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  • 08.12.2017 · IWW-Abrufnummer 198213

    Verwaltungsgericht Münster: Urteil vom 22.11.2017 – 5 K 4424/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Nr. 3 des Bescheids der Beklagten vom 13. Juni 2017 wird aufgehoben.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
     
    1

    T a t b e s t a n d :
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    Der Kläger betreibt in N.       eine Zahnarztpraxis, in welcher er u. a. das sog. Bleaching von Zähnen anbietet. Bei dieser Art der Behandlung werden regelmäßig 20 Zähne (10 oben, 10 unten) gebleacht. Die Behandlung eines Patienten dauert insgesamt etwa eine Stunde. Hiervon erbringt der Kläger etwa eine halbe Stunde persönliche Leistungen; hiervon entfallen u. a. 5 bis 10 Minuten auf das Vorgespräch und die Beratung, 2 bis 3 Minuten auf das Polieren und das Einsetzen des Halters, 2 bis 3 Minuten auf das Setzen der Barriere und zweimal 2 bis 3 Minuten auf das Auftragen des Bleachinggels. Das aufgetragene Gel muss zweimal 15 Minuten einwirken.
    3

    Mit Schreiben vom 9. November 2015 rügte die Beklagte erstmals verschiedene Formulierungen in dem damaligen Internetauftritt des Klägers, mit welchem er für das Bleaching in seiner Zahnarztpraxis warb. In der Folge kam es zu einer umfangreichen Korrespondenz zwischen den Beteiligten. Mit Schreiben vom 17. August 2016 erteilte die Beklagte dem Kläger schließlich eine berufsrechtliche Rüge. In der Folge änderte der Kläger die Homepage erneut ab. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 äußerte die Beklagte erneut Kritik an der Homepage.
    4

    In der hier streitgegenständlichen Fassung des Internetauftritts weist der Kläger darauf hin, dass als Preisbeispiele die Standardbehandlung für das Bleaching (Behandlung in der Praxis) bereits ab 129 Euro, die Homebehandlung (Schienen und Gel für das Homebleaching) ab 199 Euro, die Premiumbehandlung (Bleaching in der Praxis, professionelle Zahnreinigung) ab 179 Euro und die Deluxebehandlung (Bleaching in der Praxis, professionelle Zahnreinigung, Schienen und Gel für das Homebleaching) ab 349 Euro zu erhalten seien. Die Vorteile auf einen Blick lägen in einer attraktiven und preiswerten Aufhellung der Zähne, einer individuellen persönlichen Beratung und einem qualitativ hochwertigen Bleachinggel vom Zahnarzt in N.       . In der Anzeige wird u. a. darauf hingewiesen, dass die Leistungsabrechnung nach § 2 Abs. 3 der Gebührenordnung für Zahnärzte erfolgt.
    5

    Im Folgenden werden wichtige Fragen bezeichnet und Antworten zu den Bleaching-Angeboten u. a. wie folgt gegeben:
    6

    „Was ist "Bleaching N.       " und wer wird mich behandeln?
    7

    Hinter den Angeboten von Bleaching N.       steht der Zahnarzt Dr.  med dent. D.         C.       mit seinem erfahrenen Assistenzteam. Persönlich betreut E.  . med. dent. D.         C.       alle Beratungen und Behandlungen in seiner Zahnarztpraxis in N.       B.          …
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    Wie lange dauert die Bleachingbehandlung?
    9

    Bitte planen Sie zeitlich etwa eine gute Stunde ein. Die Behandlungsdauer kann von Patient zu Patient unterschiedlich ausfallen. Ausschlaggebend hierfür ist die persönliche Beratungsdauer, die Vorbereitungsmaßnahmen und die von Ihnen gewünschte Bleachingintensität.
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    Nur einen Zahn bleachen, geht das?
    11

