das Fahrtenbuch sei zu verwerfen, weil es infolge
    seines einheitlichen Schriftbildes und der verspäteten Vorlage nachträglich erstellt zu sein scheine. Die Besteuerung des
    privaten Nutzungsanteils des Pajeros vermöge nicht den Anscheinsbeweis der Privatnutzung des Volvos zu entkräften. Es erscheine
    unglaubhaft, dass die damalige Lebensgefährtin und heutige Ehefrau des Klägers den Volvo nicht privat genutzt habe, denn ihre
    Arbeitsstelle und die Schule der behinderten Tochter hätten sich in Halle befunden und auf sie sei in den Streitjahren kein
    PKW zugelassen gewesen.


    Die Voraussetzungen für die gewinnmindernde Anerkennung von Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer lägen nicht
    vor. Bei einem Kfz-Lackierbetrieb könne ein häusliches Arbeitszimmer schon nach der Natur der verrichteten Arbeiten nicht
    der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen sein. Auch habe der Kläger eingeräumt,
    dass ein hälftiger Nutzungsanteil nicht erreicht werde.


    Die in Zusammenhang mit der Betriebsprüfung begehrte Ansparrücklage dürfe für die Vergangenheit nicht gebildet werden, weil
    es an dem erforderlichen Finanzierungszusammenhang mit der Investition fehle.


    Dem Gericht haben zwei Bände Steuerakten (Einsprüche und Betriebsprüfung) sowie eine Heftung (Überschussrechnungen) vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

    1. Mit Ausnahme der Nichtberücksichtigung der Hälfte der für den Telefonanschluss im Wohnhaus des Klägers geltend gemachten
    Kosten von 659 EUR (2001), 812 EUR (2002) und 739 EUR (2003) hat der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers
    für die Streitjahre zutreffend festgestellt.


    a) Der Beklagte hat in den Streitjahren zu Recht eine Entnahme für die private Nutzung beider zum Betriebsvermögen des Klägers
    gehörender Pkw berücksichtigt.


    Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung (EStG) ist die private Nutzung eines Kfz für
    jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen
    einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Diese pauschale Bewertungsregel beruht auf dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass
    bestimmte Arten von Kfz, namentlich vor allem Pkw und Krafträder, typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für
    private Zwecke genutzt werden (BFH Urteil vom 13.02.2003 – X R 23/01, BStBl II 2003, 472; BFH Beschluss vom 18.10.2007 – VIII
    B 212/06, BFH/NV 2008, 210).


    Gehören gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, so ist der pauschale Nutzungswert grundsätzlich für jedes
    Fahrzeug anzusetzen, das vom Unternehmer oder von zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen für Privatfahrten genutzt wird.
    Es ist inzwischen höchstrichterlich geklärt, dass dies auch dann gilt, wenn feststeht, dass ausschließlich eine Person die
    Fahrzeuge auch privat genutzt hat (BFH Urteil vom 09.03.2010 – VIII R 24/08, BStBl II 2010, 903; BFH Beschluss vom 26.04.2010
    VIII B 258/09, BFH/NV 2010, 1440).


    Im Streitfall hat der Kläger angeben, der Volvo sei das „Familienfahrzeug” gewesen, und hinsichtlich des Pajero eingeräumt,
    diesen Pkw auch privat genutzt haben, wenngleich dies nur sehr selten erfolgt sein soll. Damit ist nach Ansicht des Senats
    von einer privaten Nutzung beider Fahrzeuge auszugehen.


    Da der Kläger aber für keines der beiden Fahrzeuge ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt hat, das gemäß § 6 Abs. 1 Nr.
    4 Satz 3 EStG Beweis für den tatsächlichen Umfang der privaten Nutzung erbringen könnte, muss es beim Ansatz der 1-v.H.-Regel
    für beide Pkw bleiben.


    Soweit der Kläger dagegen einwendet, er habe im Vertrauen auf den Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 21. Januar
    2002 (IV A 6 – S 2177 – 1/02, BStBl I 2002,148) von der Führung eines Fahrtenbuches für den Pajero abgesehen, so vermag auch
    dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn auch nach diesem Erlass hätte der Kläger nicht von der Führung eines Fahrtenbuches
    für den Pajero absehen dürfen, wenn er wegen der von ihm behaupteten geringen privaten Nutzung dieses Fahrzeugs nur eines
    der beiden Fahrzeuge der 1-v.H.-Regel hätte unterwerfen wollen. Denn nach Rdnr. 9 des Erlasses, auf die sich der Kläger insoweit
    bezieht, ist nur dann der pauschalen Nutzungswertermittlung aus allen vom Steuerpflichtigen privat mit genutzten Kraftfahrzeugen
    (allein) das Fahrzeug mit dem höchsten Listenpreis zugrunde zu legen, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft machen kann, dass
    die betrieblichen Kraftfahrzeuge durch Personen, die zu seiner Privatsphäre gehören, (gar) nicht genutzt werden. Gerade diesen
    Nachweis kann der Kläger aber nicht führen.


