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  • 19.10.2017 · IWW-Abrufnummer 197254

    Oberlandesgericht Oldenburg: Urteil vom 17.05.2017 – 5 U 114/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht  Oldenburg

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    5 U 114/15
    2 O 12/14 Landgericht Osnabrück   

    Verkündet am 17.05.2017

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ………. die Richterin am Landgericht ……….und den Richter am Oberlandesgericht …………auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2017 für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Beklagten wird das am 29. Mai 2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 993,45 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. September 2013 sowie vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Januar 2014 zu zahlen.

    Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 86 % und dem Beklagten zu 14 % auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    **********************

    Gründe:

    I.

    Von der Feststellung der Tatsachengrundlage im Sinne des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.

    II.

    Die Berufung des Beklagten ist zulässig und in der Sache überwiegend begründet. Im Ergebnis dringt die Klägerin mit ihrer Hauptforderung nur in Höhe von 993,45 € durch. Ferner ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € zu erstatten. Beide Beträge sind mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Im Übrigen war die Klage – entgegen der Auffassung des Landgerichts – abzuweisen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

    1. Der Annahme des Landgerichts, der vorliegende Fall sei insgesamt nach Dienstvertragsrecht zu beurteilen, vermag der Senat nicht zu folgen.

    Vielmehr findet, was die Beanstandungen der Klägerin betrifft, Werkvertragsrecht Anwendung.

    a) Zwar ist der Kammer im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass der auf eine zahnprothetische Behandlung gerichtete Vertrag grundsätzlich ein Vertrag über Dienste höherer Art ist (vgl. BGH, NJW 1975, S. 305, 306; NJW 2011, S. 1674, Tz. 7). Doch hat der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 9. Dezember 1974, Az.: VII ZR 182/73, hervorgehoben, dass die technische Anfertigung einer Zahnprothese keine Heilbehandlung sei. Vielmehr gehe es dabei, so der Bundesgerichtshof, um ein Werk, für dessen technische Beschaffenheit der Zahnarzt nach den werkvertraglichen Regelungen einzustehen habe. Obschon das Werk des Zahntechnikers der Leistung des Zahnarztes unterzuordnen sei und die zahnprothetische Behandlung daher insgesamt Dienstvertrag bleibe, richte sich die Gewährleistung für die technische Herstellung der Prothese nach dem Recht des Werkvertrages (NJW 1975, S. 305, 306 f.). An dieser Linie hält der Bundesgerichtshof auch in seiner neueren Judikatur fest (vgl. BGH, NJW 2011, S. 1674, Tz. 7). Dem schließt der Senat sich an.

    b) Im Fall der Klägerin liegt eine Konstellation der zuletzt beschriebenen Art vor. Die Klägerin hat bereits in der ersten Instanz gerügt, dass der herausnehmbare Oberkiefer-Zahnersatz, den der Beklagte für sie im Jahr 2011 hat herstellen lassen, deshalb nicht dem zahnmedizinischen Standard genüge, weil er mit einem nicht erforderlichen Transversalbügel versehen sei und eine ungeeignete Legierung aufweise, welche inakzeptable Korrosionserscheinungen nach sich gezogen habe. Damit geht es der Klägerin allein um die technische Beschaffenheit ihrer Oberkieferprothese und nicht etwa um die spezifisch zahnärztliche Planung und Gestaltung ihrer Versorgung (für eine Anwendung des Werkvertragsrecht in Konstellationen der vorliegenden Art auch OLG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2010, Az.: 8 U 111/10, Tz. 22; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.2.2007, Az.: 7 U 224/06, Tz. 6, jeweils zitiert nach juris).

    c) Der Wortlaut des § 651 Satz 1 BGB mag auf den ersten Blick den Gedanken nahe legen, die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Beklagten, soweit es die Herstellung der herausnehmbaren Oberkieferprothese betrifft, anhand der Vorschriften über den Kauf zu beurteilen.

    Letztlich ist ein solcher Weg aber nicht gangbar. Die kaufvertragliche Behandlung zahnprothetischer Arbeiten ist angesichts des nach dem Vertragszweck zu erbringenden Erfolges und des hierbei festzustellenden Schwerpunktes der Leistungserbringung im Regelfall nicht sachgerecht.

    Soweit der geschuldete Erfolg wesentlich über die Herstellung einer beweglichen Sache und deren Übertragung zu Eigentum hinausgeht und dieser Erfolg den Vertrag prägt, sind die werkvertraglichen Vorschriften und nicht über § 651 Satz 1 BGB primär die kaufrechtlichen anzuwenden.

    Die Fertigung von Zahnprothesen stellt eine solche besondere Situation dar. Gerade bei zahnprothetischen Arbeiten wird das Wesen der Leistungserbringung durch die individuelle Anpassung einer herzustellenden gegenständlichen Sache an die körperlichen Gegebenheiten und medizinischen Bedürfnisse des Patienten geprägt. Diesen Eigenheiten und dem in der individuellen optimalen Anpassung der Prothese liegenden Leistungserfolg wird man nur durch die Anwendung des Werkvertragsrechts gerecht (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2010, Az.: 8 U 111/10, Tz. 23; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2009, Az.: 5 U 135/08, Tz. 26, jeweils zitiert nach juris mit w. N.).

    2. Nach dem somit maßgebenden Werkvertragsrecht hängt die Rechtslage unter anderem davon ab, ob die Klägerin die im Streit befindliche Oberkieferprothese im Sinne des § 640 Abs. 1 BGB abgenommen hat oder nicht. Bis zur Abnahme hat der Besteller grundsätzlich einen auf Verschaffung des versprochenen mangelfreien Werks gerichteten Erfüllungsanspruch, während sich seine Rechte nach der Abnahme prinzipiell auf die Ansprüche aus § 634 BGB beschränken (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl., Vorb. v. § 633, Rn. 7). Unter den konkreten Umständen ist eine Abnahme der Oberkieferprothese durch konkludentes Verhalten festzustellen.

    a) Abnahme bedeutet die körperliche Entgegennahme des Werks, verbunden mit der Anerkennung als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 640, Rn. 3 m. w. N.). Der Besteller kann die Abnahme auch durch schlüssiges Verhalten erklären.

