· Fachbeitrag · Kieferorthopädie
So rechnen Sie die kieferorthopädische Schienen- bzw. Aligner-Therapie richtig ab!
von Birgit Brunn, ZMV und Praxismanagerin, Oldenburg
| Nach einer primären Bisseinstellung ist eine kieferorthopädische Behandlung oft der Schritt zum richtigen Biss. Viele Patienten entscheiden sich für eine Behandlungsvariante mit durchsichtigen Schienensystemen. Da sich hier einige Vorteile wie z. B. eine einfachere Mundhygiene, eine höhere Lebensqualität und keine optische Veränderung durch Brackets und Bänder vereinen, entscheiden sich inzwischen auch viele Eltern bei der Auswahl für ihr Kind für ein Schienensystem (Behandlung mit Alignern). In diesem Beitrag werden die Vorgehensweise und die Abrechnung aufgezeigt. |
Wie funktioniert eine Schienen- bzw. Aligner-Therapie?
Gut nachvollziehbar erläutert dies die Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO) im Januar 2004: (auszugsweise) „Das Konzept umfasst folgende Arbeitsschritte: Die mit einem additionsvernetzten Silikon erstellten Kieferabformungen werden gescannt. Auf der Basis des Dysgnathiebefundes erfolgt nach Vorgabe des Behandlers eine computergestützte dreidimensionale Simulation der gewünschten Zahnbewegungen. Mithilfe eines präzisen Stereolithographieverfahrens wird eine Serie von transparenten Kunststoffschienen (Alignern) gefertigt, mit denen die Zahnstellungen in kleinen Schritten korrigiert werden können. Im Normalfall wird eine Schiene 14 Tage lang getragen, ehe die nächste eingesetzt wird. Für einfache Zahnstellungskorrekturen werden 15 bis 30 Aligner benötigt, für umfangreiche und komplexe Zahnbewegungen (z. B. Zahnextraktion) liegt die Anzahl der Schienen zwischen 30 und 60, in Einzelfällen sogar darüber hinaus.“ Meist werden bei einigen Anbietern auch Attachments erforderlich, die auf die berechneten und im Behandlungsplan markierten Zähne adhäsiv zu befestigen sind.
Vorgehensweise und Abrechnung
Grundsätzlich ist die kieferorthopädische Schienen-/Aligner-Therapie privat zu liquidieren, weil im BEMA die unsichtbare Zahnkorrektur nicht enthalten ist. PKV-Patienten können eventuell Erstattungen erwarten. Hier ist keine verbindliche Auskunft möglich. Im Vorfeld sollte anhand von Diagnostik-Modellen und Röntgenbildern auf einem kieferorthopädischen Beiblatt zum Heil- und Kostenplan (HKP) festgehalten werden, warum und wie die Therapie stattfinden soll. Es empfiehlt sich, dieses Beiblatt in der zahnärztlichen Software anzulegen, dann zu individualisieren und dem HKP generell anzufügen - dies erspart zumeist einen Zwischenschritt in Form zeitintensiver Auseinandersetzung mit von privaten Versicherern zugesandten Formularen.
Für uns ist die Therapie mit Schienen/Alignern grundsätzlich wie eine Kieferorthopädie nach GOZ abzurechnen. Abrechnungsempfehlungen geben alle Anbieter Ihren Kunden gern vor, jedoch sollte hier genau geprüft werden: Was tun wir wirklich? Was bringen wir individuell kalkuliert für unsere Praxis in Ansatz? Gibt es Behandlungsmaßnahmen, die analog zu berechnen sind? Auch wenn anfangs noch Erfahrungswerte mit Vorgaben verglichen und eventuell noch in unseren Komplexen und Vorgaben geändert werden müssen (z. B. die Menge der Attachments, die voraussichtliche Menge der zu erwartenden approximalen Schmelzreduktionen etc.): Nach mehreren Fällen sitzen wir relativ sicher im Sattel. Selbstverständlich ist hierbei zu berücksichtigen, dass jeder Fall individuell ist. Ein probates Mittel ist immer eine Mischkalkulation.
