· Fachbeitrag · Doppelte Haushaltsführung
Diese aktuellen BFH-Urteile zu Familienheimfahrten sollten Sie kennen
von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben, Dortmund
| Bei einer doppelten Haushaltsführung können für jeweils eine Familienheimfahrt wöchentlich 0,30 EUR für jeden Entfernungskilometer zwischen dem Beschäftigungsort und dem Ort des eigenen Hausstands als Werbungskosten berücksichtigt werden. Zu dieser Thematik hat der BFH jüngst drei praxisrelevante Urteile veröffentlicht, die es näher zu betrachten gilt. |
1. Heimfahrten mit dem Firmenwagen
Der VI. Senat des BFH (28.2.13, VI R 33/11, Abruf-Nr. 131893) musste sich mit einem Fall befassen, in dem ein Arbeitnehmer mit seinem Firmenwagen regelmäßig zu seinem Familienwohnsitz fuhr. Die private Kfz-Nutzung wurde vom Arbeitgeber anhand der Ein-Prozent-Regelung ermittelt. In seiner Steuererklärung begehrte der Arbeitnehmer für seine wöchentlichen Familienheimfahrten den Abzug als Werbungskosten - allerdings zu Unrecht, wie der BFH entschied. Da für diese Familienheimfahrten kein Nutzungsvorteil versteuert wird, ist analog auch kein Werbungskostenabzug möglich. In diesen Fällen trägt der Arbeitgeber im Ergebnis die Aufwendungen des Arbeitnehmers für dessen Familienheimfahrten.
Hintergrund: Nur wenn der Arbeitnehmer mit dem Firmenwagen mehr als einmal in der Woche an den Ort des eigenen Hausstands fährt, entsteht ein zusätzlicher geldwerter Vorteil, der mit 0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer zu ermitteln ist. Bei wöchentlichen Familienheimfahrten wird aus Vereinfachungsgründen kein Nutzungsvorteil versteuert, da ein Arbeitnehmer mit einem privaten Pkw die Entfernungspauschale beanspruchen könnte (§ 8 Abs. 2 S. 5 EStG).
2. Entfernungspauschale auch ohne eigene Kosten
In einer weiteren Entscheidung des VI. Senats des BFH (18.4.13, VI R 29/12, Abruf-Nr. 132088) ging es um einen Bundesbahnangestellten, der den weit überwiegenden Teil seiner Familienheimfahrten mit der Bahn durchgeführt hatte. Da ihm für diese Freifahrten keine Kosten entstanden waren, erkannten weder das FA noch das FG Sachsen-Anhalt den Werbungskostenabzug an.
Der BFH hingegen berücksichtigte die mit der Bahn zurückgelegten Familienheimfahrten grundsätzlich als Werbungskosten. Die Entfernungspauschale gilt nämlich unabhängig davon, ob die Heimfahrten zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem eigenen Pkw oder öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt werden. Es ist nicht notwendig, dass dem Steuerpflichtigen für diese Wege überhaupt Kosten entstanden sind. Die darin liegende Begünstigung ist, so der BFH, vom Gesetzgeber gewollt und durch umwelt- und verkehrspolitische Lenkungszwecke gerechtfertigt.
Steuerfrei geleistete Reisekostenvergütungen (§ 3 Nr. 16 EStG) sowie nach § 8 Abs. 3 EStG steuerfreie Sachbezüge (z.B. Freifahrten, wenn die Beförderungsleistung wie im Streitfall zur Leistungspalette des Arbeitgebers zählt) sind jedoch mindernd auf die Entfernungspauschale anzurechnen. Demzufolge hat der BFH den Fall an das FG Sachsen-Anhalt zurückverwiesen, damit Feststellungen zu den Arbeitgeberleistungen getroffen werden können.
PRAXISHINWEIS | Fasst man die beiden Urteile des IV. Senats des BFH vom 28.2.13 sowie vom 18.4.13 zusammen, sind für die Abzugsfähigkeit von wöchentlichen Familienheimfahrten folgende Grundsätze zu beachten:
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3. Familienheimfahrten bei Selbstständigen
Aufwendungen für Familienheimfahrten dürfen den Gewinn eines Selbstständigen nicht mindern, soweit sie die Pauschalen des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG übersteigen (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG). Technisch wird dies in der Weise umgesetzt, dass der positive Unterschiedsbetrag zwischen dem 0,002 %- Zuschlag und der Pauschale für eine wöchentliche Familienheimfahrt dem Gewinn hinzugerechnet wird.
In dieser Regelung sah eine aus selbstständigen Rechtsanwälten bestehende Partnerschaftsgesellschaft eine Ungleichbehandlung und beantragte, den Vorteil (wie bei Arbeitnehmern) durch verfassungskonforme Auslegung des § 8 Abs. 2 S. 5 EStG außer Ansatz zu lassen. Der BFH (19.6.13, VIII R 24/09, Abruf.-Nr. 132838) wies die Revision jedoch als unbegründet zurück.
Nach Ansicht des BFH ist die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt und verstößt somit nicht gegen den Gleichheitssatz. Als Begründung führt der VIII. Senat des BFH gleich mehrere Aspekte an. Beispielsweise würde der vom Gesetzgeber verfolgte Vereinfachungszweck für das Lohnsteuerverfahren die punktuelle Schlechterstellung der Unternehmer gegenüber Beziehern von Überschusseinkünften rechtfertigen. Des Weiteren sei es wegen der systembedingt unterschiedlichen Behandlung auf der Ausgabenseite nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Einnahmen für die Familienheimfahrten ebenfalls verschieden erfasst.
Weiterführender Hinweis
- Firmenwagen bei doppelter Haushaltsführung: Darauf ist im Lohnbüro zu achten (MBP 12, 66)