08.01.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 06.12.2001 – 3 K 3078/01
-Ist der Bezug von Waisenrente der Kindergeldkasse bei einem in Ausbildung befindlichen Kind mitgeteilt worden, liegt keine neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, wenn bei Mitteilung der Änderung der Ausbildungsart die Rentenbezüge ohne weitere Aufforderung nicht erneut mitgeteilt werden.
-Ist der Familienkasse bekannt, dass ein Kind seine Ausbildung fortsetzt; ist davon auszugehen, dass sie Kenntnis von der Fortgeltung eines bestehenden gesetzlichen Waisenrentenanspruchs hat.
-Die Gewährung von Waisenrente eines in Ausbildung befindlichen Kindes über das 18. Lebensjahr hinaus ist hinsichtlich der Kindergeldzahlung kein nachträglich eintretendes rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, da sich die Fortgeltung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.
Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 08.03.2001 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25.06.2001 werden aufgehoben.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte (die Familienkasse) berechtigt war, die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klägerin rückwirkend bis in das Jahr 1996 aufzuheben. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist die verwitwete Mutter der am …..06.1978 geborenen Tochter A. Im Jahr 1992 hat die Klägerin erstmals für ihre Tochter Kindergeld beantragt, dass ihr auch rückwirkend bis 1988 bewilligt worden ist. Bereits in ihrem ersten Antrag hat sie darauf hingewiesen, dass A eine Halbwaisenrente bezieht. In den Folgejahren hat die Klägerin auf entsprechende Anforderungen jeweils Kopien der Rentenbescheide für ihre Witwenrente sowie für eine Halbwaisenrente und eine Rente der Berufsgenossenschaft, die beide an ihre Tochter gezahlt worden sind, vorgelegt. Auf Blatt 18, 40, 42 ff, 47, 50 und 52 der Kindergeldakte (KiG-A) wird Bezug genommen. Außerdem hatte die Klägerin der damals zuständigen Kindergeldkasse mitgeteilt, dass ihre Tochter voraussichtlich bis Juni 1998 eine allgemeinbildende Schule besuchen werde. Als Anlage zu einem für das Jahr 1995 von der Familienkasse zugesandten Fragebogen, den die Klägerin am 17.03.1996 beantwortet hat, hat sie erneut Kopien ihrer Rentennachweise und der Nachweise für ihre Tochter beigefügt (Blatt 61 - 64 KiG-A). Daraufhin ist ihr das Kindergeld für A in den Jahren 1996 bis 1998 weiter ausgezahlt worden.
Mit Schreiben vom 18.06.1998 hat die Klägerin der Familienkasse unter Beifü-gung einer Ausbildungsbescheinigung mitgeteilt, dass A in der Zeit vom 01.08.1998 bis 31.07.2000 eine Ausbildung zur Bankkauffrau machen werde. Am 26.08.1998 legte sie die angeforderte Ausbildungsbescheinigung vollständig ausgefüllt vor (Blatt 72 KiG-A) und eine weitere Ausbildungsbescheinigung am 23.11.1998 (Blatt 74 KiG-A). Daraufhin teilte die Familienkasse der Kläge-rin mit Schreiben vom 16.12.1998 mit, dass die Zahlung von Kindergeld wegen der hohen Ausbildungseinkünfte der Tochter ab Januar 1999 aufgehoben werde. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Die Tochter hat ihre Ausbildung, wie vorgesehen, Ende Juni 2000 beendet. Mit Schreiben vom 22.06.2000 hat die Klägerin erneut Kindergeld beantragt mit der Begründung, dass ihre Tochter im Herbst 2000 ein Studium aufnehmen und bis dahin keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben werde. In diesem Schreiben hat sie auch darauf hingewiesen, dass A Rentenbezüge von verschiedenen Versicherungsträgern erhalte. Den daraufhin von der Familienkasse angeforderten Unterlagen fügte die Klägerin neben der Lohnsteuerkarte ihrer Tochter für das Jahr 2000 auch die Leistungsnachweise der Rentenversicherungsträger in Kopien bei. Mit Verfügung vom 21.07.2000 lehnte die Familienkasse die Zahlung von Kindergeld für das laufende Jahr ab. Auch dieser Bescheid wurde (eingeschränkt) bestandskräftig. Mit Schreiben vom 27.12.2000 machte die Klägerin für das Jahr 2000 ausbildungsbedingten Mehrbedarf ihrer Tochter geltend und stellte damit erneut einen Antrag auf Zahlung von Kindergeld „ab 01.09.2000 und für die Zukunft.” Diesen Antrag, dem wiederum alle erforderlichen Unterlagen beigefügt waren, lehnte die Familienkasse mit Verfügung vom 10.01.2001 ab.