    b) Der Beklagte hat für den betrieblich genutzten Raum im Wohnhaus des Klägers – mit Ausnahme der hälftigen Kosten des Telefonanschlusses
    – in den Streitjahren zu Recht keine Betriebsausgaben berücksichtigt.


    Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Nach Abs. 5 Satz 1 Nr.
    6b dieser Vorschrift dürfen jedoch die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten seiner Ausstattung den
    Gewinn nicht mindern. Dies gilt nur dann nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als
    50 vom Hundert der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche
    Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400
    DM (ab 2002: 1.250 EUR) begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt lediglich dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt
    der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.


    aa) Bei dem betrieblich genutzten Raum im Wohnhaus des Klägers handelt es sich um ein häusliches Arbeitszimmer. Der Begriff
    des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt.


    Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein häusliches Arbeitszimmer ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach
    in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder
    verwaltungstechnischer bzw. -organisatorischer Arbeiten dient (Urteil vom 22.11.2006 – X R 1/05, BStBl II 2007, 304, m.w.N.).
    Dieser Begriffsbestimmung schließt sich der erkennende Senat an.


    Aus dem Wesen des Typus des „häuslichen Arbeitszimmers” folgt, dass seine Grenzen fließend sind und dass es Übergangsformen
    gibt. Der jeweilige Sachverhalt muss dem Typus wertend zugeordnet werden; entscheidend ist dabei das sich aus den konkreten
    Verhältnissen ergebende Gesamtbild (BFH Urteil vom 19.09.2002 – VI R 70/01, BStBl II 2003, 139). Ob ein Raum als häusliches
    Arbeitszimmer anzusehen ist, lässt sich daher nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden.
    Ist eine Zuordnung zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht möglich, so sind weiterhin
    die von der Rechtsprechung zu § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entwickelten Kriterien zur Abgrenzung einer nahezu ausschließlich betrieblichen
    Veranlassung der Nutzung gegenüber einer nicht unwesentlichen privaten Mitveranlassung zu berücksichtigen (BFH Urteil vom
    22.11.2006 – X R 1/05, a.a.O., m.w.N.).


    Das häusliche Arbeitszimmer ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale
    Möbelstück ist. Aber auch ein beruflich genutzter Archivraum, in dem Bücher, Akten und Unterlagen aufbewahrt, gesichtet und
    herausgesucht werden, kann der vorbereitenden und unterstützenden Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer
    Arbeiten dienen und dadurch (Teil-)Funktionen erfüllen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs.
    5 Satz 1 Nr. 6b EStG zukommen (BFH Urteil vom 22.11.2006 – X R 1/05, a.a.O., m.w.N.).


    Nach diesen Grundsätzen ist der mit einem Schreibtisch und Regalen ausgestattete Raum im Wohnhaus des Klägers als Arbeitszimmer
    anzusehen.


    bb) Allerdings sind die Voraussetzungen für den Abzug der mit diesem Raum verbundenen Kosten nicht erfüllt. Zum einen hat
    der Kläger selbst eingeräumt, dass die Nutzung des Arbeitszimmers nicht mehr als die Hälfte seiner gesamten betrieblichen
    und beruflichen Tätigkeit umfasst. Aber auch, wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass ihm in den gemieteten Werkstatträumen
    in den Streitjahren kein Büroarbeitsplatz zur Verfügung stand, ändert sich daran nichts.


    Denn als weitere Voraussetzung für die Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind diese gemäß
    § 4 Abs. 7 Satz 1 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Die Beachtung dieser besonderen
    Aufzeichnungspflicht ist materiell-rechtliche Voraussetzung für ihre Anerkennung als Betriebsausgabe. Diese Aufzeichnungen
    müssen gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 AO zeitgerecht und damit zeitnah erfolgen. Der BFH hat eine monatliche Aufgliederung schon
    als nicht mehr ausreichend angesehen. Auf keinen Fall genüg es, wenn eine Aufgliederung erstmals nach Ablauf mehrerer Geschäftsjahre
    vorgenommen wird (BFH Urteil 22.01.1988 – III R 171/82, BStBl II 1988, 535, m.w.N.).