    Ja, selbstverständlich kann auch nur ein Zahn aufgehellt werden. Ist ein Zahn durch ein Trauma (Unfall) dunkel verfärbt, dann lässt sich auch dieser Zahn durch das „Intern Bleaching“ aufhellen. Auf diese Weise wird dieser Zahn an die Farbe Ihrer anderen Zähne angepasst, ohne eine Krone herstellen zu lassen. Auch die Eckzahnaufhellung ist möglich…
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    Warum ist das Powerbleaching besser als eine Homebleaching-Methode?
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    Eine Vielfalt von Homebleaching-Systemen unterschiedlichster Preiskategorien befinden sich auf dem Markt. Nachteilig und teilweise gefährlich ist, dass im Gegensatz zu Bleaching N.       keine vorherige Untersuchung durch einen Zahnarzt stattfindet. Hierdurch kann es insbesondere beim Homebleaching zu fehlerhaften Anwendungen kommen. Die mit Wasserstoffperoxid beinhaltete Bleachingsubstanz kann falsch dosiert und die Anwendungsdauer überzogen werden. Nicht jedem Patienten sind die Folgen einer falschen Anwendung klar. Um diese Fehler nicht einzugehen, sollte jeder Patient durch geschultes Personal beraten und eingeschätzt werden. Wir gehen in unserem Vorgespräch persönlich auf Sie und den Zustand Ihrer Zähne ein und analysieren professionell die Behandlungsdauer und Intensität. Die Resultate einer professionell durchgeführten Zahnaufhellung sind gegenüber der Ergebnisse der Homebleaching Systeme auf dem Markt deutlich besser und können leichter sowie schneller erzielt werden…
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    Ist ein Erfolg nach dem ersten Aufhellen sichtbar?
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    Ja, wenn Sie mit dem Mauszeiger über das links stehende Foto fahren, sehen Sie den durchschnittlichen Vorher-/Nachherunterschied. Letztlich ist das Ergebnis aber auch von Ihrem Wunsch nach dem Grad der Aufhellung abhängig. In jedem Fall beraten wir Sie umfassend und professionell, was machbar ist und zu Ihnen passt.
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    Findet eine Erfolgskontrolle statt?
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    Ja, wir haben immer einen positiven Erfolg! Dieser ist aber von Patient zu Patient verschieden und liegt zwischen 2–11 Nuancen. Mehr erfahren Sie darüber in unserem persönlichen Beratungsgespräch. Zu Beginn der Behandlung wird Ihre Zahnfarbe mit einem digitalen Messgerät bestimmt und dokumentiert. Im Anschluss an Ihre Zahnaufhellung messen wir erneut und stellen dann den Erfolg Ihrer Behandlung fest. Somit haben Sie eine objektive Farbbestimmung.
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    Warum ist „Bleaching N.       “ so preiswert?
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    Viele Patienten sprechen uns im Beratungsgespräch darauf an, warum wir so preiswert gegenüber den Mitbewerbern sind und ob wir mit minderwertigen Bleachingsubstanzen aus Fernost arbeiten. Nein, wir benutzen ausschließlich qualitativ hochwertiges Marken-Bleachinggel. Den Preis realisieren wir über optimierte Abläufe unseres professionellen Teams, welches Ihnen eine optimale Behandlung garantiert…
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    *Bei der Behandlung handelt es sich um Leistungen auf Verlangen und eine Erstattung durch die Krankenversicherung ist nicht gewährleistet.“
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    Mit Bescheid vom 13. Juni 2017 erteilte die Beklagte dem Kläger auf der Grundlage des § 58a des Heilberufsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen eine berufsrechtliche Rüge (Nr. 1 des Bescheids), versah diese mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro (Nr. 2 des Bescheids) und untersagte dem Kläger auf der Grundlage des § 6 Abs. 1 HeilBerG NRW die o. g. Werbung (Nr. 3 des Bescheids). Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, der Berufsrechtsverstoß ergebe sich zum einen aus dem unzulässigen Werben mit Festpreisen. Zum anderen sei die Werbung anpreisend.
