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  • 28.02.2017 · IWW-Abrufnummer 192139

    Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 02.05.2016 – 5 U 168/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 27. Oktober 2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des  Landgerichts Köln – 3 O 381/13 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

    Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
     

    Gründe:


    I. Die Berufung hat nach gründlicher Prüfung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).


    1. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin das Honorar von 3.598,36 €, das sie für die Herstellung und Eingliederung der endgültigen implantatgetragenen Brücke in regio 12, 11 und 21 geleistet hat, wegen der Nutzung der Brücke nicht vom Beklagten zurückverlangen kann.


    Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Beklagte die am 16.5.2012 inserierte Brücke in behandlungsfehlerhafter Weise ohne sachlichen Grund niemals endgültig eingegliedert und zementiert, was zu einer Beweglichkeit der Brücke, Keramikabplatzungen an der hinteren Seite der Kronen im unteren Bereich und dazu geführt hat, dass die Brücke neu angefertigt werden muss. Weitere Behandlungsfehler, insbesondere eine in optischer und ästhetischer Hinsicht unzureichende Fertigung der Brücke, und einen Kausalzusammenhang zwischen dem festgestellten Behandlungsfehler und den Abplatzungen an den Schneidekanten der Kronen hat das Landgericht nicht angenommen.


    Die Klägerin wendet sich in der Berufungsbegründung ohne Erfolg gegen die Rechtsprechung des Senats, nach der die Rückforderung eines von einem Patienten im Rahmen des Dienstvertrags an den Zahnarzt geleisteten Honorars nicht nur voraussetzt, dass die eingegliederte prothetische Versorgung infolge eines Behandlungsfehlers unbrauchbar ist, sondern auch, dass der Patient die Versorgung nicht nutzt (Senatsbeschluss vom 30.3.2015 - 5 U 139/14, iuris Rdn 8). Diese Rechtsprechung steht in Einklang mit der Wertung des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB und dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.3.2011 – VI ZR 133/10 (abgedruckt in VersR 2011, 833 f.). Für einen Wegfall des Interesses an der Leistung genügt es danach nicht, dass die Leistung objektiv wertlos ist, wenn der Patient sie gleichwohl nutzt (aaO Rdn. 18).


    Zu einer Änderung der Rechtsprechung des Senats oder zu einer Einschränkung ihres Anwendungsbereichs besteht kein Anlass. Das Recht des Patienten, im Fall einer auf einem Behandlungsfehler beruhenden Unbrauchbarkeit einer prothetischen Versorgung die Vergütung zurückverlangen zu können, weicht von der allgemeinen Regel ab, dass ein Patient mangels eines dienstvertraglichen Gewährleistungsrechts auch bei fehlerhaftem Vorgehen des Arztes das Honorar schuldet und auf die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen verwiesen ist. Dies spricht gegen eine weite Ausgestaltung des Rückforderungsrechts und dafür, eine längere tatsächliche Nutzung der prothetischen Versorgung als beachtliches Interesse an der Leistung anzusehen. Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Patienten besteht nicht, weil ihm ein Schadensersatzanspruch in Höhe der erforderlichen Kosten zusteht, sobald er die unbrauchbare Leistung erneuern lässt.


    Welche Nutzungsdauer einer Rückforderung des geleisteten Honorars entgegen steht und welche Gesichtspunkte außer der Nutzungsdauer bei der Beurteilung zu berücksichtigen sind, braucht der Senat im Streitfall nicht abschließend zu erörtern und zu entscheiden.


    Nach den Umständen ist das Interesse an der zahnärztlichen Leistung nicht weggefallen. Nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand verwendet die Klägerin die endgültige Frontzahnbrücke über einen Zeitraum von mittlerweile vier Jahren bis heute. Die prothetische Versorgung ist ihr nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts, die sich mit den Behandlungsunterlagen des Beklagten, dem Inhalt der Rechnung vom 16.10.2012 und dessen erstinstanzlichem Vortrag decken, am 16.5.2012 eingegliedert worden. Es ist daher nicht nachvollziehbar und unerheblich, wenn der Beklagte in der Berufungserwiderung der Rechtsanwälte I und Partner sich auf einen früheren Eingliederungszeitpunkt im Jahr 2011 beruft. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. Dr. B am 11.9.2014 befand sich die Brücke noch im Mund der Klägerin. Den Vortrag des Beklagten, dass sich hieran nichts geändert habe, hat sie nicht bestritten. Vielmehr fehlt zu zahnärztlichen Behandlungen, die die Brücke auf den Implantaten 12 und 21 und eine Neuherstellung betreffen, jeder Vortrag. Darüber hinaus ist nicht sicher absehbar, ob und gegebenenfalls wann es zu einer Erneuerung der Fronzahnbrücke kommen wird. Der Mangel, der auf dem Behandlungsfehler des Beklagten beruht, ist derart beschaffen, dass die Versorgung, auch wenn sie nach zahnmedizinischem Standard neu hergestellt werden muss, tatsächlich weiter genutzt werden kann. Insbesondere bei guter Mundhygiene sind die nachteiligen Folgen begrenzt. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass sich in dem durch die Keramikabplatzungen bedingten gaumenseitigen Spaltraum Speisereste sammeln können, die ihrerseits zu Plaquebildung, Mundgeruch und zu Blutungen des Zahnfleischs beim Zähneputzen führen können.


    2. Das vom Landgericht zuerkannte Schmerzensgeld von 500 € ist ausreichend, um die durch den Behandlungsfehler verursachten immateriellen Beeinträchtigungen der Klägerin auszugleichen.


    Die mit einer Neuherstellung der Brücke verbundenen Unannehmlichkeiten sind, verglichen mit anderen Fällen einer fehlerhaften Zahnbehandlung, nicht besonders ausgeprägt. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass eine neue Brücke auf die vorhandenen Implantate gesetzt werden kann, ohne dass ein Beschleifen von Zähnen notwendig ist. Soweit die Klägerin die bei ihr vorhandene Anfälligkeit für Mundgeruch anführt, ist darauf hinzuweisen, dass sie diese Folge in der Klageschrift selbst nicht herangezogen hat, um ihr Schmerzensgeldbegehren der Höhe nach zu begründen. Dies spricht gegen eine nennenswerte Beeinträchtigung.


    II. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.