    So ist es aber im Streitfall. Ausweislich des Aktenvermerkes über die Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung vom 26. Juni
    2007 machte der Kläger erstmals anlässlich dieses Termins entsprechende Betriebsausgaben geltend. Der Kostennachweis hierzu
    sollte erst noch erfolgen. Dies bedeutet, dass die Buchführung des Klägers für die Streitjahre im Juni 2007 (noch) keine gesonderten
    Aufzeichnungen dieser Kosten enthielt, was der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt hat.


    Demgegenüber kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf den Beschluss BFH vom 25. August 2009 (VI B 69/09, BStBl II 2009,
    826) berufen. Zwar hat es der BFH in diesem Beschluss für ernstlich zweifelhaft gehalten, ob das ab dem Veranlagungszeitraum
    2007 geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verfassungsgemäß ist. Im Streitfall geht es aber um § 4 Abs.
    5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der vorher gültigen Fassung, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist (Bundesverfassungsgericht [BVerfG]
    Beschluss vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767, und Urteil vom 07.12.1999 – 2 BvR 301/98, BStBl II 2000, 162).


    Auch das – im Übrigen nicht rechtskräftige – Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 (4 K 1270/09, EFG
    2012, 1625) vermag die Position des Klägers nicht zu stützen. Der Kläger räumt selbst ein, dass der vorliegende Sachverhalt
    mit dem vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz zu entscheidenden Fall nicht zu vergleichen ist.


    c) Schließlich hat der Beklagte in den Streitjahren auch die Anerkennung der Bildung einer Ansparrücklage zu Recht abgelehnt.

    Gemäß § 7g Abs. 3 bis 6 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen
    Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Nach ständiger höchstrichterlicher
    Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, ist jedoch Voraussetzung, dass zwischen der Investition (und
    der ihr vorangehenden Investitionsabsicht) einerseits und der Rücklagenbildung andererseits ein zeitlicher und sachlicher
    Zusammenhang besteht.


    Entgegen der Ansicht des Klägers fehlt es an diesem sog. Finanzierungszusammenhang.

    So stellt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BFH Urteil vom 29.04.2008 – VIII R 62/06, BStBl II 2008, 747) der Tatbestand
    des § 7g Abs. 3 EStG auf die künftige Anschaffung ab und verwendet den Begriff der Ansparabschreibung. Diese hat den Zweck,
    die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe dadurch zu verbessern, dass deren Liquidität und Eigenkapitalbildung
    unterstützt und deren Investitions- und Innovationskraft gestärkt werden (BFH Urteile vom 14.08.2001 – XI R 18/01, BStBl II
    2004, 181, und vom 27.10.2004 – VIII R 35/04, BStBl II 2008, 737). Mit Hilfe der Rücklage, die zu einer Steuerstundung führt,
    sollen Mittel angespart werden können, um dem Unternehmen die Finanzierung der Investition zu erleichtern. Die Rücklage bewirkt
    die Vorverlagerung des Abschreibungspotentials und fördert die Innenfinanzierung einer Investition, indem der Kreditbedarf
    verringert wird (vgl. Lambrecht in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7g Rdnr. A 1).


    Dieser Zweck der Rücklage verlangt in zeitlicher Hinsicht, dass die Rücklage die ihr zugedachte Funktion der Finanzierungserleichterung
    auch erfüllen kann. Zwischen der Bildung der Rücklage und der Investition muss ein „Finanzierungszusammenhang” bestehen (BFH
    Urteile vom 14.08.2001 – XI R 18/01, a.a.O., und vom 29.11.2007 – IV R 82/05, BStBl II 2008, 471). Dieser kann im Hinblick
    auf die Frist von zwei Jahren für die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter, für die die Rücklage gebildet wurde,
    zwar auch dann noch gegeben sein, wenn die Bilanz für das Jahr der Rücklage erst nach der Anschaffung oder Herstellung aufgestellt
    wird. Voraussetzung bleibt aber, dass auch diese nach der Anschaffung gebildete Rücklage der Investitionserleichterung dient
    (BFH Urteil vom 14.08.2001 – XI R 18/01, a.a.O.).


