· Fachbeitrag · Personengesellschaften
Gesellschafterwechsel über Buchwert: So wird in der Ergänzungsbilanz abgeschrieben
von StB Dipl.-Bw. (FH) Thorsten Normann, Olsberg
| Verkauft ein Gesellschafter seinen Anteil an einer Personengesellschaft zu einem Preis, der über dem Buchwert seines Kapitalkontos liegt, muss der neue Gesellschafter eine Ergänzungsbilanz als Korrekturposten bilden. Der BFH (20.11.14, IV R 1/11 ) hat nun geklärt, wie diese Posten abzuschreiben sind. Dabei hat er die überwiegende Literaturmeinung abgelehnt. |
1. Der Gesellschafterwechsel aus steuerlicher Sicht
Bei einem Gesellschafterwechsel sind grundsätzlich drei Fälle denkbar:
- Ein Mitunternehmer verkauft seinen Anteil regelmäßig zu Buchwerten, wenn sich keine stillen Reserven oder keine originären immateriellen Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft befinden.
- Erfolgt die Veräußerung unter dem Buchwert des Mitunternehmeranteils ist eine Überbewertung von Wirtschaftsgütern denkbar. Auch eine schlechte Geschäftslage kann ein Grund sein.
- Wird der Mitunternehmeranteil über dem Buchwert veräußert, sind regelmäßig stille Reserven oder originäre immaterielle Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen der Gesamthand vorhanden.
1.1 Verkauf über Buchwert: Rechtsfolgen für ausscheidenden Gesellschafter
Der Anteilsverkauf über dem Buchwert stellt steuerlich ein Veräußerungsgeschäft dar. Der ausscheidende Gesellschafter erzielt einen Veräußerungsgewinn i.H. des Unterschiedsbetrags zwischen dem Kaufpreis und dem Kapitalkonto seines Mitunternehmeranteils. Dieser Gewinn ist grundsätzlich steuerbegünstigt (§§ 16, 34 EStG).
Beachten Sie | Voraussetzung für die Begünstigungen ist, dass auch die stillen Reserven der wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens aufgedeckt werden.
1.2 Verkauf über Buchwert: Rechtsfolgen für eintretenden Gesellschafter
Der Mitunternehmeranteil stellt einkommensteuerlich kein eigenes Wirtschaftsgut dar, sondern ist als Anteil an den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens zu werten (ständige BFH-Rechtsprechung, u.a. BFH 12.12.96, IV R 77/93).
Da der Erwerber Anteile an einzelnen Wirtschaftsgütern erwirbt, muss er auch die Anschaffungskosten der diversen Einzelwirtschaftsgüter bilanzieren. In der Gesamthandsbilanz werden die bisherigen Buchwerte beibehalten (vgl. zur alternativen Vorgehensweise unter 2.3). Liegt der Kaufpreis für den Mitunternehmeranteil über dem Kapitalkonto, dann ist für den Erwerber eine Ergänzungsbilanz zu erstellen. In dieser Ergänzungsbilanz sind die in der Gesamthandsbilanz enthaltenen Wertansätze in der Weise zu korrigieren, dass sie dem Kaufpreis bzw. den Anschaffungskosten entsprechen.
Nachdem eine Ergänzungsbilanz aufgestellt wurde, stellt sich die Frage, wie die Korrekturposten fortzuschreiben sind. In der Fachliteratur wurde bislang häufig die Meinung vertreten, dass der Grundsatz der Einheitlichkeit der Gesellschaftsbilanz auch die Ergänzungsbilanz erfasst - mit der Folge, dass Abschreibungen für dieselbe Restnutzungsdauer und nach derselben Methode vorzunehmen sind wie in der Gesellschaftsbilanz (so beispielsweise Blümich/Bode, § 15 EStG, Rz. 556a).
Der BFH (20.11.14, IV R 1/11) hat diese Auffassung aber kürzlich abgelehnt und entschieden, dass die Folgebewertung der Korrekturposten in der Ergänzungsbilanz losgelöst von der Folgebewertung in der Gesamthandsbilanz zu erfolgen hat. Der BFH stützt seine Ansicht darauf, dass der Mitunternehmer - soweit wie möglich - mit einem Einzelunternehmer gleichzustellen ist.
Beachten Sie | Deshalb sind Abschreibungen auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens vorzunehmen. Darüber hinaus bestimmen sich die möglichen Wahlrechte für die Folgebewertung nach der zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltenden Rechtslage.
2. Musterfall
An der ABC-OHG sind die Gesellschafter A und B zu jeweils 40 % sowie der Gesellschafter C zu 20 % beteiligt. Gesellschafter C hat seinen Mitunternehmeranteil mit Wirkung zum 1.1.15 für 80 TEUR an den neuen Gesellschafter D veräußert.
Zum 31.12.14 hat die ABC-OHG folgende Bilanz erstellt:
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Bei folgenden Bilanzpositionen weicht der Teilwert vom Buchwert ab:
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Bilanzposition | Buchwert | Teilwert | Stille Reserven | |
Gesamt | Anteil C | |||
Grundstücke | 30 | 50 | 20 | 4 |
Gebäude | 96 | 146 | 50 | 10 |
Maschinen | 164 | 244 | 80 | 16 |
Das Gebäude wurde am 1.1.96 fertiggestellt (Herstellungskosten 400 TEUR). Es wird jährlich mit 4 % abgeschrieben.
