· Fachbeitrag · Implantatbehandlung
Versicherung lehnt Blutstillung und Hautlappenplastik bei Implantation ab - was tun?
| Neuerdings werden von einigen privaten Krankenversicherungen (PKVen) im Rahmen einer Implantation vermehrt verschiedene Begleitleistungen wie die Stillung einer übermäßigen Blutung oder eine Hautlappenplastik von der Erstattung ausgeschlossen. Ist das rechtens? |
Die Abrechnung der Stillung einer übermäßigen Blutung
Beispiel aus einem PKV-Schreiben:
„Die im Folgenden aufgeführten Gebührennummern können nicht nebeneinander in Ansatz gebracht werden: Nr. 3050 GOZ nicht neben Nr. 9010 GOZ.“ |
Die GOZ-Nr. 3050 (Stillung einer übermäßigen Blutung im Mund- und/oder Kieferbereich, als selbstständige Leistung) ist berechenbar, wenn aufgrund einer stärkeren Blutung die Operation unterbrochen wird, um Maßnahmen zur Blutstillung einzuleiten, sodass keine andere Behandlungsmaßnahme während dieser Zeit erbracht werden kann. Die Stillung einer übermäßigen Blutung ist zudem je getrenntem OP-Gebiet ansatzfähig, da keine Einschränkung auf eine Sitzung, einen Kiefer oder Ähnlichem besteht. Therapeutische Maßnahmen zur Blutstillung können zum Beispiel infolge einer Allgemeinerkrankung (angeborene Hämophilie A oder B) oder aufgrund einer durch Heparin, ASS oder Marcumar herabgesetzten Blutgerinnung erforderlich sein.
Sowohl die Implantation als auch die Stillung einer übermäßigen Blutung sind nebeneinander in gleicher Sitzung und Region berechenbar. Die Gebührentexte enthalten keinen gegenseitigen Leistungsausschluss, beide sind als selbstständige Leistungen berechenbar. Der Begriff „selbstständige Leistung“ darf dabei nicht mit dem Begriff „alleinigeLeistung“ verwechselt werden. Die einzige Gebührenziffer, neben der keine andere Gebühr in einer Sitzung abgerechnet werden darf, ist die GOÄ-Nr. 2 (Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen …). Nach den Bestimmungen der GOÄ darf diese Leistung anlässlich einer Inanspruchnahme des Arztes nicht zusammen mit anderen Gebühren berechnet werden. Eine derartige Bestimmung weisen jedoch weder die Nr. 3050 noch die Nr. 9010 auf.
Die Implantation nach GOZ-Nr. 9010 umfasst das Präparieren einer Knochenkavität für ein enossales Implantat, das Einsetzen einer Implantatschablone zur Überprüfung der Knochenkavität (zum Beispiel Tiefenlehre), ggf. einschließlich Knochenkondensation, eine Knochenglättung im Bereich des Implantats, das Einbringen eines enossalen Implantats einschließlich Verschlussschraube und gegebenenfalls das Einbringen von Aufbauelementen bei offener Einheilung sowie den Wundverschluss.
Die Stillung einer einfachen operationsspezifischen Blutung im Rahmen der Implantation ist Inhalt der GOZ-Nr. 9010. Die Begleitumstände, die zu einer Berechnung der Nr. 3050 führen, sollten daher im OP-Protokoll unter Angabe von Operationsverlauf und gegebenenfalls der Ursache der übermäßigen Blutung aufgezeichnet werden.
Die Abrechnung einer einfachen Hautlappenplastik
Weiteres Beispiel aus einem PKV-Schreiben:
„Die Leistung nach der Nr. Ä2381 können wir im Rahmen der durchgeführten Behandlung nach der Nummer 9010 GOZ nicht berücksichtigen, da anhand der vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar ist, dass entsprechende Maßnahmen notwendig waren. Wenn Sie uns von Ihrem Leistungserbringer (Anmerkung: Zahnarzt) eine entsprechende Begründung zukommen lassen, sind wir gerne bereit, die Angelegenheit nochmals zu prüfen.“ |
Die operativen Maßnahmen aus dem Bereich „Chirurgie der Körperoberfläche“ (GOÄ Teil I. VII) beschreiben die Bildung von einfachen oder schwierigen Hautlappenplastiken. Die GOÄ-Nr. 2381 (Einfache Hautlappenplastik) kann zum Beispiel indiziert sein, wenn der zur Implantation vorgesehene Kieferbereich primär nicht die erforderliche Knochenbreite aufweist. Nach Präparation und Insertion eines Implantats kann sich eine laterale Knochendefektsituation ergeben, die augmentiert werden muss. Ein normaler, in der GOZ-Nr. 9010 eingeschlossener Wundverschluss ist so nicht realisierbar, sodass eine Volumenvermehrung erforderlich wird. Erst durch eine eigenständige Mobilisation der Wundlappen kann die bedeckende Schleimhaut so verlagert werden, dass sie spannungsfrei das Augmentat verschließt.
Notwendig ist eine Plastik beispielsweise auch zur Erreichung von periimplantärer keratinisierter attached Gingiva zur Verhinderung periimplantärer Reizung der flottierenden Mukosa. Die Gründe für die Erbringung einer einfachen Hautlappenplastik sind vielschichtig und müssen daher patientenbezogen in der Stellungnahme erläutert werden.
Alternativ bleibt die Abrechnung der GOZ-Nr. 3100 (Plastische Deckung im Rahmen einer Wundversorgung einschließlich einer Periostschlitzung, je Operationsgebiet - Raum einer zusammenhängenden Schnittführung), die seit 2012 verfügbar ist. Eine inhaltliche Abgrenzung zur GOÄ-Nr. 2381 ist derzeit weder im Kommentar zur GOZ (BZÄK, Stand April 2014) noch im Leitfaden „Knochenmanagement“ (BZÄK und DGMKG, Stand Juli 2013) enthalten.
FAZIT | Die Stellungnahme zu den von der Versicherung beanstandeten Leistungen erfordert zwar eine detaillierte OP-Beschreibung. Allerdings kann auf diese Weise eine leistungskonforme Rechnung erstellt und eventuellen Anfragen von Versicherungen mit einem deutlich minimierten Zeitaufwand professionell begegnet werden. |