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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Immer teurer und weniger: Umfassender privater Versicherungsschutz ‒ das war einmal!

    von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg

    | Der Versicherungsschutz der Privatpatienten in der Zahnarztpraxis nimmt seit Jahren ab, weil sie die immer teurer werdenden Tarife nicht mehr bezahlen können oder wollen. Dieser Beitrag zeigt die Entwicklung auf und beantwortet die Frage, welche Konsequenzen dies für die Praxis hat. |

    Der Versicherungsmarkt hat sich gewandelt

    Im Jahr 2017 waren 8,77 Mio. Menschen in der Bundesrepublik Deutschland privat krankenvollversichert. Dies sind 11 Prozent der Bevölkerung. Dabei ist der Anteil seit 2012 sukzessive rückläufig und hat seither um etwa 205.000 Versicherte abgenommen. 50 Prozent der privat Krankenvollversicherten sind Beamte und deren Angehörige.

     

    Die Anzahl der gesetzlich Versicherten ist dagegen im gleichen Zeitraum sukzessive entsprechend gestiegen. Es kehren heute mehr Versicherte in die gesetzliche Versicherung zurück und es entscheiden sich weniger, in die private Versicherung zu wechseln. Zuwachs erhält die private Krankenversicherung (PKV) heute fast nur noch durch die Neueinstellung von Beamten. Andererseits ist die Anzahl der privat Zusatzversicherten in den letzten zehn Jahren stark gestiegen und liegt heute bei ca. 25,1 Mio. Die Anzahl der Zahnzusatzversicherungen macht dabei den größten Anteil aus (15,3 Mio).

    Erhebliche Tariferhöhungen in den letzten Jahren

    Hauptursache für die sinkende Attraktivität der PKV dürften die erheblichen Tariferhöhungen der letzten Jahre sein. Besonders für Neukunden nicht mehr zugängliche „geschlossene“ Tarife sind stark von den Beitragserhöhungen betroffen. Die Beiträge für diese meist sehr guten Tarife mit umfassendem Versicherungsschutz sind für viele Bestandskunden nicht mehr tragbar.

    Wechsel in beitragsgünstigere Neutarife

    Die Versicherten sind somit darauf angewiesen, in beitragsgünstigere Neutarife zu wechseln. Diese Möglichkeit bietet der § 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Danach ist ein Wechsel in einen Tarif mit gleichartigen Leistungen ohne Verlust der Altersrückstellungen und ohne erneute Gesundheitsüberprüfung möglich. „Gleichartig“ meint, dass zwar ein „Weniger“ an Versicherungsschutz möglich ist, aber kein „Mehr“.

    Deutlich weniger Versicherungsschutz als die Bestandstarife

    Ohnehin ist festzustellen, dass die aktuell angebotenen beitragsgünstigen Tarife der PKVen einen vergleichsweise erheblich beschränkteren Versicherungsschutz bieten als die sogenannten Bestandstarife. Abgesehen davon, dass die neuen beitragsgünstigen Tarife oft lediglich „Facharztbehandlung“ und „Zwei- oder Mehrbettzimmer“ sowie das Primärarztprinzip anbieten: Sie enthalten in der Regel verschiedene Hilfs- und Heilmittellisten.

     

    Immer mehr Sachkostenlisten bei den Zahntarifen

    Bei der Zahntechnik enthalten sie Sachkostenlisten. Diese sind oftmals ‒ je nach Tarif ‒ auch noch unterschiedlich als Sachkostenliste I, II oder III (AXA Krankenversicherung) ausgestaltet. Dabei deckt die eine Sachkostenliste etwas mehr und etwas höhere Preise ab als die andere. Das ist für den Versicherten aber kaum durchschaubar. Bereits heute sind Zahnarztpraxen häufig mit den sich aus Sachkostenlisten ergebenen Leistungseinschränkungen im Vorfeld einer Zahnersatz-Versorgung konfrontiert, weil die Patienten erheblichen Klärungsbedarf haben.

     

    Tarifliche Beschränkungen und geminderter Erstattungssatz

    Auch tarifliche Begrenzungen bei den Implantatleistungen (Anzahl der Implantate) oder ein geminderter Erstattungssatz für Zahnersatz (z. B. 60 oder 65 Prozent etc.) sind bei den aktuell angebotenen beitragsgünstigeren Zahntarifen üblich. Die DKV beispielsweise bietet u. a. eine Erhöhung der prozentualen Beteiligung an, wenn der Patient die Behandlung bei einem Partnerzahnarzt durchführen lässt. Angesichts der aktuellen Tarife mit zunehmend beschränkten Versicherungsschutz und höheren Eigenanteilen der Versicherten ist zu erwarten, dass Privatpatienten vermehrt die Behandlungsleistungen und -kosten hinterfragen werden. Tarife mit einem wirklich guten Versicherungsschutz sind nicht nur sehr teuer, sondern werden auch kaum noch angeboten.

    Positive Entwicklung durch mehr Zahnzusatzversicherungen

    Allerdings können gleichzeitig durch die steigende Anzahl der Zahnzusatzversicherungen die Behandlungsangebote an GKV-Patienten erweitert werden. Das ist eine positive Entwicklung. Bei den Zahnzusatzversicherungen ist das Tarifangebot jedoch sehr unterschiedlich. Es reicht von

     

    • einem 100-Prozent-Aufschlag auf den Festzuschuss bei der Regelversorgung,
    • einem Versicherungsschutz, der einen bestimmten prozentualen Anteil an den Kosten absichert,
    • einem Versicherungsschutz, der nur greift, wenn die Krankenkasse einen Zuschuss gewährt,
    • bis zu einem Versicherungsschutz, der in Ergänzung oder unabhängig von einer Kassenleistung gewährt wird.

    Eigenverantwortlichkeit des Patienten einfordern

    Angesichts der Vielfalt der Zahnzusatztarife ist es für die Praxis allerdings kaum machbar, dem Patienten den Umfang seines Versicherungsschutzes zu erklären. Hier sollte vermehrt seine Eigenverantwortlichkeit eingefordert werden. Vermeiden Sie Auskünfte zur Erstattungsfähigkeit von Leistungen, wenn Sie die Versicherungstarife nicht kennen.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2018 | Seite 1 | ID 45195406