    Voraussetzung dafür ist ein Verhalten des Bestellers, aus dem der Unternehmer nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte schließen darf, der Besteller billige die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß (vgl. BGH, Urteil vom 20.02.2014, Az.: VII ZR 26/12, Tz. 15; OLG Frankfurt, NJW-RR 2005, S. 701 f.). Ein solches Verhalten kann etwa in der Zahlung des Werk­lohns liegen oder darin, dass der Besteller das im Wesentlichen funktionstüchtige Werk in Gebrauch nimmt und eine gewisse Zeit nutzt (vgl. Sprau, a. a. O., Rn. 6; OLG Frankfurt a. a. O., S. 702, jeweils m. w. N.).

    b) Auf der Grundlage der zahnärztlichen Dokumentation und angesichts der unstreitigen Tatsache, dass die Klägerin die streitbefangene Oberkieferprothese vollständig bezahlt hat, sind die genannten Voraussetzungen für eine Abnahme zu bejahen.

    aa) In der einschlägigen Patientenkarteikarte finden sich folgende Eintragungen:

    20.05.11:    OK MG eingesetzt
    Pat. das Rein- / Rausnehmen gezeigt, klappt gut
    Pat soll ZE nachts draußen lassen
    N.T.: ZE-Kontr.
    […]
    27.05.2011:    OK ZE Ktr., li. etwas eingeschliffen, raus + reinnehmen ZE gezeigt
    Pat. soll nach jedem Essen ZE reinigen + TK’s!
    Pat. hat entgegen Anweisung ZE nicht herausgenommen ® eindringl. Aufklärung / Konesquenzen, Pat. kommt mit ZE gut zurecht.
    […]
    15.06.11:    Termin zur PZR + ZE-Kontrolle einen Tag vorher abgesagt
    25.07.2011:    Alle Zähne / Zunge verfärbt – Pat. meint, kommt v. Metall, empf. OK ZE im Labor polieren lassen und restl. Zähne hier PZR
    Adresse NZ mitgeg.
    […]

    Danach hat der Beklagte den Oberkiefer-Zahnersatz am 20. Mai 2011 definitiv eingepasst und die Klägerin darüber unterrichtet, wie man die Prothese ordnungsgemäß herausnimmt und wieder einsetzt; im Zuge eines regulären Kontrolltermins am 27. Mai 2011 hat der Beklagte die Prothese dann etwas eingeschliffen und nochmals das Herausnehmen und Wiedereinsetzen demonstriert; zusammenfassend hat er an diesem Tag notiert, die Klägerin komme mit dem Zahnersatz gut zurecht; nachdem die Klägerin einen für den 15. Juni 2011 vereinbarten Kontrolltermin abgesagt hatte, ist sie erst wieder am 25. Juli 2011 in der Praxis des Beklagten erschienen und hat Verfärbungen an ihren Zähnen und an ihrer Zunge beanstandet.

    bb) Schon die auf der Grundlage der Behandlungsdokumentation zu konstatierende vorbehaltlose Annahme und Nutzung der Prothese bis zum 25. Juli 2011 ist als konkludente Annahme zu werten. Der Einwand der Klägerin, sie habe nach dem Einpassen der Prothese am 20. Mai 2011 bis zu dem Auftreten der Verfärbungen zunächst geglaubt, es handele sich um „eine Art Provisorium“, erscheint angesichts des dokumentierten Ablaufs der Behandlung kaum nachvollziehbar; immerhin ist ihr der Umgang mit der Prothese und deren Pflege mehrfach eingehend erläutert worden. Ein Hinweis darauf, dass ein weiterer Termin im Raum gestanden hat, an dem die zunächst ausgegebene Prothese gegen eine endgültige Versorgung ausgetauscht werden sollte, ist in der Patientenkarteikarte an keiner Stelle zu finden. Selbst wenn die Klägerin unausgesprochen eine dahingehende Vermutung gehegt haben sollte, stünde dies der Annahme nicht entgegen, dass der Beklagte ihrem Verhalten nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Billigung der Prothese als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung entnehmen durfte.

    cc) Soweit die Klägerin mutmaßt, der Beklagte habe die Patientenkarteikarte im Nachhinein manipuliert, kann ihr nicht gefolgt werden.

    Insbesondere wird ihr Verdacht – anders als sie meint – nicht dadurch genährt, dass das Datum vom 27. Mai 2011 in der Karteikarte einmal mit einem Stempel und einmal handschriftlich eingetragen worden ist und dass die Vermerke vom 27. Mai 2011 zwei unterschiedliche Handschriften aufweisen. Vielmehr lassen sich beide Umstände zwanglos damit erklären, dass die Eintragungen von unterschiedlichen Personen stammen (mutmaßlich von einer Zahnarzthelferin und dem Beklagten). Auch der Inhalt der Vermerke widerspricht sich – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht. Ausweislich der Dokumentation ist der Klägerin zum einen erklärt worden, wie man die Prothese aus dem Mund herausnimmt und wieder einsetzt; zum anderen ist mit ihr darüber gesprochen worden, welche Konsequenzen sich daraus ergeben können, dass sie - wie es offenbar bis zum 27. Mai 2011 der Fall gewesen ist - die Prothese dauerhaft im Mund belässt. Weshalb sich aus diesen Vermerken eine Manipulation ergeben sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Dies umso weniger, als sich die Einträge in der Karteikarte ohne Auffälligkeiten, insbesondere ohne erkennbare Einschübe, aneinanderreihen; auch dies spricht dafür, dass sie chronologisch gefertigt und nicht nachträglich ergänzt worden sind. Dass der Beklagte gleichsam prophylaktisch - vor dem Beginn des Konflikts mit der Klägerin - die Geschehnisse falsch dokumentiert oder in der Karteikarte Lücken gelassen hätte, um spätere Manipulationen zu ermöglichen, erscheint äußerst unwahrscheinlich. Deshalb bleibt es in der vorliegenden Konstellation bei dem Grundsatz, dass einer ordnungsgemäßen Dokumentation Glauben zu schenken ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. März 2014, Az.: 5 U 1/12, Tz. 88, zitiert nach juris; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. D 202 m. w. N.).

