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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Blockheizkraftwerk: Bei der Ermittlung des Eigenverbrauchs ist der Einkaufspreis vorrangig

    von StBin Dipl.-Kffr. Vera Frey, Dortmund

    Bei einem Blockheizkraftwerk (BHKW) sind die Selbstkosten nur dann die zutreffende Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch, soweit ein Einkaufspreis für Strom und Wärme nicht zu ermitteln ist. Mit dieser Entscheidung hat der BFH (12.12.12, XI R 3/10, Abruf-Nr. 130718) jüngst der Ansicht der Finanzverwaltung widersprochen. Die Konsequenzen werden nachfolgend verdeutlicht.

     

    Sachverhalt

    In einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus wurde von den Eigentümern ein BHKW betrieben, das in 2002 vollständig dem Unternehmensvermögen zugeordnet wurde. Die erzeugte Wärme wurde unmittelbar zum Heizen des Gebäudes und für die Warmwasserbereitung in dem Gebäude verwendet. Der selbst erzeugte Strom wurde insoweit in das öffentliche Netz eingespeist, als er nicht in dem Gebäude selbst verbraucht wurde. Strittig war nun, wie die Bemessungsgrundlage für den Eigenbedarf zu ermitteln ist. Während das FA und das FG auf die Selbstkosten abstellten, begehrte der Anlagenbetreiber den Ansatz des Einkaufspreises - eine Sichtweise, die der BFH grundsätzlich bestätigte.

     

    Anmerkungen und Praxishinweise

    Der Betreiber eines BHKW ist regelmäßig als Unternehmer i.S. des § 2 UStG anzusehen, wenn der erzeugte Strom zumindest teilweise gegen Vergütung an ein Energieversorgungsunternehmen geliefert wird. Somit konnte der Betreiber das BHKW vorliegend zu Recht insgesamt dem Unternehmensvermögen zuordnen und den vollen Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des BHKW geltend machen.

     

    Soweit die erzeugte Energie (Strom und Wärme) für den privaten Bereich genutzt wird, liegt eine Entnahme vor, die als unentgeltliche Wertabgabe einer Lieferung gegen Entgelt gemäß § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG gleichgestellt ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Die bei der Energiegewinnung aus technischen Gründen nicht nutzbare Abwärme stellt keine unentgeltliche Wertabgabe dar, weil nach Ansicht des BFH keine willentliche Entnahme aus dem Unternehmen für nichtunternehmerische Zwecke gegeben ist. Zur Reduzierung der unentgeltlichen Wertabgabe sollte vom Steuerpflichtigen daher dokumentiert werden, inwieweit eine technische Nutzung der Abwärme nicht möglich ist, sodass nur die tatsächlich selbst verbrauchte Wärme besteuert wird. Die hierzu erforderlichen Angaben müssen ggfs. beim Hersteller erfragt werden.

     

    Nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG wird die Bemessungsgrundlage für Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1b UStG vorrangig nach dem Einkaufspreis zuzüglich 
der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand zum Zeitpunkt des Umsatzes bestimmt. Sollte kein Einkaufspreis bekannt sein, werden stattdessen die Selbstkosten zugrunde gelegt. In der aktuellen Entscheidung hat der BFH nunmehr deutlich gemacht, dass diese Grundsätze auch für Betreiber von BHKW gelten, d.h., dass primär der Einkaufspreis anzusetzen ist und nicht die Selbstkosten, da diese subsidiär sind.

     

    Der Betreiber zahlt für den im BHKW erzeugten Strom zwar selbst kein Entgelt. Ist das Gebäude aber an das allgemeine Elektrizitätsnetz angeschlossen, kann der Betreiber jederzeit Strom aus diesem Netz beziehen und die Eigenproduktion unterlassen. Der in anderen Kraftwerken erzeugte Strom ist nach Auffassung des BFH in physikalischer und technischer Hinsicht gleicher Art wie die Elektrizität, die im BHKW erzeugt wird, sodass ein Einkaufspreis für gleichartige Gegenstände grundsätzlich existiert.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    Die Finanzverwaltung nimmt abweichend hiervon jedoch bislang an, dass ein Einkaufspreis für Strom nicht vorliegt und setzt stattdessen die Selbstkosten als Bemessungsgrundlage für die Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1b UStG an (vgl. u.a. FinMin Baden-Württemberg zu Fotovoltaikanlagen „Der aktuelle Tipp“, Stand 
Januar 2013, unter www.iww.de/sl228).

     

    In dem vom BFH entschiedenen Fall war der Ansatz des Einkaufspreises aus Sicht des Anlagenbetreibers günstiger als die Selbstkosten, die im Streitfall 10 % der Anschaffungs-/Herstellungskosten sowie der laufenden vorsteuerbelasteten Kosten ausmachten. Angesichts der steigenden Strompreise ist allerdings zu beachten, dass dieser Vorteil aufgezehrt wird bzw. sogar ins Gegenteil umschlagen kann.

     

     

    Vorstehende Ausführungen gelten grundsätzlich auch für die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe von Wärme. Problematisch ist hierbei allerdings, dass es regelmäßig an einem „gleichartigen“ Gegenstand fehlt und daher kein entsprechender Einkaufspreis vorliegt.

     

    Ein Anschluss an das allgemein zugängliche Fernwärmenetz ist grundsätzlich nicht gegeben, sodass eine Alternative zur selbst produzierten Wärme im Zeitpunkt des Umsatzes nicht existiert. Eine jederzeitige Bezugsmöglichkeit ist jedoch Voraussetzung dafür, dass der Einkaufspreis als Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe zugrunde gelegt werden kann. Auch Einkaufspreise anderer Energieträger wie Heizöl, Gas oder Elektrizität scheiden nach Ansicht des BFH als Einkaufspreis gleichartiger Gegenstände bereits schon deshalb aus, weil eine Wärmeerzeugung auf deren Basis weitere aufwändige Investitionen voraussetzen würde.

     

    Infolgedessen geht der BFH - im Übrigen übereinstimmend mit der Finanzverwaltung (A 2.5 Abs. 9 UStAE) - bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Lieferung von Wärme nach § 3 Abs. 1b UStG grundsätzlich von den Selbstkosten im Zeitpunkt des Umsatzes aus.

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 76 | ID 38931260