· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Ehegatten- und Eigentümergemeinschaften: Strenge Vorgaben für den Vorsteuerabzug
von Dipl.-Finw. (FH) Thomas Meurer, Stolberg
| Werden Gebäude durch Personenzusammenschlüsse (z.B. Ehegatten oder Eigentümergemeinschaften) zur Erzielung von Einnahmen verwendet, sind bei der Umsatzsteuer einige Besonderheiten zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Sicherung des Vorsteuerabzugs, der u.a. eine ordnungsgemäße Rechnung an den richtigen Adressaten voraussetzt. |
1. Ehegatten-Grundstücksgemeinschaften
Bei Ehegattengemeinschaften (EheG) ist zunächst von entscheidender Bedeutung, ob diese Unternehmereigenschaft besitzt.
1.1 Fehlende Unternehmereigenschaft
Unternehmereigenschaft liegt bei einer EheG nur vor, wenn sie selbst die Absicht verfolgt, Einnahmen zu erzielen. Überlässt die EheG den gemeinsam erworbenen bzw. hergestellten Gegenstand lediglich unentgeltlich an einen der Ehegatten, begründet dies keine unternehmerische Tätigkeit. Ist nur ein Ehegatte unternehmerisch tätig, färbt dessen Unternehmereigenschaft nicht auf die EheG ab.
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Die Ehegatten F und M errichten gemeinschaftlich ein Einfamilienhaus (Vorsteuervolumen 100.000 EUR) auf eigenem Grundstück (Anteil jeweils 50 %). Die Aufträge an die Handwerker werden durch beide Ehegatten erteilt und von einem gemeinsamen Konto beglichen. Ehefrau F nutzt einen Teil des Grundstücks (25 % des Gesamtgebäudes) für ihre unternehmerische Tätigkeit, die sie grundsätzlich zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Gesonderte Vereinbarungen über die (unentgeltliche) Überlassung des unternehmerisch genutzten Anteils bestehen zwischen den Ehegatten nicht.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (A 15.2b Abs. 1 S. 6 UStAE) wird die EheG durch die unentgeltliche Überlassung an F zu einem wirtschaftlich und umsatzsteuerrechtlich relevanten Gebilde (Leistungsempfängereigenschaft). Mangels (eigener) unternehmerischer Tätigkeit steht der EheG der Vorsteuerabzug aus der Herstellung des Gebäudes nicht zu. |
Im Hinblick auf das Vorsteuerabzugsrecht des unternehmerisch nutzenden Ehegatten gehen die Meinungen der Finanzverwaltung und des BFH auseinander. Das Endergebnis ist jedoch das Gleiche:
- Die Verwaltung sieht die EheG als Leistungsempfänger an. Bei der Vorsteuer stellt sie aber auf den unternehmerisch tätigen Ehegatten ab und gewährt diesem ein anteiliges Vorsteuerabzugsrecht (A 15.2b Abs. 1 S. 8 UStAE).
- Der BFH hingegen sieht die einzelnen Ehegatten bei dieser Konstellation als unmittelbare Leistungsempfänger an (u.a. BFH 1.10.98, V R 31/98). Liegt eine unternehmerische Tätigkeit vor, sind diese zum Vorsteuerabzug berechtigt.
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Unabhängig von den beiden vorgenannten Auffassungen führt dies im Beispiel zu einem Vorsteuerabzug der F i.H. von 25.000 EUR. Der Umfang des Vorsteuerabzugs ist der Höhe nach auf den Miteigentumsanteil am Gebäude beschränkt. |
Der Vorsteuerabzug ist allerdings nur gegeben, wenn eine nach § 14 UStG ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung vorliegt. Insbesondere ist in der Rechnung der richtige Leistungsempfänger zu benennen (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG). Bei Leistungsbezügen durch Ehegattengemeinschaften ist es für den anteiligen Vorsteuerabzug eines Ehegatten jedoch ausreichend, wenn als Leistungsempfänger die Ehegatten aufgeführt werden. Dies gilt zumindest dann, wenn sich aus den nach § 22 UStG zu führenden Aufzeichnungen der Name und die Anschrift des anderen Ehegatten sowie der Anteil am Gemeinschaftsvermögen ergeben (A 15.2a Abs. 3 S. 9 UStAE).