    dd) Ist schon nach dem Gesagten von einer Abnahme auszugehen, muss eine solche erst recht bejaht werden, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Rechnung des Beklagten vollständig beglichen worden ist. Die mit der Oberkieferprothese in Zusammenhang stehenden Leistungen hat der Beklagte unter dem 11. Juni 2011 mit insgesamt 7.230,61 € abgerechnet. Diesen Betrag hat der Ehemann der Klägerin am 28. Juni 2011 überwiesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin den Zahnersatz schon über einen Monat getragen und zwischenzeitlich – am 27. Mai 2011 – dem Beklagten gegenüber geäußert, sie komme mit der Prothese gut zurecht. Dass sie, wenn sie von Anfang an der Meinung gewesen wäre, sie habe (noch) nicht die richtige Prothese erhalten, ihrem Ehemann davon bis zum 28. Juni 2011 nichts berichtet hätte, ist nach der Lebenserfahrung nicht ohne weiteres einsichtig. Jedenfalls war die vollständige Bezahlung der Rechnung unter den konkreten Umständen von der Warte des Beklagten aus dahin zu verstehen, dass die Klägerin die erhaltene Prothese als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung billige.

    3. Vor dem beschriebenen Hintergrund kann die Klägerin Mängelrechte nicht mehr damit begründen, ihre Zahnprothese entspreche nicht der zwischen den Parteien vor Beginn der Behandlung getroffenen Vereinbarung; abgesprochen gewesen sei eine festsitzende Keramikbrücke ohne Metall, insbesondere ohne Transversalbügel. Selbst wenn diese Behauptung zuträfe, was die Klägerin ohnehin nicht zu beweisen vermochte (dazu näher unten), wäre ihr ein solcher Einwand gemäß § 640 Abs. 2 BGB abgeschnitten. Nach dieser Vorschrift stehen einem Besteller, der ein mangelhaftes Werk abnimmt, obschon er den Mangel kennt, die in § 634 Nr. 1 bis 3 BGB bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sie sich bei der Abnahme vorbehält.

    Dass der Beklagte der Klägerin am 20. Mai 2011 keine festsitzende Keramikbrücke ohne Metall und ohne Transversalbügel eingegliedert hat, ist der Klägerin schon nach eigenem Bekunden nicht entgangen. Gleichwohl hat sie die Prothese rund zwei Monate ohne Beanstandung getragen.

    Überdies ist am 28. Juni 2011 die Rechnung des Beklagten beglichen worden. Rechte wegen der angeblich abredewidrigen Konstruktion hat die Klägerin sich dabei nicht vorbehalten. Ihre Erklärung, sie sei im Rahmen des Termins zur Eingliederung „ziemlich entsetzt“ gewesen, habe aber angenommen, „dass das vielleicht noch festgemacht wird“, stellt keinen (für den Beklagten erkennbaren) Vorbehalt im Sinne des § 640 Abs. 2 BGB dar. Dies umso weniger, als die Klägerin den Behandlungsunterlagen zufolge am 27. Mai 2011 geäußert hat, sie komme mit dem Zahnersatz gut zurecht.

    4. Soweit die Klägerin beanstandet, ihre Oberkieferprothese weise eine ungeeignete Legierung auf, die zu inakzeptablen Korrosionserscheinungen führe, hat sie ihre Mängelrechte nicht gemäß § 640 Abs. 2 BGB eingebüßt.

    Die Verfärbungen an ihren Zähnen und ihrer Zunge, die sie auf den „Metallmix“ des Zahnersatzes zurückführt, hat sie ausweislich der Behandlungsdokumentation erst am 25. Juli 2011 gegenüber dem Beklagten beanstandet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Verfärbungen erst kurze Zeit vor dem 25. Juli 2011 gezeigt haben. Wären bis zu der ersten Kontrolluntersuchung am 27. Mai 2011 bereits Verfärbungen aufgetreten, wären sie sicherlich an diesem Tag thematisiert und – wie später am 25. Juli 2011 – dokumentiert worden.

    Den für den 15. Juni 2011 vorgesehenen Termin zur erneuten Kontrolle des Zahnersatzes und zur professionellen Zahnreinigung hat die Klägerin ausweislich der Patientenkarteikarte einen Tag zuvor abgesagt. Dass sie in diesem Zusammenhang über Verfärbungen an ihren Zähnen oder ihrer Zunge geklagt hätte, lässt sich den Behandlungsunterlagen ebenfalls nicht entnehmen. Insgesamt erscheint daher der Schluss gerechtfertigt, dass sich die Verfärbungen erst nach dem 15. Juni 2011 eingestellt haben, wahrscheinlich in zeitlicher Nähe zu der Wiedervorstellung der Klägerin am 25. Juli 2011. Somit lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin ihre Oberkieferprothese – für den Beklagten erkennbar – trotz der Verfärbungen längere Zeit genutzt und vollständig bezahlt hat.