Die Maschine wurde vor sechs Jahren angeschafft. Sie wird seitdem über eine Nutzungsdauer von zehn Jahren mit 41 TEUR p.a. linear abgeschrieben. Zum 31.12.14 beträgt die tatsächliche Restnutzungsdauer drei Jahre.
2.1 Rechtsfolgen für ausscheidenden Gesellschafter C
Gesellschafter C erzielt aus der Veräußerung seines Gesellschaftsanteils folgenden Veräußerungsgewinn:
Veräußerungserlös | 80 TEUR |
- Kapitalkonto | 20 TEUR |
= Veräußerungsgewinn | 60 TEUR |
PRAXISHINWEIS | C könnte hinsichtlich der Veräußerung des Grundstücks und des Gebäudes eine Rücklage nach § 6b EStG bilden. In diesem Fall würde eine begünstigte Versteuerung des Veräußerungsgewinns jedoch ausscheiden, da nicht mehr alle stillen Reserven aufgedeckt werden. |
2.2 Rechtsfolgen für eintretenden Gesellschafter D und die OHG
Nach dem Gesellschafterwechsel wird die Gesamthandsbilanz der OHG unverändert fortgeführt. Nur das Kapitalkonto des C wird auf D umgebucht.
Zusätzlich muss für D eine Ergänzungsbilanz erstellt werden:
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Für die Folgebewertung in der Ergänzungsbilanz ist zunächst die yl„normale“ AfA auf Ebene der Gesamthandsbilanz zu ermitteln. Anschließend ist die Abschreibungshöhe zu bestimmen, die der neu eingetretene Gesellschafter D beim Erwerb der Wirtschaftsgüter als Einzelunternehmer gehabt hätte. Die Differenz zwischen den beiden Werten ergibt den Korrekturwert in der Ergänzungsbilanz.
Beachten Sie | In der Ergänzungsbilanz kann es somit durchaus vorkommen, dass sich die Wertansätze der Wirtschaftsgüter erhöhen, da es sich nur um Korrekturposten handelt.
2.2.1 Firmenwert
Der in der Ergänzungsbilanz des D erfasste Firmenwert i.H. von 30 TEUR ist gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 EStG über einen Zeitraum von 15 Jahren linear abzuschreiben. Im Wirtschaftsjahr 2015 ergibt sich somit für D eine zusätzliche AfA i.H. von 2 TEUR.
Buchung in der Ergänzungsbilanz:
Abschreibungen | an | Firmenwert | 2.000 EUR |
2.2.2 Grundstücke
Da das Grundstück ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut ist, werden die aufgedeckten stillen Reserven in der Ergänzungsbilanz nicht planmäßig abgeschrieben. Der Korrekturposten kann daher in der Regel erst bei einer späteren Veräußerung des Grundstücks steuermindernd genutzt werden.
2.2.3 Gebäude
D kann das Gebäude nicht mehr mit 4 %, sondern nur noch mit 3 % abschreiben (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 i.V. mit § 52 Abs. 15 EStG). Die AfA ist in der Ergänzungsbilanz wie folgt zu korrigieren:
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Anteil am Buchwert lt. Gesamthandsbilanz (96.000 EUR x 20 %) | 19.200 EUR |
+ erworbene stille Reserven | 10.000 EUR |
= Anschaffungskosten des D (AfA-Bemessungsgrundlage) | 29.200 EUR |
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„Richtige“ Gebäude-AfA für D (29.200 EUR x 3 %) | 876 EUR |
- anteilige AfA aus der Gesamthandsbilanz (16.000 EUR x 20 %) | 3.200 EUR |
Minder-AfA in der Ergänzungsbilanz | 2.324 EUR |
Buchung in der Ergänzungsbilanz:
Gebäude | an | Abschreibungen | 2.324 EUR |
2.2.4 Maschinen
Gesellschafter D kann auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer (drei Jahre) abstellen:
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Anteil am Buchwert lt. Gesamthandsbilanz (164.000 EUR x 20 %) | 32.800 EUR |
+ erworbene stille Reserven | 16.000 EUR |
= Anschaffungskosten des D (AfA-Bemessungsgrundlage) | 48.800 EUR |
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„Richtige“ AfA für D (48.800 EUR; 3 Jahre Restnutzungsdauer) | 16.267 EUR |
- anteilige AfA aus der Gesamthandsbilanz (41.000 EUR x 20 %) | 8.200 EUR |
Mehr-AfA in der Ergänzungsbilanz | 8.067 EUR |
Buchung in der Ergänzungsbilanz:
Abschreibungen | an | Maschinen | 8.067 EUR |
Aus den Buchungen resultiert für D in der Ergänzungs-GuV für 2015 ein Verlust i.H. von 7.743 EUR:
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Mehr-AfA Firmenwert | 2.000 EUR |
Minder-AfA Gebäude | - 2.324 EUR |
Mehr-AfA Maschinen | 8.067 EUR |
Verlust | 7.743 EUR |
Durch diesen Verlust mindert sich das Mehrkapital in der Ergänzungsbilanz von 60.000 EUR auf 52.257 EUR.
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2.3 Alternative Vorgehensweise
Im Musterfall wurden die Buchwerte in der Gesamthandsbilanz beibehalten und eine Ergänzungsbilanz für D erstellt. Dies entspricht auch der Vorgehensweise in der Praxis. Es wäre aber auch zulässig, in der Gesamthandsbilanz die stillen Reserven aufzudecken. Um eine korrekte Zuordnung zu gewährleisten, müssten dann jedoch für A und B negative Ergänzungsbilanzen und für D eine positive Ergänzungsbilanz erstellt werden.