Mit Schreiben vom 11.01.2001 forderte die Familienkasse die Versicherungs-träger zur Mitteilung auf, seit wann für A eine Halbwaisenrente gezahlt werde und begründete die Anfrage wie folgt: „Diese Angaben sind notwendig, da der Bezug der Halbwaisenrente erst jetzt bekannt wurde, und diese Bezüge bei der Einkommensberechnung des Kindes nicht zugrundegelegt wurden. Nach Auswertung der Antworten hat die Familienkasse der Klägerin angekündigt, dass sie das Kindergeld für den Zeitraum Juli 1996 bis Dezember 1998 in Höhe von 6.480,-- DM möglicherweise zurückfordern werde, weil in diesem Zeitraum die Einkünfte/Bezüge ihrer Tochter über der Grenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) gelegen hätten. In ihrer Stellungnahme hat die Klägerin vorgetragen, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass eine Halbwaisenrente zu den anrechenbaren Einkünften und Bezügen gehört habe; das habe sich auch nicht aus den einschlägigen Informationsbroschüren ergeben. Trotzdem habe sie von Anfang an auf den Bezug der Halbwaisenrente hingewiesen, sodass dieser Sachverhalt der Familienkasse bekannt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 08.03.2001 hat die Familienkasse gegenüber der Klägerin die Kindergeldfestsetzung rückwirkend zum 01.07.1996 aufgehoben und das bis zum 31.12.1998 gezahlte Kindergeld in Höhe von 6.480,-- DM zurückgefordert. Als rechtliche Grundlage für die Aufhebungsverfügung hat die Familienkasse den § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) genannt. Gegen den Bescheid hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, fristgerecht Einspruch eingelegt, den die Familienkasse mit Entscheidung vom 25.06.2001 abgewiesen hat. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, der Familienkasse sei von Anfang an bekannt gewesen, dass ihre Tochter Einnahmen aus Waisenrenten bezogen habe. Es sei aber unklar gewesen, ob die Renteneinnahmen zu den anrechenbaren Einkünften und Bezügen im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG gehörten. Insoweit seien die Hinweise in früheren Merkblättern der Behörde nicht aussagekräftig. Zudem sei der Klägerin 1995 mitgeteilt worden, dass bereits mitgeteilte Einkünfte nicht nochmals angezeigt werden müssten. Die Voraussetzungen für eine Änderung der Kindergeldfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO lägen unter diesen Umständen nicht vor.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 08.03.2001 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25.06.2001 ersatzlos aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, die Klägerin habe zuletzt im März 1996 mitgeteilt, dass die Halbwaisenrente für ihre Tochter ab 01.07.1995 angepasst worden sei. Aus dieser Mitteilung sei aber die Dauer des Rentenbezugs auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres der Tochter hinaus nicht ersichtlich gewesen. Nach Erreichung der Volljährigkeit ihrer Tochter habe die Klägerin keine Mitteilung über den Bezug der Waisenrente mehr gemacht, auch nicht im Zusammenhang mit dem Beginn ihrer Ausbildung im August 1998. Erst mit Schreiben vom 22.06.2000 habe die Klägerin mitgeteilt, dass A über das 18. Lebensjahr hinaus eine Waisenrente bezogen habe. Damit habe sie (die Familienkasse) erst in diesem Zeitpunkt erfahren, dass die Waisenrente fortgezahlt worden sei. Die Anrechenbarkeit der Rentenbezüge ergebe sich im Übrigen aus dem Merkblatt für 2001, wobei die Aufzählung der Einkünfte/Bezüge in den Merkblättern der Vorjahre nur beispielhaft und daher unvollständig gewesen sei. Unter diesen Voraussetzungen sei sie berechtigt gewesen, die Kindergeldfestsetzung im Jahr 2001 rückwirkend aufzuheben. Denn die Überschreitung des Grenzbetrages des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in den Jahren 1996 bis 1998 habe sich erst im Jahr 2001 aufgrund der vollständigen Erfassung der Einkünfte und Bezüge der Tochter der Klägerin feststellen lassen und sei damit ein rück-wirkendes Ereignis.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten überein-stimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung die Kindergeldakte für die Klägerin vorgelegen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die darauf beruhende Rückforderung des Kindergeldes in Höhe von 6.480,-- DM sind rechtswidrig. Die Familienkasse konnte die Aufhebung der Verfügung vom 08.03.2001 weder auf § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO noch auf eine andere steuerliche Änderungsvorschrift stützen.
