· Fachbeitrag · Gesetzgebung
Ertragsteuerliche Neuregelungen durch das JStG 2020 im Überblick
von Dipl.-Bw. (FH) StB Christian Westhoff, Datteln
| Auch wenn die gesetzgeberischen Maßnahmen in 2020 schwerpunktmäßig auf die Bewältigung der Corona-Pandemie abzielten, sind daneben weitere Gesetze mit steuerlicher Breitenwirkung umgesetzt worden. Hier ist insbesondere das Jahressteuergesetz (JStG) 2020 zu nennen, dem der Bundesrat am 18.12.20 zugestimmt hat (BR-Drs. 746/20 [B]). Der Beitrag gibt einen Überblick über wichtige ertragsteuerliche Neuregelungen. |
1. Kurzarbeitergeld
Die durch das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz (BGBl I 20, 1385) eingeführte begrenzte und befristete Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld wurde um ein Jahr verlängert. Die Steuerfreiheit gilt damit für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.20 beginnen und vor dem 1.1.22 enden.
2. Corona-Beihilfen nach § 3 Nr. 11a EStG
Nach § 3 Nr. 11a EStG sind aufgrund der Corona-Krise an Arbeitnehmer gezahlte Beihilfen und Unterstützungen bis zu 1.500 EUR steuerfrei. Diese Steuerbefreiung war ursprünglich für die Zeit vom 1.3. bis zum 31.12.20 vorgesehen. Durch das JStG 2020 wurde der Zeitraum nun bis zum 30.6.21 verlängert.
MERKE | Der Steuerfreibetrag von max. 1.500 EUR bleibt unverändert. Das bedeutet: Die Fristverlängerung führt nicht dazu, dass im ersten Halbjahr 2021 nochmals 1.500 EUR steuerfrei ‒ zusätzlich zu einem nach § 3 Nr. 11a EStG steuerfrei gewährten Betrag von 1.500 EUR in 2020 ‒ ausgezahlt werden können. |
3. Gehaltsextras
Steuerfreie oder pauschalversteuerte Gehaltsextras müssen in vielen Fällen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. In drei Urteilen hatte der BFH (1.8.19, VI R 32/18, VI R 21/17, VI R 40/17) dieses Kriterium zugunsten von Arbeitgebern und -nehmern neu definiert. So sollte z. B. ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformenwechsel nicht schädlich für die Begünstigung sein.
Nun wurde dieser Rechtsprechung mit § 8 Abs. 4 EStG der Boden entzogen ‒ und zwar wie folgt: „Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
- 1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- 2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
- 3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
- 4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.“
Durch den Finanzausschuss wurde kurz „vor Toresschluss“ noch ein Satz 2 eingefügt, der klarstellt, dass zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers nicht nur einzelvertraglich, sondern auch durch Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Besoldungsgesetz festgelegt werden können.
4. Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers
Durch eine Änderung des § 3 Nr. 19 EStG wurde klargestellt, dass auch Beratungsleistungen des Arbeitgebers (oder auf seine Veranlassung von einem Dritten) zur beruflichen Neuorientierung (Outplacement-Beratung, Newplacement-Beratung) für ausscheidende Arbeitnehmer steuerfrei sind.
5. Bewertungsabschlag für Mietvorteile
Bisher gilt der Bewertungsabschlag nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG nur für Mietvorteile aus einer dem Arbeitnehmer vom lohnsteuerlichen Arbeitgeber überlassenen Wohnung. Durch die nun erfolgte Ergänzung wurde der Anwendungsbereich auf verbundene Unternehmen (§ 15 AktG) ausgeweitet (Konzernklausel).
Beachten Sie | Die Ergänzung gilt nach Inkrafttreten des Gesetzes und ist nach § 52 Abs. 1 EStG in der geltenden Fassung ‒ wie bisher ‒ erstmals auf Leistungen des Arbeitgebers oder auf dessen Veranlassung von einem verbundenen Unternehmen anzuwenden, die in einem nach dem 31.12.19 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31.12.19 zugewendet werden.
