· Fachbeitrag · Beihilfe
Nordrhein-Westfalen: Das ist jetzt nicht bzw. bedingt beihilfefähig
| Das Finanzministerium für Nordrhein-Westfalen (NRW) hat detaillierte Hinweise zu GOZ-Leistungen und zum Paragrafenteil publiziert. Im Rahmen der Aufklärungspflicht muss ein Patient über Leistungen informiert werden, die bekanntermaßen keine oder nur eine eingeschränkte Erstattung bei privaten Kostenträgern hervorrufen. Die PA-Redaktion stellt hier markante Bereiche vor, die mit Erlass vom 8. April 2016 in Kraft getreten sind. |
Überschreiten des Schwellenwerts: Die Voraussetzungen
Folgende Begründungen rechtfertigen nach Ansicht der Beihilfestellen in der Regel keine Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes: pulpanahe Präparation; starker Speichelfluss; erschwerter Mundzugang; divergierende Pfeilerzähne; subgingivale Präparation; Verblendung und Farbauswahl; erhöhter Zungen- und Wangendruck; kurze oder lange klinische Krone; tiefe Zahnfleischtaschen; fest haftende Beläge bzw. Konkremente.
PRAXISHINWEIS | Dass die Beihilfe immer nur den 2,3-fachen Gebührensatz anerkennt, ist seit vielen Jahren bekannt. Rechtsverfahren haben in den letzten zehn Jahren zugenommen, weil sich immer mehr Beihilfeberechtigte gegen die ablehnenden Bescheide ihrer Beihilfestelle wehren. |
Grund für eine Faktorsteigerung dem Patienten frühzeitig mitteilen
Wenn bei der Behandlung bereits im Vorfeld ein Faktor oberhalb von 2,3-fach zu erwarten ist, sollte dieser - ohne Begründung - bereits im Heil- und Kostenplan (HKP) abgebildet werden. Der Patient muss durch den Zahnarzt über bekannte Einschränkungen im Rahmen der Beihilfe informiert und auf einen vermutlichen Eigenanteil hingewiesen werden. Dies erfolgt sinnvollerweise für alle „beihilfe-strittigen“ Leistungen auf dem HKP vor Behandlungsbeginn.
Der Grund für eine Faktorsteigerung oberhalb von 2,3-fach kann dem Patienten vor und bei Durchführung der Therapie mitgeteilt werden. Der Zahnarzt muss die Begründung auf der Rechnung aufführen. Wenn die Beihilfe erwartungsgemäß den Grund nicht anerkennt, ist die Zahlungsmoral des gut aufgeklärten und „vorgewarnten“ Beihilfeberechtigten besser.
Hinweise zu einzelnen GOZ-Ziffern
Es folgen Auszüge aus den Beihilfebestimmungen und Praxishinweise zu den Auswirkungen für die Abrechnung und Kommunikation mit Ihren Patienten.
Beihilfe zu den GOZ-Nrn. 0080 bis 0100
„Die Leistung nach Nr. 0090 ist im Regelfall nur einmal je Zahn und Sitzung berechnungsfähig. Eine mehr als einmalige Berechnung je Zahn ist im Ausnahmefall möglich. Dies ist dann in der Rechnung zu begründen. Die Leitungsanästhesie nach Nr. 0100 wird im Regelfall nur einmal je Sitzung und Kieferhälfte erforderlich sein. Bei den Leistungen nach den Nrn. 0090 und 0100 ist das verwendete Anästhetikum gesondert berechnungsfähig. Hierbei können Kosten von bis zu 0,70 Euro je Karpule als angemessen anerkannt werden.“
PRAXISHINWEIS | Die Berechnungsmodalitäten stimmen mit der GOZ überein, allerdings ist der Preis je Anästhetikum mit 0,70 Euro beihilfe-intern festgelegt. Sollte der reale Praxispreis darüber liegen, ist die Differenz vom Beihilfeberechtigten zu tragen - was dieser in den wenigsten Fällen wahrhaben will. |
Beihilfe zu GOZ-Nr. 1040
„… Die Entfernung unterhalb des Zahnfleisches liegender Konkremente, die nur vom Zahnarzt durchgeführt und nicht auf eine qualifizierte Fachangestellte delegiert werden kann, ist grundsätzlich nach den Nrn. 4070 bzw. 4075 GOZ berechenbar, allerdings nicht in derselben Sitzung mit einer PZR. Auch wenn die PZR aufwendiger gewesen ist (z. B. subgingivale Reinigung), rechtfertigt dies nicht die zusätzliche analoge Berechnung der Nrn. 1040, 4070 oder 4075 GOZ. …“
PRAXISHINWEIS | Die Beihilfe beschreibt hier explizit, dass subgingivale Konkremente nur vom Zahnarzt entfernt werden dürfen und dies nach den GOZ-Nrn. 4070 und 4075 abrechenbar ist. Eine fortgebildete Prophylaxe-Mitarbeiterin bzw. eine Dental-Hygienikerin darf dies laut Beihilfe nicht. Eine analoge Berechnung wird im Schulterschluss mit der PKV abgelehnt. |
Beihilfe zu GOZ-Nrn. 2160 und 2170