Wo am Anfang mittels der eingereichten Abdrücke und Fotos diese vom Anbieter bewertet, bemessen und schließlich in einen konkreten Therapievorschlag münden, stehen wir schon längst hinter einem erstellten HKP mit der Zusage, diesen mit geringen Abweichungen einzuhalten. Ein im persönlichen Gespräch übergebener HKP klärt nicht nur über die zu erwartenden Kosten auf, sondern auch über eventuell mögliche Abweichungen im Zuge der Behandlung. Wichtig ist auch, über den zu erwartenden Zeitraum zu informieren und mit anzugeben, wann welche Kosten in etwa anfallen werden. Viele Behandler vierteln oder halbieren die Kernpositionen nach den GOZ-Nrn. 6030/6040/6050 nebst 6060/6070/6080 und/oder setzen bei Erwachsenen die Nr. 6090 mit Abschlägen an. Auch über Folgekosten - wie z. B. bei den im Anschluss an die kieferorthopädische Kerntherapie ratsamen Retainern - ist der Patient mit dem Ziel einer Kostentransparenz aufzuklären. Insgesamt hat er sich auf einen längeren Zeitraum und mehrere Rechnungen einzustellen.
Die folgende Übersicht enthält mögliche Positionen einer kieferorthopädischen Behandlung mit Schienen- bzw. Alignersystemen.
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SitzungsnummerBehandlungsschritt | GOZ-/GOÄ-Position | Material-/Laborkosten | Bemerkung/Beschreibung |
Eingehende Untersuchung/Erstgespräch | 0010/Ä1 | Feststellen der Notwendigkeit einer kieferorthopädischen Einstellung | |
Röntgendiagnostik | Ä5000 ff | ||
Folgesitzung | |||
Beratung/en | Ä3 | Vertiefung des Gesprächsinhalts | |
Untersuchungen | Ä6 Ä5 | Weiterführende Untersuchung anhand des individuellen Problems | |
6190 Kombinierbarkeit beachten! | Belehrendes Gespräch zur Beseitigung schädlicher Gewohnheiten und Dysfunktionen | ||
Diagnostik | 6000 | BEB 0706 x 6 | Foto- oder Videodokumentation |
0060 | BEB 0010 x 2 BEB 0401 x 1 BEB 0601 x 1 BEB 0732 x 3 Abformmaterial | Modell aus Hartgips Montage des Modellpaares im Fixator Okklusal bezogenes Trimmen des Modellpaares Desinfektion Eingang/Ausgang | |
6010 8000ff | Evtl. Bissmaterial | sofern erforderlich | |
Heil- und Kostenplan | 0040 x 2 Evtl. Beratung Ä1 | 1 x Kerntherapie, 1 x Anschluss-Retainer | |
Sitzung zur Abformung | |||
PZR zur Vorbereitung der Abdrucknahme | 1040 | Für die Wiedergabe dienlich, der Anbieter erhält unverfälschte Angaben | |
Abdrucknahme zum Versand | 5170 | BEB 1007 x 2 BEB 0732 x 2 Abformmaterial | Beim Anbieter findet aufgrund dieser eingereichten Unterlagen, kombiniert mit den Fotos und Behandlerangaben über das gewünschte Ergebnis, der Scan und die Bekanntgabe des zu erwartenden Umfangs (Anzahl der Schienen, Tragedauer, Maßnahmen (z. B. ASR = Approximale Schmelzreduktion) statt. |
Einsetzen der Schienen/Aligner | |||
Kernpositionen beim Einsetzen der Schienen/Aligner | Erwachsene/Kinder: 6030/6040/6050 | Fremdlaborkosten! | Je nach Schwierigkeitsgrad der Einstellung! (nach den Regularien der GOZ) |
zzgl. bei Erwachsenen: 6090 zzgl. bei Kindern: 6060/6070/6080 | Die Zuordnung erfolgt korrespondierend mit dem Ansatz der Kernposition nach den Nrn. 6030 bis 6050: 6030 = 6060, 6040 = 6070, 6050 = 6080. | ||
2030 je FZB/KH | |||
6100 je Attachment 2197 je Attachment | auch mehrfach je Zahn auch mehrfach je Zahn | ||
2000 je vestibulärer Versiegelung 1020 je Sitzung | |||
Direkt vor dem Einsetzen vornehmen | 4060 | ||
Weitere Kontrollen/weitere Maßnahmen bei Schienen- bzw. Alignerwechsel | |||