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    Der Kläger hat am 26. Juni 2017 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, die Werbeaussage auf seiner Homepage sei weder missverständlich noch irreführend. Eine Werbung zu Festpreisen erfolge ausdrücklich nicht. Die festgelegten Preise seien dynamisch. Er halte sich an die Vorgaben der Gebührenordnung für Zahnärzte, insbesondere die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1, wonach Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten des Zeitaufwandes festzulegen seien. Er habe aber nach der Gebührenordnung auch ein billiges Ermessen bei der Festlegung der Gebühren. Mit der Aussage auf der Homepage komme er der Forderung des § 2 Abs. 2 GOZ nach, wo er vor Behandlungsbeginn den Patienten auf die möglichen Kosten hinweise. Die Angaben auf seiner Homepage seien auch nicht berufswidrig im Sinne von § 21 Abs. 1 der Berufsordnung. Denn die Informationen seien nicht anpreisend, sondern informativ. Er habe weder behauptet, noch könne ein jeder den Eindruck gewinnen, dass es sich dabei um besonders günstige Leistungen handle, sondern es sei eine korrekte Information über die zu erwartenden Kosten.
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    Der Kläger hat eine Kalkulation einer Standard-Behandlung vorgelegt; auf den Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14. November 2017 wird Bezug genommen.
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    Der Kläger beantragt,
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    Nr. 3 des Bescheids der Beklagten vom 13. Juni 2017 aufzuheben.
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    Die Beklagte beantragt,
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    die Klage abzuweisen.
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    Zur Begründung trägt sie vor: Auf die Frage, ob Festpreise im eigentlichen Wortsinn vorlägen, komme es nicht an. Denn auch die gewählte Formulierung „ab xy Euro" im Zusammenhang mit der Angabe überhaupt eines feststehenden Geldwertes habe dieselbe negative Wirkung wie die Werbung mit Festpreisen. Die Werbung mit Festpreisen sei u. a. unzulässig, da hierdurch die Gefahr eines Qualitätsverlustes bei Behandlungsleistungen in Form von „Quersubventionierung" drohe. Indem der Preis zwar nicht nach oben, jedoch nach unten begrenzt werde, zahlten Patienten mindestens den vorgegebenen Preis. Also auch, wenn sie gemäß den Angaben in der GOZ weniger zahlen würden. Inwiefern sich der Kläger insbesondere an § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ halte, indem er die Formulierung „ab XY Euro" wähle, sei nicht ersichtlich. § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ schreibe vor, dass innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen seien. Hier lege schon der Wortlaut der Vorschrift fest, dass die Bestimmung der Gebühr nur unter Zuhilfenahme der vorliegenden Umstände „bei der Ausführung" zu bestimmen sei. Im Vorhinein könne also dem Grunde nach überhaupt kein Preis festgelegt werden - weder nach oben noch nach unten. Es seien auch FäIle vorstellbar, in denen der Patient beispielsweise mit einem Gebiss und lediglich 10 eigenen verbleibenden Zähnen zur Aufhellung komme. In diesem FaIl würde sich der Preis wohl deutlich nach unten regulieren. Diese Fälle seien von den Angaben auf der Homepage des Klägers nicht abgedeckt. Das Argument, mit den Angaben auf der Homepage komme der Kläger den Forderungen aus § 2 Abs. 2 GOZ nach, nämlich den Patienten vor Behandlungsbeginn auf mögliche Kosten hinzuweisen, greife nicht durch. Es sei vielmehr schon unverständlich, wie § 2 Abs. 2 GOZ auf den vorliegenden Fall Anwendung finden solle. Auch aufgrund der Tatsache, dass die finanziellen Gegebenheiten und die Angabe der Preise hier nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch in den Vordergrund gestellt würden, sei die Darstellung der Website anpreisende Werbung. Rufe man die Seite www.bleaching-muenster.de auf, so falle einem zuerst die Angabe des Preises „ab 129 €" auf. Darunter sei die Hotline vermerkt, darunter befänden sich Beschreibungen der verschiedenen Leistungspakete, die u. a. auch mit „Premium" und „Deluxe" betitelt seien. Hier seien ebenfalls die ansteigenden Preise direkt angegeben. Die Tatsache allein, dass es sich hierbei um Werbung handele, sei zwar nicht zu beanstanden. Sachliche, informative Werbung sei dem Zahnarzt stets erlaubt. Allein die Form sei hier problematisch. Dies ergebe sich neben dem Vorgenannten gerade auch aus der Zusammenschau der Darstellung des Preises mit der Benutzung des Satzes „Attraktive und preiswerte Aufhellung Ihrer Zähne".
    29

