· Fachbeitrag · Richtlinie zur Qualitätssicherung
Medizinproduktegesetz - schon mal gehört?
von Monika Pohlkamp, MFA und Qualitätsmanagerin, Sendenhorst
| Grundsätzlich dürfen Medizinprodukte nur dann in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten nicht gefährden. Der PIP-Skandal um gerissene Brustimplantate hat der breiten Öffentlichkeit einmal mehr aufgezeigt, dass die Einhaltung dieser Vorschrift nicht selbstverständlich ist. Welche Standards ein Medizinprodukt erfüllen muss, damit es hierzulande auf den Markt kommt, und wie die Anwender die korrekte Verordnung, Handhabung und Qualitätsüberwachung sicherstellen, regelt das Medizinproduktegesetz (MPG). |
Was sind Medizinprodukte?
Beachten Sie, dass mit Medizinprodukten keine Arzneimittel gemeint sind. Medizinprodukte sind vielmehr alle Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe und Gegenstände, die zur Anwendung am Patienten für folgende Zwecke bestimmt sind:
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Verschreibungspflichtige Medizinprodukte dürfen in Deutschland nur in Apotheken in Verkehr gebracht werden. Bestimmte Produkte dürfen aber auch an Krankenhäuser und Arztpraxen abgegeben werden. Dazu gehören zum Beispiel Blutzuckermessgeräte oder Blutdruckmessgeräte.
Rechtsgrundlage und Regelwerk
Die europäischen Richtlinien 90/385/EWG, 93/42/EWG, 98/79/EG, 2003/32/EG, 2005/50/EG und 2007/47/EG beinhalten die rechtlichen Anforderungen an das erstmalige Inverkehrbringen und die erstmalige Inbetriebnahme von Medizinprodukten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinien in nationales Recht umzusetzen.
In Deutschland gilt seit 1. Januar 1995 das MPG, das seither mehrfach aktualisiert wurde. (Die letzte Änderung erfolgte am 19. Oktober 2012.)
Ausführung des MPG in Rechtsverordnungen
Das MPG gilt nicht nur für die Hersteller und Vertreiber von Medizinprodukten, sondern auch für deren Anwender. Es wird durch einzelne Rechtsverordnungen präzisiert. Die für die Arztpraxis maßgebenden Verordnungen sind:
- Verordnung von Medizinprodukten (MPV)
- Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (MPBetreibV)
- Verordnung über die Verschreibungspflicht von Medizinprodukten (MPVerschrV)
- Verordnung über die Erfassung, Bewertung und Abwehr von Risiken bei Medizinprodukten (MPSV)
CE-Zertifizierung, DIN-Normen und Gebrauchsanweisung
Alle in Verkehr gebrachten Medizinprodukte müssen seit 1998 mit einem CE-Kennzeichen versehen sein, um überhaupt eingesetzt werden zu können. Prüfen Sie daher im Zweifel, ob in Ihrer Praxis alle Medizinprodukte dieses Zeichen haben. Denn nur dann garantiert der Hersteller, dass das Produkt dem MPG und den dazugehörigen Normen entspricht. Dies sind:
- DIN EN 556: Sterilisation von Medizinprodukten - Anforderungen an Medizinprodukte, die als „steril“ gekennzeichnet werden
- DIN EN 30993: Biologische Beurteilung von Medizinprodukten
- DIN EN 60601: Medizinische elektrische Geräte
Weiter ist in ganz besonderem Maße auch die Gebrauchsanweisung der eingesetzten Medizinprodukte wichtig. Denn sollten irgendwann Patienten oder andere Personen Haftungsansprüche geltend machen, wird immer überprüft, ob sich die Praxis an die Vorgaben der Gebrauchsanweisung gehalten hat.
Dokumentationspflicht der Arztpraxis
Immer wenn ein neues Medizinprodukt in die Praxis kommt, muss dazu ein Einweisungsprotokoll geschrieben werden. Darin sind detaillierte Angaben zur Anwendung, Aufbereitung und zur regelmäßigen Wartung zu dokumentieren. Weiter sollten alle eingewiesenen Personen namentlich benannt sein und das Protokoll zur Kenntnis genommen und unterschrieben haben.
PRAXISHINWEIS | Legen Sie gleichzeitig ein Formblatt für das Gerätebuch an, indem alle wichtigen Daten wie Seriennummer, Registriernummer, Kaufdatum, Wartungszeiten, Servicetechniker und Hotline-Nr. usw. eingetragen sind. Sollte es zu einem Störfall kommen, haben Sie alle Informationen schnell griffbereit. |
Einweisungsprotokoll, Gebrauchsanweisung und Wartungsprotokolle gehören in einen eigenen Geräteordner. Damit dieser regelmäßig gepflegt wird, sollte jemand aus dem Team als Gerätebeauftragte(r) benannt werden.
PRAXISHINWEIS | Zur Aufgabe einer/es Gerätebeauftragten gehört auch, für jedes Medizinprodukt eine Risikoeinstufung vorzunehmen. Der Hersteller ist im Vorfeld verpflichtet, bereits eine Klassifizierung/Einstufung des Gefährdungspotenzials eines Produkts durchzuführen und anzugeben. Wenn diese Angaben beachtet werden, fällt die Risikobewertung in der Praxis gar nicht mehr schwer. |
Pflicht zur Meldung von Vorkommnissen und Rückrufen
Um Risiken bei Medizinprodukten zu erfassen, zu bewerten und abzuwehren, sind Rückrufe des Herstellers oder Störfälle entsprechend der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) meldepflichtig. Wenn es also bei der Anwendung eines Medizinprodukts trotz vorschriftsmäßiger Handhabung zu Störfällen kommt, bei denen ein Patient verletzt wird, müssen Sie dies der zuständigen Bundesbehörde mitteilen. Dies ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn (www.bfarm.de).
Sanktionen bei Nichtbeachtung
Für die Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorschriften sieht das MPG konkrete Sanktionsmaßnahmen vor. Diese beinhalten unter anderem:
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Mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren oder mit Bußgeld wird bestraft, wer... | Mit Bußgeld bis zu 25.000 Euro wird bestraft, wer... |
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Die Sanktionen gelten zwar überwiegend für Hersteller und Vertreiber, aber auch die Arztpraxen sind verpflichtet, die entsprechenden Vorgaben des MPG (zum Beispiel Dokumentations- und Meldepflicht) einzuhalten. Für die korrekte Inbetriebnahme und Handhabung von Medizinprodukten ist vor allem die Medizinproduktebetreiber-Verordnung (MPBetreibV) wichtig, die in der nächsten Ausgabe von PPA vorgestellt wird.
Weiterführende Hinweise
- MPG zum Download unter: www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/mpg/gesamt.pdf
- Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zur Risikoeinstufung und zur Aufbereitung von Medizinprodukten finden Sie unter: http://tinyurl.com/lkwm96z
- Formblätter zur Meldung von Störfällen beim BfArm gibt es auf der Homepage des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): www.dimdi.de
- Im Bereich Downloads > Arbeitshilfen der Website www.iww.de/ppa finden Sie einen Mustervordruck, den Sie zur Anlage Ihres Geräteordners verwenden können.