Regelmäßig | Im Vier-Jahres-Zeitraum mit den Kernpositionen nach Nrn. 6030 bis 6050 abgegolten! | ||
0010, 1040, 4060 in Folgesitzung, 1020, 8100, 4040, 4030 | Individuelle Festlegung der Intervalle | ||
Je nach Behandlungsplanung ggf. erforderlich | Approximale Schmelzreduktion, z. B. 2030a | Vorschlag für die analoge Berechnung einer approximalen Schmelzreduktion | |
6110 je Attachment | Entfernung des vorhandenen Attachments | ||
6100 je Attachment 2197 je Attachment 2000 je vest. Versiegelung 1020 je Sitzung | neues Attachment kleben auch mehrfach je Zahn auch mehrfach je Zahn | ||
Mögliche Reevaluierungen/weitere Durchgänge | |||
Fotogr. Dokumentation | 6000 | BEB 0706 x 6 | |
Diagnostik-Modelle | 0060 6010 | BEB 0706 x 6 BEB 0010 x 2 BEB 0401 x 1 BEB 0601 x 1 BEB 0732 x 3 Abformmaterial | |
Abformungen zum Einschicken | 5170 | BEB 1007 x 2 BEB 0732 x 2 Abformmaterial | |
1040 | |||
Einkleben der Attachments/Aushändigung neuer Schienen | |||
Attachments können nötig werden, um einen Zahn räumlich zu bewegen, also nicht nur zweidimensional zu kippen. Die Schienenbewegung wird durch sie verstärkt. | 4060 | ||
6110 | Entfernung der vorhandenen Attachments | ||
6100 je Attachment 2197 je Attachment 2000 je vest. Vers. 1020 je Sitzung | Kleben/Befestigen der neuen Attachments auch mehrfach je Zahn auch mehrfach je Zahn | ||
Approximale Schmelzreduktion, z. B. 2030a | Vorschlag für die analoge Berechnung einer approximalen Schmelzreduktion | ||
Weitere Kontrollen/weitere Maßnahmen bei Schienen- bzw. Alignerwechsel | |||
Regelmäßig | Im Vier-Jahres-Zeitraum mit den Kernpositionen nach Nrn. 6030 bis 6050 abgegolten! | ||
0010, 1040, 4060 in Folgesitzung, 1020, 8100, 4040, 4030 | Individuelle Festlegung der Intervalle | ||
Je nach Behandlungsplanung erforderlich | Approximale Schmelzreduktion, z. B. 2030a | Vorschlag für die analoge Berechnung einer approximalen Schmelzreduktion | |
6110 je Attachment | Entfernung des vorhandenen Attachments | ||
6100 je Attachment 2197 je Attachment 2000 je vest. Vers. 1020 je Sitzung | neues Attachment kleben auch mehrfach je Zahn auch mehrfach je Zahn | ||
Ende der Kerntherapie | |||
Fotogr. Dokumentation | 6000 | BEB 0706 x 6 | Der Behandler muss nun gut reevaluieren: Ist die Therapie zielführend verlaufen? Ein Abgleich mit den Behandlungsunterlagen des Anbieters (Computer Simulation), kombiniert mit neuen Situationsmodellen und fotografischer Dokumentation und Auswertung, ist erforderlich, ebenso die Befragung des Behandelten. Sollte hier noch einmal Handlungsbedarf entstehen, so bieten viele Anbieter ein kostenfreies Refinement an. Somit kann es erforderlich werden, noch einmal Behandlungsunterlagen wie Abformungen einzureichen und in eine „weitere Runde“ zu starten. Die zu Anfang angesetzten Kernpositionen 6030 bis 6050 decken dieses Refinement mit ab. |
Diagnostik-Modelle | 0060 6010 | BEB 0706 x 6 BEB 0010 x 2 BEB 0401 x 1 BEB 0601 x 1 BEB 0732 x 3 Abformmaterial | |
Abformungen zum Einschicken | 5170 | BEB 1007 x 2 BEB 0732 x 2 Abformmaterial | |
Entfernung Attachments 6110 1040 | |||
Anschluss-Retainer | |||
5170 | BEB 1007 x 2 BEB 0732 x 2 | Die Tragedauer der Retainer kann selten korrekt vorausgesagt werden. Die Patienten sollten die Schienen gut pflegen und weiterhin konsequent tragen. | |
6230 | Fremdlaborkosten | ||
Ggf. weitere Kontrollen außerhalb der Frist | 6210 |