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  • · Nachricht · Aktuelle Rechtsprechung

    SG Heilbronn: Eine beantragte Leistung gilt als genehmigt, wenn die Krankenkasse nicht rechtzeitig entscheidet

    | Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden: Eine beantragte Hautstraffungs-Operation gilt als genehmigt, wenn die Krankenkasse nicht rechtzeitig entscheidet oder zumindest über eine Verzögerung hinreichend informiert. |

    Der Fall

    Die 55jährige, bei der beklagten Krankenkasse (BKK) versicherte Patientin lebt bei Ludwigsburg. Nach einer von der BKK bezahlten Schlauchmagen-OP im September 2012 verlor sie knapp 50 kg. Bei einer Größe von 146 cm wiegt sie seit mehr als zwei Jahren nunmehr „stabil“ 43 kg. Ende 2013 beantragte sie bei ihrer BKK die operative Straffung von erheblichen Hautüberschüssen an verschiedenen Körperpartien. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund ihrer drastischen Gewichtsreduktion habe sie am ganzen Körper schmerzhafte Hautlappen. Ihr Gesäß habe so viele Hautfalten, dass sie nicht mehr schmerzfrei sitzen könne. Unter ihren hängenden Busen, an ihrem Bauch und im Nabelbereich habe sie schmerzhafte Pilzinfektionen und übelriechende Wunden. Sie schlafe daher sehr unruhig, zumal sie an ihren Hautlappen hängen bleibe und dies ihr sehr weh tue. Aus Scham zeige sie sich in der Öffentlichkeit nur mit vollständiger Körperbedeckung.

     

    Ohne die Patientin schriftlich darüber zu informieren, dass sie den Antrag nicht binnen der gesetzlichen Fünfwochenfrist bearbeiten könne, lehnte die BKK es erst ein halbes Jahr nach Antragsstellung ab, die Kosten für die operative Hautstraffung in den Bereichen Oberarme, Gesäß und Oberschenkel zu übernehmen. Denn insoweit lägen „keine organischen Beeinträchtigungen“ vor. Hingegen bewilligte die BKK die Kostenübernahme für eine operative Hautstraffung der Bauchwand und der Brüste.

     

    Die Patientin klagte auf Feststellung, dass der Antrag hinsichtlich der abgelehnten Bereiche als genehmigt gilt. Die BKK entgegnete, sie räume zwar ein, die gesetzlichen Fristen und Mitteilungspflichten nicht eingehalten zu haben. Allerdings sei eine Genehmigungsfiktion nicht eingetreten, weil insoweit weder eine Krankheit vorliege noch eine Operation wirtschaftlich sei.

    Das Urteil

    Die Klage war erfolgreich: Es würde den Sanktionscharakter des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V und die Genehmigungsfiktion dieser Vorschrift leer laufen lassen, wenn die beklagte Krankenkasse nach Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften im weiteren Verfahren mit Erfolg einwenden könnte, die beantragte Leistung hätte gar nicht bewilligt werden dürfen. Eine solche Auslegung würde die Genehmigungsfiktion leer laufen lassen und widerspräche auch deren eindeutigem Wortlaut. Zudem hätte ein Versicherter auch nach Verstoß der Krankenkasse gegen die in § 13 Abs. 3a SGB V normierten Fristen keine Gewissheit, dass die beantragte Leistung von der Krankenkasse bezahlt oder zumindest die Kosten hierfür erstattet werden. Dies könne nicht Sinn und Zweck des Patientenrechtegesetzes gewesen sein,das gerade darauf abziele, die Rechte des Patienten zu stärken und generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern.

     

    Hinweis: Das Urteil ist auch auf zahnärztliche Leistungen übertragbar.

     

    Quelle: Sozialgericht Heilbronn, Az.: S 11 KR 2425, Urteil vom 11. März 2015, nicht rechtskräftig 

    Quelle: ID 43304364