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  • · Fachbeitrag · Löhne und Gehälter

    Steuerliche Reisekostenreform (Teil 2): Weitere Änderungen im Überblick

    von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Dipl.-Finw., Bielefeld

    | Kernelement der steuerlichen Reisekostenreform ist sicherlich der neue Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ (vgl. hierzu Teil 1 in MBP 13, 194 ). Darüber hinaus muss sich der steuerliche Berater zum 1.1.14 auf weitere Änderungen einstellen. Zu nennen sind hier insbesondere die Neuregelungen beim Verpflegungsmehraufwand und die Behandlung der Mahlzeitengestellung während einer Auswärtstätigkeit. Aber auch bei der doppelten Haushaltsführung und bei Auswärtstätigkeiten sind Neuerungen zu beachten. |

    1. Neuordnung beim Verpflegungsmehraufwand

    Die gesetzlichen Änderungen im Bereich des Verpflegungsmehraufwands betreffen im Wesentlichen die neue Staffelung der Verpflegungspauschalen sowie die neue Unterbrechungsregelung bei der Dreimonatsfrist.

     

    1.1 Staffelung bei den Verpflegungspauschalen

    Durch die Neuregelung in § 9 Abs. 4a S. 2 ff. EStG können bei einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit im Inland folgende Verpflegungspauschalen steuerfrei gezahlt werden:

     

    • Für eintägige Dienstreisen ohne Übernachtung mit einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden (bisher mindestens 8 Stunden) kann eine Pauschale von 12 EUR berücksichtigt werden.

     

    • Beachten Sie | Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer seine Auswärtstätigkeit über Nacht (also an zwei Kalendertagen) ausübt - somit nicht übernachtet - und dadurch ebenfalls insgesamt mehr als 8 Stunden abwesend ist (BMF 30.9.13, IV C 5 - S 2353/13/10004, Tz. 46, Abruf-Nr. 133145).

     

    • Bei mehrtägigen Dienstreisen bleibt es bei einer Pauschale von 24 EUR, wenn der Arbeitnehmer volle 24 Stunden abwesend ist (Zwischentag).

     

    • Für den An- und Abreisetag einer mehrtägigen auswärtigen Tätigkeit mit Übernachtung kann ohne Prüfung einer Mindestabwesenheitszeit eine Pauschale von jeweils 12 EUR berücksichtigt werden.

     

    Auch für Tätigkeiten im Ausland gibt es nur noch zwei Pauschalen (80 % bzw. 120 % der Auslandstagegelder nach dem Bundesreisekostengesetz). Diese Prozentsätze werden unter den gleichen Voraussetzungen wie bei den inländischen Pauschalen gewährt. Die entsprechenden Beträge werden durch BMF-Schreiben bekannt gemacht.

     

    Im Hinblick auf die oftmals über Nacht oder mehrere Tage andauernden An- und Abreisen genügt es für die Qualifizierung als An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar nach der Anreise oder vor der Abreise auswärtig übernachtet (BMF, a.a.O., Tz. 50). Die übrigen Regelungen zu den Besonderheiten bei Auswärtstätigkeiten im Ausland gelten weiter.

     

    1.2 Neue Unterbrechungsregelung bei der Dreimonatsfrist

    Wie bisher bleibt der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen auf drei Monate beschränkt (§ 9 Abs. 4a S. 6 EStG). Eine berufliche Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte liegt aber nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer an dieser mindestens an drei Tagen wöchentlich tätig wird. Die Dreimonatsfrist beginnt daher nicht, solange die auswärtige Tätigkeitsstätte an nicht mehr als zwei Tagen wöchentlich aufgesucht wird (BMF a.a.O., Tz. 54).

     

    PRAXISHINWEIS |  Bei beruflichen Tätigkeiten auf mobilen, nicht ortsfesten betrieblichen Einrichtungen (z.B. Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe) findet die Dreimonatsfrist ebenfalls keine Anwendung. Entsprechendes gilt für eine Tätigkeit in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet (BMF, a.a.O., Tz. 55).

     

     

    Darüber hinaus ist die Unterbrechungsregelung vereinfacht worden: Entscheidend für einen Neubeginn der Dreimonatsfrist ist allein eine zeitliche Unterbrechung von vier Wochen (§ 9 Abs. 4a S. 7 EStG). Der Anlass für die Unterbrechung spielt zukünftig keine Rolle mehr, d.h. selbst ein vierwöchiger Urlaub oder eine entsprechende Krankheitsunterbrechung eröffnen einen neuen Dreimonatszeitraum.

     

    PRAXISHINWEIS |  Diese günstige Neuregelung kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit schon vor dem 1.1.14 begonnen hat (BMF, a.a.O., Tz. 53).

     

     

    Beachten Sie | Die Regelungen zu den Verpflegungspauschalen sowie die Dreimonatsfrist gelten auch im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (BMF a.a.O., Tz. 56).

