28.07.2005 · IWW-Abrufnummer 052149
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 06.04.2005 – 3 U 222/04
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM
BESCHLUSS
3 U 222/04
In dem Rechtsstreit
Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs.2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25.04.2005.
Gründe:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht dem Kläger zahnärztliche Honoraransprüche zuerkannt.
Die Kammer hat im Urteil überzeugend ausgeführt, dass die bei dem Beklagten durchgeführte implantologisch-prothetische Versorgung medizinisch indiziert war. Damit stand dem Kläger auch grundsätzlich ein entsprechendes Zahnarzthonorar zu, denn er hat eine Leistung erbracht, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst für eine zahnmedizinisch notwendige zahnärztliche Versorgung erforderlich war.
Entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Kammer mit der Hervorhebung des Wortes "erforderlich,, nicht zum Ausdruck gebracht, dass es für den Vergütungsanspruch auf das weitere Tatbestandsmerkmal "nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst,, des § 1 Abs. 2 S. 1 GOZ nicht ankomme. Das Gegenteil ist der Fall: Indem die Kammer ausdrücklich festgestellt hat, die medizinische Notwendigkeit der Versorgung werde allein durch deren Indikation bestimmt, ist klargestellt, dass die im konkreten Fall gewählte Art der Versorgung (die Verwendung von Implantaten) dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprach, also "nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst" erforderlich war. Insoweit ist von der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung dann auszugehen, wenn eine allgemein anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, und diese Methode auch geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken (so BGH NJW 1996, 3074).
Dies hat vorprozessual wohl auch die Streithelferin so gesehen und dem Beklagten mit Schreiben vom 07.02.2002 "die medizinische Notwendigkeit für die vorgesehene implantologisch-prothetische Versorgung» bestätigt.
Soweit der Kläger im Rahmen dieser grundsätzlich anerkannten und auch geeigneten Behandlungsmethode von technischen Standards (unbelastete Einheilung über einen bestimmten Zeitraum) ganz oder teilweise abgewichen ist (durch Sofortbelastung bzw. verzögerte Sofortbelastung), handelt es sich nicht um die Wahl einer anderen Behandlungsmethode, sondern es kann - sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen - ein Behandlungsfehler im Bereich der anerkannten und geeigneten implantologisch-prothetischen Versorgung vorliegen.
Zu Recht hat das Landgericht deshalb einen Honoraranspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 GOZ bejaht. Der zwischen Kläger und Beklagtem geschlossene Behandlungsvertrag ist als Dienstvertrag iSd § 611 BGB zu qualifizieren, aus dem der Kläger nicht einen bestimmten (Behandlungs-) Erfolg, sondern lediglich die versprochenen zahnärztlichen Leistungen schuldete.
Daraus ergibt sich, dass die Vergütung für die Dienste grundsätzlich auch dann geschuldet ist, wenn - entsprechend der Behauptung des Beklagten - die zahnärztlichen Leistungen fehlerhaft gewesen sein sollten. Die Schlechterfüllung der Dienstleistungspflichten führt gegebenenfalls zu Schadensersatzansprüchen des Dienstberechtigten, nicht aber zu einem Recht auf Minderung oder Zurückhaltung seiner eigenen Leistung. Etwas anderes gilt nach herrschender Auffassung allerdings dann, wenn und soweit wegen eines schuldhaften Behandlungsfehlers die Leistung für den Patienten kein Interesse mehr hatte. In diesem Falle ist der Patient im Umfang des fehlenden Interesses berechtigt, die Honorarzahlung zu verweigern. Vorliegend waren aber die Leistungen des Klägers auch bei unterstellter Richtigkeit der Behauptung des Beklagten hinsichtlich der Behandlungsfehlerhaftigkeit der zahnärztlichen Leistungen nicht ohne Interesse. Denn der Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.07.2004 - also mehr als zwei Jahre nach der zahnärztlichen Behandlung - erklärt, die Leistung des Klägers sei "sehr, sehr gut" geworden und er habe damit keinerlei Probleme.
Es liegt auch keine zum Wegfall des Honoraranspruchs führende wirtschaftliche Aufklärungspflichtverletzung vor.
Zwar ist der behandelnde Arzt im Rahmen des Vertragsverhältnisses über die Erbringung der zahnärztlichen Leistungen hinaus verpflichtet, seinen Patienten in gewissem Umfang auch über die wirtschaftlichen Folgen der Behandlung aufzuklären (vgl. KG VersR 2000, 89 mwN). Vorliegend waren aber für den Kläger keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Streithelferin die Kosten der geplanten Behandlung nicht übernehmen würde und somit die Durchführung derselben für den Beklagten negative finanzielle Folgen haben könnte. Denn die Streithelferin hatte mit Schreiben vom 07.02.2002 die medizinische Notwendigkeit der Behandlung entsprechend dem vom Kläger erstellten Heil- und Kostenplan vom 14.12.2001 bestätigt. Der Kläger musste auch für den Fall, dass ihm aufgrund einer Sofortbelastung bzw. verzögerten Sofortbelastung der Implantate eventuell ein Behandlungsfehler unterlaufen sollte, keine begründeten Zweifel an der Kostenübernahme seitens der Streithelferin haben und den Beklagten hierüber aufklären. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst aus den überreichten Unterlagen ersichtlich, dass dem Kläger aus bereits zurückliegenden, ähnlich gelagerten Behandlungsfällen eine teilweise oder vollständige Nichtübernahme der Kosten seitens der Streithelferin bekannt gewesen wäre.
Hamm, den 06.04.2005 Oberlandesgericht, 3. Zivilsenat