    Die Beklagte hat Berechnungen zu den nach GOZ für eine Bleaching-Behandlung anfallenden Kosten vorgelegt; auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 14. November 2017 nebst Anlagen wird Bezug genommen.
    30

    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M.     zu der Frage, welchen genauen Inhalt sein Gespräch über die zulässigen Inhalte der Homepage mit dem Kläger Ende November 2016 hatte. Wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
    31

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
    32

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
    33

    Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO zulässige Klage ist begründet. Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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    I. Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Heilberufsgesetz NRW - HeilBerG NRW - i. V. m. § 21 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der Berufsordnung der Beklagten - BO - vom 19. November 2005 (MBl. NRW 2006, 42), zuletzt geändert am 3. Juni 2016 (MBl. NRW S. 690) liegen nicht vor.
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    1. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 HeilBerG NRW überwacht die Heilberufskammer – hier: die beklagte Zahnärztekammer – die Erfüllung der Berufspflichten der Kammerangehörigen und kann unter anderem die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände treffen; hierzu kann sie auch belastende Verwaltungsakte erlassen. Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 BO ist dem Zahnarzt berufswidrige Werbung untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung (§ 21 Abs. 1 Satz 3 BO).
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    Das Verbot berufswidriger Werbung ist mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Schutzgut der Volksgesundheit rechtfertigt es, den Ärzten Werbebeschränkungen aufzuerlegen. Sie können einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs vorbeugen und eine Verfälschung des ärztlichen Berufsbildes verhindern. Berufswidrig ist insbesondere solche Werbung, die zu Irrtümern und damit zu einer Verunsicherung der Kranken führen würde, weil sie das Vertrauen in den Arztberuf untergraben und langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben könnte. Für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, muss im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr jedoch Raum bleiben. Bei der Bewertung von Werbemaßnahmen ist dabei auf den Standpunkt der angesprochenen Verkehrskreise und auf das Leitbild eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers/Patienten und nicht auf die Auffassung des jeweiligen Berufsstandes abzustellen.
    37

    Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. Juli 2005 - 1 BvR 191/05 -, MedR 2006, 107, vom 26. August 2003 - 1 BvR 1003/02 -, NJW 2003, 3470, vom 18. Februar 2002 - 1 BvR 1644/01 -, NJW 2002, 3091 und vom 4. Juli 2000 - 1 BvR 547/99 -, MedR 2000, 523; BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 3 C 4.09 -, DVBl. 2009, 1529.
    38

    Die Abgrenzung zwischen erlaubter sachlicher Information und verbotener berufswidriger Werbung kann dabei nicht generalisierend-abstrakt erfolgen, sondern ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit auf der einen Seite und der Sicherung des Werbeverbots auf der anderen Seite auf Grund einer Abwägung im Rahmen des gesamten Lebensvorgangs, in dem die fragliche Werbemaßnahme ihre Wirkung entfaltet, vorzunehmen.
    39

    Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Mai 2012 – 13 A 1399/10 -, juris, Rn. 40.
    40