    Dieser Zusammenhang fehlt unter anderem, wenn – wie im Streitfall – die Bildung der Rücklage erstmals später als zwei Jahre
    nach Anschaffung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht wird (BFH-Urteile vom 14.08.2001 – XI R 18/01, a.a.O.). Aber auch dann,
    wenn die Entscheidung für die Bildung der Rücklage erst nach der Anschaffung getroffen wird und dafür nach dem Anschaffungszeitpunkt
    entstandene und nicht investitionsbezogene Gründe maßgeblich sind, muss der erforderliche Finanzierungszusammenhang verneint
    werden. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Rücklage erst nach dem Anschaffungsjahr allein wegen einer zwischenzeitlichen Änderung
    der Einkommensteuerfestsetzung für das Investitionsjahr gebildet wird, um die aufgrund des Änderungsbescheids überschrittene
    Einkommensgrenze für die Begünstigung nach § 10e EStG erneut zu unterschreiten (BFH Urteil vom 29.04.2008 – VIII R 62/06,
    BStBl II 2008, 747), oder wenn die Ansparabschreibung ersichtlich nicht im Hinblick auf bestimmte geplante Investitionen,
    sondern aufgrund eines im Nachhinein, insbesondere in der Folge eines Mehrergebnisses nach einer Außenprüfung, erkannten Liquiditäts-
    und Steuerstundungsbedürfnisses, gebildet wird (Finanzgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 25.03.2008 – 12 V 12287/07,
    EFG 2008, 1279). Daran ändert sich auch nichts, wenn die Rücklage innerhalb von zwei Jahren nach Anschaffung oder Herstellung
    des Wirtschaftsguts geltend gemacht wird. Denn auch in diesem Fall beruht die Investition nicht – wie von § 7g EStG vorausgesetzt
    – auf dem Zweck der Ansparabschreibung, diese Investition zu erleichtern (BFH-Urteile vom 14.08.2001 – XI R 18/01, a.a.O.,
    und vom 27.10.2004 – VIII R 35/04, a.a.O.; insbesondere bestätigt durch BFH Urteil vom 08.11.2006 – I R 89/05, BFH/NV 2007,
    671).


    Dieser zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen der Investition (und der ihr vorangehenden Investitionsabsicht) einerseits
    und der Rücklagenbildung andererseits ist im Streitfall nicht gegeben. Denn der Kläger trägt selbst vor, dass sein Motiv für
    die späte Rücklagenbildung die nach der Betriebsprüfung festgesetzten Mehrsteuern sind. Es erübrigt sich daher, den Zeitpunkt
    der Anschaffung zu dem der Rücklagenbildung – auch unter der vom Kläger behaupteten Verlängerung für Existenzgründer – in
    Bezug zu setzen. Das hier im Nachhinein entstandene allgemeine Liquiditäts- und Steuerstundungsbedürfnis des Klägers rechtfertigt
    – wie oben dargelegt – die Rücklagenbildung nicht.


    Daran ändert auch das Urteil des BFH vom 17. Januar 2012 (VIII R 48/10, BFH/NV 2012, 1038) nichts. Darin erteilt der BFH lediglich
    bestimmten zeitlichen Grenzen für die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages (§ 7g EStG n.F.) bzw. für die Bildung
    einer Ansparrücklage (§ 7g EStG a.F.) eine Absage. Er hält aber an der Funktion des Finanzierungszusammenhangs fest, solche
    Fälle auszusondern, in denen die Ansparrücklage – wie im Streitfall – zur Steuergestaltung genutzt wird, ohne tatsächlich
    dem Zweck der Investitionserleichterung zu dienen.


    2. Der Beklagte hat auch die Umsatzsteuer für das Unternehmen des Klägers für die Streitjahre – mit Ausnahme der Nichtberücksichtigung
    der hälftigen unternehmerischen Nutzung des Telefonanschlusses im Wohnhaus des Klägers – zutreffend festgesetzt.


    Soweit nach dem Vorstehenden keine Änderungen an der ertragsteuerlichen Behandlung des streitigen Sachverhalts durch den Beklagten
    erforderlich sind, besteht auch kein Anlass, die Umsatzsteuerfestsetzungen hinsichtlich des Eigenverbrauchs und der Vorsteuern
    im Zusammenhang mit der privaten Pkw-Nutzung zu ändern.


    Lediglich hinsichtlich des Eigenverbrauchs und der Vorsteuern im Zusammenhang mit der unternehmerischen Nutzung des Telefonanschlusses
    im Wohnhaus des Klägers hat der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre entsprechend zu ändern.


    3. Die Kostenentscheidung beruht – soweit der Kläger die Klage zurück genommen hat – auf § 136 Abs. 2, im Übrigen auf § 136
    Abs. 1 Satz 3 Finanzgerichtsordnung (FGO).

    VorschriftenEStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, EStG § 4 Abs. 7 S. 1, EStG § 12 Nr. 1 S. 2, EStG § 4 Abs. 4, AO § 146 Abs. 1 S. 1