    5. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und des von der Klägerin vor dem Landgericht Osnabrück betriebenen selbstständigen Beweisverfahrens 2 OH 116/12 haftet der im Streit befindlichen Oberkieferprothese ein Sachmangel im Sinne des § 633 Abs. 1 und 2 BGB an.

    a) Der sowohl in dem selbstständigen Beweisverfahren als auch in dem nachfolgenden Rechtsstreit mit der Angelegenheit befasste Sachverständige Prof. Dr. T..... hat Verfärbungen an folgenden Stellen des oralen Bereichs der Klägerin festgestellt:

    ·    auf der Außenseite des Oberkiefer-Zahnersatzes, insbesondere an dem Vorder- und Hinterrand des Transversalbügels sowie an der Außenseite der inzwischen von der Klägerin getragenen Provisorien,
    ·    auf der Unterseite des Oberkiefer-Zahnersatzes, namentlich an den Teleskopkronen interdental und an den basalen Anteilen der Sättel im Frontbereich,
    ·    auf den Innenflächen der Sekundärkronen im Oberkiefer,
    ·    auf den Zähnen,
    ·    auf Weichgewebe wie etwa der Zunge.

    b) Die Verfärbungen an den metallischen Bestandteilen der Prothese, namentlich an den Innenseiten der Teleskopkronen und an den basalen Anteilen der Sättel im Frontbereich führt Prof. Dr. T..... auf eine unsorgfältige Verarbeitung des Zahnersatzes zurück.

    aa) Der Transversalbügel weise, so Prof. Dr. T....., so genannten Lunker auf. Lunker seien guss- oder lötungsbedingte Schwingungshohlräume.

    Sie reduzierten unter anderem die Festigkeit und die Korrosionsresistenz eines Werkstücks. Wenn man einen Guss der hier vorliegenden Art fertige, lasse sich die Bildung von Lunkern nicht vermeiden Die Kunst bestehe jedoch darin, die Lunker in Bereichen anzusiedeln, die für die Versorgung nicht notwendig seien und die man deshalb später abschneiden könne. Die Prothese selbst müsse lunkerfrei sein. Das sei bei dem Zahnersatz der Klägerin nicht der Fall. An dem Transversalbügel erkenne man sehr deutlich Lunker. Ferner müssten an den Innenseiten der Sättel im Frontbereich gussbedingte Inhomogenitäten im Metallgefüge existieren. Anders seien die Verfärbungen in diesem Bereich nicht zu erklären.

    bb) Die besagten Verarbeitungsfehler fielen, so Prof. Dr. T..... weiter, aufgrund der Materialzusammensetzung der Oberkieferprothese besonders ins Gewicht. So sei für die Teleskoparbeit die Legierung „AURUMED Eco 38“ verwendet worden. Diese Legierung weise einen Silberanteil von 36 % auf. Silber neige zur Oxidation („Anlaufen“) und Korrosion.

    Ferner sei ein riskanter „Material-Mix“ zum Einsatz gekommen. Drei völlig unterschiedliche Dentallegierungen befänden sich in engster Nachbarschaft: die besagte Gold-Silber-Legierung „AURUMED Eco 38“, die Kobalt-Chrom-Gusslegierung „Wironit“ und ein Lot, dessen Name und Zusammensetzung aus den Unterlagen nicht hervorgehe. Seien unterschiedlich edle Metalllegierungen, wie hier, durch eine Elektrolytlösung (Speichel) verbunden, gingen aus dem Material mit dem niedrigeren Elektrodenpotenzial, welches die Anode bilde, Ionen in Lösung. Diese Korrosionsprodukte schlügen sich, den Regeln der Elektrogalvanik folgend, bevorzugt auf der Kathodenoberfläche, also auf in der Nähe befindlichen Metalloberflächen, nieder. Das größte Gefahrenpotenzial ginge im Fall der Klägerin von der Legierung „AURUMED Eco 38“ aus. Ihr Indiumanteil führe dazu, dass auch bei nur kleinen Verarbeitungsfehlern inhomogene Mischkristalle entstünden, welche die Legierung sehr korrosionsanfällig machten. Allerdings begründe die Kombination der genannten verschiedenen Metalle nicht per se einen Behandlungsfehler. Bei richtiger Verarbeitung sei sie zwar nicht optimal, widerspräche aber nicht anerkannten zahnmedizinischen Regeln. In der vorliegenden Konstellation habe sich das Risiko der Materialkombination aufgrund der unsorgfältigen Verarbeitung der Oberkieferprothese in Form von Verfärbungen an den metallischen Bestandteilen realisiert.

    c) Demgegenüber ließen sich die Verfärbungen der Zunge, der Zähne und der inzwischen von der Klägerin verwendeten Kunststoffprovisorien durch Korrosionen nicht erklären. Derartige Phänomene träten nur an Metalloberflächen, nicht aber auf Weichgewebe und Kunststoffen auf.

    Denkbar sei, dass die Zunge, die Zähne und die Außenseiten des Zahnersatzes durch färbende Genussmittel (beispielsweise Zigaretten, Tee, Rotwein, Lackritze etc.), eisenhaltige Medikamente oder Mundspüllösungen wie Chlorhexidin oder Jodlösungen belegt worden seien. Schlechte Mundhygiene unterstütze derartige Belagsbildungen. Auf den Lichtbildern, welche die Klägerin ihrer Antragsschrift im selbstständigen Beweisverfahren beigefügt habe, seien umfangreiche Verschmutzungen zu erkennen.

    d) Über die genannten Verarbeitungsfehler hinaus vermochte Prof. Dr. T..... Mängel bei der Herstellung der im Streit befindlichen Oberkieferprothese nicht zu erkennen. Insbesondere hat er die Anbringung des Transversalbügels – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht als fehlerhaft gewertet. Für die Klägerin sei, so der Sachverständige, eine Teleskopprothese angefertigt worden. Bei derartigen Prothesen habe der Transversalbügel unter anderem die Aufgabe, den abnehmbaren Zahnersatz im Oberkiefer gegen Deformationen zu stabilisieren. Wie groß die Gefahr einer Deformation sei, hänge von den physikalischen Eigenschaften der Legierung ab, aus der die Teleskoparbeit gefertigt worden sei. Gold sei ein relativ weiches Metall. Deshalb steige die Deformationsgefahr mit der Höhe des Goldanteils der Legierung. Vor diesem Hintergrund habe sich in der Zahnmedizin die übereinstimmende Lehrmeinung herausgebildet, dass bei abnehmbaren Zahnprothesen aus hochgoldhaltigen Legierungen ein Transversalbügel erforderlich sei, während man bei abnehmbaren Prothesen aus Nichtedelmetall auf einen Transversalbügel verzichten könne. Kontrovers diskutiert werde die Notwendigkeit eines Transversalbügels bei so genannten edelmetallreduzierten Legierungen, auch Sparlegierungen genannt. Es handele sich um einen Schulenstreit.