6. Homeoffice
Für Steuerpflichtige im Homeoffice hat der Gesetzgeber für 2020 und 2021 mit § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 4 EStG (gilt über § 9 Abs. 5 EStG auch für den Werbungskostenabzug) eine Pauschale eingeführt: Liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor oder wird auf einen Abzug der Aufwendungen verzichtet, kann der Steuerpflichtige für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsucht, einen Betrag von 5 EUR abziehen; höchstens aber 600 EUR im Kalenderjahr.
7. Verbilligte Vermietung nach § 21 Abs. 2 EStG
Bei einer verbilligten Vermietung (an Angehörige) ist § 21 Abs. 2 EStG zu beachten. Danach gilt die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken bis zum VZ 2020 bereits dann als vollentgeltlich, wenn die Miete mindestens 66 % des ortsüblichen Niveaus beträgt. In diesen Fällen ist der volle Werbungskostenabzug eröffnet. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten aufzuteilen.
Durch das JStG 2020 wurde die Grenze in § 21 Abs. 2 S. 1 EStG mit Wirkung ab dem VZ 2021 von 66 % auf 50 % herabgesetzt. Das bedeutet: Beträgt das Entgelt 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist (wieder) eine Totalüberschussprognoseprüfung vorzunehmen. Fällt diese positiv aus, ist Einkunftserzielungsabsicht zu unterstellen und der volle Werbungskostenabzug ist möglich. Anderenfalls ist von einer Einkunftserzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen und die Kosten sind aufzuteilen.
8. Investitionsabzugsbetrag (IAB, § 7g EStG)
Für IAB, die in nach dem 31.12.19 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden, erfolgten folgende Verbesserungen:
- Die Höhe wurde von 40 % auf 50 % angehoben.
- Es gilt eine für alle Einkunftsarten geltende Gewinngrenze von 200.000 EUR.
- Auch vermietete Wirtschaftsgüter sind begünstigt ‒ und zwar unabhängig von der Dauer der jeweiligen Vermietung. Somit sind im Gegensatz zur bisherigen Regelung auch Vermietungen für mehr als drei Monate unschädlich.
Es gibt aber auch zwei einschränkende Punkte, die bei IAB zu beachten sind, die in nach dem 31.12.20 endenden Wirtschaftsjahren geltend gemacht werden:
- § 7g Abs. 2 S. 2 EStG verhindert die Verwendung von IAB für Investitionen, die zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits angeschafft oder hergestellt wurden. Die Regelung betrifft aber ausschließlich nachträglich beantragte IAB, die nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung in Anspruch genommen wurden.
- Nach einem Beschluss des BFH (15.11.17, VI R 44/16) kann ein im Gesamthandsbereich einer Personengesellschaft beanspruchter IAB für Investitionen eines Gesellschafters im Sonderbetriebsvermögen verwendet werden. Diese „Gestaltung“ wurde nun ausgehebelt, indem die Hinzurechnung von IAB nur in dem Vermögensbereich zulässig ist, in dem der Abzug erfolgt ist.
9. Verrechenbare Verluste bei Termingeschäften
Die Verrechnungsbeschränkung in § 20 Abs. 6 S. 5, 6 EStG wurde angehoben. Damit können Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, im laufenden Kalenderjahr bis 20.000 EUR (zuvor 10.000 EUR) mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden. S. 5 ist auf Verluste anzuwenden, die nach dem 31.12.20 entstehen. S. 6 gilt für Verluste, die nach dem 31.12.19 entstehen.
10. Weitere Aspekte in der Kurzfassung
- Erhöhung des Übungsleiterfreibetrags (von 2.400 EUR auf 3.000 EUR) und des Ehrenamtsfreibetrags (von 720 EUR auf 840 EUR) ab 2021
- Anhebung der Freigrenze für Sachbezüge (von 44 EUR auf 50 EUR) ab 1.1.22
- Die ursprünglich für 2020 und 2021 begrenzte Anhebung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) auf 4.008 EUR wurde entfristet.