1. Ein Steuerbescheid darf aus Gründen des Vertrauensschutzes innerhalb der Grenzen der Festsetzungsfristen nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen aufgehoben oder geändert werden. Zu den Steuerbescheiden im Sinne der Abgabenordnung gehören auch die Festsetzungen von Steuervergütungen, § 155 Abs. 4 (früher Abs. 6) AO. Da das Kindergeld seit 1996 als Steuervergütung gezahlt wird, § 31 Satz 3 EStG, kann eine einmal erfolgte Kindergeldfestsetzung danach nur aufgehoben werden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer steuerlichen Änderungsvorschrift eingreifen. Im Streitfall haben die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nicht vorgelegen.
2. Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung lässt sich entgegen der Auffassung der Familienkasse nicht auf § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO stützen. Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Der Bezug von Waisenrenten durch die Tochter der Klägerin stellt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne dieser Vorschrift dar, denn die Tochter hat seit Jahren Rentenzahlungen erhalten. Diese Einkünfte/Bezüge sind der Familienkasse auch bekannt gewesen und von ihr bei den verschiedenen Kindergeldfestsetzungen in der Vergangenheit berücksichtigt worden, vor 1996 zuletzt mit Verfügung vom 23.01.1995 (Bl. 56 KiG-A). Die Familienkasse hat demnach ihre Auskunftsersuchen an die Versicherungsträger im Januar 2001 zu Unrecht damit begründet, dass ihr der Bezug der Waisenrenten durch die Tochter der Klägerin erst im Jahr 2001 bekannt geworden sei.
Auch die Fortgeltung des Rentenbezugs durch die Tochter der Klägerin über das 18. Lebensjahr hinaus ist kein nachträglich eingetretenes Ereignis, denn die Fortgeltung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 48 Abs. 4 Nr. 2 Sozialgesetzbuch VI). Die Familienkasse musste demnach aufgrund ihrer Kenntnis der ununterbrochenen Ausbildung der Tochter davon ausgehen, dass die Tochter der Klägerin die Halbwaisenrenten auch nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres weiterbezieht. Somit ist im Jahr 2001 kein rechtlich relevanter Vorgang (Ereignis) nachträglich eingetreten, der Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der in den Vorjahren ausdrücklich oder stillschweigend erfolgten Kindergeldfestsetzungen nehmen konnte. Die angegriffene Aufhebungsverfügung vom 08.03.2001 lässt sich demnach nicht auf § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO stützen.
3. Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist auch nicht auf der Grundlage des § 173 Abs. 1 Nr.1 AO zu rechtfertigen. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Eine höhere steuerliche Belastung ergibt sich für die Klägerin, wenn ihr rückwirkend eine steuerliche Vergünstigung entzogen wird.
Im Streitfall sind der Familienkasse jedoch nachträglich im Jahr 2001 keine steuerlich erheblichen Lebensvorgänge (neue Tatsachen) oder Beweismittel bekannt geworden, die die Aufhebung der vorangegangenen Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klägerin rechtfertigen könnten.
Die Familienkasse hat nicht erst im Jahr 2001 erstmals erfahren, dass die Tochter der Klägerin Waisenrenten erhält. Dieser Sachverhalt ergibt sich sowohl hinsichtlich der Rentenberechtigung als auch hinsichtlich der Rentenhöhe aus zahlreichen Belegen, die in der Kindergeldakte abgeheftet sind. Die Klägerin hat auf frühere Anfragen der Kindergeldkasse und später der Familienkasse stets umfassend geantwortet und ist damit ihren Mitwirkungspflichten in der gesetzlich gebotenen Weise nachgekommen. Damit sind die in der Kindergeldakte angesprochenen Verhältnisse, die das Kind der Klägerin betreffen, grundsätzlich bekannt gewesen, auch wenn die Familienkasse über längere Zeit von einer Prüfung der Fortdauer und der rechtlichen Bedeutung dieser Verhältnisse abgesehen hat.