„Nach der Leistungsbeschreibung handelt es sich nicht um Aufbaufüllungen (Nrn. 2180 ff.), sondern ausschließlich um Füllungsversorgungen. Es besteht daher kein Anspruch auf Erstattung der Nrn. 2160 und 2170 (analog) vor einer Überkronung von Zähnen, da es sich bei den vorbereitenden Tätigkeiten für eine prothetische Versorgung um Leistungen nach den Nrn. 2180 ff. handelt (so auch ein Urteil des Amtsgerichts Köln vom 30. Juni 2003, Az. 116 C 110/02).“
PRAXISHINWEIS | Nach der Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums können neben Einlagefüllungen (Nrn. 2150 bis 2170) die Aufbauleistungen nach den Nrn. 2180 … nicht berechnet werden. Die BZÄK empfiehlt, die Versorgung des Zahns in vorangehender Sitzung mit plastischem Material z. B. zur diagnostischen oder prognostischen Abklärung nach den Nrn. 2050 ff. separat zu berechnen. |
Beihilfe zu GOZ-Nrn. 2260 und 2270
„Kosten für die labortechnische Herstellung provisorischer Kronen und Brücken sind nur dann beihilfefähig, wenn es sich um Langzeitprovisorien nach den Nrn. 7080 und 7090 GOZ handelt, nicht jedoch in Verbindung mit den Nrn. 2260, 2270 sowie 5120 und 5140 GOZ.“
PRAXISHINWEIS | Fallbezogen ist es medizinisch notwendig, laborgefertigte Provisorien herzustellen. Diese sind inklusive der Material- und Laborkosten berechenbar, allerdings nicht beihilfefähig, sodass der Patient im Vorfeld der Therapie davon in Kenntnis gesetzt werden sollte. |
Beihilfe zu GOZ-Nr. 4000
„Der Ansatz eines erhöhten Steigerungsfaktors mit der Begründung ‚mehrerer Messstellen‘ (z. B. sechs) stellt in der Parodontaldiagnostik keine außergewöhnliche Leistung dar und ist daher nicht beihilfefähig.“
Beihilfe zu GOZ-Nr. 4005
„Die Leistungsbeschreibung umfasst die Erhebung mindestens eines Gingivalindex und/oder eines Parodontalindex. Die Durchführung eines weiteren diagnostischen Index ist durch die Leistung bereits abgedeckt und kann nicht gesondert über einen erhöhten Steigerungssatz berücksichtigt werden.“
Beihilfe zu GOZ-Nr. 5170
„Die Berechnung einer Gebühr nach Nr. 5170 GOZ kann regelmäßig nur im Zusammenhang mit prothetischen Leistungen … in Betracht kommen, wenn die in der Leistungsbeschreibung genannten qualifizierten Voraussetzungen vorliegen. Die Abformungen im Zusammenhang mit der Versorgung der Zähne mit Einlagefüllungen und Einzelkronen sind mit den Leistungen nach den Nrn. 2150 bis 2170 und 2000 bis 2220 GOZ abgegolten.“
PRAXISHINWEIS | Diese Feststellung ist seit mehr als 20 Jahren bekannt. Im Rahmen von Implantaten lässt sich beispielhaft sagen, dass ein individueller Löffel meist aufgrund der Abformtechnik (offener Löffel wegen verschraubter Abformung) erforderlich ist. Ob dieser wie zu Zeiten der alten GOZ nach der Nr. 5170 oder aufgrund des Leistungstextes und Empfehlungen in Kommentaren analog nach der GOZ 2012 berechnet wird, ist dabei unerheblich. Die Beihilfe hat diese Maßnahme neben Einzelkronen als nicht beihilfefähig erklärt. Somit ist der Beihilfeberechtigte über den Selbstbehalt inklusive Material- und Laborkosten aufzuklären. |
Beihilfe zu GOZ-Nrn. 8000 ff.
„Eine Notwendigkeit für FAL- und FTL-Leistungen kann bei einer prothetischen Versorgung nur bei umfangreichen Gebisssanierungen anerkannt werden, d. h., wenn in jedem Kiefer mindestens die Hälfte der Zähne eines natürlichen Gebisses sanierungsbedürftig ist und die regelrechte Schlussbisslage durch Einbruch der vertikalen Stützzonen und/oder die Führung der seitlichen Unterkieferbewegungen nicht mehr sicher feststellbar sind. Im Interesse einer fachgerechten Befunderhebung des stomatognathen Systems ist in diesem Fall regelmäßig die Leistung nach GOZ-Nr. 8000 erforderlich.“
PRAXISHINWEIS | Werden FAL- und FTL-Leistungen innerhalb eines Gesamtkonzepts eingebunden, können diese berechnet werden. Um die Beihilfefähigkeit vor Therapiebeginn zu prüfen, kann der klinische Funktionsstatus der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) ausgefüllt und dem HKP für die Beihilfe beigefügt werden. Das Formular für den Funktionsstatus können Sie auf der PA-Website unter der Abruf-Nr. 44018005 herunterladen. |
Weiterführender Hinweis
- Vor allem bei Implantaten sind die Beihilfe-Regelungen oft schwer zu durchschauen. Zudem sind diese Behandlungen kostenintensiv. Aus diesem Grund hat die PA-Redaktion recherchiert und die derzeit gültigen Beihilfe-Regelungen in den einzelnen Bundesländern in einem Dokument zusammengestellt. Die Übersicht können Sie auf der PA-Website unter der Abruf-Nr. 44018109 herunterladen.