    Bei der Klägerin sei mit der Legierung „AURUMED Eco 38“ eine „Sparlegierung“ für die Teleskoparbeit verwendet worden. Angesichts des Schulenstreits könne nicht gesagt werden, dass das Anbringen eines Transversalbügels zahnmedizinisch fehlerhaft gewesen sei, obwohl manche Zahnärzte den Bügel im Fall der Klägerin für verzichtbar halten würden.

    Die Legierung des Transversalbügels sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Es handele sich um die Kobalt-Chrom-Gusslegierung „Wironit“. Das Material „Wironit“ habe sich aufgrund seines homogenen Gefüges über viele Jahrzehnte als sehr korrosionsresistent und hoch belastbar bewährt und zähle zu den Materialien, die bei richtiger Verarbeitung bedenkenlos für Transversalbügel verwendet werden könnten.

    e) Was die nachteiligen Folgen der oben beschriebenen Verarbeitungsfehler betrifft, so hat Prof. Dr. T..... erläutert, dass die dadurch entstandenen Korrosionen und Verfärbungen den Zahnersatz in seiner Festigkeit etwas beeinflussen könnten. Die Versorgung sei aber insgesamt sehr stabil, weshalb keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Abgesehen davon bestehe die Möglichkeit, dass sich in den betroffenen Bereichen mehr Plaque ablagere. Darüber hinausgehende gesundheitliche Gefahren bestünden nicht.

    Ebenso wenig beeinträchtigten die Verfärbungen die Kaufunktion des Zahnersatzes. Sie stellten aber ein nicht unerhebliches ästhetisches Problem dar. Da das unter der Kunststoffversorgung liegende Metall angelaufen sei, schimmere es dunkel durch den Zahnersatz hindurch.

    f) Die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T..... erscheinen insgesamt überzeugend. Im Ergebnis begründen die von ihm konstatierten funktionellen Beeinträchtigungen des Zahnersatzes und vor allem dessen ästhetische Unzulänglichkeiten eine Abweichung der Istbeschaffenheit von der Sollbeschaffenheit und damit einen Sachmangel im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB. Wenngleich die funktionellen Beeinträchtigungen kaum spürbar erscheinen, ist den optischen Defiziten ein solches Gewicht beizumessen, dass die vertraglich vorausgesetzte Gebrauchstauglichkeit als erheblich eingeschränkt anzusehen ist (§ 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB). Untermauert wird eine solche Bewertung durch die Aussage des Sachverständigen, wonach ein Patient ein Defizit der vorliegenden Art nicht hinnehmen muss, weil die mit einer Zahnprothese anzustrebende ästhetische Rehabilitation „eindeutig nicht erreicht“ worden ist.

    6. Trotz des festgestellten Sachmangels besitzt die Klägerin keinen Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Zahnarzthonorars in Höhe von 7.230,61 €.

    a) Als primäres Mangelrecht hat der Besteller zunächst nur den Nacherfüllungsanspruch gemäß §§ 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB. Die sekundären Mängelrechte im Sinne des § 634 Nr. 2 bis 4 BGB entstehen entweder, nachdem der Besteller dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, oder aber mit der Entbehrlichkeit einer solchen Fristsetzung (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 634, Rn. 2).

    b) Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben stellt sich die Situation in der vorliegenden Gestaltung wie folgt dar:
    aa) Eine Reparatur der vorhandenen Zahnprothese scheidet aus. Prof. Dr. T..... hat vor dem Landgericht ausgeführt, jeder Versuch, in Einzelbereichen nachzubessern, hätte experimentellen Charakter. Wenn man sicher sein wolle, dass die Versorgung vollständig in Ordnung sei, müsse man alle metallischen Teile erneuern. Weiter verwendet werden könnten die Einlagefüllung und die Aufbaufüllung, also die Vorbereitungsarbeiten.

    Freilich bedeutet Nacherfüllung nicht nur Nachbesserung, das heißt Beseitigung der vorhandenen Mängel, sondern auch Neuherstellung, das heißt Schaffung eines neuen vertragsgemäßen Werkes (vgl. § 635 Abs. 1 BGB). Deshalb ist hier eine Frist zur Nacherfüllung nicht schon deshalb entbehrlich, weil die der Klägerin überlassene Prothese nicht mehr auszubessern ist.

    bb) Eine Frist zur Nacherfüllung hat die Klägerin dem Beklagten nicht gesetzt. Auf die ihr vor dem Landgericht gestellte Frage, ob sie mit dem Beklagten über eine erneute Herstellung der gleichen Prothese gesprochen habe, hat sie geantwortet, dies wolle sie auf keinen Fall. Sie weigere sich auch, noch einmal die Praxis des Beklagten aufzusuchen. Vielmehr beabsichtige sie, sich eine keramische Versorgung bei dem Zahnarzt ihres Vertrauens anfertigen zu lassen. Vor dem Senat hat die Klägerin diese Position bekräftigt.

    cc) Ausnahmsweise entbehrlich ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung unter den konkreten Gegebenheiten nicht.

    (1) Das wäre einmal der Fall, wenn der Beklagte eine Nacherfüllung ernsthaft und endgültig (§§ 634 Nr. 3, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB, §§ 634 Nr. 4, 281 Abs. 2 BGB) beziehungsweise unter Hinweis auf unverhältnismäßig hohe Kosten (§§ 636, 635 Abs. 3 BGB) verweigern würde.