Es kann auch nicht zweifelhaft für die Familienkasse gewesen sein, dass die Halbwaisenrenten an die Tochter der Klägerin nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres weitergezahlt worden sind. Denn der Familienkasse war bekannt, dass die Tochter ihre Ausbildung fortgesetzt hat; sie konnte daher von der Fortgeltung des gesetzlichen Rentenanspruchs ausgehen. Wenn die Familienkasse trotzdem Zweifel gehabt haben sollte, ob die Tochter der Klägerin die Waisenrenten weiterhin bezieht oder nicht, hätte sie diese Zweifel im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 88 AO) durch Übersendung eines entsprechenden Fragebogens zu deren Einkünften und Bezügen klären können und müssen. Entgegen der Auffassung der Familienkasse war es nicht Aufgabe der Klägerin, die Rentenbezüge ihrer Tochter ohne besondere Aufforderung jährlich mitzuteilen. Denn aus der Sicht der Klägerin hatten sich hinsichtlich der Rentenberechtigung ihrer Tochter gegenüber früheren Mitteilungen keine Änderungen ergeben, so dass die Klägerin zu Recht davon ausgegangen ist, dass sie ihre Mitwirkungspflichten aus § 68 Abs. 1 EStG in vollem Umfang erfüllt hat. Prüft dage-gen die Familienkasse die rechtliche Bedeutung der ihr bekannten Verhältnisse erst mit erheblicher Verspätung, dann kann sie gegenüber dem Berechtigten für die Vergangenheit daraus keine nachteiligen Folgerungen ziehen.
Schließlich hat die Familienkasse im Jahr 2001 von den Versicherungsträgern durch die Übermittlung der Rentenzahlungen an die Tochter der Klägerin während des Zeitraums Juli 1996 bis Dezember 1998 auch keine neuen Beweismittel erhalten. Denn diese Angaben hat sie von der Klägerin nie angefordert. Hätte sie die Klägerin zur Übermittlung dieser Unterlagen zeitnah aufgefordert, dann hätte die Klägerin, wie sich aus ihren Reaktionen auf frühere Beleganforderungen schließen lässt, die gewünschten Unterlagen sicherlich vorgelegt.
Unter Würdigung der Gesamtumstände sind der Familienkasse danach im Jahr 2001 keine neuen Tatsachen oder Beweismittel bekannt geworden. Die Umstände deuten vielmehr daraufhin, dass die Familienkasse erstmals im Jahr 2001 die Bedeutung der Rentenzahlungen an die Tochter der Klägerin für den Kindergeldanspruch der Klägerin erkannt hat und dass sie daraufhin ein eigenes Versäumnis zu Lasten der Klägerin korrigieren wollte. Dafür spricht auch, dass bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs durch Urteil vom 14.11.2000 -VI R 52/98- (Bundessteuerblatt II 2001, 489) nicht abschließend geklärt war, ob eine Waisenrente überhaupt bei den Einkünften und Bezügen im Sinne des § 32 Abs. 4 EStG zu erfassen war. Die Familienkasse hat insoweit zu Unrecht unterstellt, dass die Klägerin ab Juli 1996 vorsätzlich gegen ihr obliegende Mitwirkungspflichten verstoßen habe.
4. Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung lässt sich auch nicht auf andere Änderungsvorschriften des Steuerrechts stützen, insbesondere nicht auf § 70 Abs. 2 EStG, weil sich die der Familienkasse bekannten Verhältnisse bei der Tochter der Klägerin nicht geändert hatten.
Bei dieser Sachlage kann der Senat auch offen lassen, ob die Rückforderung des Kindergeldes für das Jahr 1996 bereits daran scheitert, dass für diesen Zeitraum die vierjährige Festsetzungsfrist abgelaufen war, §§ 169, 170 i.V.m. § 38 AO.
Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO statt-zugeben. Die Entscheidung über die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren folgt aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Entscheidung über die vor-läufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 i.V.m. § 155 FGO und §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.