PRAXISHINWEISE | Die vorgenannten unterschiedlichen Auffassungen von BFH und BMF können von Bedeutung sein, wenn eine Ehegattengemeinschaft ein Gebäude anmietet, dieses aber nur von einem Ehegatten (unentgeltlich) unternehmerisch genutzt wird (Beispiel: Ehegatten mieten gemeinsam eine Gaststätte an, die nur vom Ehemann betrieben wird). Da der BFH den unternehmerisch nutzenden Ehegatten als Leistungsempfänger ansieht, kann der Vermieter nach § 9 UStG insoweit zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Die Finanzverwaltung sieht hingegen die nichtunternehmerische EheG als Leistungsempfängerin an, weshalb eine Option beim Vermieter wegen § 9 Abs. 1 UStG ausgeschlossen sein soll (vgl. Nichtanwendungserlass des BMF 9.5.08, IV A 5 - S 7300/07/0017; anhängiges Verfahren unter BFH Az. V R 4/14). |
Als Konsequenz aus der Sichtweise des BFH ergibt sich zudem, dass eine anteilige Vermietung des einen Ehegatten an den unternehmerisch nutzenden anderen Ehegatten umsatzsteuerrechtlich nicht anerkannt wird (vgl. BFH 7.7.11, V R 41/09).
1.2 Vorhandene Unternehmereigenschaft
Erzielt die Ehegattengemeinschaft hingegen eigene Umsätze, wird sie zur Unternehmerin und ist für Eingangsleistungen grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigt.
Der Vorsteuerabzug setzt eine auf den Namen des umsatzsteuerlichen Leistungsempfängers lautende Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer voraus. Eine Gesellschaft kann demnach aus einer Rechnung, die nur auf einen Gesellschafter ausgestellt ist, keinen Vorsteuerabzug vornehmen, wenn die Rechnung keinen Hinweis auf die Gesellschaft als Leistungsempfänger enthält (vgl. BFH 5.10.95, V R 113/92).
Sofern zivilrechtlicher Besteller der Leistung lediglich ein Ehegatte ist, die Rechnung jedoch abweichend auf die Ehegatten ausgestellt wird, besteht ebenfalls kein Vorsteuerabzugsrecht, da Leistungsempfänger dann der bestellende Ehegatte und nicht die EheG ist. Vielmehr schuldet der Rechnungsaussteller die Umsatzsteuer doppelt (ausgeführter Umsatz und unberechtigter Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG).
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Die Ehegatten F und M errichten gemeinschaftlich ein Geschäftshaus (Vorsteuervolumen 200.000 EUR, Anteil jeweils 50 %) in der Absicht, dieses an das Steuerberaterbüro des M steuerpflichtig zu vermieten. Die Aufträge an die Handwerker werden durch beide Ehegatten erteilt. Lediglich bei der Auftragserteilung an den Heizungsbauer tritt nur die F auf, ohne darzulegen, dass die Leistung an die Ehegatten erbracht werden soll.
Durch die Vermietung an M wird die EheG selbst unternehmerisch tätig. Insbesondere schließt sie im eigenen Namen Mietverträge ab. Dass der Mieter wiederum ein Ehegatte ist, ist insoweit unbeachtlich. M ist ein vorsteuerabzugsberechtigter Mieter i.S. des § 9 Abs. 2 UStG, sodass die EheG grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Für die Leistung des Heizungsbauers hingegen ist zivilrechtlicher und somit auch umsatzsteuerrechtlicher Leistungsempfänger die F. Weder die EheG (mangels Leistungsbeziehung) noch die F (mangels Unternehmereigenschaft) können diese Vorsteuern abziehen. |
2. Eigentümergemeinschaften
Die vorgenannten Grundsätze gelten für Eigentümergemeinschaften (EG) entsprechend. Bei Eingangsumsätzen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, stellt sich die zivilrechtliche bzw. umsatzsteuerrechtliche Leistungskette grundsätzlich wie folgt dar:
- 1. Der Verwalter beauftragt den leistenden Unternehmer (z.B. Handwerker, Gebäudereiniger). Entscheidend dabei ist, dass der Verwalter den Auftrag nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der EG erteilt. Ebenfalls muss beachtet werden, dass die Rechnung zwar an den Verwalter adressiert sein kann, sich aber aus dem Dokument zwingend ergeben muss, dass die EG Leistungsempfänger ist.
