Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Richtlinie zur Qualitätssicherung

    Medizinproduktegesetz - schon mal gehört?

    von Monika Pohlkamp, MFA und Qualitätsmanagerin, Sendenhorst

    | Grundsätzlich dürfen Medizinprodukte nur dann in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten nicht gefährden. Der PIP-Skandal um gerissene Brustimplantate hat der breiten Öffentlichkeit einmal mehr aufgezeigt, dass die Einhaltung dieser Vorschrift nicht selbstverständlich ist. Welche Standards ein Medizinprodukt erfüllen muss, damit es hierzulande auf den Markt kommt, und wie die Anwender die korrekte Verordnung, Handhabung und Qualitätsüberwachung sicherstellen, regelt das Medizinproduktegesetz (MPG). |

    Was sind Medizinprodukte?

    Beachten Sie, dass mit Medizinprodukten keine Arzneimittel gemeint sind. Medizinprodukte sind vielmehr alle Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe und Gegenstände, die zur Anwendung am Patienten für folgende Zwecke bestimmt sind:

     

    • Anwendungsbereich von Medizinprodukten
    • Geräte zur Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder auch Behinderungen (zum Beispiel Sonogerät, Monitor, Reizstromgerät)
    • Geräte zur Untersuchung des Patienten (zum Beispiel Blutdruckmessgerät, Stethoskop, EKG)
    • Vorrichtungen zur Empfängnisregelung (zum Beispiel Spiralen, Implanon, Diaphragma)
    • 
Software in Medizinprodukten (zum Beispiel in Sonogeräten, Aufzeichnungsmonitoren, Kardiographen)
    •  
     

    Verschreibungspflichtige Medizinprodukte dürfen in Deutschland nur in Apotheken in Verkehr gebracht werden. Bestimmte Produkte dürfen aber auch an Krankenhäuser und Arztpraxen abgegeben werden. Dazu gehören zum Beispiel Blutzuckermessgeräte oder Blutdruckmessgeräte.

    Rechtsgrundlage und Regelwerk

    Die europäischen Richtlinien 90/385/EWG, 93/42/EWG, 98/79/EG, 2003/32/EG, 2005/50/EG und 2007/47/EG beinhalten die rechtlichen Anforderungen an das erstmalige Inverkehrbringen und die erstmalige Inbetriebnahme von Medizinprodukten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinien in nationales Recht umzusetzen.

     

    In Deutschland gilt seit 1. Januar 1995 das MPG, das seither mehrfach aktualisiert wurde. (Die letzte Änderung erfolgte am 19. Oktober 2012.)

     

    Ausführung des MPG in Rechtsverordnungen

    Das MPG gilt nicht nur für die Hersteller und Vertreiber von Medizinprodukten, sondern auch für deren Anwender. Es wird durch einzelne Rechtsverordnungen präzisiert. Die für die Arztpraxis maßgebenden Verordnungen sind:

     

    • Verordnung von Medizinprodukten (MPV)
    • Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (MPBetreibV)
    • Verordnung über die Verschreibungspflicht von Medizinprodukten (MPVerschrV)
    • Verordnung über die Erfassung, Bewertung und Abwehr von Risiken bei Medizinprodukten (MPSV)

     

    CE-Zertifizierung, DIN-Normen und Gebrauchsanweisung

    Alle in Verkehr gebrachten Medizinprodukte müssen seit 1998 mit einem CE-Kennzeichen versehen sein, um überhaupt eingesetzt werden zu können. Prüfen Sie daher im Zweifel, ob in Ihrer Praxis alle Medizinprodukte dieses Zeichen haben. Denn nur dann garantiert der Hersteller, dass das Produkt dem MPG und den dazugehörigen Normen entspricht. Dies sind:

     

    • DIN EN 556: Sterilisation von Medizinprodukten - Anforderungen an Medizinprodukte, die als „steril“ gekennzeichnet werden
    • DIN EN 30993: Biologische Beurteilung von Medizinprodukten
    • DIN EN 60601: Medizinische elektrische Geräte

     

    Weiter ist in ganz besonderem Maße auch die Gebrauchsanweisung der eingesetzten Medizinprodukte wichtig. Denn sollten irgendwann Patienten oder andere Personen Haftungsansprüche geltend machen, wird immer überprüft, ob sich die Praxis an die Vorgaben der Gebrauchsanweisung gehalten hat.

