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  • 11.03.2005 · IWW-Abrufnummer 050673

    Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 23.09.2004 – 10 U 90/04

    Der Zahnarzt kann gemäß § 9 GOZ neben den für die einzelnen zahnärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren die tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnen. Dazu zählen neben den handwerklichen Leistungen des Zahntechnikers auch die hierfür erforderlichen Materialien. Voraussetzung für die Fälligkeit der entsprechenden Vergütung ist nach § 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 GOZ, dass der Betrag und die Art der einzelnen Auslagen in der Rechnung bezeichnet werden. Dabei ist unerheblich, ob die Auslagen für zahntechnische Leistungen in einem Zahnarztlabor oder einem gewerblichen Labor angefallen sind. Für die Fälligkeit der Vergütung ist die Beifügung von Fremdbelegen nicht erforderlich. Dies gilt auch für Implantatteile, die nicht im Eigen- oder Fremdlabor hergestellt, sondern industriell gefertigt und direkt vom Fachhandel bzw. großen Fachfirmen bezogen werden.


    OBERLANDESGERICHT KOBLENZ
    Hinweisbeschluss

    (gemäß § 522 Abs. 2 ZPO)

    Geschäftsnummer:
    10 U 90/04

    in dem Rechtsstreit

    Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert

    am 23. September 2004

    einstimmig beschlossen:

    Tenor:

    Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 21. Dezember 2004.

    Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

    Gründe:

    I.

    Zwischen den Parteien besteht seit dem 01.03.1997 ein privater Krankenversicherungsvertrag. Diesem liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (RB/KK 94; TB/KK 99) zugrunde. Die Klägerin ist nach dem Tarif KN 2 versichert, nach dem Aufwendungen für Zahnersatz einschließlich des zahnärztlichen Honorars für diese Maßnahmen zu 80 % erstattet werden.

    Im November 2001 unterzog sich die Klägerin einer zahnärztlichen Behandlung bei dem Streithelfer Dr. Dr. med. K. in Koblenz. Hierbei wurden ihr Implantate gesetzt. Für diese Behandlung stellte der Zahnarzt mit Rechnung vom 29.11.2002 (Anlage K 2, GA 7-16) insgesamt 12.368,54 Euro in Rechnung Dieser Rechnungsbetrag enthielt Implantatkosten in Höhe von 4.998,55 Euro darüber verhält sich die Eigenlaborrechnung des Streithelfers mit Datum vom 10.04.2003 (Anlage K 3, GA 17/18). Diese Implantatkosten erstattete die Beklagte nicht, da ihr keine weiteren Belege - außer der Eigenlaborrechnung - zur Verfügung gestellt worden waren. Ferner enthielt die Gesamtrechnung einen Betrag in Höhe von 420,50 Euro für medizinische Nachbehandlung (Ziffer 330 der GOZ). Hierauf erstattete die Beklagte vorgerichtlich 134,72 Euro, ferner hat die Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits insoweit einen weiteren Betrag in Höhe von 201,68 Euro anerkannt.

    Nachdem die Klägerin zunächst mit der Klage 100 % der Implantatkosten (4.998,55 Euro) und die Differenz der medizinischen Nachbehandlungskosten (285,94 Euro) geltend gemacht hat, hat sie die Klage nach Hinweis auf die Tarifbestimmungen in Höhe von 20 % zurückgenommen. Die Kosten der medizinischen Nachbehandlung sind nach dem Teilanerkenntnis der Beklagten nicht mehr im Streit.

    Die Klägerin hat vorgetragen,

    die Beklagte sei allein auf Grundlage der vorgelegten Eigenlaborrechnung des behandelnden Zahnarztes verpflichtet, auch die Implantatkosten zu übernehmen.

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.227,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2003 zu zahlen.