    (a) An eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Grundsätzlich nicht ausreichend sind das bloße Bestreiten eines Mangels, eine Weigerung der Nacherfüllung mit der Begründung, die erbrachte Leistung sei ordnungsgemäß, oder Meinungsverschiedenheiten über den Vertragsinhalt (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 281, Rn. 14 m. w. N.).

    (b) Nach diesem Maßstab lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte eine erneute Herstellung der im Streit befindlichen Oberkieferprothese ernsthaft und endgültig verweigert hat. Vielmehr hat der Beklagte in seiner Berufungsbegründung ausdrücklich zu bedenken gegeben, dass ihm ein Nacherfüllungsrecht zuzubilligen sei und er eine Neuherstellung des Zahnersatzes – ohne störende Lunker – für möglich halte. Darüber hinaus hat er in der Sitzung am 26. April 2017 erklärt, nach wie vor zu einer Nachbesserung bereit zu sein.
    Angesichts dieser Aussage scheidet auch ein Fall der §§ 636, 635 Abs. 3 BGB aus. Dass eine Nacherfüllung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sei, macht der Beklagte nicht geltend.

    (2) Entbehrlich wäre eine Fristsetzung zur Nacherfüllung auch dann, wenn besondere Umstände vorlägen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen sofortigen Rücktritt beziehungsweise die sofortige Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs rechtfertigen (§§ 634 Nr. 3, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB, §§ 634 Nr. 4, 281 Abs. 2 BGB), oder wenn der Klägerin eine Nacherfüllung aus sonstigen Gründen unzumutbar wäre (§ 636 BGB). Eine derartige Situation ist ebenfalls nicht gegeben.

    (a) Zwar mag es auf den ersten Blick möglich erscheinen, eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung aus einer Parallele zu denjenigen Konstellationen herzuleiten, in denen die Rückforderung eines zahnärztlichen Honorars im Rahmen eines als Dienstvertrages zu qualifizierenden Behandlungsverhältnisses im Raum steht. Bei näherem Hinsehen erweist sich ein solcher Weg aber als nicht gangbar:

    (aa) Bei Rückforderungen des zahnärztlichen Honorars aufgrund eines Dienstvertrages sind die Obergerichte bislang mehrheitlich davon ausgegangen, dass der Zahnarzt im Grundsatz ebenfalls ein Nachbesserungsrecht besitzt (vgl. die Nachweise bei Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. R 18). Dabei haben einige Gerichte die Auffassung vertreten, dass eine vollständige Neuanfertigung einer prothetischen Arbeit dem Patienten regelmäßig nicht zumutbar sei (vgl. Martis/Winkhart, a. a. O., Rn. R 18, R 21 m. w. N.). Der Senat hat in einem auf ein Dienstverhältnis bezogenen Urteil vom 27. Februar 2008, Az.: 5 U 22/07, hervorgehoben, dass dem Zahnarzt ein Nachbesserungsrecht jedenfalls dann nicht mehr zustehe, wenn ein Behandlungsverhältnis nach endgültiger, zunächst beanstandungsfreier Eingliederung von Zahnersatz und Abrechnung der Behandlung beendet worden sei, weil die Beendigung des Dienstverhältnisses zum Erlöschen der Hauptpflichten der Vertragsparteien führe (Tz. 23, zitiert nach juris).

    (bb) Auf den zuletzt zitierten Gedanken lässt sich in der vorliegenden Konstellation nicht abstellen. Wenngleich der Beklagte die Oberkieferprothese der Behandlungsdokumentation zufolge zunächst beanstandungsfrei eingegliedert hat, ist die Behandlung, als die Klägerin am 25. Juli 2011 die Verfärbungen in ihrem Mund gegenüber dem Beklagten reklamiert hat, nicht abgeschlossen gewesen. Zumindest stand noch der ursprünglich für den 15. Juni 2011 avisierte Termin zur Zahnersatzkontrolle aus, den die Klägerin einen Tag zuvor abgesagt hatte.

    Dass die vollständige Neuanfertigung einer prothetischen Arbeit dem Patienten regelmäßig nicht zumutbar ist, erscheint im Rahmen eines werkvertraglichen Rechtsverhältnisses ebenfalls nicht überzeugend. Eine derartige Aussage liefe § 635 Abs. 1 BGB zuwider, wonach der Unternehmer prinzipiell die Wahl hat, ob er zum Zwecke der Nacherfüllung den Mangel beseitigt oder ein neues Werk herstellt.

    (b) Sonstige Aspekte, die einem Nacherfüllungsrecht des Beklagten entgegenstehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen.

    (aa) Die Schilderungen der Klägerin lassen lediglich bei isolierter Betrachtung einen massiven Vertrauensverlust objektiv nachvollziehbar erscheinen. Ihrer Aussage zufolge hat der Beklagte nicht nur eine Oberkieferprothese herstellen lassen, die in allen wesentlichen Punkten von der Vereinbarung der Parteien abweicht, sondern er hat sich auch geweigert, die von ihr beanstandeten Verfärbungen im Mund anzuschauen; stattdessen soll er sich darauf zurückgezogen haben, dass sie zu viele Blaubeeren oder Ähnliches gegessen habe.