- 2. Die EG berechnet die Leistungen anteilig (über das Hausgeld) an die Eigentümer weiter und erbringt hiermit Umsätze gegen Entgelt, die grundsätzlich nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfrei sind. Ist der Eigentümer ein Unternehmer, der die Leistungen für sein Unternehmen bezieht (z.B. Weitervermietung), ist eine Option nach § 9 Abs. 1 UStG möglich, die bei jeder Leistungserbringung separat ausgeübt werden kann. Für den Vorsteuerabzug des Eigentümers ist es wichtig, dass aus der Rechnung sämtliche weiterberechneten Kosten detailliert hervorgehen. Pauschalangaben wie z.B. „Verwaltung des Gemeinschaftseigentums“ erfüllen diese Voraussetzung nicht. In der Rechnung kann auf die an die EG ausgestellten Rechnungen verwiesen werden, wenn diese dem Eigentümer ebenfalls zugänglich gemacht werden (§ 31 Abs. 1 S. 2 UStDV).
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Eine EG bezieht in 2013 Leistungen für die Wartung der Heizungsanlage und den Aufzug. In den an den Hausverwalter adressierten Rechnungen ist die EG als Leistungsempfänger angegeben. Der Verwalter hat dem Eigentümer E 1, der sein Teileigentum steuerpflichtig weitervermietet, eine Kopie der Handwerker-Rechnungen ausgehändigt. E 1 hat aus diesen Rechnungen in 2013 anteilig Vorsteuern geltend gemacht. Eine Option der EG gemäß § 9 UStG wurde nicht erklärt. Für 2013 hat die EG noch keine Umsatzsteuererklärung eingereicht.
Leistungsempfänger der Handwerkerleistungen ist die EG. Diese erbringt gegenüber ihren Mitgliedern (Eigentümern) nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Umsätze, die einen Vorsteuerabzug ausschließen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). E 1 kann ebenfalls keinen Vorsteuerabzug geltend machen, da er nicht Leistungsempfänger der Handwerkerleistungen ist. Aus der umsatzsteuerfreien Leistung der EG besteht schon dem Grunde nach keine Möglichkeit des Vorsteuerabzugs. |
Wird diese Problematik nachträglich aufgedeckt, kann die EG bis zur formellen Bestandskraft etwaiger Umsatzsteuerfestsetzungen auf die Umsatzsteuerfreiheit (teilweise) verzichten, den Eigentümern nachträglich Umsatzsteuer berechnen und aus den Eingangsrechnungen nachträglich einen Vorsteuerabzug geltend machen (A 9.1 Abs. 3 S. 1 UStAE). Hat die EG bislang keine Umsatzsteuererklärungen eingereicht, ist diese Vorgehensweise für sämtliche Jahre, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, möglich. Wurden bereits Erklärungen - wenn auch nur unter Angabe der bislang steuerfreien Umsätze - eingereicht, ist die Option nur innerhalb der Einspruchsfrist möglich.
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Anfang 2014 wird der Vorsteuerabzug bei E 1 im Rahmen einer Prüfung moniert. Nach Information an die EG verzichtet diese für die Leistungen an E 1 auf die Steuerfreiheit und übersendet dem E 1 im April 2014 ordnungsgemäße Rechnungen.
Da die EG die Umsatzsteuererklärung 2013 noch nicht eingereicht hat, ist eine nachträgliche Option nach § 9 UStG möglich. Die EG muss die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 2013 nacherklären, wobei aus den Handwerkerrechnungen insoweit anteilige Vorsteuer abgezogen werden kann. Für den Voranmeldungszeitraum April 2014 kann E 1 nun rechtmäßig Vorsteuer geltend machen. |
Hinweis | Die vorgenannten Grundsätze gelten nicht für das Sondereigentum. Insoweit ist der Sondereigentümer regelmäßig selbst für die Unterhaltung verantwortlich und hat für den Vorsteuerabzug zu beachten, dass Aufträge in seinem Namen erfolgen und Rechnungen an ihn adressiert werden. Etwas anderes gilt nur bei der Herstellung des Wohnungs- bzw. Teileigentums. Der in einer Rechnung an die Bauherren hierfür gesondert ausgewiesene Steuerbetrag kann nach § 180 Abs. 2 AO einheitlich festgestellt, auf die Beteiligten verteilt und ihnen zugerechnet werden. Die Bezeichnung der einzelnen Leistungsempfänger und der für sie abziehbare Steuerbetrag kann aus einer Abrechnung über das bezeichnete Gesamtobjekt abgeleitet werden (BFH 27.1.94, V R 31/91).