    Die Beklagte hat einen Betrag in Höhe von 201,68 Euro anerkannt und im Übrigen beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat vorgetragen,

    die in Rechnung gestellten Eigenlaborkosten seien nicht erstattungsfähig, weil es an der Fälligkeit der Leistungen fehle. Der Zahnarzt sei nämlich verpflichtet, eine spezifizierte Rechnung zu den individuellen Implantatkosten vorzulegen. Die Eigenlaborrechnung des behandelnden Zahnarzt genüge hierzu nicht, da sich die dem behandelnden Zahnarzt tatsächlich entstandenen Kosten hieraus nicht in nachprüfbarer Weise ergäben.

    Das Landgericht hat der Klage weitestgehend entsprochen. Die Klage sei mit Ausnahme eines geringfügigen Betrages in Höhe von 27,07 Euro in vollem Umfange begründet. Zum einen stehe der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 201,68 Euro gegen die Beklagte nach deren Teilanerkenntnis in dieser Höhe zu. Zum anderen habe die Klägerin auch einen Anspruch auf Zahlung weiterer 3.998,84 Euro in Bezug auf 80 % der angefallenen Implantatkosten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag.

    Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Mit ihrer Berufung erstrebt sie unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Abweisung der Klage.

    II.

    Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

    Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die mit Rechnung des Streithelfer vom 29.11.2002 abgerechneten Implantatkosten gemäß der Eigenlaborrechnung vom 10.04.2003 fällig und mithin erstattungsfähig sind. Der Zahnarzt kann gemäß § 9 GOZ neben den für die einzelnen zahnärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren die tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnen. Dazu zählen neben den handwerklichen Leistungen des Zahntechnikers auch die hierfür erforderlichen Materialien. Voraussetzung für die Fälligkeit der entsprechenden Vergütung ist nach § 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 GOZ, dass der Betrag und die Art der einzelnen Auslagen in der Rechnung bezeichnet werden. Dabei ist unerheblich, ob die Auslagen für zahntechnische Leistungen in einem Zahnarztlabor oder einem gewerblichen Labor angefallen sind. Erforderlich ist jedoch, dass die Auslagen im Einzelnen aufgeführt und genau bezeichnet werden. Die für jede Auslage maßgeblichen Beträge sind anzugeben. Es dürfen keine Pauschbeträge für zahntechnische Leistungen in Ansatz gebracht werden. Dabei ist ausreichend, wenn in der Rechnung des Zahnarztes der Gesamtbetrag für diese Leistungen angegeben und ein Beleg oder ein sonstiger Nachweis über die Auslagen der Rechnung beigefügt wird.

    Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen ist die Rechnung des Streithelfer vom 29.11.2002 in Verbindung mit der Eigenlaborrechnung vom 10.04.2003 nicht zu beanstanden.

    In der Eigenlaborrechnung sind die einzelnen Auslagen konkret bezeichnet. Die verwendeten Materialien einschließlich der angesetzten Einzelpreise werden angegeben. Aufgrund dieser Angaben ist es der Beklagten möglich, die Rechnung des Zahnarztes vollständig nachprüfen zu können, insbesondere auch deshalb, weil der Streitverkündete den Hersteller der Materialien angegeben hat. Für die Fälligkeit der Rechnung ist die Beifügung von Fremdbelegen nicht erforderlich. Denn auch in den Fällen, in denen der Zahnarzt Auslagen eines gewerblichen Fremdlabors abrechnet, wird die Vorlage entsprechender Lieferantenbelege nicht gefordert. Zu Recht führt das Landgericht aus, dass kein Grund ersichtlich sei, dass für zahntechnische Leistungen, die in einem Zahnarztlabor anfallen, Fremdbelege gefordert werden.

    Entscheidend für die Fälligkeit der Vergütung ist, dass die Eigenlaborrechnung hinreichend spezifiziert und nachvollziehbar ist, was vorliegend der Fall ist.

