Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Aktuelle Rechtsprechung

    AG Hamburg: Erstattung von Laborkosten nach Preis- und Leistungsverzeichnis nicht zulässig

    von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg

    | Es kommt immer wieder vor, dass private Krankenversicherungen (PKVen) zahntechnische Laborkosten auf Grundlage vertraglicher Preis- und Leistungsverzeichnisse für zahntechnische Leistungen abrechnen, obwohl diese zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages noch keine Geltung hatten (sogenannte Altverträge). Das Amtsgericht Hamburg hatte sich im Urteil vom 12. September 2013 (Az. 18b C 196/13 , Abruf-Nr. 133308 ) mit einem solchen Streitfall zu befassen. Diese Entscheidung stellen wir Ihnen vor. |

     

    Verzeichnis lange nach Abschluss des Versicherungsvertrages eingeführt

    Der Versicherungsvertrag zwischen Patient und PKV war bereits 1983 zustande gekommen. Das Preis- und Leistungsverzeichnis für zahntechnische Leistungen, das die Versicherung ihrer Abrechnung zu Grunde legte, wurde unstreitig jedoch erst im Jahr 1999 eingeführt. Die Versicherung argumentierte, sie sei dennoch berechtigt, auf der Grundlage dieses Verzeichnisses abzurechnen, weil es auch ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers Bestandteil seines Vertrages geworden sei. Dies ergebe sich aus § 178g VVG a. F. (Versicherungsvertragsgesetz, alte Fassung).

     

    Demnach sei der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens berechtigt, die Versicherungs- und Tarifbestimmungen den veränderten Verhältnissen anzupassen, wenn die Änderung zur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicherten erforderlich erscheine und ein unabhängiger Treuhänder die Voraussetzungen für die Änderung überprüft und ihre Angemessenheit bestätigt habe. Die Versicherung führte an, dass sie vor Einführung des Verzeichnisses ihre Erstattungspraxis am Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis (BEL I) orientiert habe und als dieses seine Geltung verlor, das Preis- und Leistungsverzeichnis im Tarif festgeschrieben habe. Der Versicherungsnehmer bestritt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 178g VVG a. F.

     

    Gericht: Voraussetzungen für Gültigkeit des Verzeichnisses lagen nicht vor

    Das AG Hamburg verpflichtete die Versicherung mit rechtskräftigem Urteil zur Erstattung der von ihr gekürzten zahntechnischen Laborkosten. Das Gericht führte aus, dass die Versicherung nicht nachvollziehbar habe darlegen können, aufgrund welcher vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien das im Jahre 1999 eingeführte Preis- und Leistungsverzeichnis für ihre Vertragsbeziehungen Geltung erlangt haben soll. Auch die gesetzlichen Voraussetzungen, die für eine einseitige Vertragsanpassung nach § 178 g VVG a. F. vorliegen müssen, habe die Versicherung nicht dargelegt. Ihre Behauptung, aus dem Verzeichnis ergebe sich, welche Behandlung erforderlich und erstattungsfähig sei, sei nicht geeignet, ihre Abrechnung zu rechtfertigen, da nicht der Umkehrschluss hergeleitet werden könne, dass in dem Verzeichnis nicht genannte Leistungen nicht erforderlich und erstattungsfähig seien.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 1 | ID 42369590