    2. Nach diesen Maßstäben ist die an den Kläger gerichtete Untersagungsverfügung rechtswidrig. Mit Blick auf das dargestellte Leitbild eines verständigen Patienten stellt sich die Werbung des Klägers für Bleaching im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung der durch die fragliche Werbemaßnahme betroffenen Belange als sachangemessene Information und nicht als berufswidrige Werbung dar.
    41

    a) Die Werbung auf einer Homepage ist einem Zahnarzt nicht grundsätzlich verboten. Es handelt sich insoweit um eine im Internet als passive Darstellungsplattform geschaltete Form der Selbstpräsentation. Internetwerbung wird typischerweise von solchen Patienten zur Kenntnis genommen, die nicht unaufgefordert durch Werbung beeinflusst werden, sondern sich selbst aktiv informieren.
    42

    Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 1 BvR 2115/02 -, NJW 2003, 2818; OVG NRW, Urteil vom 25. Mai 2012 – 13 A 1399/10 -, juris, Rn. 76.
    43

    b) Die Information über das Bleaching ist interessengerecht und sachangemessen. Die vom Kläger präsentierte Werbung führt nicht zu Irrtümern oder einer Verunsicherung der Patienten.
    44

    aa) Die Angabe eines zu erwartenden Gesamtpreises für eine zahnärztliche Leistung auf Verlangen in einer Werbung ist nicht zu beanstanden. Die Höhe des zu erwartenden Preises einer medizinisch nicht notwendigen, sondern lediglich kosmetischen zahnärztlichen Behandlung ist für den Patienten ein zentraler Bestandteil der beworbenen Leistung. Wer sich aus eigenem Antrieb über eine solche informieren möchte, ist in besonderem Maße auf dementsprechende Informationen angewiesen. Dies gilt umso mehr, wenn für die zahnärztliche Behandlung – wie hier – entsprechende Gebührenpositionen in der GOZ nicht vorhanden sind und es - wie auch die Beklagte in ihrer Anlage zum Schriftsatz vom 14. November 2017 einräumt – bei der Beurteilung der Angemessenheit der Preisgestaltung entscheidend auf die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Klägers ankommt. Anderenfalls bliebe die Werbung inhaltsleer, weil der zentrale Bestandteil des Angebots, der Preis, nicht mitgeteilt würde und sich der Patient auch anderweitig hierüber keine Informationen verschaffen könnte.
    45

    Der KIäger wirbt im konkreten Fall auch nicht mit einer unzulässigen Preisangabe. Insbesondere wirbt er nicht mit einem Fest- oder Pauschalpreis.
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    Zur Unzulässigkeit des Werbens mit Pauschalpreisen vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 21. Juli 2016 – 6 U 136/15 -, juris.
    47

    Über der Anzeige des Klägers ist deutlich hervorgehoben, dass die Leistungen „ab“ 129 Euro bzw. in den besonderen Leistungspaketen „ab“ 199 Euro bzw. 179 bzw. 349 Euro angeboten werden können. Für den verständigen Patienten ist hiermit auf den ersten Blick erkennbar, dass die Leistungen beginnend mit 129 Euro erhalten werden können.
    48

    Auch der Begriff eines Fest- oder Pauschalpreises fällt nicht, sondern es wird darauf hingewiesen, dass es sich um „Preisbeispiele“ handele. Schließlich wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Leistungsabrechnung nach § 2 Abs. 3 der GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) erfolge. Über ein hochgestelltes Sternchen wird weitergehend erläutert, dass es sich bei der Behandlung um Leistungen auf Verlangen handele und eine Erstattung durch die Krankenversicherung nicht gewährleistet sei (vgl. hierzu § 2 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. GOZ).
    49

    Auch werden Rabatte nicht in Aussicht gestellt.
    50

    Vgl. zur Unzulässigkeit des Werbens mit Rabatten LG Berlin, Urteil vom 28. Juni 2012 – 52 O 231/11 -, juris.
    51