    Soweit die Berufung ausführt, das Landgericht habe übersehen, dass Implantatteile nicht mit Eigen- oder Fremdlaborrechnungen abrechenbar seien, weil sie gar nicht im Eigen- oder Fremdlabor hergestellt, sondern industriell gefertigt und direkt vom Fachhandel bzw. großen Fachfirmen bezogen würden, ist dieser Einwand unerheblich. Gleiches gilt für das Argument, dem Zahnarzt sei es durchaus möglich, die Herstellungskosten für Implantate anzugeben. Maßgebend ist hier ausschließlich die Auslegung des Begriffs "angemessene Kosten für zahntechnische Leistungen" (§ 9 GOZ). § 9 GOZ spricht in diesem Zusammenhang nur von Auslagen für zahntechnische Leistungen. Es wird nicht danach differenziert, wer diese Gegenstände hergestellt hat, ob der Zahntechniker diese selbst besorgt oder fertigt oder ob der Zahnarzt sie ihm zur Verfügung stellt. Es bleibt dem Zahnarzt überlassen, ob er entsprechende Materialien über einen Zahntechniker oder direkt vom Hersteller oder Großhändler bezieht. Der Senat sieht auch keine Missbrauchsgefahr zum Nachteil der Beklagten. Der Beklagten ist es möglich, anhand von Preislisten zu prüfen, ob die berechneten Preise den dort enthaltenen Vorgaben entsprechen.

    Soweit sich die Berufung auf eine Entscheidung des OLG Köln - 5 U 163/99 - vom 19.1.2000 (Anlage B 3, GA 40) bezieht, ergeben sich aus dieser Entscheidung keine wesentlichen Aspekte für den hier zu entscheidenden Fall und die Frage der Auslegung der Bestimmung des § 9 GOZ. Das OLG Köln hat in dem dortigen Fall lediglich ausgeführt, dass die Vorlage eines allgemeinen Preisauszugs aus einem Katalog und auch eine Materialsammelrechnung an den behandelnden Zahnarzt grundsätzlich noch nicht als ausreichende Substantiierung einer diesbezüglichen Behandlungsrechnung ausreiche, vielmehr der Zahnarzt Belege vorzulegen habe, aus denen die für die individuelle Behandlung des Patienten erwachsenden Kosten ersichtlich und nachvollziehbar seien. Der Entscheidung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Zahnarzt verpflichtet wäre, seine Lieferantenbelege vorzulegen.

    Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Streithelfer der Klägerin ihm vom Hersteller der Implantate möglicherweise gewährte Rabatte nicht an die Klägerin weitergegeben habe und dadurch einen Gewinn erzielt hätte, der im Rahmen des Auslagenersatzes nach § 9 GOZ unzulässig wäre. Der Streithelfer hat diesbezüglich im Berufungsverfahren eine Bescheinigung des Herstellers der Materialien, der Fa. S. GmbH, vom 12.3.2004 vorgelegt (GA 139), aus der ersichtlich ist, dass dem Streithelfer für den Bezug der Implantate keine Rabatte - mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten (Skonti) - gewährt worden sind. Zur Weitergabe dieser Barzahlungsrabatte an den Patienten ist der Zahnarzt aber nicht verpflichtet, da der Zahnarzt für diese zahntechnischen Leistungen in Vorlage tritt und ihm durch die Vorfinanzierung ein eigener Zinsverlust bis zum Zeitpunkt der Erstellung bzw. Fälligkeit der gegenüber dem Patienten erteilten Rechnung entsteht.

    Letztlich steht hinter der Regelung des § 9 GOZ, dass der Zahnarzt, der über ein Eigenlabor verfügt, nicht schlechter stehen soll, als der Kollege, der mit einem Fremdlabor zusammenarbeitet.

    Der Senat beabsichtigt den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 3.998,84 Euro festzusetzen und geht davon aus, dass das Urteil in Höhe des teilanerkannten Betrages von 201,68 Euro wohl nicht angefochten werden soll.

    RechtsgebietGOZVorschriftenGOZ § 9 GOZ § 10 Abs. 1 GOZ § 10 Abs. 2 Nr. 5