    (bb) Indes vermitteln die Behandlungsunterlagen ein ganz anderes Bild. Ihnen ist zu entnehmen, dass die Klägerin sich nach eingehender Beratung durch den Beklagten für die tatsächlich angefertigte herausnehmbare Oberkieferprothese entschieden hat. Zur Veranschaulichung seien folgende Karteikarteneinträge hervorgehoben:
    10. JUNI 2010:    […]

    Vorschlag: OK abnehmbare Brücke
    […]
    Pat. Rö—Befund / Endo.-Ther. erläutert, Brücke abnehmen, excavieren, Evaluation ob Zähne erhaltungswürdig, ZE: Brückenspanne ist bereits sehr lang, Implantate zur Pfeilervermehrung oder abnehmbare Teleskopversorgung, Pat. interessiert sich für letzteres besonders
    […]
    28. JUNI 2010:    ZE-Besprechung: empfohlen herausnehmbare TK-Brücke. Pat. sprach Implantate an, hat aber davor Angst.
    n. T. Br. abnehmen + exskavieren
    […]
    06. AUG 2010:    […] Mit Pat. nochmals die Ausführung des Zahnersatzes besprochen: OK MG mit Gaumenbügel + TK’s, später Implantate einarbeiten. […] Pat. meldet sich, soweit HKP zurück f. Präp.
    Pat. über Befunde / Ther. möglichkeiten aufgekl.: 22, 14 Erhaltungsversuch; festsitzende <-> abnehmbare Versorgung, Implantate zur Pfeilermehrung; Vor- / Nachteile: Erweiterungsfähigkeiten, herausnehmbarer ZE „unkomfortabler“, Ausdehnung Gaumenbedeckung je nach Pfeiler. Anzahl / Wertigkeit, Pflegbarkeit etc.
    Pat. möchte herausn. ZE; findet „Immediatkonus“ (?) gut; Fertigstellung Konusarbeit zum Schluss x 22, 14, je nachdem Erweiterung mit 2-3 Implantaten (Einarbeiten), Gestaltung, Materialien u. Ausführung Teleskop-ZE erläutert u. am Modell demonstriert
    […]
    20. APR. 2011:    […] Pat. möchte gerne ZE ohne Implantate
    mit Pat. besprochen, dass Gaumenbereich dann mehr ausgedehnt wird, gerne helle Zähne

    Die Eintragungen in der Patientenkarteikarte zeigen anschaulich, dass der Beklagte aufgrund mehrerer Untersuchungen konkrete Lösungsmöglichkeiten entwickelt und der Klägerin vorgestellt hat. Am Ende eines längeren Entscheidungsprozesses hat die Klägerin dann nach Aktenlage eine herausnehmbare Prothese - zunächst ohne unterstützende Implantate - gewählt. Schließlich hat sie in der Anlage zu dem betreffenden Heil- und Kostenplan vom 9. August 2010 durch ihre Unterschrift bestätigt, dass sie eine dem Heil- und Kostenplan entsprechende Versorgung wünsche.

    Ferner lässt sich den mit Datum vom 25. Juli 2011 in der Patientenkartei niedergelegten Vermerken entnehmen, dass der Beklagte später im Einzelnen auf die von der Klägerin beanstandeten und von ihm in Augenschein genommenen Verfärbungen eingegangen ist. Dabei hat der Beklagte die Klägerin jedenfalls insofern zutreffend informiert, als er ihr erläutert hat, dass die bräunlichen Verfärbungen an ihrer Zahnprothese nicht, wie von ihr angenommen, auf einer Metallunverträglichkeit beruhten, sondern auf äußere Einflüsse zurückgingen, beispielsweise auf das Rauchen, den Konsum von Kaffee und Tee oder auf die von der Klägerin verwendeten Mundspüllösungen. Entsprechendes hat der Sachverständige Prof. Dr. T..... vor dem Landgericht erläutert (siehe oben), und zwar ebenfalls mit Blick auf die von ihm vorgefundenen bräunlichen Verfärbungen auf den Zahn- und Provisorienoberflächen, die den Gesamteindruck ausweislich der vorliegenden Lichtbilder nicht weniger stören als die durch die Provisorien hindurchschimmernden dunkel angelaufenen Metallflächen.

    (cc) Ergänzend zu der schriftlichen Behandlungsdokumentation hat der Beklagte im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat plausibel geschildert, dass er die Klägerin vor der Anfertigung der im Streit befindlichen Oberkieferprothese eingehend über die aus seiner Sicht in Betracht kommenden Lösungswege und die damit verbundenen Vor- und Nachteile informiert habe. Eine festsitzende Keramikprothese sei, so der Beklagte, seiner Auffassung nach mit einem zu hohen Risiko behaftet gewesen; wenn nur ein Zahn hätte entfernt werden müssen, wäre die Tragfähigkeit der gesamten Konstruktion gefährdet gewesen. Er habe der Klägerin deshalb Implantate nahegelegt. Die Klägerin habe sich aber für die ihr ebenfalls vorgestellte Möglichkeit einer herausnehmbaren Prothese entschieden.

    Als sie sich am 25. Juni 2011 wegen der Verfärbungen in seiner Praxis vorgestellt habe, habe sie sich geweigert, die Prothese herauszunehmen.

    Er habe umgehend mit dem Labor Kontakt aufgenommen. Seiner Auffassung nach habe man zunächst einmal Ursachenforschung betreiben müssen statt in „blinden Aktionismus“ zu verfallen.

    (dd) Die Schilderungen des Beklagten harmonieren in jeder Hinsicht mit den Eintragungen in der Patientenkarteikarte. Umstände, welche das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Behandlungsdokumentation erschüttern könnten, sind nicht erkennbar. Dem Angebot der Klägerin, ihren Ehemann, Dr. J….. R…., als Zeugen zu vernehmen, war in diesem Zusammenhang nicht nachzugehen. Unter Beweis gestellt hat die Klägerin insbesondere ihre Behauptung, ihr Ehemann habe dem Beklagten Ende April 2010 telefonisch mitgeteilt, dass sie unter Problemen mit ihrer Keramikbrücke im Oberkiefer leide. Ihr Ehemann habe im Zuge dieses Telefonats geäußert, dass die Brücke nach Möglichkeit erhalten werden solle; falls dieser Weg nicht gangbar sei, solle die Neuversorgung mittels einer festsitzenden Keramikbrücke ausgeführt werden. Der Beklagte habe darauf sinngemäß erwidert, das gehe selbstverständlich in Ordnung.

