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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Auskunftsverlangen der Krankenversicherung und das Patientenrechtegesetz: Was gilt?

    von Christine Baumeister-Henning, Haltern am See

    | Private Krankenversicherungen (PKVen) bzw. Zusatzversicherungen fordern von Zahnärzten ausführliche Auskünfte über Behandlungsmaßnahmen - vorgeblich zur Abklärung der medizinischen Notwendigkeit und damit des Versicherungsfalles. Dabei sollen häufig auch Krankenunterlagen wie Röntgenbilder, Modelle und sogar ganze Karteikarten zugesandt werden. Aber muss die Praxis diese Unterlagen herausgeben? Damit befasst sich dieser Beitrag - auch vor dem Hintergrund des Patientenrechtegesetzes. |

    Das Auskunftsverlangen der Versicherungen

    Grundsätzlich muss ein Versicherer prüfen können, ob die an ihn gerichteten Erstattungsansprüche eines Versicherten berechtigt sind. Richtet die Versicherung das zahnmedizinische Auskunftsersuchen an den Versicherungsnehmer selbst und fordert dieser den Zahnarzt in eigener Verantwortung auf, eine Anfrage der Versicherung zu beantworten, dann ergibt sich für den Zahnarzt aus dem Behandlungsvertrag in der Regel eine Nebenpflicht, diese zu beantworten, soweit ihm dies zuzumuten ist.

    Was hat sich durch das Patientenrechtegesetz geändert?

    Seit Februar 2013 sind die Patientenrechte im BGB (§ 630) verankert. Unter anderem ist jetzt geregelt, dass der Patient jederzeit Einsicht in seine Krankenakte nehmen kann. § 630 g lautet:

     

    • Einsichtnahme in die Patientenakte
    • 1. Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.

     

    • 2. Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

     

    • 3. Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu. Gleiches gilt für die nächsten Angehörigen des Patienten, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.
     

    Diese Regelung nehmen Versicherer nun als Grundlage für die Anforderung von Krankenunterlagen. Dazu ein Auszug aus dem Schreiben einer PKV:

     

    • Beispiel: Schreiben einer Versicherung

    Sehr geehrter ...,

     

    nach § 630 g BGB hat der Patient das Recht auf Einsichtnahme in seine Patientenakte. Da Frau ... Sie uns gegenüber von Ihrer Schweigepflicht entbunden hat, steht der Überlassung einer Kopie dieser Karteikarte nichts im Wege. Die Schweigepflichtentbindungserklärung haben wir Ihnen ja bereits überlassen. Wir bitten um kurzfristige Erledigung, auch im Sinne von Frau ... .

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Grundsätzlich gilt: Das Auskunftsrecht besteht ausschließlich gegenüber dem Versicherten und räumt dem Versicherer nach dem Wortlaut seiner eigenen Bedingungen vorrangig nur ein Auskunftsrecht im Sinne eines Fragerechts ein. So jedenfalls sieht es die Rechtsprechung (OLG Hamm, 4. 9. 1990, Az. 20 W 35/90). Darüber hinaus ist die Einschätzung zahnärztlicher Sachverhalte und Diagnosen gemäß Zahnheilkundegesetz (ZHK) ausschließlich zahnärztlich approbierten Personen vorbehalten. Daher sollte auf keinen Fall eine Übermittlung der Patientenunterlagen an den Sachbearbeiter erfolgen.

     

    Der Versicherung wurde die folgende Antwort übermittelt:

     

    • Antwort an die Versicherung

    Sehr geehrte Frau [Sachbearbeiterin],

     

    mit o. g. Schreiben haben Sie darauf hingewiesen, dass nach § 630 g BGB der Patient ein Recht auf Einsichtnahme in seine Krankenunterlagen hat. Dies ist korrekt. Es steht Frau ... auch jederzeit - zu den Öffnungszeiten - frei, in unserer Praxis Einsicht zu nehmen. § 630 g Abs. 2 BGB lautet dazu wie folgt: „Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.“

     

    Ich bin gern bereit, die Kopie der Unterlagen zu veranlassen, sobald mir von Ihnen eine entsprechende Zusage über die Erstattung des entstandenen Aufwandes vorliegt. Allerdings bin ich definitiv nicht bereit, die Unterlagen an Sie zu senden. Ihr pauschales Verlangen, die komplette Kartei zu erhalten, verstößt gegen das Recht meiner Patientin auf informationelle Selbstbestimmung. Nach der aktuellen Rechtsprechung sind Sie als Versicherer gehalten, konkrete Fragen zu stellen und zu erläutern, warum die von uns gegebenen Auskünfte nicht ausreichen, um Ihre Leistungspflicht abzuklären.

     

    Wenn Frau ... es wünscht, werde ich ihr persönlich die Unterlagen aushändigen. Sie kann dann selbst nach eigenem Gutdünken damit verfahren. Falls Sie sich bereit erklären, die Kosten für das Duplizieren der Unterlagen zu übernehmen, kann Frau ... anschließend die Kopien erhalten und Ihnen zusenden.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Weiterführender Hinweis

    • Das Musterschreiben können Sie auf der PA-Website (pa.iww.de) im Download-Bereich unter der Rubrik „Musterschreiben“ aufrufen und in Ihrer Praxis verwenden.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 10 | ID 42374222