    2. Mahlzeitengestellung während einer Auswärtstätigkeit

    Durch einen bunten Strauß an Maßnahmen hat der Gesetzgeber die steuerliche Erfassung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Mahlzeiten während einer auswärtigen Tätigkeit neu geregelt. Das BMF (a.a.O., Tz. 60 bis Tz. 92) nimmt hierzu mit zahlreichen Beispielen ausführlich Stellung.

     

    § 8 Abs. 2 S. 8 EStG bestimmt, dass für angemessene Mahlzeiten, die ein Arbeitgeber - oder von ihm veranlasst ein Dritter - dem Arbeitnehmer während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte oder seiner Wohnung zur Verfügung stellt, der Sachbezugswert anzusetzen ist. Als angemessen gilt eine Mahlzeit, wenn diese 60 EUR (bisher 40 EUR) nicht übersteigt. Nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG unterbleibt der Ansatz des Sachbezugswerts, wenn für den Arbeitnehmer ein entsprechender Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 4a EStG (Verpflegungspauschalen) in Betracht käme (sog. Besteuerungsverzicht).

     

    Beachten Sie | Mahlzeiten, die die Angemessenheitsgrenze von 60 EUR übersteigen, dürfen nicht mit dem amtlichen Sachbezugswert bewertet werden. Bei einer solchen Mahlzeit wird typisierend unterstellt, dass es sich um ein Belohnungsessen handelt, das mit dem tatsächlichen Preis als Arbeitslohn 
(§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG) anzusetzen ist (so BMF, a.a.O., Tz. 61).Solche Belohnungsessen sind nicht pauschal besteuerbar (BMF, a.a.O., Tz. 90).

     

    Infolge des Besteuerungsverzichts muss der Arbeitgeber die an den Arbeitnehmer zu zahlende Verpflegungspauschale kürzen, wenn er ihm eine Mahlzeit zur Verfügung stellt (§ 9 Abs. 4a S. 8 EStG). Diese Kürzung beträgt für ein Frühstück 20 % (4,80 EUR) sowie für ein Mittag- und Abendessen je 40 % 
(9,60 EUR) der Verpflegungspauschale für einen vollen Kalendertag. Bei der Kürzung werden Zahlungen des Arbeitnehmers angerechnet (§ 9 Abs. 4a 
S. 10 EStG).

     

    PRAXISHINWEIS |  Zusätzlich muss im Lohnkonto der Großbuchstabe „M” aufgezeichnet und in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung bescheinigt werden. Werden keine Verpflegungspauschalen gezahlt, braucht keine Kürzung für gestellte Mahlzeiten vorgenommen werden. Der Buchstabe „M“ ist jedoch zu bescheinigen. Bei der Gewährung von Mahlzeiten, die keinen Arbeitslohn darstellen oder deren Preis 60 EUR übersteigt und die daher nicht mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewerten sind, besteht keine Pflicht, im Lohnkonto den Großbuchstaben „M” aufzuzeichnen und zu bescheinigen (zu weiteren Einzelheiten zur Bescheinigungspflicht vgl. BMF, a.a.O., Tz. 84 bis Tz. 86).

     

     

    Nach Ansicht des BMF (a.a.O., Tz. 76, Tz. 77) ist eine Kürzung der Verpflegungspauschalen immer dann vorzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer eine Mahlzeit von seinem Arbeitgeber (oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten) zur Verfügung gestellt wird. Demzufolge soll eine Kürzung auch erfolgen für die Teilnahme des Arbeitnehmers an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung i. S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG oder an einem außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte gewährten Arbeitsessen (R 19.6 Abs. 2 S. 2 LStR). Dabei kommt es nicht darauf an, ob Vorteile aus der Gestellung derartiger Mahlzeiten zum Arbeitslohn zählen.

     

    Beachten Sie | Nimmt der Arbeitnehmer allerdings an der geschäftlich veranlassten Bewirtung durch einen Dritten oder einem Arbeitsessen eines Dritten teil, fehlt es grundsätzlich an einer durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Mahlzeit. In diesem Fall sind die Verpflegungspauschalen nicht zu kürzen (BMF a.a.O., Tz. 78).

     

    Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Sachbezugswert individuell oder nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a EStG pauschal mit 25 % versteuert werden muss, wenn vom Arbeitgeber Mahlzeiten zur Verfügung gestellt werden und die Voraussetzungen für eine Pauschale für Verpflegungsmehraufwand nicht erfüllt sind (z.B. weil die Abwesenheitszeiten unter 8 Stunden liegen oder nicht aufgezeichnet wurden). Zur neuen Pauschalbesteuerungsmöglichkeit bei üblichen Mahlzeiten vgl. insofern BMF (a.a.O., Tz. 87 bis Tz. 92).

    3. Neuerungen bei der doppelten Haushaltsführung

    Bei der doppelten Haushaltsführung hat der Gesetzgeber den Begriff des 
„eigenen Hausstands“ konkretisiert und darüber hinaus eine Deckelung der Unterkunftskosten vorgenommen.