    Von der Werbung mit einem „ab“-Betrag geht auch nicht, wie von der Beklagten befürchtet, eine einem Festpreis vergleichbare Gefährdungstendenz aus. Dem durchschnittlichen Verbraucher, der auf der Homepage des Klägers nach Informationen über das Bleaching nachsucht, erschließt sich ohne Weiteres, dass der tatsächlich zu zahlende Betrag im konkreten Fall höher ausfallen kann. Ein Vertrauen des Inhalts, dass ein mit einem „ab“-Zusatz versehenes Leistungspaket im konkreten Fall auch genau diesen Betrag kostet, kann von vornherein nicht entstehen.
    52

    bb) Auch der Hinweis darauf, dass die Leistungen „preiswert“ seien, ist nicht irreführend. Der Kläger gibt hiermit in Anbetracht des oben dargestellten Kontextes zur Preisbildung nicht zu verstehen, dass er von den Vorgaben der GOZ – nach unten – abweichen würde. Angesprochen ist vielmehr derjenige Patient, der bislang gegebenenfalls andere Vorstellungen über die Kosten des von einem Zahnarzt durchgeführten Bleachings gehabt haben mag. In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, dass es sich hierbei ausschließlich um eine Verlangensleistung handelt, die auf eine medizinisch nicht erforderliche zahnärztliche Behandlung zielt und deren Kosten sich auch nicht unmittelbar aus der GOZ ablesen lassen.
    53

    cc) Die Werbung indiziert auch nicht, dass vor der Erbringung der Leistung von den Vorgaben des § 2 Abs. 3 GOZ abgewichen werden soll. Hiernach müssen Leistungen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 GOZ (Leistung auf Verlangen) und ihre Vergütung in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Der Heil- und Kostenplan muss vor Erbringung der Leistung erstellt werden; er muss die einzelnen Leistungen und Vergütungen sowie die Feststellung enthalten, dass es sich um Leistungen auf Verlangen handelt und eine Erstattung möglicherweise nicht gewährleistet ist.
    54

    Der Kläger weist in der Werbung zwar nicht ausdrücklich auf dieses Prozedere hin. Dies ist aber auch nicht erforderlich, da Werbung naturgemäß nicht alle relevanten Umständen vorab umschreiben kann. Sie darf allerdings nicht irreführend sein, was der Fall wäre, wenn suggeriert würde, dass ein Heil- und Kostenplan nicht erstellt würde. Dies ist aber nicht der Fall. Der Kläger weist in den Fragen und Antworten ausdrücklich darauf hin, dass der Interessent für das Bleaching etwa eine gute Stunde einplanen müsse, wobei die Behandlungsdauer von Patient zu Patient unterschiedlich ausfallen könne. Ausschlaggebend hierfür seien u. a. die persönliche Beratungsdauer und die Vorbereitungsmaßnahmen. Auch an anderen Stellen wird mehrfach auf die „umfassende“ und „professionelle“ Beratung und auf das persönliche Beratungsgespräch vor der Durchführung der Behandlung hingewiesen. Der Kläger hat diese Vorgehensweise in der mündlichen Verhandlung anschaulich illustriert.
    55

    dd) Dass der Kläger lediglich zahnkosmetische Leistungen bewerben würde und nicht zahnärztliche Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 ZHG, ist nicht ersichtlich.
    56

    Vgl. zur Unzulässigkeit einer solchen irreführenden Werbegestaltung Berufsgericht für Heilberufe bei dem VG N.       , Urteil vom 30. März 2016 – 19 K 1242/12.T -; im Zusammenhang mit Festpreisangeboten vgl. die Darstellung bei John, ZMGR 2017, 25 (27).
    57

    ee) Dass durch die Werbung ein dermaßen niedriger Preis in Aussicht gestellt würde, der Interessenten dazu verleiten könnte, eine Leistung in Anspruch zu nehmen, die mehr als nur unerheblich in die körperliche Integrität eingriffe und deren Nutzung gesundheitliche Risiken mit sich brächte, und die sie ohne Werbung nicht in Anspruch genommen hätten, ist angesichts der oben dargestellten Informationen zur Preisbildung nicht anzunehmen.
    58