    Dokumentationspflicht der Arztpraxis

    Immer wenn ein neues Medizinprodukt in die Praxis kommt, muss dazu ein Einweisungsprotokoll geschrieben werden. Darin sind detaillierte Angaben zur Anwendung, Aufbereitung und zur regelmäßigen Wartung zu dokumentieren. Weiter sollten alle eingewiesenen Personen namentlich benannt sein und das Protokoll zur Kenntnis genommen und unterschrieben haben.

     

    PRAXISHINWEIS |  Legen Sie gleichzeitig ein Formblatt für das Gerätebuch an, indem alle wichtigen Daten wie Seriennummer, Registriernummer, Kaufdatum, Wartungszeiten, Servicetechniker und Hotline-Nr. usw. eingetragen sind. Sollte es zu einem Störfall kommen, haben Sie alle Informationen schnell griffbereit.

     

    Einweisungsprotokoll, Gebrauchsanweisung und Wartungsprotokolle gehören in einen eigenen Geräteordner. Damit dieser regelmäßig gepflegt wird, sollte jemand aus dem Team als Gerätebeauftragte(r) benannt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Zur Aufgabe einer/es Gerätebeauftragten gehört auch, für 
jedes Medizinprodukt eine Risikoeinstufung vorzunehmen. Der Hersteller ist im Vorfeld verpflichtet, bereits eine Klassifizierung/Einstufung des Gefährdungspotenzials eines Produkts durchzuführen und anzugeben. Wenn diese Angaben beachtet werden, fällt die Risikobewertung in der Praxis gar nicht mehr schwer.

     

    Pflicht zur Meldung von Vorkommnissen und Rückrufen

    Um Risiken bei Medizinprodukten zu erfassen, zu bewerten und abzuwehren, sind Rückrufe des Herstellers oder Störfälle entsprechend der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) meldepflichtig. Wenn es also bei der Anwendung eines Medizinprodukts trotz vorschriftsmäßiger Handhabung zu Störfällen kommt, bei denen ein Patient verletzt wird, müssen Sie dies der zuständigen Bundesbehörde mitteilen. Dies ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn (www.bfarm.de).

    Sanktionen bei Nichtbeachtung

    Für die Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorschriften sieht das MPG konkrete Sanktionsmaßnahmen vor. Diese beinhalten unter anderem:

     

    • Auszug aus den Straf- und Bußgeldvorschriften des MPG (§§ 40 - 41)

    Mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren oder mit Bußgeld wird bestraft, wer...

    Mit Bußgeld bis zu 25.000 Euro wird bestraft, wer...

    • ...nicht zugelassene Medizinprodukte in Verkehr bringt oder betreibt.

     

    • In besonders schweren Fällen, in 
denen billigend die Gefährdung des Menschen in Kauf genommen wird, erhöht sich die Freiheitsstrafe auf fünf Jahre.
    • ...entgegen den gesetzlichen Bestimmungen vorsätzlich oder fahrlässig ein Medizinprodukt in Verkehr bringt, in Betrieb nimmt, betreibt oder anwendet,
    • ...wichtige Informationen dem Gerät nicht beifügt (zum Beispiel Gebrauchsanweisung),
    • ...die behördliche Überprüfung von Medizinprodukten behindert.
     

     

    Die Sanktionen gelten zwar überwiegend für Hersteller und Vertreiber, aber auch die Arztpraxen sind verpflichtet, die entsprechenden Vorgaben des MPG (zum Beispiel Dokumentations- und Meldepflicht) einzuhalten. Für die korrekte Inbetriebnahme und Handhabung von Medizinprodukten ist vor allem die Medizinproduktebetreiber-Verordnung (MPBetreibV) wichtig, die in der nächsten Ausgabe von PPA vorgestellt wird.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zur Risikoeinstufung und zur Aufbereitung von Medizinprodukten finden Sie unter: http://tinyurl.com/lkwm96z
    • Formblätter zur Meldung von Störfällen beim BfArm gibt es auf der Homepage des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): www.dimdi.de 
    • Im Bereich Downloads > Arbeitshilfen der Website www.iww.de/ppa finden Sie einen Mustervordruck, den Sie zur Anlage Ihres Geräteordners verwenden können.
    Quelle: Seite 10 | ID 42312863