     

    3.1 Eigener Hausstand

    Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Nach der Neufassung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG setzt ein eigener Hausstand nunmehr

     

    • das Innehaben einer Wohnung (aus eigenem Recht als Eigentümer oder Mieter bzw. aus gemeinsamem oder abgeleitetem Recht als Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte sowie Mitbewohner) sowie
    • eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

     

    Demzufolge genügt es zukünftig nicht, wenn der Arbeitnehmer z.B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnt oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung ist darzulegen und kann auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, nicht generell unterstellt werden. Somit wird die großzügige Rechtsprechung des BFH (16.1.13, VI R 46/12) ausgehebelt (BMF, a.a.O., Tz. 94).

     

    Eine ausreichende finanzielle Beteiligung setzt nach Ansicht des BMF grundsätzlich Barleistungen des Arbeitnehmers voraus, die oberhalb von 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung (beispielsweise Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs) liegen. Bei geringeren Barleistungen kann eine hinreichende finanzielle Beteiligung auch auf andere Art und Weise dargelegt bzw. nachgewiesen werden.

     

    PRAXISHINWEIS |  Bei Ehegatten oder Lebenspartnern mit den Steuerklassen III, IV oder V kann eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung ohne Nachweis unterstellt werden (BMF, a.a.O., Tz. 94).

     

     

    3.2 Deckelung der Unterkunftskosten

    Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland werden nach dem neuen § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Wohnung oder Unterkunft anerkannt - allerdings höchstens 1.000 EUR im Monat.

     

    Der Höchstbetrag umfasst sämtliche Aufwendungen wie z.B. Miete, Betriebskosten etc. (zu den weiteren Aufwendungen vgl. BMF, a.a.O., Tz. 98). Auch Aufwendungen für einen separat angemieteten Garagenstellplatz sind in den Höchstbetrag einzubeziehen. Die anders lautende Rechtsprechung des BFH (13.11.12, VI R 50/11) ist somit überholt.

     

    Steht die Unterkunft im Eigentum des Arbeitnehmers, sind die tatsächlichen Aufwendungen (z.B. AfA, Schuldzinsen, Reparaturkosten, Nebenkosten) bis zu 1.000 EUR im Monat zu berücksichtigen. Insoweit gelten die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH (3.12.82, VI R 228/80) weiter.

     

    PRAXISHINWEIS |  Bei Anwendung des Höchstbetrags ist i.d.R. § 11 EStG („Zu- und Abflussprinzip“) zu beachten. Soweit der monatliche Höchstbetrag nicht ausgeschöpft wird, ist eine Übertragung des nicht ausgeschöpften Volumens in andere Monate des Bestehens der doppelten Haushaltsführung im selben Kalenderjahr möglich (BMF, a.a.O., Tz. 99). Diese Regelung kann insbesondere von Arbeitnehmern genutzt werden, die den Höchstbetrag durch unterjährige Mieterhöhungen knapp überschreiten.

     

     

    Beachten Sie | Die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit (bisher: flächenmäßige Begrenzung auf 60 m2) entfällt. Auch auf die Zahl der Wohnungsbenutzer (Angehörige) kommt es nicht an (BMF, a.a.O., Tz. 96).

    4. Unterkunftskosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit

    Mit der Neuregelung in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5a EStG wurde für notwendige Unterkunftskosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit eine zeitliche Begrenzung eingeführt:

     

    • Für Auswärtstätigkeiten von kurzfristiger Dauer (bis 48 Monate) dürfen die Aufwendungen unbeschränkt abgezogen oder steuerfrei erstattet werden.

     

    • Nach Ablauf von 48 Monaten können die Unterkunftskosten nur noch bis maximal 1.000 EUR im Monat als Werbungskosten abgezogen oder steuerfrei erstattet werden. Das gilt auch für Hotelübernachtungen.

     

    Hinweis | Bei Übernachtungen im Ausland gelten die bisherigen Grundsätze zur beruflichen Veranlassung und Notwendigkeit der Aufwendungen weiter. Die Höchstgrenze von 1.000 EUR gilt hier nicht (BMF, a.a.O., Tz. 112).

     

    In Analogie zur Dreimonatsfrist beim Verpflegungsmehraufwand (vgl. hierzu unter 1.2) beginnt die 48-Monatsfrist nicht, solange die auswärtige Tätigkeitsstätte nur an zwei Tagen wöchentlich aufgesucht wird. Eine Unterbrechung von weniger als sechs Monaten führt nicht zu einem Neubeginn der Frist (BMF, a.a.O., Tz. 113).

    5. Fazit

    Zweifellos werden einige Neuerungen zu einer Vereinfachung des Reisekostenrechts führen. So entfällt beispielsweise bei einer doppelten Haushaltsführung die Prüfung der Angemessenheit („60 m2-Durchschnittsmiete“). In Teilbereichen wirkt sich die Reform aber auch steuerverschärfend aus. Gerade bei der Mahlzeitengestellung während einer Auswärtstätigkeit muss bezweifelt werden, ob die neue Systematik für die Praxis wirklich eine Vereinfachung darstellen wird (zur Kritik vgl. u.a. Seifert, GStB 12, 337).

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 212 | ID 42386275