    Vgl. zur bedenklichen Verlosung von Bleaching-Gutscheinen BVerfG, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 1 BvR 233/10 und 1 BvR 235/10 -, juris.
    59

    ff) Das Werben mit „Vorher-/Nachher-Bildern“ ist nach der Aufhebung des § 11 Abs. 1 Nr. 5 b) des Heilmittelwerbegesetzes in der Fassung bis zum 25. Oktober 2012 rechtlich nicht zu beanstanden.
    60

    Vgl. Berufsgericht für Heilberufe bei dem VG N.       , Urteil vom 4. März 2015 – 18 K 2251/11.T -.
    61

    gg) Die Werbung ist auch nicht unter dem Aspekt zu beanstanden, dass im konkreten Fall schon deshalb die Werbung mit Preisen „ab“ einem bestimmten Betrag für die Konstellation irreführend sein könnte, dass in einem konkreten Fall nicht sämtliche Zähne, sondern nur einzelne oder gar nur ein einziger Zahn gebleacht werden sollen. Der durchschnittliche Empfänger, der auf der Homepage die Werbung zur Kenntnis nimmt, wird von dem Regelfall ausgehen, dass sich die Untergrenzen der Leistungspakete auf ein vollständiges Gebiss beziehen werden, von denen nach den überzeugenden Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, denen die Beklagte nicht entgegen getreten ist, ohnehin nur 10 Zähne oben und 10 Zähne unten gebleacht werden. Dass für das Bleaching eines einzelnen Zahns geringere Kosten anfallen werden, drängt sich auch in Anbetracht der Werbung mit Leistungspaketen und Preisangaben „ab“ einem bestimmten Betrag unmittelbar auf. Es ist in Anbetracht dieser Selbstverständlichkeit nicht erforderlich, dass die Werbung jeder denkbaren Sonderkonstellation Rechnung trägt. Hierfür steht das vom Kläger ausdrücklich in den Vordergrund gestellte Beratungsgespräch zur Verfügung. Zudem weist der Kläger im Werbetext darauf hin, dass es möglich sei, auch nur einen Zahn zu bleachen; die preislichen Konsequenzen einer solchen begrenzten Behandlung drängen sich auf, ohne dass dies der näheren Erwähnung bedürfte. Der Kläger hat dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis darauf bestätigt, dass für ein solches internes Bleachung bei nicht vitalen Zähnen ein Preis von 60,- bis 100,- Euro angesetzt würde.
    62

    hh) Bezogen auf die Preisgestaltung im Übrigen, hinsichtlich derer sowohl der Kläger als auch die Beklagte Berechnungen vorgelegt haben, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich der Kläger mit der Formulierung „ab“ z. B. 129 Euro Leistungen versprechen ließe, die unangemessen und dementsprechend GOZ-widrig wären. Insoweit wird insbesondere auf die Ausführungen der Beklagten auf S. 7 ihres Schriftsatzes vom 14. November 2017 verwiesen, wonach der Zahnarzt für die Preisermittlung auch von praxisinternen Kalkulationen ausgehen dürfe, dann eine GOZ-Ziffer auswähle, welche als Analogberechnungsbasis diene, und von diesem Wert aus seine Berechnung anstelle. Soweit die Beklagte ein Stundenhonorar des Zahnarztes von 350 Euro angesetzt hat, käme diese selbst auf der Grundlage einer etwa halbstündigen Beschäftigung des Klägers beim Bleachen auf ein angemessenes Honorar in Höhe von 175 Euro. Dass die Preisbildung des Klägers insgesamt unangemessen wäre, legt die Beklagte weder dar noch ist hierfür etwas ersichtlich. Dass der Kläger aus der Sicht der Beklagten im gerichtlichen Verfahren gegebenenfalls keine den Vorschriften der GOZ entsprechende Beispielsrechnung vorgelegt haben mag, ist mit Blick auf die hier allein zu beurteilende Zulässigkeit der Werbung unbeachtlich.
    63

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.