    Wie oben dargelegt, ergibt sich allerdings aus den Behandlungsunterlagen, dass der Beklagte nach April 2010 mit der Klägerin persönlich mehrfach verschiedene Varianten der Oberkieferversorgung erörtert hat, insbesondere auch den herausnehmbaren Zahnersatz, und dass die Klägerin sich schließlich bewusst für die zuletzt genannte Lösung entschieden hat. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, was der Ehemann der Klägerin im April 2010 im Einzelnen am Telefon mit dem Beklagten besprochen hat. Der Beklagte hatte die Klägerin seinerzeit noch nie gesehen und war deshalb - auch für einen zahnmedizinischen Laien offensichtlich - noch gar nicht in der Lage, eine bestimmte Art der Behandlung definitiv zuzusagen. Abgesehen davon musste ihm in jedem Fall die Möglichkeit offenbleiben, mit der Patientin selbst auf der Grundlage konkreter Untersuchungsergebnisse Abweichendes zu vereinbaren.

    (ee) Soweit Prof. Dr. T..... die Verfärbungen an den Innenseiten der Teleskopkronen und an den basalen Anteilen der Sättel im Frontbereich auf Verarbeitungsfehler zurückgeführt hat, lassen sich ebenfalls keine Pflichtverletzungen finden, die das Vertrauen der Klägerin in das Können und die Sachkunde des Beklagten zwangsläufig zerstören mussten. Nach Auffassung des Sachverständigen hätte der Beklagte die Lunker im Transversalbügel bei der ihm obliegenden Überprüfung des Werkstücks zwar entdecken müssen; die übrigen Inhomogenitäten, die dem Abguss anhaften, sind aber nicht zu erkennen gewesen. Die Lunker an dem Transversalbügel hätten, so Prof. Dr. T....., auch keinen Rückschluss darauf zugelassen, dass die Arbeit insgesamt unter Inhomogenitäten leide. Erst die später aufgetretenen Verfärbungen hätten zu einer solchen Annahme Anlass gegeben. Im Übrigen sei es in der Praxis keineswegs ungewöhnlich, dass ein ästhetisch beanstandungsfreier Zahnersatz nicht im ersten Anlauf gelinge; es komme durchaus vor, dass der Zahnarzt zwei oder drei Versuche benötige, um dieses Behandlungsziel zu erreichen.

    (ff) Nach alledem kann dem Beklagten ein Nacherfüllungsrecht nicht abgesprochen werden. Da die Klägerin nicht bereit ist, dem Beklagten die Möglichkeit zur Nacherfüllung zu geben, besitzt sie keinen Anspruch auf Rückzahlung des vollen Honorars für die Prothesenherstellung beziehungsweise –eingliederung.

    7. Freilich hat der Beklagte einen (geringen) Teil seines Honorars, nämlich 993,45 €, ohne rechtlichen Grund vereinnahmt. Er ist deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, Alt. 1 BGB verpflichtet, den genannten Betrag an die Klägerin zurückzuzahlen.

    a) Wie Prof. Dr. T..... in der ersten Instanz erläutert hat, ist der Faktor 3,5 für die am 9. Mai 2011 und am 20. Mai 2011 erbrachten Leistungen überhöht. Prinzipiell sei, so der Sachverständige, der Abrechnungsfaktor 3,5 zwar denkbar. Er bedürfe aber - anders als ein Faktor von 2,3 - einer besonderen Rechtfertigung, die hier nicht zu erkennen sei.

    Legt man statt des Faktors 3,5 den Faktor 2,3 zugrunde, verringert sich der Rechnungsbetrag um insgesamt 993,45 €. Dies ergibt sich aus der nachfolgenden Berechnung:
     
    b) Im Streit sind weiter die in dem Eigenbeleg des Beklagten vom 11. Juni 2011 aufgeführten Positionen 1409, die sich insgesamt auf 146,09 € belaufen. Insoweit ist der Beklagte nicht zur Zahlung verpflichtet, nachdem der Sachverständige Prof. Dr. T..... vor dem Landgericht erläutert hat, dass die Rechtslage unter der hier maßgebenden alten GOZ nicht eindeutig gewesen sei. Es existierten, so der Sachverständige, durchaus Stellungnahmen in der einschlägigen Literatur, denen zufolge man die Ziffer 1409 in der vorliegenden Konstellation habe in Ansatz bringen dürfen.
    Angesichts dessen stellt sich der Ansatz der Position 1409 aus Sicht des Senats zumindest als vertretbar dar. Mithin lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte die besagten 146,09 € ohne rechtlichen Grund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erlangt hat.

    c) Die von der Klägerin beanstandete zweifache Abrechnung der Ziffer 216 für den Zahn 11 hat Prof. Dr. T..... explizit gebilligt. Insoweit scheidet ein Bereicherungsanspruch der Klägerin ebenfalls aus.

    8. Ob das Landgericht der Klägerin ein Schmerzensgeld zu Recht versagt hat, bedarf keiner Überprüfung. Berufung hat allein der Beklagte eingelegt. Damit gilt das Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO.

    9. Der vom Beklagten zurückzuzahlende Betrag in Höhe von 993,45 € ist antragsgemäß mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. September 2013 zu verzinsen. Der Anspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB.

    10. Ebenso hat der Beklagte der Klägerin die durch die vorprozessuale Beauftragung ihrer Bevollmächtigten entstandenen Kosten nach einem Streitwert von 993,45 € unter dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die insoweit von der Klägerin begehrte 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, NJW 2015, S. 3793, 3796, Tz. 23). Sie beläuft sich hier auf 104,00 €. Hinzu kommen die Kostenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,00 € und die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (23,56 €).

    Insgesamt ergeben sich damit zu erstattende Kosten in Höhe von 147,56 €. Auf diese Summe entfallen - wie beantragt – Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Zinspflicht beginnt – entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht am Tag der Zustellung der Klageschrift, sondern wegen § 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 291, Rn. 6), hier also mit dem 25. Januar 2014.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache besitzt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ebenso wenig erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).