· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Hat der Widerruf eines zutreffenden Umsatzsteuerausweises Vorsteuerfolgen?
von Georg Nieskoven, Troisdorf
Erst kürzlich hatte der XI. Senat des BFH (23.1.13, XI R 25/11; MBP 13, 118) bei einer Rechnungserstellung mittels Gutschrift entschieden, dass der spätere Widerspruch des Leistenden den Vorsteuerabzug auch dann verhindert, wenn der ursprüngliche Steuerausweis zutreffend war. Der V. Senat des BFH (25.4.13, V R 2/13, Abruf-Nr. 132832) scheint indes anderer Ansicht zu sein - zumindest bei einer Fakturierung durch den Leistenden. |
Sachverhalt
Die mit Printmedien handelnde P bezog in den Streitjahren 1993 bis 1997 von einem Verlag (V) Zeitschriften, denen jeweils inhaltsbezogene CDs beigefügt waren. Die Rechnungen erfolgten unter Ausweis des Regelsteuersatzes. Im Anschluss an eine Außenprüfung beurteilte das für V zuständige FA die Lieferungen jedoch als begünstigtes Druckwerk i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG. In 2004 berichtigte V die Ursprungsrechnungen gegenüber P und wies nunmehr den ermäßigten Steuersatz aus. Das für P zuständige FA korrigierte daraufhin die Umsatzsteuer für 2004 durch entsprechende Kürzung des Vorsteuerabzugs. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der P statt. Der BFH hingegen hob diese Entscheidung wieder auf und verwies den Fall an das FG zurück.
Anmerkungen und Praxishinweise
Bis zum Urteil des BFH (2.4.98, V R 34/97) durfte der Unternehmer auch die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Eine etwaige Vorsteuerkorrektur war in dem VZ vorzunehmen, in dem die Rechnung berichtigt worden war. Seit der Rechtsprechungsänderung ist der Leistungsempfänger bei unrichtigem Steuerausweis insoweit nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine Vorsteuerkorrektur ist nur noch dann möglich, wenn der ursprüngliche Bescheid verfahrensrechtlich noch änderbar ist.
Weil die Rechtsprechungsänderung erst in 1998 erfolgte, war in dem aktuellen Verfahren strittig, inwieweit die Vorsteuerrückforderung gegen die Vertrauensschutzgrundsätze des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO verstößt. Der V. Senat hält eine Rückforderung wegen der Rechnungsberichtigung in 2004 dann für statthaft, wenn sie in den Ursprungsjahren nach der AO noch möglich gewesen wäre und nur an § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO scheitern würde.
Der BFH hat das FG aufgefordert, im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob der Ausweis des Regelsteuersatzes nicht doch zutreffend war und V somit einen zutreffenden Steuerausweis widerrufen hat. Insofern lässt der V. Senat jedoch offen, ob er der Sichtweise des XI. Senats des BFH (23.1.13, XI R 25/11) zur Vorsteuerwirkung bei Widerspruch gegen eine Gutschrift überhaupt folgen könne. Für eine Abrechnung im Rechnungswege gilt dies jedenfalls nicht, da mit dem Widerruf eines zutreffenden Steuerausweises kein unzutreffender Steuerausweis i.S. von § 14c Abs. 1 UStG berichtigt wird, sodass hieraus auch keine Vorsteuerberichtigungspflicht resultieren kann.