· Fachbeitrag · Recht
Gewährleistung für die zahnärztliche Versorgung: Welche Regelungen gelten?
von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg
| Welche Gewährleistungsvorschriften gelten in der zahnärztlichen Versorgung? Gibt es einen Unterschied zwischen zahnärztlicher Behandlung und Zahnersatz sowie zwischen Kassen- und Privatpatienten? |
Unterschiede zwischen Dienst- und Werkvertrag
Der zahnärztliche Behandlungsvertrag ist ein Dienstvertrag, der den Zahnarzt zur Leistung der versprochenen zahnmedizinischen Behandlung verpflichtet. Diese hat nach dem zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden allgemein anerkannten Fachstandard zu erfolgen (§ 630a Abs. 1 Abs. 2 BGB).
Das neue Patientenrechtegesetz (PRG) sieht für den Behandlungsvertrag erstmals gesonderte Vorschriften vor und verweist in § 630b BGB auf die Anwendbarkeit der Vorschriften über das Dienstverhältnis. Dies bedeutet, dass aufgrund des Behandlungsvertrags eine medizinische Dienstleistung entsprechend den anerkannten fachlichen Standards geschuldet ist, nicht aber der Arbeitserfolg der Leistung wie beim Werkvertrag. Das gilt für konservierende, chirurgische, kieferorthopädische und prothetische Behandlungsmaßnahmen - unabhängig davon, ob sie als Privatleistung oder vertragszahnärztliche Leistungen im Rahmen des Versorgungsauftrags erbracht werden. Die folgende Übersicht verdeutlicht stark vereinfacht die wichtigsten Regelungen bei der Gewährleistung:
Werkvertrag nur bei technischer Herstellung von Zahnersatz
Nach dem Dienstvertragsrecht trifft den Zahnarzt keine Gewährleistungspflicht für unverschuldetes Misslingen seiner Leistung. Nur ganz ausnahmsweise, wenn es um die rein technische Herstellung von Zahnersatz geht (zum Beispiel eine fehlerhafte Materialverarbeitung bei Kronen, Brücken oder Prothesen), kann das Werkvertragsrecht zur Anwendung kommen. In diesem Fall besteht eine zweijährige Gewährleistung (§ 634a Nr. 1 BGB). Das wird im Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 23. November 2010 (Az. 8 U 111/10, Abruf-Nr. 110081 unter pa.iww.de) bestätigt, dessen Leitsatz lautet: „Beruht die Fehlerhaftigkeit einer eingesetzten Zahnprothese allein auf zahntechnischen Herstellungsmängeln, so sind diese nach Werkvertragsrecht zu beurteilen; die Mängelansprüche verjähren in zwei Jahren ab Abnahme.“
Im privaten Behandlungsbereich gibt es keine gesetzliche Vorgabe für eine Gewährleistung, wie sie § 137 Abs. 4 SGB V für die vertragszahnärztliche Versorgung vorsieht. Für Leistungen, die im Rahmen einer Privatbehandlung erbracht werden, trifft den Zahnarzt in der Regel also keine Gewährleistungspflicht, soweit er sie nicht mit dem Patienten vereinbart bzw. ausdrücklich zusagt. Bei der Privatbehandlung haftet der Zahnarzt somit nur verschuldensabhängig.
Der Zahnarzt hat ein Recht auf Nachbesserung
Insbesondere umfangreichere zahnprothetische Behandlungsmaßnahmen können oft nicht auf Anhieb mangelfrei in einer den Regeln der zahnärztlichen Kunst entsprechenden Güte eingesetzt werden. Gelingt es dem Zahnarzt nicht auf Anhieb, billigt ihm die Rechtsprechung das Recht auf Nachbesserung zu. Umfang und Häufigkeit der Nachbesserungsversuche sind individuell zu beurteilen, weil sie von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Die unterschiedliche Komplexität der zahnärztlichen Leistungen, intraorale Schwierigkeiten, das Auftreten von Komplikationen etc. bestimmen den Umfang der zuzubilligenden Nachbesserung (OLG Köln, Beschluss vom 27. August 2012, Az. 5 U 52/12, Abruf-Nr. 131338 unter pa. iww.de).
Nachbesserungsmaßnahmen können aber unter Umständen nicht zuzugestehen sein, wenn sie sich für den Patienten als unzumutbar darstellen, weil zum Beispiel Umstände gegeben sind, die eine erhebliche Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen Zahnarzt und Patient begründen. Wann dies der Fall ist, ist letztlich wiederum eine Frage, die von Gericht zu Gericht recht unterschiedlich gesehen wird. Überwiegend wird dies auch angenommen, wenn die Leistung für den Patienten keinen Wert hat und eine völlige Neuherstellung der Versorgung erforderlich ist.
Entspricht die Leistung des Zahnarztes nicht den anerkannten Standards der medizinischen Wissenschaft und Technik, so können dem Patienten hieraus Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld erwachsen. Sie verjähren innerhalb von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Patient Kenntnis vom Behandlungsfehler erlangt hat.